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Glanz und Untergang der Familie Napoleons. Band 2

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
apebook Verlagerschienen am18.06.20231. Auflage
'Glanz und Untergang der Familie Napoleons' ist eine intensive Biographie der gesamten Familie Napoleons. Sowohl die Eltern, insbesondere die Mutter, als auch die Brüder, Schwestern sowie die Geliebten und Frauen werden eingehend porträtiert und in ihrer Bedeutung und ihrem Einfluss auf Leben und Wirken des großen französischen Herrschers dargestellt. In vielen Briefzeugnissen und überlieferten Äußerungen erhält man einen lebendigen Eindruck vom Denken und Fühlen Napoleons sowie dessen engsten Verwandten und Vertrauten. Deutlich tritt hier auch der private Mensch Napoleon Bonaparte hervor, der scheinbar genauso viel Energie aufbringen muss, um seine Familie zu regieren, wie es benötigt, um sein großes Reich zusammenzuhalten. Das ist vielleicht die größte Leistung dieses monumentalen Werkes der renommierten Historikerin Gertrude Aretz - man lernt neben dem Machtmenschen auch den Privatmenschen Napoleon Bonaparte kennen. Das Werk ist reich bebildert mit den originalen Kupfertiefdrucken. Dieses ist der zweite Band der dreibändigen Reihe.mehr

Produkt

Klappentext'Glanz und Untergang der Familie Napoleons' ist eine intensive Biographie der gesamten Familie Napoleons. Sowohl die Eltern, insbesondere die Mutter, als auch die Brüder, Schwestern sowie die Geliebten und Frauen werden eingehend porträtiert und in ihrer Bedeutung und ihrem Einfluss auf Leben und Wirken des großen französischen Herrschers dargestellt. In vielen Briefzeugnissen und überlieferten Äußerungen erhält man einen lebendigen Eindruck vom Denken und Fühlen Napoleons sowie dessen engsten Verwandten und Vertrauten. Deutlich tritt hier auch der private Mensch Napoleon Bonaparte hervor, der scheinbar genauso viel Energie aufbringen muss, um seine Familie zu regieren, wie es benötigt, um sein großes Reich zusammenzuhalten. Das ist vielleicht die größte Leistung dieses monumentalen Werkes der renommierten Historikerin Gertrude Aretz - man lernt neben dem Machtmenschen auch den Privatmenschen Napoleon Bonaparte kennen. Das Werk ist reich bebildert mit den originalen Kupfertiefdrucken. Dieses ist der zweite Band der dreibändigen Reihe.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783961305834
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum18.06.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.2
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.12045046
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Drittes Kapitel. Lucien und seine beiden Frauen: Christine und Alexandrine
I.
Nach der Geburt Josephs vergingen sieben und ein halbes Jahr, ehe Letizia ihre Familie mit dem dritten Sohne beschenkte. Sie hoffte wohl auf eine Tochter, die ihr das im Jahre 1771 kurz nach der Geburt gestorbene Mädchen ersetzen sollte, doch war auch ein Bube herzlich willkommen. Ja, gerade dieser sollte der Liebling der Mutter werden, vielleicht weil er dem Vater am ähnlichsten war.

Lucien kam am 21. Mai 1775 in Ajaccio zur Welt. Zu jener Zeit war Carlo Bonaparte Beisitzer der Junta von Ajaccio. Die Familie lebte ruhig, doch nicht ohne Sorgen. Die Würden des Vaters kosteten Geld, denn man mußte standesgemäß auftreten. Als es daher galt, auch diesem dritten Sohne eine Erziehung zu geben, versuchte Carlo, ihn, gleich seinen beiden Ältesten, auf Kosten des Königs in Autun unterzubringen. Aber vergebens. Man mußte in den sauren Apfel beißen und Luciens Unterricht bezahlen.

Er hatte inzwischen sein sechstes Lebensjahr, also das schulfähige Alter erreicht. Mit seinem Onkel Fesch, der ihn nach Autun bringen sollte, verließ er im Jahre 1781 die Heimat. Zuerst führte der Onkel den Knaben nach Lyon, zu dem Bruder des Gönners der Bonaparte, dem Bischof Marbeuf. Er war früher Bischof von Autun gewesen, und man hoffte viel von seiner Gunst. So erhielt auch Lucien, wie Joseph, auf Marbeufs Veranlassung später eine für die geistliche Laufbahn bestimmte Erziehung.

Nach einigen Tagen des Aufenthaltes bei dem »guten Monseigneur«, der den intelligenten Jungen mit Zärtlichkeit überhäufte, hielt Lucien in der Schule von Autun seinen Einzug. Dort sah er Joseph wieder, der in Tertia saß. Gerne würde er an der Seite dieses Bruders, dem er zugetan war, seine Studien fortgesetzt haben. Da jedoch sein Vater auch für ihn in Brienne eine Freistelle erlangt hatte, blieb er nur ein einziges Jahr in Autun. Lucien war ein guter Schüler und neben Napoleon gewiß das begabteste Kind Carlos und Letizias.

Sobald Napoleon seine Studien in Brienne beendet hätte, sollte die Freistelle für Lucien dort in Kraft treten, denn es durfte immer nur ein Sprößling einer Familie das Stipendium genießen. Bis zu diesem Zeitpunkte aber waren es noch vier Monate. So mußte der Jüngere vorläufig als zahlender Schüler aufgenommen werden.

Der Wechsel der Unterrichtsanstalt betrübte den kleinen Lucien besonders, weil er nun nicht mehr mit Joseph zusammen sein konnte. Später schreibt er in seinen Memoiren: »Napoleon empfing mich ohne den geringsten Beweis von Zärtlichkeit ... Ich glaube, diesen ersten Eindrücken von dem Charakter meines Bruders habe ich die Abneigung zu verdanken, die ich stets empfunden, mich vor ihm zu beugen. Joseph hingegen, der in meinen Augen der liebenswürdigste, sanfteste Mensch ist, hat mir bis auf den heutigen Tag eine fast väterliche Zuneigung eingeflößt.«

Das Beisammensein der beiden Brüder in Brienne währte übrigens nicht lange. Napoleon bezog, nachdem seine Frist abgelaufen war, die Militärschule von Paris. Der Jüngere setzte seine Studien fort und rief bei den Mönchen, die dieses militärische Institut leiteten, durch seinen lebhaften Geist, seine Vorliebe für die schönen Künste, besonders aber durch seine glänzenden Fähigkeiten nicht geringes Erstaunen hervor. Doch der Knabe eignete sich wenig für den militärischen Beruf. Er war nicht allein kurzsichtig, sondern auch körperlich schwächlich. Zwar behauptete Lucien später, daß er mit seinen Augengläsern genug sähe, um sich schlagen zu können, aber Napoleon konnte ihn in seinem Generalstab wirklich nicht brauchen. In Brienne interessierte sich Lucien außerdem vielmehr für das literarische Studium als für den Soldatenberuf. Er wollte Geistlicher werden.

So bezog er denn nach fast zweijährigem Aufenthalt in Brienne das geistliche Seminar in Aix. Dort hatte auch sein Onkel Fesch studiert. Man hätte es gern gesehen, für Lucien in Aix ein Stipendium zu bekommen. Sogar Napoleon, der ziemlich kümmerlich als Leutnant in Auxonne lebte, bemühte sich im Jahre 1785 darum und schrieb in dieser Angelegenheit an den Direktor des Seminars, Herrn Amielh. Zwei Jahre später wandte er sich an den Intendanten von Korsika. Aber seine Gesuche hatten keinen Erfolg. Die Mutter war im Jahre 1788 nochmals genötigt, darum zu bitten. Sie war nicht glücklicher als der Sohn, obwohl sie ihre kümmerliche Lage in beredten Worten schilderte. Dennoch sah die Familie Lucien bereits als ruhmvollen Nachfolger des Mönches Philipp Bonaparte von San Miniato, als den reichsten und angesehensten Mann des Clans! Es kam anders.

Der Aufenthalt im Seminar von Aix war für den jungen Bonaparte, den man als einen Bittsteller betrachtete, und noch dazu als einen, der nichts erreichte, ziemlich niederdrückend. Auch das Studium machte ihm jetzt keine Freude mehr. Er arbeitete wenig und wurde oft getadelt. Seines Bleibens im Seminar war daher nicht von langer Dauer, um so mehr, da die Familie nicht mehr die Mittel zu seinem Studium aufbringen konnte. Mit 15 Jahren, als die Revolution in Frankreich ausbrach, war er wieder in der Heimat.

Das Zusammentreffen Letizias mit ihrem Sohne Lucien muß seltsam gewesen sein. Der Junge hatte vollkommen seine Muttersprache verlernt. Einstweilen setzte er seine Studien unter der Leitung des kranken Onkels Archidiakon fort, schriftstellerte zu seinem Vergnügen, verschrieb ungeheuer viel Papier, deklamierte, redete und gestikulierte.

Lucien hatte einen viel zu beweglichen Geist, als daß er sich ernstlich und dauernd dem Priesterberufe härte widmen können. Die Politik interessierte ihn bei weitem mehr und änderte mit einem Schlage alle seine Pläne für die Zukunft. Er begrüßte mit Freuden die politische Bewegung, die sich auf seiner Heimatinsel bemerkbar machte, warf das geistliche Gewand von sich und stürzte sich mit der naiven Begeisterung eines jungen Stürmers kopfüber, kopfunter in die Ereignisse. Trotz seiner Jugend war er einer der eifrigsten Verteidiger der Revolution. Da er eine glänzende Redegabe besaß, spielte er bereits als Sechzehnjähriger in dem patriotischen Klub von Ajaccio eine gewisse Rolle. Die andern jungen Männer waren zwar etwas älter als er, aber keineswegs gereifter. Er schien das Zeug zu einem Politiker in sich zu haben. Gern wäre er an der Seite des großen Nationalhelden berühmt geworden. Ja er behauptete sogar, eine Zeitlang Paolis Sekretär gewesen zu sein, und erdichtete darüber eine seltsam phantastische Geschichte. Aber Paoli wollte ihn nicht. Er nannte Lucien einen Gelbschnabel und schien mit der Zeit den Söhnen seines alten Freundes Carlo zu mißtrauen. Er irrte sich nicht. Wie Joseph und Napoleon, so ging auch Lucien zu den Franzosen über, um für die Sache Frankreichs einzutreten.

So gern Lucien sich von seinem älteren Bruder raten und leiten ließ, weil es bei Josephs Sanftmut nie mit Gewalt geschah, so wenig ließ er sich von Napoleon, den er immer als seinesgleichen betrachtete, Vorschriften machen. Er verabscheute den herrischen Ton, den Napoleon anzuschlagen pflegte, wenn er mit dem Jüngeren sprach. Mit 17 Jahren fällte Lucien sein Urteil über den Bruder in einem Briefe an Joseph vom 24. Juni 1792. In diesem heißt es: »Ich habe in Napoleon stets einen Ehrgeiz entdeckt, der nicht gerade egoistisch ist, der aber bei ihm seine Liebe für das öffentliche Wohl übertrifft. In einem freien Staate wäre er, glaube ich, ein sehr gefährlicher Mann. Er scheint mir sehr zum Tyrannen geneigt, und ich glaube auch, er würde es sein, wenn er König wäre. Zum mindesten würde sein Name für die Nachwelt und für den empfindsamen Patrioten ein Schrecken sein.« - Es kränkte Lucien besonders, von Napoleon als Revolutionär und Politiker nicht für voll angesehen zu werden. Denn als Napoleon die Proklamation an das korsische Volk gelesen hatte, die sein junger Bruder dem General Paoli unterbreiten oder veröffentlichen wollte, sagte er zu dem Hitzkopf: »Ich habe deinen Aufruf gelesen. Er taugt nichts. Es sind viel zu viel Phrasen und zu wenig Gedanken drin. So spricht man nicht zu den Völkern. Diese haben mehr Verstand und Feingefühl, als du glaubst. Deine Schrift würde mehr Schaden anrichten als Gutes tun.« Napoleon meinte den Brausewind durch Vernunft zur Mäßigung zu bringen. Er irrte sich. Lucien hatte seinen eigenen Kopf.

Mehr Glück als bei Napoleon hatte er bei seiner klugen Schwester Elisa. Sie liebte er von allen seinen Geschwistern am meisten. Sie verstand und sprach Französisch, war fast im gleichen Alter mit ihm und interessierte sich für seine Reden. Sie erregten zwar Widerspruch in ihr, da sie in Frankreich ganz aristokratisch erzogen worden war, aber gleichzeitig bewunderte sie auch den Bruder. Sie war intelligent; er konnte mit ihr über alles sprechen, ohne daß er befürchten mußte, nicht, wie bei den Brüdern, für voll angesehen zu werden. »Elisa versprach keine Schönheit zu werden, aber ihre herrlichen Augen verrieten Geist.« Vom ersten Tage an, da sich die Geschwister in der Heimat wiedersahen, waren sie Freunde. Da auch die übrigen Familienmitglieder, besonders die weiblichen, Lucien bewunderten, glaubte er mit siebzehn Jahren zu allem fähig zu sein. Vom Schicksal hielt er sich bestimmt, eine bedeutende politische Rolle zu spielen. Er hielt sich für das gottbegnadete Genie der Familie.

Da kam das Unglück. Letizia mußte mit den jüngeren Kindern fliehen. Der Hauptschuldige war der junge Lucien. Sein Selbstbewußtsein überschritt alle Begriffe! Er war auf die Fähigkeiten seines Geistes so eingebildet, daß er meinte, sich alles gestatten zu dürfen. Seine Ideen, seine Ansichten und Aussprüche waren seiner Meinung nach untadelhaft. Niemand durfte ihm dreinreden. Er trat mit einer Frechheit auf, die nicht...
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