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Tödliche Gewissheit

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Atlantis Literaturerschienen am28.08.2023
Es ist kalt, der Nebel wird immer dichter. Philip Maloneys Klientin Frau Koller ruft den Privatdetektiv zu einem Bürogebäude, in dem ihr Freund vor über vier Stunden verschwunden ist. Doch sie kommen zu spät: Der Mann, der behauptete, Basil Huber zu heißen, ist tot, erhängt. Frau Koller ist überzeugt, dass ihr Freund sich nicht selbst das Leben genommen hat. Maloney findet heraus: Die Fingerabdrücke des Toten zeigen eine klare Übereinstimmung mit einem gewissen Urs Imhasli, Privatdetektiv wie Maloney - allerdings eigentlich schon seit Jahren tot. Gemeinsam mit seiner Kollegin Jasmin rollt Maloney die alten Fälle des Toten auf. Die Leiche seines Kollegen führt sie zu vier getöteten Kindern, einem abgetauchten Pädophilen und ins Herz der Schweizer Politmaschinerie.

ROGER GRAF, 1958 in Zürich geboren, schrieb bereits während seiner Ausbildung zum Sportartikelverkäufer erste Gedichte und Kurzgeschichten. Er verfasste Drehbücher und Filmkritiken und ersann fürs Radio Satiren, Sketche, Spiele und Nonsens. 1989 konzipierte er die Hörspielreihe Die haarsträubenden Fälle des Philip Maloney, die inzwischen seit mehr als 30 Jahren jeden Sonntag zwischen 11 und 12 Uhr vom Schweizer Radio SRF ausgestrahlt wird. Philip Maloney, den Graf als Parodie auf Raymond Chandlers Kultdetektiv Philip Marlowe erfand, ist heute der wohl bekannteste Privatdetektiv der Schweiz.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR21,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextEs ist kalt, der Nebel wird immer dichter. Philip Maloneys Klientin Frau Koller ruft den Privatdetektiv zu einem Bürogebäude, in dem ihr Freund vor über vier Stunden verschwunden ist. Doch sie kommen zu spät: Der Mann, der behauptete, Basil Huber zu heißen, ist tot, erhängt. Frau Koller ist überzeugt, dass ihr Freund sich nicht selbst das Leben genommen hat. Maloney findet heraus: Die Fingerabdrücke des Toten zeigen eine klare Übereinstimmung mit einem gewissen Urs Imhasli, Privatdetektiv wie Maloney - allerdings eigentlich schon seit Jahren tot. Gemeinsam mit seiner Kollegin Jasmin rollt Maloney die alten Fälle des Toten auf. Die Leiche seines Kollegen führt sie zu vier getöteten Kindern, einem abgetauchten Pädophilen und ins Herz der Schweizer Politmaschinerie.

ROGER GRAF, 1958 in Zürich geboren, schrieb bereits während seiner Ausbildung zum Sportartikelverkäufer erste Gedichte und Kurzgeschichten. Er verfasste Drehbücher und Filmkritiken und ersann fürs Radio Satiren, Sketche, Spiele und Nonsens. 1989 konzipierte er die Hörspielreihe Die haarsträubenden Fälle des Philip Maloney, die inzwischen seit mehr als 30 Jahren jeden Sonntag zwischen 11 und 12 Uhr vom Schweizer Radio SRF ausgestrahlt wird. Philip Maloney, den Graf als Parodie auf Raymond Chandlers Kultdetektiv Philip Marlowe erfand, ist heute der wohl bekannteste Privatdetektiv der Schweiz.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783715275260
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum28.08.2023
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1337 Kbytes
Artikel-Nr.12314879
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Niemand hinderte mich daran, gewaltsam in das Bürogebäude einzudringen. Frau Koller, der ich andeutete, was ich gesehen hatte, folgte mir.

Das Büro im dritten Stock war nicht verschlossen. Die Tür war nur angelehnt. Ich schnitt den Mann von der Stange, die zu einem großen, leeren Wandschrank gehörte, dessen Türen entfernt worden waren. Frau Koller sagte kein Wort. Sie stand nur da und atmete heftig. Ich sah sofort, dass der Mann tot war. Der leblose Körper plumpste auf den Teppichboden, Frau Koller trat einen Schritt zurück.

Das Büro war praktisch leer. In einer Ecke lag am Boden ein Telefon, darunter ein Beantworter. Ein Lämpchen blinkte und zeigte an, dass jemand angerufen hatte. Frau Koller starrte auf den Toten und schluchzte leise.

»Ich muss jetzt die Polizei anrufen«, sagte ich.

»Er hat sich nicht umgebracht. Das ist unmöglich.«

»Haben Sie gesehen, wie jemand das Gebäude verlassen hat?«

»Nein. Vielleicht ist es passiert, während ich was trinken war.«

Sie wendete sich ab von dem Körper ihres toten Freundes und ging zum Fenster. Die Arme hatte sie über der Brust gekreuzt und um ihre Schultern gelegt. Ich bückte mich und schaute mir den Toten etwas genauer an. Sein Gesicht war rundlich, es hatte eine auffällige, leicht nach links gebogene Nase, und einer seiner Schneidezähne war dunkelgrau verfärbt. Die Schlinge war aus einem dünnen, bunten Seil, wie es Bergsteiger benutzen. Der Mann trug einen Anzug, darunter ein Baumwollhemd. In der Innentasche des Jacketts fand ich eine Brieftasche mit zwei Fünfzigfrankenscheinen. Kein Ausweis. Keine Karten. Nichts, was den Mann identifizierte.

»Trug Ihr Freund nie einen Ausweis bei sich?«

Frau Koller drehte sich vom Fenster weg, vermied es aber, ihren toten Freund anzuschauen. Sie ging den Wänden entlang auf mich zu, an mir vorbei und auf den schmalen Gang. Ich folgte ihr.

»Es ist wie damals«, sagte sie. »Sie müssen wissen, dass ich vor fünf Jahren eine Tochter verloren habe. Sie hatte Leukämie. Eines Morgens war sie plötzlich tot. Sie lag in ihrem Bett, und ich stand daneben. Ich spürte eine große Distanz. Das, was da lag, war nicht mehr meine Tochter. Das war nur noch ein Körper, der aussah wie meine Tochter. Es ist schon verblüffend, was es ausmacht, wenn das Leben aus dem Körper weicht. Ich bin kein religiöser Mensch, aber beim Tod meiner Tochter begriff ich, dass das Leben mehr ist, als ein Herz, das schlägt, und ein Lebewesen, das atmet. Was da drin liegt, ist nicht mehr mein Freund.«

»Weshalb sind Sie so sicher, dass er sich nicht umgebracht hat?«

»Sicher? Ich bin mir nicht sicher. Ich spüre es einfach. Weshalb sollte er sich umbringen? In einem leeren Büro, bei diesem grässlichen Licht? Das ergibt doch keinen Sinn.«

»Hat er Ihnen gesagt, wen er hier treffen wollte?«

»Nein. Aber er fürchtete sich davor. Das sagte ich schon, nicht wahr? Eigentlich müsste ich jetzt wohl zusammenbrechen. Aber ich bin ganz ruhig.«

»Das ist der Schock«, sagte ich.

»Ich weiß nicht viel über ihn«, sagte sie. »Ich mochte es, dass er etwas Geheimnisvolles in mein Leben brachte.«

Sie begann wieder von ihrem Leben zu erzählen. Von einem Mann, den sie verlassen hatte, weil sie ihn verdächtigte, ihre gemeinsame Tochter allzu sehr zu lieben. Wie viele Menschen, die unter Schock standen, redete sie in einem seltsamen monotonen Singsang. Zwischendurch schnappte sie nach Luft. Ich wusste, dass sie kurz davor war zusammenzubrechen. Sie erzählte von einer Reise in die Karibik, bei der sie gesehen hatte, wie ein belgischer Tourist von einer Palette erschlagen wurde, die nicht sachgerecht an einem Kran befestigt worden war. Mich interessierte das nicht sonderlich.

Sie redete, während ich zurück in das Büro ging und mir den Telefonbeantworter anschaute. Ich borgte mir von Frau Koller ein Taschentuch. Es war feucht. Ich drückte damit eine Taste des Beantworters. Das Gerät spulte zurück. Dann hörte man ein Quietschen und die Stimme einer Frau. Was sie sagte, klang seltsam, angesichts der Leiche, die nur einen Meter neben dem Telefon lag.

Sie sagte: »Da ist Silvia. Der Pizzakurier ist unterwegs.«

Ich spulte vor, drehte die Kassette um und lauschte. Nichts. Es war der einzige Anruf auf der Kassette. Dann nahm ich den Telefonhörer und drückte die Wahlwiederholtaste. Es meldete sich ein Realtime-Börsenservice. Ich hörte mir an, wie es Dow Jones ging, und legte dann auf. Wenig später hatte ich die Polizei am Draht.

 

Meine Klientin wartete am Ende des Ganges im Dunkeln auf mich. Wir starrten eine Weile aus einem Fenster in den Nebel. Unten auf der Straße war es ruhig. Bis der Wagen der Polizei vorfuhr. Hugentobler stieg aus und gähnte. Ich ging nach unten und begleitete ihn und seine beiden Helfer ins Haus.

Meine Klientin beantwortete ruhig und beherrscht die Fragen der Polizisten. Ich rief einen Arzt an und sagte ihm, dass er sich um Frau Koller kümmern solle. Er war nicht sonderlich begeistert und brummte eine Weile in den Hörer, ehe er sich auf den Weg machte.

Ich ging zurück zu der Leiche und zu Hugentobler. Blitzlichter erhellten den kahlen Raum. Es war ein trostloser Anblick. Hugentobler schnäuzte sich die Nase und zeigte mit einem Kugelschreiber auf meinen Mund.

»Wie sind Sie eigentlich in das Haus gekommen, Maloney?«

»Ich habe zweimal kräftig gehustet, und dann fiel die Tür aus den Angeln.«

»Ist Frau Koller Ihre Klientin?«

»Sieht ganz danach aus«, sagte ich. »Sie hatte Angst, dass ihrem Freund etwas zugestoßen sein könnte.«

»Und das da war ihr Freund?« Er zeigte auf die Leiche, um die sich ein Mann mit Gummihandschuhen kümmerte.

»Ja«, sagte ich.

»Basil Huber soll der Mann heißen. Ihre Klientin weiß offenbar nicht sehr viel über ihn.«

»Kommt in den besten Beziehungen vor«, sagte ich.

»Auf den ersten Blick sieht das nach einem Selbstmord aus. Passt zur Jahreszeit, Maloney. Eine gute Zeit für Depressionen.«

»Wieso sollte er sich in einem leeren Büro aufhängen?«

»Keine Ahnung«, sagte Hugentobler. »Einen Abschiedsbrief hat er auch nicht hinterlassen.«

»Weist die Leiche noch andere Verletzungen auf?«

»Ein Hämatom am Oberarm. Könnte von einem Sturz herrühren.«

»Oder von einer kräftigen Hand«, sagte ich.

»Wir werden das überprüfen, Maloney.«

Er kratzte sich am Kopf. Schuppen schneiten auf den sauberen Teppichboden. Ich ging nach unten und verließ das Haus. Der Nebel war noch dichter geworden. Das Blaulicht des Polizeiautos leuchtete lautlos auf. Weiter vorne brummte leise ein Motor. Es war der Wagen meiner Klientin. Sie saß am Steuer, beide Hände auf das Lenkrad gestützt, und starrte durch die Windschutzscheibe. Ich klopfte an das Fenster und stieg ein.

»Ich wusste, dass er tot ist«, sagte sie. »Schon als ich bei Ihnen anrief. Vielleicht gibt es eine unsichtbare Energie, die zwei Menschen verbindet, und ich habe gespürt, dass diese Energie nicht mehr da war. Ich spürte, dass er nicht mehr lebt. Können Sie das verstehen?«

»Wenn er tatsächlich ermordet wurde, gibt es einige interessante Fragen zu beantworten. Weshalb ging er zu der Verabredung, wenn er ahnte, dass ihm etwas zustoßen würde? Und weshalb traf er keine Sicherheitsvorkehrungen?«

»Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Er wollte mir nicht sagen, um was es bei dem Treffen ging. Es muss etwas mit seiner Vergangenheit zu tun haben.«

»Wo hat er gewohnt?«

»Zurlindenstraße. Die Nummer weiß ich nicht auswendig. Er sagte mir, dass es ein möbliertes Apartment sei, sehr klein. Ich war, wie gesagt, nie bei ihm.«

»Sind Sie ihm nicht wenigstens einmal gefolgt?«

»Nein. Ich vertraute ihm.«

»Toll«, sagte ich. »So wie allen Politikern, Banken und Steuerberatern?«

»Haben Sie in sein Gesicht gesehen? Einem solchen Gesicht muss man vertrauen.«

Ich schaute sie verblüfft an. Vermutlich stand sie mehr unter Schock, als das aus ihrem Verhalten zu erkennen war. Sie hielt noch immer das Lenkrad umklammert, und die Fingernägel gruben sich in das weiche Plastik.

Ich öffnete kurz die Türe und schaute zurück. Das Blaulicht zuckte noch immer durch den Nebel. Eine Kirchturmuhr schlug zweimal, und die Kälte drang in das Wageninnere.

»Ich möchte jetzt nach Hause«, sagte sie.

»Das ist keine gute Idee. Ich habe einen Arzt angerufen. Sie sollten jetzt irgendwas schlucken und dann eine Weile schlafen.«

»Ich schlucke keine Medikamente. Ich habe zu Hause schwedische Schlaftropfen.«

»Mit denen können Sie höchstens ein Ikea-Regal ruhigstellen.«

»Ich habe schon schlimmere Situationen gemeistert.«

Ehe ich protestieren konnte, fuhr sie aus der Parklücke und drückte das Gaspedal brutal durch. Ich schloss schleunigst die Tür und schnallte mich an. Frau Koller war eine gute Fahrerin. Sie manövrierte ihr Auto durch die dichte Suppe, als hätte sie in ihrem Kopf einen digitalen Richtungsweiser eingebaut, der vor jeder Kreuzung quäkte: Links abbiegen, rechts einspuren, geradeaus weiter. Ich erkannte mit Mühe und Not einige der Straßen, durch die sie fuhr. Meinem Magen bekam die Fahrt nicht besonders gut. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Es half. Sekunden später bremste der Wagen lautstark, und meine Klientin seufzte auf.

Ich stieg aus und wartete. Frau Koller wohnte in einem sanft renovierten Altbau. Meine Schritte verursachten knackende Geräusche auf der Holztreppe. Ich freute mich auf einen wärmenden Drink. Die Wohnung war überheizt, im Wohnzimmer summte ein Luftbefeuchter.

»Ich kann Ihnen leider nur einen...
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ROGER GRAF, 1958 in Zürich geboren, schrieb bereits während seiner Ausbildung zum Sportartikelverkäufer erste Gedichte und Kurzgeschichten. Er verfasste Drehbücher und Filmkritiken und ersann fürs Radio Satiren, Sketche, Spiele und Nonsens. 1989 konzipierte er die Hörspielreihe Die haarsträubenden Fälle des Philip Maloney, die inzwischen seit mehr als 30 Jahren jeden Sonntag zwischen 11 und 12 Uhr vom Schweizer Radio SRF ausgestrahlt wird. Philip Maloney, den Graf als Parodie auf Raymond Chandlers Kultdetektiv Philip Marlowe erfand, ist heute der wohl bekannteste Privatdetektiv der Schweiz.