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Herz aus Kristall

tolino mediaerschienen am01.07.2020
Es könnten die perfekten Sommerferien sein. Lynn, Marie und Lia haben sich vorgenommen, jeden Tag am Ufer des Stechlinsees faul in der Sonne zu liegen und nichts zu tun. Wenn nur Lynns Albträume nicht wären. Nacht für Nacht warnen geisterhafte Gestalten vor dem Grauen in der Tiefe des Sees und bitten das Mädchen um Hilfe. Als ein pferdeähnliches Monster am Ufer auftaucht, verschwinden Lynns Freundinnen spurlos. Ihre Albträume scheinen wahr zu werden ... Als ob das nicht genug wäre, bringt auch noch die geheimnisvolle Daja Lynns Gefühlsleben durcheinander, während sie die Suche nach einem blauen Herz aus Kristall in Lebensgefahr, aber auch einem uralten Geheimnis näher bringt.

Juliane Seidel wurde 1983 in Suhl/Thüringen geboren und lebt seit mehreren Jahren in Wiesbaden. Neben ihrer Arbeit als Teamassistentin steckt sie viel Zeit und Herzblut in verschiedene queere Projekte und schreibt seit knapp zehn Jahren fantastische Kinder- und Jugendbücher. Unterdessen hat sie, neben den ersten Bänden der Kinderbuchreihe "Assjah" und der im Selfpublishing erschienenen Urban Fantasy-Reihe "Nachtschatten", auch erste Veröffentlichungen im queeren Bereich vorzuweisen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,90

Produkt

KlappentextEs könnten die perfekten Sommerferien sein. Lynn, Marie und Lia haben sich vorgenommen, jeden Tag am Ufer des Stechlinsees faul in der Sonne zu liegen und nichts zu tun. Wenn nur Lynns Albträume nicht wären. Nacht für Nacht warnen geisterhafte Gestalten vor dem Grauen in der Tiefe des Sees und bitten das Mädchen um Hilfe. Als ein pferdeähnliches Monster am Ufer auftaucht, verschwinden Lynns Freundinnen spurlos. Ihre Albträume scheinen wahr zu werden ... Als ob das nicht genug wäre, bringt auch noch die geheimnisvolle Daja Lynns Gefühlsleben durcheinander, während sie die Suche nach einem blauen Herz aus Kristall in Lebensgefahr, aber auch einem uralten Geheimnis näher bringt.

Juliane Seidel wurde 1983 in Suhl/Thüringen geboren und lebt seit mehreren Jahren in Wiesbaden. Neben ihrer Arbeit als Teamassistentin steckt sie viel Zeit und Herzblut in verschiedene queere Projekte und schreibt seit knapp zehn Jahren fantastische Kinder- und Jugendbücher. Unterdessen hat sie, neben den ersten Bänden der Kinderbuchreihe "Assjah" und der im Selfpublishing erschienenen Urban Fantasy-Reihe "Nachtschatten", auch erste Veröffentlichungen im queeren Bereich vorzuweisen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783739480183
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum01.07.2020
Seiten440 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse527
Artikel-Nr.11805849
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 1 - Die Warnung

 

Blut. Rot und klebrig quoll es aus zwei Stümpfen seiner Finger und tropfte zu Boden. Es verschwand in dem dichten Nebel, der es Lynn unmöglich machte, ihre eigenen Füße zu sehen. Die Schwaden stiegen bis zu ihren Oberschenkeln hinauf und tauchten die unwirkliche Umgebung in eine gespenstige Atmosphäre. Außer den fahlen Umrissen einiger Bäume sah sie nichts. Sie fröstelte. Ein Schauer kroch ihr über den Rücken, als der Junge seine blutigen Hände hilfesuchend nach ihrem Gesicht ausstreckte. Im ersten Moment war sie wie gelähmt, konnte den Blick nicht von den schreckgeweiteten, grünen Augen des Jungen lösen. Unbändiger Schmerz spiegelte sich in ihnen wider.

Geh nicht zum See hinab , murmelte der Junge mit blassem Gesicht. Tränen rannen über seine bleichen Wangen. Es ist gefährlich dort!

In Lynn wallte eine seltsame Mischung aus Angst und Faszination auf, gepaart mit dem Wissen, in ihrem Bett zu liegen und zu schlafen. Der Gedanke nahm der Szenerie ein wenig den Schrecken. Sie fixierte die verunstaltete Hand, beobachtete mit fast wissenschaftlichem Interesse, wie das Blut aus der Wunde floss.

Wieso? , fragte sie leise. Ihre eigenen Worte halfen ihr, wieder zur Besinnung zu kommen. Sie wich von ihm fort. Von einer Sekunde zur anderen entsetzte es Lynn, wie neugierig sie die Verstümmelung des Jungen gemustert hatte, Traum hin oder her. Sie wollte diesen armen Jungen nicht anstarren, als sei er ein seltenes Tier in einem Zoo.

Sie wandte sich ab, bereit, so schnell wie möglich davonzulaufen, doch kaum hatte sie ihm den Rücken zugedreht, stand er wieder vor ihr. Sein verängstigter Blick ging ihr durch Mark und Bein. Tränenspuren zeigten sich auf seiner grauen Haut. Seine Lippen bebten. Er hielt ihr die blutigen Stümpfe entgegen. Sieh, was sie mir angetan hat, Lynn! Sie wird dich töten, wenn sie dich findet! Sie sucht dich schon so lange ... so unendlich lange ...

Wer denn? , krächzte sie. Die Angst des Jungen griff auf sie über, nahm ihr die Luft zum Atmen. Sie schluckte trocken und schloss die Augen, um sich zu beruhigen. Wenn sie sich fest genug darauf konzentrierte, verschwanden vielleicht der Junge und diese unwirkliche nebelige Unendlichkeit. Immerhin war das ihr Traum ...

Als sich eine eisige Hand auf ihre Wange legte, fuhr sie zurück, doch es gelang ihr nicht, den Jungen abzuschütteln. Er strich über ihre Wange zum Kinn hinab und hinterließ eine feuchte Spur in ihrem Gesicht. Der metallische Geruch von Blut wehte ihr in die Nase. Übelkeit stieg in ihr auf, legte sich pelzig auf ihre Zunge. Lynn wollte den Jungen von sich stoßen, doch er war verschwunden. Lediglich der kalte Nebel war geblieben. Sie fuhr sich über die Wange und betrachtete das klebrige Blut, das an ihren Fingern haften blieb.

Meide den See!

 

Mit einem Aufschrei fuhr Lynn aus dem Traum auf. Ihr Herz raste. Das Schlafshirt klebte an ihrem Körper wie eine zweite Haut. Mit einer schnellen Handbewegung strich sie sich die langen roten Haarsträhnen zurück, die ihr zerzaust ins Gesicht hingen. Hektisch sah sie sich in ihrem kleinen Zimmer um. Sie konnte weder unheimliche Nebelschwaden noch ein verstümmeltes Geisterkind ausmachen. Erleichtert schloss sie die Augen und sog die kühle Morgenluft ein, die durch das geöffnete Fenster strömte. Nach und nach klärten sich ihre Gedanken und ihr Herzschlag beruhigte sich. Was für ein Albtraum! Seit Wochen verfolgte sie dieses Kind und ließ sie nicht zur Ruhe kommen. Zum ersten Mal hatte der Junge sie berührt, Blut auf ihrer Wange zurückgelassen. Sie konnte es selbst jetzt noch riechen. Ihre Nackenhärchen stellten sich auf, als sie daran dachte.

Es ist nur ein Traum , flüsterte sie in die Stille ihres Zimmers hinein, konnte aber die warnenden Worte des Jungen nicht aus ihren Gedanken vertreiben.

Meide den See!

Wieso um alles in der Welt sollte sie das tun? Nie hatte sie etwas Schlechtes erlebt, wenn sie im Stechlinsee Schwimmen oder Tauchen ging. Gerade jetzt, wo die Sommerferien vor der Tür standen, hatte sie Besseres zu tun, als Warnungen aus Träumen ernst zu nehmen. Ihre Freunde und sie hatten feste Pläne - Marie, Lia und sie wollten in den entlegenen Buchten des Sees in der Sonne liegen, quatschen, schwimmen und die ein oder andere abendliche Party mit den Jungs aus ihrer Klasse feiern. Da war kein Platz für Geister und seltsame Träume.

Lynn genoss die warmen Sonnenstrahlen, die in ihr Zimmer fluteten und die letzten Fäden des Albtraums vertrieben. Es versprach ein heißer Tag zu werden, der wie geschaffen für einen Ausflug an den See war. Marie und Lia wollten heute nach der Zeugnisausgabe das Ende des Schuljahrs am Ufer des Sees feiern. Schon seit Wochen freute Lynn sich auf diesen Tag, schließlich waren die Jungs mit von der Partie, allen voran Kai, der ihr seit Wochen nicht mehr aus dem Kopf ging. Mit seinem charmanten Lächeln brachte er ihr Herz zum Rasen und ließ Schmetterlinge in ihrem Bauch tanzen. So leicht und beschwingt hatte sie sich seit Monaten mehr gefühlt. Sie musste nur an diese braunen Augen denken und all ihre Sorgen waren vergessen. Während der Sommerferien wollte sie ihn endlich für sich gewinnen.

Ein leises Fiepen lenkte ihren Blick zu dem Korb, der neben ihrem Bett stand. Su blinzelte verschlafen unter der alten, geflickten Decke hervor. Ihre schwarzen Knopfaugen waren leicht zusammengekniffen und mit einem Schmatzen schüttelte sie den Kopf. Lynn streckte dem kleinen Fischotter ihre Hand hin.

Hab ich dich geweckt? Sie streichelte das kurze, weiche Fell der Otterdame. Ein leises Knurren antwortete ihr und Su räkelte sich. Sie genoss die Streicheleinheiten, gähnte ausgiebig und kratzte sich am Bauch.

Lynn lächelte und kraulte das Tier unter dem Kinn. Ruhe durchströmte sie, verdrängte die letzten Traumfetzen. Es war nicht das erste Mal, dass Sus Nähe ihr half, einen Albtraum abzuschütteln. Lynn fühlte sich von dem Tier beschützt und verstanden.

Für einige Minuten hielt Su still, dann wurde ihr langweilig und sie biss Lynn spielerisch in die Finger. Schließlich hopste sie aus dem Körbchen, steuerte auf die geschlossene Tür zu und kratze fordernd daran. Sie wollte baden und würde nicht eher aufgeben, bis Lynn aufstand und sie ins Badezimmer ließ. Der Wecker zeigte zwar erst sechs Uhr morgens an, doch an Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken.

Lynn erhob sich, nahm ihren Bademantel vom Stuhl und verließ das Zimmer. Wenn sie schon wach war, konnte sie ebenso gut duschen.

Der Flur wirkte in dem morgendlichen Licht fremd und unheimlich. Die Sonnenstrahlen, die am Ende des Ganges durch ein schmales Fenster fielen, erhellten die dunkle Diele kaum. Verzogene Schattenbilder huschten über die Wände, und als der Wind durch die Blätter des Baumes vor dem Haus fuhr, schienen groteske Figuren über den Boden zu tanzen. Lynn fröstelte, als sie zum Badezimmer huschte. Der alte Holzboden knarrte bei jedem Schritt, egal wie behutsam sie einen Fuß vor den anderen setzte.

Sus leises Trippeln begleitete sie und die durch die Schatten ausgelöste seltsame Atmosphäre wich der alltäglichen Normalität. Der Otter stieß die Tür mit der flachen Schnauze auf und steuerte auf die alte Wanne zu, die auf kleinen Füßchen stand.

Wie jeden Morgen ließ Lynn Wasser in die Badewanne und setzte ihre Gefährtin hinein. Su quietsche vor Vergnügen, drehte sich auf den Rücken und trieb unter den Wasserstrahl, um spielerisch danach zu schnappen.

Lynn trat vor den Spiegel und betrachtete sich nachdenklich. Ihr lockiges Haar stand in alle Richtungen ab. Dunkle Ringe gruben sich unter ihren grünen Augen in die Wangen und verliehen ihr ungewollt das Aussehen eines Zombies. Auch sonst war sie blass, die Sommersprossen auf ihrer schmalen Stupsnase wirkten farblos. Sie seufzte. Sah man ihr die Albträume an? Lynn entschied sich, diese Frage aufzuschieben. Nach einer warmen Dusche sah sie gewiss wacher und weniger tot aus.

Eine gute Stunde später fühlte sich Lynn wohler. Ihr Haar lag in einem ordentlichen Zopf über der rechten Schulter und sie hatte mittels Make-up die Augenringe wegkaschiert. Zur Feier des letzten Schultages trug sie ein leichtes Sommerkleid und die weißen Sandalen, die ihr Lia beim letzten Einkaufsbummel in Berlin aufgeschwatzt hatte. Im Gegensatz zu Lia, die es liebte, sich mit neuen Klamotten einzudecken oder aktuellen Trends zu folgen, mochte Lynn ausgedehnte Shoppingtouren nicht so gerne, doch hin und wieder entdeckte sie Dinge, die ihr gefielen. Und wenn es neue Bücher waren, die sie nach Hause schleppte.

Na Su, was denkst du? Sieht man mir die schlechten Träume noch an? Sie beobachtete das Tier im Spiegel. Su schwamm auf dem Rücken und tauchte kurz, als sie bemerkte, dass sie beobachtet wurde. Lynn richtete den Blick wieder auf ihr Spiegelbild und erschrak zutiefst. Mit einem Aufschrei fuhr sie zusammen, wich zurück bis zur Badewanne. Instinktiv hielt sie sich an der kalten Emaille fest, um nicht wegzurutschen.

Dunkles Blut lief über ihre Wange. Deutlich erkannte sie zwei parallel verlaufende Spuren. Sie wirkten wie von abgetrennten Fingern hinterlassen. Ihr Herz machte einen entsetzten Sprung und hämmerte doppelt so schnell weiter.

Lynn? Ist alles in Ordnung? Ihre Mutter klopfte an die Tür.

Lynn wischte sich mit dem Handrücken über die Wange, doch das Blut war verschwunden. Ja ... , antwortete sie mit heiserer Stimme und fügte rasch hinzu: Hier war nur eine Spinne, aber jetzt ist sie weg.

Dann ist ja gut.

Erneut betrachtete sie ihr aschfahles Gesicht. Es wurde Zeit, dass sie etwas gegen diese Träume unternahm - was auch immer sie dagegen tun...
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