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Die Villen von Bad Vöslau

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
Amalthea Signum Verlagerschienen am21.06.20231. Auflage
Der Zauber der Vergangenheit Der Kurort Bad Vöslau wird oft fälschlich als kleine Schwester von Baden bei Wien bezeichnet. Doch zahlreiche Industrielle, Fabrikanten, Offiziere, Ärzte und Künstlerinnen wie Robert Edler von Schlumberger, Ludwig Mandl, Josef und Ida Jolles, Paul Kestranek, Anton Drasche oder Henriette Lamare erkannten die Schönheit der Gegend, liebten das Thermalbad und ließen sich hier nieder. Ihre großteils noch heute bestehenden Villen faszinieren nicht nur mit ihren prachtvollen Fassaden, sondern machen auch neugierig auf die Geschichten, die sich um ihre Bewohner und Bewohnerinnen ranken. 1938 gerät das Leben vieler Villenbesitzer auf dramatische Weise für immer aus den Fugen ... Historikerin Silke Ebster erzählt von bewegenden, tragischen, aber auch amüsanten Schicksalen, die neben den Menschen auch die Geschichte des Ortes für Jahrzehnte geprägt haben. Mit Karte und zahlreichen Abbildungen aus Privatarchiven Geleitwort von Marie-Theres Arnbom

Silke Ebster, Dr., ist Historikerin sowie Fotografin und Webdesignerin und lebt in Bad Vöslau. Seit 2003 leitet sie das örtliche Stadtmuseum und kuratiert alle zwei Jahre neue Sonderausstellungen zu historischen stadtrelevanten Themen wie Vöslauer Villen, Sommerfrische und Heurigenkultur.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR28,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR22,99

Produkt

KlappentextDer Zauber der Vergangenheit Der Kurort Bad Vöslau wird oft fälschlich als kleine Schwester von Baden bei Wien bezeichnet. Doch zahlreiche Industrielle, Fabrikanten, Offiziere, Ärzte und Künstlerinnen wie Robert Edler von Schlumberger, Ludwig Mandl, Josef und Ida Jolles, Paul Kestranek, Anton Drasche oder Henriette Lamare erkannten die Schönheit der Gegend, liebten das Thermalbad und ließen sich hier nieder. Ihre großteils noch heute bestehenden Villen faszinieren nicht nur mit ihren prachtvollen Fassaden, sondern machen auch neugierig auf die Geschichten, die sich um ihre Bewohner und Bewohnerinnen ranken. 1938 gerät das Leben vieler Villenbesitzer auf dramatische Weise für immer aus den Fugen ... Historikerin Silke Ebster erzählt von bewegenden, tragischen, aber auch amüsanten Schicksalen, die neben den Menschen auch die Geschichte des Ortes für Jahrzehnte geprägt haben. Mit Karte und zahlreichen Abbildungen aus Privatarchiven Geleitwort von Marie-Theres Arnbom

Silke Ebster, Dr., ist Historikerin sowie Fotografin und Webdesignerin und lebt in Bad Vöslau. Seit 2003 leitet sie das örtliche Stadtmuseum und kuratiert alle zwei Jahre neue Sonderausstellungen zu historischen stadtrelevanten Themen wie Vöslauer Villen, Sommerfrische und Heurigenkultur.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783903441118
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum21.06.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.8
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse23026 Kbytes
Artikel-Nr.12052543
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2 Was verbindet einen Wiener Bürgermeister und eine Teppichfabrikanten-Dynastie mit Rudyard Kiplings Dschungelbuch?
Bahnstraße 11, abgerissen

Geht man heute die Bahnstraße entlang, kommt man an der ehemaligen Abfüllanlage der Vöslauer Mineralwasser GmbH vorbei. Auf diesem riesigen Areal - es reicht bis zur Badner Straße - stand einst die von August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll erbaute repräsentative Villa Haas. Die Familie Haas von Teichen frequentiert über drei Generationen und einen Zeitraum von fast 50 Jahren hinweg den Kurort und wohnt natürlich stets im »eigenen Hause«, welches in den Kurlisten 1912 sogar als »Palais« bezeichnet wird. Der »elegante zweigeschossige Bau mit kräftig vorspringenden Seitenrisaliten, denen Erker mit großen Fenstern vorgelegt waren«7, verfügt über einen ebenerdigen Gartensaal sowie eine große Terrasse. Leider ist kein originaler Bauplan mehr erhalten. Mit den beiden bekannten Architekten haben die Haas von Teichens bereits gute Erfahrungen gemacht, denn schon 1866 wird nach deren Plänen gegenüber dem Stephansdom das erste große Warenhaus der Familie Haas in Wien erbaut. Heute steht dort das von Hans Hollein geplante Haas-Haus, welches namentlich an die Industriellenfamilie erinnert.

Zuerst kommt jedoch ein bekannter Wiener Bürgermeister ins Spiel, denn vor der Familie Haas von Teichen ist Dr. Andreas Zelinka Besitzer des Grundstückes, welches er 1845 kauft und seiner Gattin Monika schenkt. »Zelinka ist einer der geschicktesten und betriebsamsten Advokaten Wiens und in verhältnismäßig kurzer Zeit ein reicher Mann geworden. Als Vermögensverwalter der Vöslauer Kammgarnfabrik [â¦] wußte er sich daraus einen Garten sammt Haus zu beschaffen, und es entstand für ihn ein prachtvoller Landsitz.«8 Seine Villa in der Bahnstraße spielt eine wichtige Rolle für seine politische Biografie. 1848 - Zelinka wird in den ersten Wiener Gemeinderat gewählt - verbringt er die stürmischen Oktobertage nicht in Wien, wie Cajetan Felder zu berichten weiß: »Im Gemeinderat sah ich Zelinka im Oktober 1848 gar nicht, denn er hatte sich wie Seiler und viele andere aus dem Staub gemacht und die Schreckenstage in seiner Villa in Vöslau verlebt.«9 Dieser Aufenthalt erzeugt in der Öffentlichkeit natürlich eine schiefe Optik und führt dazu, dass Zelinka bei der Wiener Bevölkerung nicht gerade beliebt ist. Anstatt als Mitglied des Gemeinderates in Wien auszuharren, »hat Zelinka vor den Bajonetten der Reaktion das Weite gesucht«10. So kann er nur mit Mühe 1861 eine Wiederwahl in den Gemeinderat erreichen, wird allerdings mit knapper Mehrheit zum Bürgermeister gewählt.

Gartenansicht der von August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll erbauten Villa Haas

Wann und wie oft sich Zelinka in den 1860er-Jahren in Vöslau aufhält, lässt sich aufgrund des Fehlens der Kurlisten jener Zeit nicht klären. Es ist jedoch anzunehmen, dass er ab und zu in den Kurort kommt, um in der Villa nach dem Rechten zu sehen. Seine Erben haben an dem Haus offenbar kein Interesse, denn bereits im Jahr nach Zelinkas Tod 1868 verkaufen sie es an die Teppichfabrikanten-Dynastie Haas.11

Gründer des Unternehmens ist der 1791 geborene Philipp Haas, der nach dem Tod seines Vaters dessen Weberei übernimmt und laufend ausbaut. 1825 beginnt er in einer eigenen Werkstätte mit der Erzeugung von Kleiderstoffen, 1831 kommen Möbelstoffe dazu und 1845 erweitert er das Sortiment um die Erzeugung von Teppichen. Nach dem Eintritt seiner Söhne Eduard und Robert firmiert das Unternehmen ab 1851 unter dem Namen Philipp Haas & Söhne. Die Teppichweberei erlangt Weltruf durch Webmuster nach orientalischen Stilvorlagen. Anfangs werden alte Stoffe genau nachgebildet, später wird nach neuen Entwürfen bedeutender Künstler und Architekten, wie zum Beispiel Theophil Hansen oder Heinrich von Ferstel, gearbeitet. Bald zählt die Firma zur Spitze der österreichischen Textilindustrie. Philipp Ritter von Haas stirbt am 31. Mai 1870 während eines Aufenthaltes in seiner Vöslauer Villa. Nach dem Tod seines Sohnes Eduard übernimmt sein Enkel Philipp in dritter Generation das Unternehmen. In seiner Jugend besucht Philipp Webschulen in Lyon (Frankreich) und Leeds (England) und stellt das Unternehmen aufgrund dieser Erfahrungen auf »eine ganz neue Basis«12. Die Teppichfabrikation erlebt in der Folge einen weiteren Aufschwung und sichert der Familie großen privaten Reichtum, 1898 erfolgt die Erhebung in den Freiherrenstand mit dem Prädikat »von Teichen«13.

Philipp Haas von Teichen gilt in der Wiener Gesellschaft als Schöngeist und Lebemann. »Er war ein bekannter Musikfreund, und nicht nur in Gesellschaftskreisen, auch in den Konzertsälen fehlte er bei keiner interessanten Vorführung. Ebenso bei keiner Theaterpremiere. [â¦] Seine hohe, schlanke Erscheinung fiel überall auf. Der hochgewachsene Mann, dessen Kopf einst ein blonder Vollbart umrahmte, der jetzt schlohweiß geworden war, zählte zu den bekanntesten Figuren auf dem Korso.«14

Als 1912 ein schweres Nierenleiden lebensbedrohlich wird, verbringt Philipp Haas von Teichen einige Monate im Cottage-Sanatorium in Wien,15 beschließt danach jedoch, sich selbst zu kurieren. Gegen alle Erwartungen verbessert sich sein Gesundheitszustand und bleibt über zehn Jahre stabil. Anfang 1925 bricht die Krankheit allerdings wieder aus; Philipp Haas von Teichen sieht keinen Ausweg mehr und erschießt sich in den frühen Morgenstunden des 26. Februar 1926 in seiner Wiener Wohnung. In seinem Abschiedsbrief, den er an die Neue Freie Presse schickt, erklärt er: »Jetzt bin ich mausetot - juchhu!/Nirgends drückt mich mehr der Schuh!/Schönres kann es nicht mehr geben./Ich hab Ruh, der Tod soll leben!!!«16

Philipp Haas von Teichen

Verheiratet ist Philipp Haas mit Hedwig Freiin von Wächter. Zusammen mit ihren beiden Kindern Gisela und Franz verbringt sie jeden Sommer in der Villa in der Bahnstraße. Hedwig ist eine elegante Erscheinung, wie das Wiener Salonblatt 1892 zu berichten weiß: »Die schlanke [â¦] Frau Hedwig von Haas-Wächter trug eine aparte levkojenviolette Toilette mit ungeheuren Pumpärmeln, welche den zarten Kopf der schönen Baronin zu einer nuancierten Geltung brachten.«17 Sie ist karitativ tätig, wie 1915 - ebenfalls im Wiener Salonblatt - zu lesen ist: »Das Bild stellt eine Gruppe aus dem Rekonvaleszentenheime der durch ihre großzügigen Wohltätigkeitsaktionen genugsam bekannten Gemahlin des auf dem Gebiete der charitativen Kriegsfürsorge gleich unermüdlichen Freiherr Philipp Haas von Teichen, Freifrau Hedwig geb. Freiin von Waechter in deren schönen Villa in Vöslau vor. Man sieht auf der von uns wiedergegebenen Aufnahme die edle freiherrliche Hausfrau, neben ihr den leitenden Arzt kais. Rat Dr. Krischke, welcher in dankenswerter Art die Patienten unentgeltlich behandelt, dann die Malteser-Ordensschwester Emanuela von Selliers und das Küchenpersonal des Rekonvaleszentenheims, das für 20 kranke und verwundete Soldaten Raum bietet. Dank der weitestgehenden Fürsorge der Freifrau Haas v. Teichen waren speziell bei Magenkranken und Mastkurpatienten die denkbar besten Resultate zu verzeichnen.«18

Die Villa in der Bahnstraße ist in den Kriegsjahren 1914-1918 ein Erholungsheim für Kriegsversehrte.

Und was hat das alles nun mit dem Dschungelbuch zu tun? 1918 erwirbt Elly Schimmelbusch das Anwesen um 450 000 Kronen (heute etwa 257 000 Euro), den Kaufpreis »hat die Käuferin zu Handen des Herrn Verkäufers bar bezahlt«19. Das Anwesen bleibt bis zum Abriss 1956 in Familienbesitz. Dorothea Hermine »Elly« Luther kommt 1880 in Braunschweig auf die Welt. Vor der Jahrhundertwende taucht sie plötzlich in Wien auf und lernt dort als knapp 20-Jährige den Fabrikantensohn Hans Schimmelbusch kennen. Am 31. Oktober 1900 erblickt ihr Sohn Hans Mowgli unehelich das Licht der Welt. Mowgli? Zuerst dachte ich, mich verlesen zu haben, aber tatsächlich steht in der Geburtsurkunde »Hans Mowgli«. Der skurrile Zweitname ist wohl ein Zugeständnis an das ein paar Jahre zuvor erschienene Dschungelbuch von Rudyard Kipling. Elly scheint ein großer Fan davon gewesen zu sein. Auch der zweite Sohn Heinz bekommt einen ähnlich ausgefallenen zweiten Vornamen: Ermlich! Beide Kinder werden von ihrem leiblichen Vater Hans Schimmelbusch offiziell anerkannt und 1904 adoptiert. Die Eltern heiraten aber erst 1915 - ein doch ungewöhnliches Familienkonstrukt in der damaligen Zeit. Auffällig ist der Umstand, dass Elly Schimmelbusch schon vor der Heirat 1915 offiziell als Frau Schimmelbusch geführt wird, etwa in den Vöslauer Kurlisten oder im Handelsregister. Im September 1912 wird ihr die Einzelprokura der Brigittenauer Maschinen-Fabrik...
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Silke Ebster, Dr., ist Historikerin sowie Fotografin und Webdesignerin und lebt in Bad Vöslau. Seit 2003 leitet sie das örtliche Stadtmuseum und kuratiert alle zwei Jahre neue Sonderausstellungen zu historischen stadtrelevanten Themen wie Vöslauer Villen, Sommerfrische und Heurigenkultur.
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