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Was nach dem Menschen kam

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
380 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am12.06.20231. Auflage
Ein Roman und zwei Hände voll Miniaturen - blanke Lügen über eine Zukunft, welche nirgendwo passieren kann, außer in einem zur Unvernunft begabten Gehirn.

Dithmar Mayer lieferte bislang Romane aus den Genres der spekulativen Fiktion sowie der Dystopie, Kriminalromane und literarische Romane ab. Auch in seiner siebten Veröffentlichung werden Figuren mit der Aufgabe losgeschickt, die eigene Identität zu erkennen und ihr eine Bedeutung in dieser oder einer ganz anderen Welt zu verleihen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextEin Roman und zwei Hände voll Miniaturen - blanke Lügen über eine Zukunft, welche nirgendwo passieren kann, außer in einem zur Unvernunft begabten Gehirn.

Dithmar Mayer lieferte bislang Romane aus den Genres der spekulativen Fiktion sowie der Dystopie, Kriminalromane und literarische Romane ab. Auch in seiner siebten Veröffentlichung werden Figuren mit der Aufgabe losgeschickt, die eigene Identität zu erkennen und ihr eine Bedeutung in dieser oder einer ganz anderen Welt zu verleihen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757872762
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum12.06.2023
Auflage1. Auflage
Seiten380 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11905303
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Was nach dem Menschen kam
1
Ein Schatten kroch die Gräberreihen entlang, sprang von einem Marmorblock zum nächsten. Das goldene Abendlicht verlort rasch an Kraft. Zweizeh Fau blickte um sich. Die letzten Friedhofsbesucher verließen das Gelände, zogen das Tor hinter sich ins Schloss. Er konnte nun sein Geschäft beginnen. Dazu hatte er sich dunkel gekleidet und schon seit einer halben Stunde hinter wechselnden Objekten in Deckung gebracht. Zweizeh Fau - der Name war dem jungen Mann geblieben, selbst nachdem er seine Ente zu Schrott gefahren hatte - schlich den Weg entlang, den man ihm gewiesen hatte. Seine Freunde Lend Rowa, Fauweh Bulli, Tschenerel Motas, Square und Mini Kupa, die einzige Frau der Clique, weigerten sich, ihm auf den Grazer Zentralfriedhof zu folgen. Acid, sein Dealer, hatte geprahlt, er habe auf dem Gelände des Leichengartens Zauberpilze gefunden: Spitzkegelige Kahlköpfe vulgo Shrooms. Keiner außer Zweizeh Fau hatte Acid geglaubt. Ignoranten allesamt! Umso besser, so würde die ganze Ernte ihm gehören. Er wühlte im Dämmerlicht in der Erde herum, traute seinen Fingern mehr als seinen Augen. Nicht in den gepflegten Gräbern musste er suchen, erkannte er bald, schlurfte stattdessen an den Mauern entlang, umrundete Abfallhaufen. Nach kurzer Zeit hatte er Erfolg. Zwischen Moos und Grassoden wuchsen ein paar armselige Pilze. Viel machten die nicht her. Waren Shrooms wirklich so mickrig? Lange dünne Stängel, ein Knubbel drauf - na ja. Acid erwähnte etwas von fünf Gramm. Oder fünfzig? - Ich kleckere hier nicht rum: Wohl bekomm s! Schmeckt zum Kotzen, das Zeug. Ob das Giftpilze waren? Hätte sie wenigstens mit nachhause nehmen und Acids Rat einholen können. - Trotz allem verschlang er noch ein paar Pilze, stopfte die Restlichen in seine Jackentasche. Er legte sich zur Friedhofsmauer in den Kies, starrte in den Himmel. - Ich krepiere oder gehe in ein paar Minuten auf einen Trip, mir egal. Keine Sterne zu sehen da oben - Lichtverschmutzung, dämliche. Die Städte schießen dich nachts aus dem Universum ins Nichts. Der ideale Platz zum Vereinsamen. Oma ist hier unbemerkt in die ewigen Jagdgründe eingegangen; die Einzige, die mich mochte, von ihren Kindern im Stich gelassen. - Er durfte damals noch nicht allein aus der Provinz in die Stadt fahren. Eine von vielen Entscheidungen in seinem Leben, die er nicht selbst traf. Mini Kupa hatte einmal vorgeschlagen, ihn statt Zweizeh Fau Herr Fremdbestimmt zu nennen. Seine Sucht hatte ihm nicht gerade mehr Kontrolle über sein Leben gegeben. - Leb wohl, Oma! Unsinn, genau das tut sie nicht mehr: leben. Ich hab wenigstens Freunde, Freunde, die nach Automarken benannt, aber mit starken Herzen motorisiert sind. Wir gehen gemeinsam vor die Hunde, nicht allein. Ausbrennen ist besser als Verblassen - auch bloß ein blöder Indie-Spruch. Am Ende ist egal, wie du gelebt hast, du faulst in einem der Gräber hier oder sonst wo ⦠- Zweizeh Fau schreckte hoch. Nach einer kurzen Müdigkeit hatte ihm etwas mit einem Mal Leben injiziert. Er sprang auf die Beine, lief umher wie der Trommelhase aus dem Werbefernsehen. Nach einigen Minuten beruhigte sich sein Kreislauf ein wenig. Er setzte sich zwischen die Soldatengräber auf die Wiese, lehnte sich gegen ein Kreuz. Er ließ seinen Blick über das Lichtermeer der Kerzen auf den unteren Gräbern schweifen. Einige Reihen vor den ersten Ruhestätten der Soldaten, im Bereich der Privatgräber, bemerkte er den Schemen eines Hundes, der mit seinen Vorderpfoten in der Erde eines Grabes scharrte - Holzspäne zwischen den Zähnen. Der junge Mann pfiff, rief verschiedene Befehle, das Tier zu verjagen. Der Hund wandte ihm kurz den Kopf zu, scharrte sodann weiter, zog mit der Schnauze knurrend etwas Längliches hervor, trennte es von dessen Verbindungsstelle an einem größeren Objekt. Der Vierbeiner zerteilte eine Leiche. Zweizeh Fau erschrak. Er holte sein Smartphone aus der Tasche, schaltete die Taschenlampenfunktion ein, erhob sich, stolperte nach vorne, beleuchtete den Tatort. Das Tier hockte auf kurzen Hinterläufen und arbeitete mit Vorderpfoten und Kiefern. Ein deutliches Krachen bezeugte, die mächtigen Zähne des Köters zermalmten einen dicken Knochen. Die Körperform des Übeltäters - kräftiger Vorderkörper, dagegen zarte hintere Gliedmaßen - zeichnete das Bild eines geduckten, hinterhältig wirkenden Wesens.

»Du bist eine Tüpfelhyäne, Mann!« Zweizeh Fau zeigte mit einer Hand auf das Tier. Das Angesprochene zuckte mit der Coxa eines Hinterlaufs.

- Wo ist das Problem?

»Du bist eine verdammte Tüpfelhyäne.«

- Es gibt Schlimmeres, manch einer ist Franzose.

»Eine verdammt verdammte Tüpfelhyäne.«

- Weiter erstreckt sich dein Wortschatz offenbar nicht. Erzähl mir etwas Aufregenderes.

»Eine Tüpfelhyäne bist du. Eine aasfressende Tüpfelhyäne.«

- Du bist ein Affe. Und?

»Ich bin ein Mensch.«

- Sag' ich ja: Du bist ein Affe.

»Eine Hyäne! Mitten im verfluchten Graz bist du einfach so, als wär' nichts dabei, eine Tüpfelhyäne.«

- Ich weiß, was du vorhast. Du willst mich in eine Identitätskrise treiben, Affe.

»Wo du aber doch eine Tüpfelhyäne bist, ej ⦠Ich gehöre hierher. Du bist ein Savanninger, eine Hyäne, Mensch. Was treibst du hier, suchst du nach Knochen?«

- Erraten! Du bist ein Weiser. Sag mir: Was ist der Sinn des Lebens?

»Eine Hyäne bist du, die am Zentralfriedhof nach Knochen gräbt.«

- Na gut, die bin ich. Einwände?

»Klar, du bist eine Hyäne. Überhaupt: An den Knochen hier ist doch gar kein Fleisch mehr, die Leichen rotten schon Jahrhunderte vor sich hin.«

- Nicht diese, die liegt erst seit zwei Wochen hier.

»Du bist ein echter Kenner, was?«

- Südhang, rund im Abgang, alles in allem ein blumiges Bouquet, bitterer Nachgeschmack.

»Du frisst Tote.«

- Ich bin eine Hyäne, wie du das eine oder andere Mal erwähnt hast. Wir fressen ab und zu Aas. Wir Tüpfelhyänen jagen unsere Beute hauptsächlich selbst.

»Immer diese widerliche Fressen-und-gefressenwerden-Story!«

- Ihr fresst nur, werdet nicht gefressen. Ist das moralisch überlegen?

»Äh -«

- Was heißt äh?

»Das ist bloß ein Zeichen intellektueller Überlegenheit. Das ist zu hoch für dich, vergiss es. Die Herden eurer Beutetiere verteidigen ihre Jungen nicht. Sie sind um so viele mehr als die Löwen und ihr, sie bräuchten nur gemeinsam auf euch loszugehen. Menschen verstehen das.«

- Nichts versteht ihr.

»Wir haben das Rad erfunden.«

- Das tut nichts zur Sache, bleib beim Thema. Die Tiere, die zur Erhaltung des Rudels oder der Herde vonnöten sind, bleiben unversehrt, die ganz alten und die ganz jungen Exemplare werden zur Beute; sie tragen nicht viel bei, sind im Weg, halten die Herde auf, gefährden die anderen. Niemand hier ist heldenhaft. Das gilt nicht nur für die Beutetiere, die Räuber sind auch nur auf Überleben aus. Wenn der neue Löwe die Jungen des alten frisst, sieht deren Mutter zu und denkt sich: Verdammter Mist, die ganze Arbeit umsonst! Und sie hat Recht. Würde mich auch nerven.

»Aber sie kümmert sich doch zuerst liebevoll um die Kleinen und verteidigt sie auch gegen andere Löwen.«

- Wenn aber der Neue, der strahlende Sieger aus dem Kampf der Machos, an ihr vorbeistolziert, werden ihre Knie weich, und sie will nur noch Junge von ihm. Tja, die Liebe!

»Das ist doch keine Liebe.«

- Keine Affenliebe vielleicht.

»Mensch, Hyäne, wer ist dann ein Held für euch? Der die meisten Jungen frisst?«

- Gut geraten, aber nein. Wir haben nicht viel übrig für Helden. Das Spiel heißt Leben, Ordnung ins Chaos bringen.

»Ordnung als Selbstzweck ist doch Mist, ej.«

- Das Leben wendet die ganze Energie, die es gewinnt, zur Aufrechterhaltung der Ordnung auf. Der archaische Zustand ist die Unordnung. Das Leben hat den Ordnungsprozess gestartet, ist nicht wählerisch dabei, versucht die unterschiedlichsten Muster, Methoden, Prinzipien, lässt sie aufeinanderprallen; da geht es nicht darum, das Beste herauszufiltern, es geht um Vielfältigkeit. Leben will Variationen hervorbringen. Manches muss weichen, um dem Neuen Platz zu machen, aber nicht, weil das Neue besser wäre, sondern weil es neu ist. Das Leben ist ein manischer Erfinder, es wird ständig bunter.

»Ein verrückter Erfinder, wenn du mich fragst. Wir Menschen gehen davon aus, das Alte muss sehr wohl deshalb Platz machen, weil das Neue besser ist, besser angepasst zumindest. Eine neue Herausforderung - eine neue Lösung. Wenn es nur um Buntheit ginge, wozu die Sache mit dem Tod?«

- Dumme Frage. Gerade habe ich dir vom ständig Neuen erzählt. Wo käme das Material für...
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