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Inverno

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am20.05.20241. Auflage
Inverno ist die Geschichte einer Liebe, die sich über Jahrzehnte erstreckt. Inverno ist auch die Geschichte von Caroline, die in einem Schneesturm im Central Park steht und darauf wartet, dass ihr Handy klingelt; sie steht nur wenige Meter von der Stelle entfernt, an der sich Alastair dreißig Jahre zuvor als Junge in den Bäumen versteckte. Wird Alastair sie nun also anrufen? Und wie sie da steht und wartet, rauschen die Jahre an ihr vorbei - mal gerät Caroline in eine gefahrvolle Märchenwelt, mal strandet sie in einer Kindheit aus Kummer und harschen Worten, mal wandelt sie durch ihre frühen Erwachsenenjahren, voller Aufbruch und Sehnsucht nach Alastair. Flüchtig, das alles, und kaum zu greifen: Von Dauer scheinen einzig die vertrackten Verhandlungen der Herzen.

Wie erschafft und zerstört die Liebe ein Leben? Cynthia Zarin hat einen einfallsreichen, wundersam berührenden und erschreckend wahren Roman geschrieben, über die lange und viel zu kurze Geschichte von Caroline und Alastair - darüber, wie Vergangenheit und Gegenwart sich schillernd ineinander auflösen.


Cynthia Zarin, 1959 geboren, ist Lyrikerin, Kinderbücherautorin und Journalistin, seit über 40 Jahren schreibt sie für den New Yorker. Zuletzt hat sie einen Band mit persönlichen Essays sowie eine literarische Annäherung an Venedig und Rom geschrieben. Sie lehrt an der Yale University. Für ihr Werk ist Cynthia Zarin vielfach ausgezeichnet worden. Inverno ist ihr erster Roman. Sie lebt in New York City.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextInverno ist die Geschichte einer Liebe, die sich über Jahrzehnte erstreckt. Inverno ist auch die Geschichte von Caroline, die in einem Schneesturm im Central Park steht und darauf wartet, dass ihr Handy klingelt; sie steht nur wenige Meter von der Stelle entfernt, an der sich Alastair dreißig Jahre zuvor als Junge in den Bäumen versteckte. Wird Alastair sie nun also anrufen? Und wie sie da steht und wartet, rauschen die Jahre an ihr vorbei - mal gerät Caroline in eine gefahrvolle Märchenwelt, mal strandet sie in einer Kindheit aus Kummer und harschen Worten, mal wandelt sie durch ihre frühen Erwachsenenjahren, voller Aufbruch und Sehnsucht nach Alastair. Flüchtig, das alles, und kaum zu greifen: Von Dauer scheinen einzig die vertrackten Verhandlungen der Herzen.

Wie erschafft und zerstört die Liebe ein Leben? Cynthia Zarin hat einen einfallsreichen, wundersam berührenden und erschreckend wahren Roman geschrieben, über die lange und viel zu kurze Geschichte von Caroline und Alastair - darüber, wie Vergangenheit und Gegenwart sich schillernd ineinander auflösen.


Cynthia Zarin, 1959 geboren, ist Lyrikerin, Kinderbücherautorin und Journalistin, seit über 40 Jahren schreibt sie für den New Yorker. Zuletzt hat sie einen Band mit persönlichen Essays sowie eine literarische Annäherung an Venedig und Rom geschrieben. Sie lehrt an der Yale University. Für ihr Werk ist Cynthia Zarin vielfach ausgezeichnet worden. Inverno ist ihr erster Roman. Sie lebt in New York City.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518778432
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum20.05.2024
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1555
SpracheDeutsch
Dateigrösse1197 Kbytes
Artikel-Nr.12533162
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Hundert, tausend Jahre ist es her, dass sie vom Bordstein fiel. Jetzt sammelt sich das Nachmittagslicht zwischen den Bäumen, jenseits der Lilien. Die Wunderblumen öffnen sich, lila und grün. Ihre Uhr geht vor, das abgewetzte rote Lederarmband ist zu weit, es dreht das Zifferblatt ans Innere ihres Handgelenks. Gestern zeigte ein Mann in den Baum: Schau, ein Rabe. Eine Krähe schoss los und jagte den Raben. Es war Mittsommer, deshalb hatte man im Wald ein Feuer gemacht, die Flammen hatten die Farbe der Lilien am Straßenrand, in ganzen Schwaden wuchsen sie da, die Funken kreiselten die gezahnten Zweige hinauf wie die Flügel von Monarchfaltern. Lächerlich, aber es war schön. Sie würde es in Erinnerung behalten. Die eine Person, rau gegen den Nachthimmel mit der kleinen Sichel des zunehmenden Mondes, die sie angesprochen hätte, ohne mit ihr zu reden. Die Mondsichel bewegte sich in das Rabennest. Sie war zu alt. Ein Mann hatte ein Cello ins Feuer gelegt. Der Regenbogenhimmel glitt zum äußersten Rand des Felds, zum Horizont. Die Sonne, die so lange am Himmel gestanden hatte, war untergegangen. Der Mond ging auf, die Sichel ein Riss im schwarzen Sergestrumpf des Himmels. Als junges Mädchen kaute sie an den Fingernägeln, bis aufs Blut. Hör damit auf, sagte ihre Mutter. Jetzt war sie es, die Poms Hand vom Mund wegschlug. Am Mittsommernachtsfeuer ein Spiel: Ein Stoß Zettel und ein Bleistift in einem Korb. Ein kleiner Vogel hat mir erzählt. Albern, dachte sie und verfehlte Pom im Dunkeln. Ich muss, dachte sie, ich muss. Und sie schrieb einen Namen auf den Zettel und warf ihn ins Feuer.

*

Caroline steht im Schnee in Pelzstiefeln und Pelzmütze. Es ist Februar. Es ist genau Halbzeit zwischen ihrem Wiedersehen mit Alastair im vorigen November, nach fünfundzwanzig Jahren, und dem letzten Mal, dass sie ihn sehen würde, im November darauf. (Aber das stimmt doch nicht ganz, oder? Sie hat ihn doch wiedergesehen.) Mit Pelzmütze und Pelzstiefeln ist sie durchgefroren, eine Blase in einer Wasserwaage aus Eis. Ihre Augen sind grün.

Diese Farbe hatten deine Augen, als du aus Italien zurückkamst. Es spielt keine Rolle, welche Farbe meine Augen hatten. Caroline ist in der Waschküche. Caroline steht im Schnee - was denn nun? Als das Telefon im Keller klingelte, das Telefon, das jetzt nicht mehr angeschlossen ist, war es Colin, mit dem sie seit Monaten nicht mehr gesprochen hatte. Alastairs Vater war gestorben. Wollte sie zur Beerdigung gehen, die an diesem Wochenende in Maine stattfinden würde? Es war keine Beerdigung, sondern eine Gedenkfeier. Bei dieser Szene passe ich, wenn du nichts dagegen hast. Caroline passte tatsächlich bei dieser Szene, obwohl sie mit dem Gedanken spielte, ein schwarzer Hut mit Schleier, Lea Massari, ihr Gesicht überschattet, die fünfundzwanzig Jahre nach ihrem Verschwinden auf den Äolischen Inseln wieder auftauchte, wie ein Windstoß, eine apokryphe Erzählung; eine Zukunft, die uns eine Wahrheit über die Vergangenheit erzählt, als kennten wir sie nicht bereits. Aber sie fragte nach Alastairs Mail und schrieb eine förmliche Beileidsnachricht an die Adresse bei der kleinen Beratungsfirma, für die er arbeitete. Sie schrieb auch seiner Mutter, aber bekam keine Antwort. Alastair antwortete.

Nach zwei oder drei förmlichen Mails, die sie wechselten, schrieb Alastair Caroline, er habe sie geliebt und liebe sie noch. Kein Tag vergehe, ohne dass er an sie denke. Caroline war nicht sicher, wer sie jetzt war, dort mit dem rosa Sonnenhut im Garten, trotzdem amüsierte es sie. Doch je mehr sie darüber nachdachte, desto weniger amüsant fand sie es. Sie war unglücklich, sie hatte nicht gewusst, wie unglücklich sie war. Sie war unglücklich, weil sie Alastair verlassen hatte, der sie mit langem Haar kannte, das ihr um die Schultern hing bis zur Taille, in einem schwarzen Minirock aus Leder und mit ihren abgekauten Nägeln. Da man inzwischen das Internet erfunden hatte, begannen Alastair und Caroline einander regelmäßig zu schreiben. Er brachte ihr auch bei, wie man chattete, ein Kunststück, das viele Nächte in Anspruch nahm und sie viel Nerven kostete, doch dieser Zustand machte sie glücklich, weil er vertraut war. Sie saß bis spätnachts im Nachthemd vor ihrem Computer und starrte auf den blauen Bildschirm, ein See, aus dem sie ihn heraufbeschwor, und er erschien und redete mit ihr in Zungen. Sie hatte sich geweigert, in den Spiegel im Kranz aus Ebereschen zu schauen, jetzt saß sie da und schaute auf den Bildschirm. Caroline war sich nie sicher, ob sie eintauchte oder ob das glatte Wasser des Sees zu ihr anstieg und sie umfing. Sie steckte einen Zeh ins Wasser, und das Wasser entzündete sich, wie Benzin auf der Oberfläche eines Teichs, dieser schöne scharfzähnige Regenbogen, und umfing sie, und sie fiel und wurde Teil der Flamme und zu Kohle. Er fegte sie davon.

Vor Jahren, als sie Schreibmaschine lernte, damals, als das noch als besondere Fähigkeit galt, lernte sie, Kohlepapier zu benutzen, um die Kopie eines getippten Briefes herzustellen. Die kleinen Hämmer der Schreibmaschine, jeder einzelne ein Stempel, markierten das blauschwarze Blatt; eine Kopie sah aus wie eine Kopie - die Buchstaben waren immer leicht verschmiert, numinos: ein Nachbild auf der Netzhaut. Caroline wusste von Anfang an, dass sie an einen Geist schrieb, sie wusste auch, dass sie ein Geist war, der einem Geist schrieb.

Bei ihren mitternächtlichen Unterhaltungen saß Caroline in ihrem Arbeitszimmer, während die Kinder oben schliefen - in einem Zimmer, das jetzt unbenutzt ist und nur noch als ein riesiger Kleiderschrank dient, in dem Kleidungsstücke, die sie wahrscheinlich nie wieder anziehen wird, über die Stühle und sogar den Tisch verstreut liegen, als wäre der Schrank explodiert -, und lernte einiges über Alastair. Er schlief nicht in einem Bett mit seiner Frau, sondern in einem Zimmer über der Garage, auf einem Sofa und bei seinem Hund. Das Zimmer hatte eine große Schiebetür aus Glas, die auf ein Feld hinausging. Die Fensterscheibe war aus Isolierglas. Der Hund hieß Angus. Sie bekam ein Foto von seiner Schwester zu sehen, die eine Schönheit gewesen war und nun in einer Art Hülle steckte, die aussah wie aus Kleiderschichten gemacht, doch Caroline konnte noch ihr Gesicht finden, das Gesicht eines schlafenden Kindes. Sein Bruder Otto betrieb jetzt eine Installationsfirma. Sein Vater war langsam an Leberkrebs gestorben; die Mutter, die er hasste, hatte Alastair oft mitten in der Nacht angerufen, während das Sterben zu Hause seinen Weg nahm. Wenn sie versuchte, sich Alastairs Vater vorzustellen, den sie sehr gerngehabt hatte, sah sie einen Mann als Schatten in einem blauen Zimmer, beim Licht einer Nachttischlampe, und draußen schneite es. Alastairs Großmutter, die vor vielen Jahren in der Küche Carolines Arm umklammert und sie zurechtgewiesen hatte, war gestorben.

Nach ein, zwei Wochen Briefwechsel schrieb Alastair ihr von einer anderen Mail-Adresse. Diese benutze er gelegentlich, erklärte er. Es sei besser, wenn sie ihm an diese Adresse schriebe. Es kam ihr nicht in den Sinn, dass eine heimliche Mail-Adresse ein Warnzeichen ist, ein rotes Licht, das blinkt. Sie ihrerseits benutzte dieselbe Mail-Adresse wie immer, änderte allerdings ihr Passwort. Caroline, die naiv und schwer von Begriff ist und Wiederholung mag, weil man sieht ja, wo man ist, auch wenn man geradewegs in den Abgrund läuft, sie begriff nicht, dass Menschen, die heimliche Mail-Adressen nutzen, nicht besonders verlässlich sind. Aus seinem neuen Postfach sprach Alastair zu Caroline. Es war wie Flüstern unter der Decke, zwei Kinder, die miteinander reden. Sie waren wieder da, wo sie unterbrochen worden waren. Er hielt ihre Schulter in der Hand. Er hakte seinen Finger in ihr Schlüsselbein. Sie brauchte nur den Klang seiner Stimme, die unter den Kommas und den Phrasierungen seiner Sätze hörbar war, um das zu fühlen. Dann hört sie: Dein Knie passt in meine Hand, deine Brust passt in meine Hand, meine Hand passt genau dahin, auf deine Hüfte. Vielleicht hört das jeder.

Unter anderem erzählte er ihr, dass er in dem Zimmer über der Garage viel Zeit im Internet verbringe. Er erwähnte das nebenbei. Sie dachte: Naja, ich verbringe auch viel Zeit im Internet, wenn ich mit dir rede. Echsenbein und Eulenflügel - es hatte ja gerade erst angefangen. Im Allgemeinen verbrachte sie keine Zeit im Internet. In ihrer Vorstellung war es eine gewaltige Galaxie voll kleiner Sternchen ...
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Autor

Cynthia Zarin, 1959 geboren, ist Lyrikerin, Kinderbücherautorin und Journalistin, seit über 40 Jahren schreibt sie für den New Yorker. Zuletzt hat sie einen Band mit persönlichen Essays sowie eine literarische Annäherung an Venedig und Rom geschrieben. Sie lehrt an der Yale University. Für ihr Werk ist Cynthia Zarin vielfach ausgezeichnet worden. Inverno ist ihr erster Roman. Sie lebt in New York City.
Inverno
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Übersetzung