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Dem Affen in die Seele gepisst

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
160 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am05.10.20231. Auflage
Sämtliche Texte entstanden in der Zeit von Januar 2006 bis April 2009 in Istanbul und auf den Kanarischen Inseln, wo der Autor während dieser Zeit mehrfach zwischen fünf Wochen und vier Monaten lebte sowie Sprachschulen besuchte, um seine Türkisch- und Spanischkenntnisse zu vertiefen. Gespiegelt werden seine spontanen Eindrücke und Reaktionen auf Landschaft, Kultur und Menschen, denen er begegnete. Dieses bunte Potpourri, einschließlich cineastischer Kritiken, bietet ein weitläufiges und zugleich dichtes Netz seiner vielfältiger Beziehungen.

Joerg K. Sommermeyer (JS), geb. am 14.10.1947 in Brackenheim, Sohn des Physikers Kurt Hans Sommermeyer (1906-1969). Kindheit in Freiburg. Studierte Jura, Philosophie, Germanistik, Geschichte und Musikwissenschaft. Klassische Gitarre bei Viktor v. Hasselmann und Anton Stingl. Unterrichtete in den späten Sechzigern Gitarre am Kindergärtnerinnen-/Jugendleiterinnenseminar und in den Achtzigern Rechtsanwaltsgehilfinnen in spe an der Max-Weber-Schule in Freiburg. 1976 bis 2004 Rechtsanwalt in Freiburg. Zahlreiche Veröffentlichungen. JS (Joerg Sommermeyer) lebt in Berlin und Lahnstein.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR11,50
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextSämtliche Texte entstanden in der Zeit von Januar 2006 bis April 2009 in Istanbul und auf den Kanarischen Inseln, wo der Autor während dieser Zeit mehrfach zwischen fünf Wochen und vier Monaten lebte sowie Sprachschulen besuchte, um seine Türkisch- und Spanischkenntnisse zu vertiefen. Gespiegelt werden seine spontanen Eindrücke und Reaktionen auf Landschaft, Kultur und Menschen, denen er begegnete. Dieses bunte Potpourri, einschließlich cineastischer Kritiken, bietet ein weitläufiges und zugleich dichtes Netz seiner vielfältiger Beziehungen.

Joerg K. Sommermeyer (JS), geb. am 14.10.1947 in Brackenheim, Sohn des Physikers Kurt Hans Sommermeyer (1906-1969). Kindheit in Freiburg. Studierte Jura, Philosophie, Germanistik, Geschichte und Musikwissenschaft. Klassische Gitarre bei Viktor v. Hasselmann und Anton Stingl. Unterrichtete in den späten Sechzigern Gitarre am Kindergärtnerinnen-/Jugendleiterinnenseminar und in den Achtzigern Rechtsanwaltsgehilfinnen in spe an der Max-Weber-Schule in Freiburg. 1976 bis 2004 Rechtsanwalt in Freiburg. Zahlreiche Veröffentlichungen. JS (Joerg Sommermeyer) lebt in Berlin und Lahnstein.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783758357763
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum05.10.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.82023
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.12501278
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Dem Affen in die Seele gepisst
Kanarische Inseln

Es ist alles ganz anders. Wenn ich zurückdenke an meine abuela in Madrid1. Que mayor, que grande! Que horror. No me han dicho nada. No es possible , und dann Ya veremos. Hay que telefonear . Unverhüllte Ablehnung. Beleidigend. Ich quittierte dies alles mit einem homerischen Gelächter. Das erschien mir unfassbar. Dafür das Zimmer ziemlich nett, mit Kleiderschrank, Tisch, Bücherregal und Ikea-Bett, etwas zu klein, wohl für Kinder oder Jugendliche gedacht, aber es ging, wenn ich die Füße unten heraushing. Das Bad (im Prinzip, außer wenn der schwer erkrankte Sohn Alejandro da war) bloß für mich. In der Wohnung zunächst nur die abuela, sonst keine Familienangehörigen. Aber dann kamen sie alle, die Töchter, Schwiegersöhne und Enkel zum Mittagessen. Alejandro, 42 Jahre alt, in zweiter Ehe geschieden, kam dauernd. Sympathische Leute, aber ich stand ein wenig unter der Fuchtel der abuela, war auch der Einzige, der ihre Anweisungen befolgte, Die abuela schuftete so im Alter von 82 von morgens bis in der Nacht, passte auf, dass ich mich im morgendlich kalten Madrid warm anzog, was ich so nicht tat und mich prompt massiv erkältete. Sie wusch meine Wäsche, stopfte mein Hemd. Was soll ich sagen, hart aber rührend!

Hier in Santa Cruz waltet das Gegenteil, meine äußerlichen Verhältnisse sind jetzt mehr als primitiv, ich bin in der Steinzeit gelandet. Mein Zimmer ist die Abstellkammer der Familie, ca. sechs Quadratmeter groß: zwei Betten links und rechts - zwischen Fenster und Tür. Unter dem Fenster, zwischen den Betten, eine kleinen Kommode (passt da gerade noch hin), darauf eine Nachttischlampe mit grünem Lampenschirm und eine große grüne Uhr. Vor dem Fenster ein grüner Vorhang, die Betten sind auch grün bezogen. Also ein grünes Zimmer. Und wer mich kennt, weiß, dass ich grün nicht besonders mag. Wahrscheinlich ist die Farbwahl auf den muselmanischen Geschmack der Hausherrin zurückzuführen. Grün ist bekanntlich die Farbe des Propheten. Und so passt das ja wieder, denn auch ich bin ganz sicher ein Prophet. Und grün ist mir lieber als braun, diese Kackfarbe des Führers in dem braunen Höllensumpf. Leider ist der Schrank, der den gesamten Raum unterhalb der Fußenden meiner zwei Betten bis hin zur Zimmertür einnimmt, braun. Es gibt keinen Tisch und keinen Stuhl in meinem Zimmer und selbstverständlich sind Kommode und Schrank vollgestopft mit Klamotten und allem möglichen anderen Kram der Familie. Auf dem Schrank türmen sich bis zur Decke Koffer, Taschen und alte Computerteile. Aber das Zimmer hat auch einen großen Luxus. Es gibt ein richtig großes Fenster mit freiem Ausblick hinein in das Häusermeer von Santa Cruz. Und jetzt habe ich große Lust mit dem Erzählen aufzuhören, aber ich fürchte, dass ich dann nicht mehr nachkomme, so viel passiert ständig. Bin ich doch seit drei Tagen zuckerkrank, laut Blutanalyse, außerdem habe ich bei einem Sturz auf dem Glatteis meinen linken Arm demoliert und weiß auch nach einer Röntgenaufnahme vor drei Tagen, dass im Ellenbogen etwas abgesplittert ist, also doch eine Fraktur, nicht an zentraler Stelle, die Mechanik ist nicht beeinträchtigt, aber immerhin, der Arm tut nach fast drei Wochen noch weh. Meine innerlichen Verhältnisse sind gut. Irgendwie komm ich mir selbst komisch vor, aber mir gefällt mein grünes Fensterzimmer mit dem weiten Ausblick und der vielen frischen Luft. Die Nacht war freilich kühl, es gab nur eine dünne Decke. Die Familie versprach mir jetzt eine zweite. Ah, sie naht gerade in diesem Moment; nein, gleich zwei zusätzliche Decken, por fin menos mal. Und, heute ist Sonntag, die gesamte Familie macht einen Ausflug zum Teide. Überhaupt die Familie. Die ist multikulturell. Samira, Ehefrau und Mutter, kommt aus Marokko, José, 44, Ehemann und Vater, stammt aus Mexiko und hat lange in Australien/Melboume gearbeitet und gelebt. Das Paar hat zwei Töchter im Teeniealter. Deren Namen habe ich erst mal vergessen. Ich muss die Namen lauschend wieder aufschnappen oder irgendwie anders geschickt rauskriegen. Wär mir peinlich, wenn ich direkt nachfragen müsste. Na ja, eine Tochter holt grad noch Sachen für den Teide-Ausflug aus meinem braunen Schrank. Ich muss lachen ...

Alle sehen nett aus, sind fröhlich und unkompliziert. Es wird gesungen und gelacht. Also, die Stimmung in der Familie ist harmonisch, zufrieden und glücklich, jedenfalls in den ersten 20 Stunden, die ich als fünftes willkürlich inkorporiertes Familienmitglied mit Sonderstatus erlebe.

Schon mein Weg zu dieser Familie in mein grünes Prophetenzimmer gestaltete sich schwierig

Gestern Abend als ich gegen 21:00 Uhr endlich in Santa Cruz, Estación de Autobuses, ankam, war ich zunächst happy, dass da auch Taxis waren. Also nichts einfacher als ein Taxi zu nehmen, dem taxista die Adresse zu nennen und bald würde ich da sein. Der coole, lockere Taxifahrer, ein salopper Gigolotyp mit Pferdeschwanz und einer tüchtigen Prise Ganoventum ins Gesicht geschrieben, plauderte mit lauter Stimme, fast ein wenig herablassend mit dem Fremden, fand aber nur die C/ Heliodoro Rodriguez López, was offenbar leicht ist, aber nicht die Recidencia Los Principes, und schon gar nicht Piso 9, Portal 17, 6H. Also wollte er mich loswerden. Damit war ich nicht einverstanden. Also fuhr er in der Straße fünf Minuten lustlos hin und her. Wir fragten dann aus dem Taxi heraus zweimal Passanten nach der Recidencia Los Principes, ohne Erfolg. Dann wollte der kaltschnäuzige Ganoven-Pferdeschwanz-Gigolo mit der lauten Stimme endgültig nicht mehr. Er hielt an, öffnete den Kofferaum und holte meine Sachen heraus: klarer Rausschmiss! Letzteres inbegriffen kostete mich das 4 Euro. Preiswert. In Freiburg wäre das auch schon ohne Rauswurf sehr viel teurer geworden.

Da stand ich also und begann mich durchzufragen. Erst auf der einen, dann auf der andern Seite. Immerhin, da war ein Platz, eine Art Rambla mit Cafés und Restaurants. Vier, fünf, sechs Leute frag ich. Los Principes , keine Ahnung. Ein junges Mädchen (freundlich, die befragten Männer waren hingegen kurz angebunden) dann: Ah ja, ich glaube, das sind los verdes - die Grünen (grün, meine Schicksalsfarbe, ich hätte Christina nie sagen sollen, dass ich grün nicht besonders mag!), dort oben. Und da waren sie: Hochhäuser, 20 Stock hoch, grün verputzt. Und tatsächlich ein engelhaftes Mädchen erklärte mir bei Nr. 26, ich sei nun richtig. Das Gebäude nebenan müsse Nr. 25 sein. Ich ging die paar Schritte und fragte einen alten Mann, der aus dem Hause kam. Der sagte: nein, falsch. Das ist nur das edificio Los Principes, nicht die Residencia , die muss woanders sein. Zum Glück kam nochmals der Engel von vorhin und nebenan und meinte erneut, doch das müsse richtig sein. Also hinein in das Gebäude, der ältere Mann begleitete mich zu den Klingeln. Dort waren keine Namen, also 6H gesucht und bei 6H , sonst stand da nichts, geläutet. Bingo! Das war die Familie. Die versuchte offenbar zu öffnen, zweimal, dreimal, aber die Türe ging nicht auf; erneutes Klingeln, oben wird auf den Knopf gedrückt, geht aber nicht, siebenmal, achtmal, neunmal, mein Helfer klingelte nun bei sich selbst, riss und rüttelte an der Gebäudeeingangstür, und beim vierzehnten oder fünfzehnten Mal: Heureka, Sesam öffne Dich, ein Wunder geschah, mit einem kleinen nervösen Schnappen gab die Türe nach, und ich war drin. Und jetzt in den Aufzug? Ehrlich gesagt, war ich inzwischen nervös und hatte schwere Bedenken. Wenn sich jetzt auch noch der Aufzug seltsam gebärden würde? Es half aber nichts, also hinein und hinauf in den neunten Stock. Der Aufzug blieb Gott sei Dank brav. Oben trat ich in den stockdunklen Flur, niemand erwartete mich. Nach einigem Suchen fand ich den Schalter für die Flurbeleuchtung. In dem rechteckigen Flur fanden sich 8 Wohnungstüren. Alle zu! Ohne Namen! Ach ja, winzige Buchstaben und Zahlencodes. Und here it comes: 6H . Nach zweimaligem Klingeln öffnet ein Mann mittleren Alters, von undefinierbarer Nationalität, mich aber in einer unkomplizierten freundlichen Weise willkommen heißend. Er führte mich direkt vom Flur ins Wohnzimmer zu einem runden Tisch, an dem kein Platz mehr war. Dort saß in einer Samstagsabendrunde vereint meine Familie mit dem jüngeren primo des Hausherrn, den er mir bei der nun folgenden allgemeinen Vorstellung und Bekanntmachung zunächst als seinen Onkel präsentierte; das wurde schnell korrigiert. Da kein Platz war, vielleicht auch wegen der Besorgnis, ich könnte an dem Tisch sitzend zu lange verweilen, wurde ich nicht aufgefordert, mich zu setzen, vielleicht macht man das hier einfach unaufgefordert, jedenfalls ergab sich eine fünf- bis zehnminütige Unterhaltung zwischen dem stehenden Fremden und der Tischrunde. Dann wurde ich mit meinem grünen Paradies vertraut gemacht und...
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