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Sommersturm

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
OKTOPUS by Kampaerschienen am25.05.20231. Auflage
Wenn Claretta Lépore sich nicht jeden Morgen vor dem Spiegel kneifen würde, könnte sie es selbst nicht glauben: Sie hat wirklich eine Arbeitsstelle gefunden. Seit einem halben Jahr ist sie die Sekretärin des Capitano der Carabinieri, und das obwohl die arme Fischerstochter nie richtig gelernt hat, zu schreiben, geschweige denn eine Schreibmaschine zu bedienen. Aber was blieb ihr übrig? Ihr Mann Emilio ist im Krieg gefallen, und die vier Jungs werden nicht von allein satt.Im September 1951 wird Amalfi Schauplatz eines Mords: In einer Suite des Grand Hotel di Cappuccini wird ein wohlhabendes Touristenpaar erschossen. Der Capitano der Carabinieri geht von Raubmord aus: Bei reichen Leuten, noch dazu bei Ausländern, komme so etwas öfter mal vor. Aber warum trägt die wunderschöne Signora noch ihren teuren Schmuck? Claretta hat ihre ganz eigene Theorie, und die wird dem Capitano ganz sicher nicht gefallen ...

Julia Bruns, geboren 1975 in einem Dorf in Thüringen, studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie in Jena. Nach ihrer Promotion im Fach Politikwissenschaft arbeitete sie viele Jahre als Redenschreiberin und in der Öffentlichkeitsarbeit. Heute schreibt sie Romane, überwiegend Krimis, die in ihrer thüringischen Heimat, an der Ostsee, aber auch am Comer See oder in Amalfi spielen, und vertreibt sich ihre Freizeit mit Sport, Spaziergängen und dem Kochen leckerer Marmeladen. Julia Bruns lebt im Siegerland und in Thüringen.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR15,99

Produkt

KlappentextWenn Claretta Lépore sich nicht jeden Morgen vor dem Spiegel kneifen würde, könnte sie es selbst nicht glauben: Sie hat wirklich eine Arbeitsstelle gefunden. Seit einem halben Jahr ist sie die Sekretärin des Capitano der Carabinieri, und das obwohl die arme Fischerstochter nie richtig gelernt hat, zu schreiben, geschweige denn eine Schreibmaschine zu bedienen. Aber was blieb ihr übrig? Ihr Mann Emilio ist im Krieg gefallen, und die vier Jungs werden nicht von allein satt.Im September 1951 wird Amalfi Schauplatz eines Mords: In einer Suite des Grand Hotel di Cappuccini wird ein wohlhabendes Touristenpaar erschossen. Der Capitano der Carabinieri geht von Raubmord aus: Bei reichen Leuten, noch dazu bei Ausländern, komme so etwas öfter mal vor. Aber warum trägt die wunderschöne Signora noch ihren teuren Schmuck? Claretta hat ihre ganz eigene Theorie, und die wird dem Capitano ganz sicher nicht gefallen ...

Julia Bruns, geboren 1975 in einem Dorf in Thüringen, studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie in Jena. Nach ihrer Promotion im Fach Politikwissenschaft arbeitete sie viele Jahre als Redenschreiberin und in der Öffentlichkeitsarbeit. Heute schreibt sie Romane, überwiegend Krimis, die in ihrer thüringischen Heimat, an der Ostsee, aber auch am Comer See oder in Amalfi spielen, und vertreibt sich ihre Freizeit mit Sport, Spaziergängen und dem Kochen leckerer Marmeladen. Julia Bruns lebt im Siegerland und in Thüringen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783311704201
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum25.05.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.2
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1312 Kbytes
Artikel-Nr.11770787
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Eins

»Wo sind meine Stiefel, Signora Claretta?«

»An Ihren Füßen, Capitano«, entgegnete Claretta, ohne von ihrem Tun abzulassen. Nur der Himmel allein wusste, wie anstrengend es war, eingeriebene Zigarrenasche aus einem dunklen Uniformrock zu bürsten.

Der Capitano hielt inne, und Claretta konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie er unter verwundertem Reiben seines runden Kinns die eigenen Füße betrachtete. »Signora!«, rief er schließlich mit ungewohnt hoher Stimme, in der ein leichter Vorwurf mitschwang. »In diesen Exemplaren läuft ein Carabiniere Streife, aber er tritt nicht dem Volk von Amalfi gegenüber, schon ganz und gar nicht an einem so höchst bedeutsamen Tag wie dem heutigen.«

Ich möchte mal wissen, wann der Dicke das letzte Mal im Auftrag des italienischen Volkes die Rinnsteine platt getreten hat. Wenn du mich fragst, hat der seit letzter Woche wieder mindestens fünf Pfund zugenommen.

»Emilio, bitte«, mahnte Claretta gedankenversunken, die die Paradeuniform nun bereits schon zum dritten Mal wendete und noch immer mit dem Ergebnis nicht zufrieden war.

»Ach Mädchen. So ist das nun einmal mit den Männern und dem Krieg«, antwortete der Capitano und setzte seinen Lauf durch das Büro fort. Im nächsten Augenblick blieb er stehen und betrachtete den an der Wand hängenden Abreißkalender. »In drei Tagen ist es so weit. Sie sagten es einmal. Ich erinnere mich«, nuschelte er und begann seine Runde von vorn.

Sehr wohl. Dann bin ich auf den Tag genau acht Jahre tot. Ich erwarte einen angemessenen Blumenschmuck. Der vom letzten Jahr war viel zu mickrig. Hast du mal gesehen, was auf den Nachbargräbern so aufgefahren wird? Da kommt man sich ärmlich vor. Ein Mann wie ich hat etwas Besseres verdient, zumal meine Frau für die Carabinieri arbeitet. Hast du verstanden, Claretta?

Der Schreck durchfuhr sie: Hatte sie etwa laut gesprochen? Das passierte ihr immer wieder. So ein Übel aber auch, und alles nur, weil Emilio niemals den Mund halten konnte. Dabei war er zu seinen Lebzeiten so gesprächig gewesen wie die Fische, die er in seinen Netzen nach Hause brachte. Niemand sagte einem, dass ein Ehemann nach seinem Ableben nicht mehr er selbst war. Wenn sie nur wüsste, was sie besser finden sollte? Ach, du schöner Emilio. Sie seufzte.

Die Kugel war für mich bestimmt, gefallen für das Königreich Italien. Ehrenvoll, nur falls jemand das Gegenteil behaupten sollte.

»Die Republik Italien steht tief in seiner Schuld«, murmelte der Capitano, und Claretta kannte ihn mittlerweile schon gut genug, um zu bemerken, dass er nicht so recht bei der Sache war. »Wo sind denn nun meine guten Stiefel?«

Wieso Republik? Es lebe der König!

Claretta schüttelte ganz leicht ihren Kopf, als würde das Emilios Worte wieder aus ihren Ohren fliegen lassen. Eilig hing sie den Uniformrock zurück in den Schrank und nahm die Stiefel heraus. Bis auf etwas Staub, den sie hinwegpustete, waren sie in Ordnung. Sie folgte dem Capitano auf seiner Runde durch das Zimmer, wartete, bis er ihr gewahr wurde, und reichte ihm die Schuhe.

»So eine Ansprache vor den Bürgern, mhm, da würden so manche Männer kneifen, wissen Sie, Ragazzina«, sagte er, wobei er sie nicht einmal ansah, sondern nur auf den Zettel starrte, den er vor sich hertrug. »Das sind die Worte des Bürgermeisters«, seine Faust umklammerte das Papier, als wollte er es jeden Augenblick zerknüllen, »die aus meinem Mund kommen sollen.« Er fuhr sich unschlüssig über den bereits ergrauten Schnauzbart, der seit König Viktor Emanuel III, dem letzten italienischen König, nicht mehr in Mode war. »Dass ich diesem Einfaltspinsel Gregorino einmal meine Stimme leihen muss«, murmelte er vor sich hin, fuhr unwirsch herum und marschierte in Richtung seines Schreibtisches. »Der Allievo soll kommen«, brüllte er, während er sich auf den erstbesten Stuhl fallen ließ, »oder wie meint sie, geben meine Füße diese Stiefel frei?«

Fettbein.

Es klopfte, und der Allievo, ein kaum sechzehnjähriger hagerer Bursche von fast zwei Metern Körpergröße und dem Gesicht eines Zwölfjährigen, betrat mit ehrfurchtsvoll nach vorn gebeugtem Oberkörper den Raum. »Sie haben gerufen, Capitano«, sagte er mit zittriger Stimme. Der Lehrbursche verbrachte seine Tage, soweit der Capitano sich in der Stazione aufhielt, vor dessen Zimmertür, um sofort zur Stelle zu sein, wenn man etwas von ihm verlangte. Capitano Riccardo Spadaro war kein übermäßig strenger Vorgesetzter, zumindest nicht in dem Maße, wie er es womöglich gern gewesen wäre. Aber er achtete äußerst penibel darauf, dass die Privilegien, die einem Hauptmann der Carabinieri zustanden, auch eingehalten wurden. Dazu gehörte nun mal stets eilfertiges Personal in greifbarer Nähe.

Der Capitano schaute von seinem knittrigen Blatt auf, neigte den Kopf und musterte den Knaben. »Das nicht sachgemäße Tragen einer Uniform ist ein schweres Vergehen«, sagte er wie jemand, der nur darauf gewartet hatte, seine Autorität zur Schau zu stellen. »Männer sind im Krieg schon für weniger erschossen worden.«

Bei mir war es das kaputte Gewehr eines Kameraden. Querschläger. Direkt ins linke Ohr. Dabei war ich schon dabei, meiner Truppe den Rücken zu kehren, heimlich natürlich. Seltsam, wie die Dinge manchmal laufen.

Der Hals des Allievo färbte sich dunkelrot, und im Nu hatte die Farbe seinen Haaransatz erreicht. »Ja, Capitano«, hauchte er tonlos.

»Wieso sieht er dann so aus?«, fuhr der Capitano ihn an, zog sich eine Knoblauchknolle aus seiner Hosentasche und biss herzhaft hinein.

Der Allievo, der ganz offenkundig nicht wusste, wie ihm geschah, bemühte sich sichtbar angestrengt um Haltung. Trotzdem fiel er jede Sekunde, die verstrich, mehr und mehr in sich zusammen.

Der Capitano streckte den Kopf nach vorn, drehte ihn leicht zur Seite und legte die flache Hand an sein Ohr. »Ich höre?«, sagte er breit kauend.

»Es gibt keine Uniformen in seiner Größe, Capitano«, sagte Claretta zögerlich, wobei sie immer wieder zu der halb fertigen Jacke im Schrank schielte.

»Will die junge Signora mir etwa erzählen, dass die stolze Republik Italien über nicht genügend Stoff verfügt, ihre Polizisten anständig einzukleiden?«, fuhr der Capitano sie in der typisch altväterlichen Manier an, die er immer dann gegenüber Claretta gebrauchte, wenn er mit ihr nicht einer Meinung war. »Oh Mädchen!« Sein warnender Zeigefinger erhob sich hinter dem Wisch mit der Rede. »Er sieht aus, als hätte man ihn in einen Getreidesack gesteckt.« Dann wandte er sich wieder dem Jungen zu. »Bist du sicher, dass die Hose auch im Laufschritt dort bleibt, wo sie hingehört?«, fragte er angriffslustig. »Du kannst die Tagediebe wohl kaum mit deiner Leibwäsche beeindrucken, zumal ich vermute, dass die nicht einmal sauber ist.«

Das Kinn des Allievo lag so tief auf seiner Brust, dass man sein Gesicht kaum noch erkennen konnte. »Ja, Capitano«, flüsterte er.

»Das soll er mir zeigen«, forderte der Capitano. »Wir sind Carabinieri. Selbst ein bunter Hund stößt nicht auf mehr Neugier bei den Menschen. Dessen müssen wir uns in jeder Lebenslage bewusst sein. Die Augen gehören den Gesetzeshütern, die anständigen und die unanständigen, Letztere sind zweifelsohne noch strenger.« Er wedelte mit wachsweicher Hand, als könnte ihm gerade diese zweite Spezies nichts anhaben.

Der Allievo schien kaum noch zu atmen.

»Los! Los! Jemand so Bedeutsames wie der Capitano der Carabinieri von Amalfi schenkt dir seine gesamte Aufmerksamkeit«, sagte er und warf Claretta einen gönnerhaften Blick zu.

Kaum ist der Bürgermeister an Pocken erkrankt, fühlt sich der Capitano auch nicht mehr wohl, dachte Claretta bei sich.

Ich weiß, wie ein Mann aussieht, der Angst hat. Zieht er in den Krieg, oder liest er den Leuten von einem Zettel vor?

Vorsichtig begann der Allievo damit, sich durch das Zimmer zu bewegen.

Der Capitano beobachtete ihn dabei und schien nur darauf zu lauern, dass seine Vorhersage eintraf. Aber dank Clarettas Steppnähten, mit denen sie schon vor einigen Wochen den übrigen Stoff am hinteren Hosenbund des Jungen zusammengeheftet hatte, blieb alles an seinem Platz. Die Hosenbeine und auch die Ärmel durch angestrickte Bündchen auf die richtige Länge zu bringen, ganz so, wie sie es bei ihren vier Söhnen regelmäßig tat, hatte sie sich jedoch nicht gewagt.

Eine Uniform ist nun einmal eine Uniform, selbst wenn sie nur an einem Carabiniere hängt.

»Wenn er fertig ist mit dem Herumstolzieren, kann er mir aus den Stiefeln helfen«, maulte der Capitano sichtbar unzufrieden mit dem Ergebnis und streckte sein rechtes Bein nach vorn. Der Allievo, froh, dieser überaus unangenehmen Rolle entledigt zu sein, kam mit großen Schritten herbei und tat, was man ihm aufgetragen hatte.

»Kriegt dieser Mensch die Pocken«, echauffierte sich der Capitano, während der Junge sich abmühte. »Soll man es denn glauben? Nicht, dass er zu allem Übel noch die komplette Verwaltung angesteckt hat. Na ja, den Unterschied werden wir nicht mitbekommen. Die sitzen dort ohnehin nur auf ihren Stühlen und atmen die Luft weg.« Er lachte schallend. »Ich will mal für das wichtige Stadtoberhaupt hoffen, dass das keine schlechte Ausrede ist. Man kennt das ja bei den Männern aus der Politik. Wenn es darauf ankommt, kneifen sie. Dann muss unsereins ran.« Die Schweißperlen glitzerten auf seinem runden Gesicht. »Ausgerechnet am fünfundzwanzigsten Jahrestag unseres bedeutendsten Denkmals.« Er schnaufte, als müsste er gegen den Widerstand des Leders...
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Julia Bruns, geboren 1975 in einem Dorf in Thüringen, studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie in Jena. Nach ihrer Promotion im Fach Politikwissenschaft arbeitete sie viele Jahre als Redenschreiberin und in der Öffentlichkeitsarbeit. Heute schreibt sie Romane, überwiegend Krimis, die in ihrer thüringischen Heimat, an der Ostsee, aber auch am Comer See oder in Amalfi spielen, und vertreibt sich ihre Freizeit mit Sport, Spaziergängen und dem Kochen leckerer Marmeladen. Julia Bruns lebt im Siegerland und in Thüringen.