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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am14.05.2024
Eine fantastische Geschichte und ein Schlüsselroman über den Ersten Weltkrieg: Stella Bensons Roman «Zauberhafte Aussichten» entführt in eine Welt, die im Schatten des Krieges liegt und in der eine junge Frau unter magischen und mysteriösen Umständen zu ihrer eigenen Identität findet. Die junge Sarah Brown engagiert sich während des Ersten Weltkriegs für wohltätige Zwecke. Bei einer Komiteesitzung kommt es zu einer verhängnisvollen Begegnung  - mit einer Hexe. Als diese sie einlädt, in ihrem geheimnisvollen Haus, dem «Haus Alleinleben» auf einer kleinen Insel auf der Themse, unterzuschlüpfen, begibt sich Sarah mit ihrem treuen Hund David auf das Abenteuer ihres Lebens. Neu entdeckt für deutsche Leser:innen: ein tief beeindruckendes Werk der literarischen Moderne, mit Ironie und Scharfblick erzählt. 

Stella Benson (1892-1933) war eine englische Feministin, Romanautorin, Dichterin und Reiseschrifstellerin. Sie setzte sich für das Frauenwahlrecht ein und war während des ersten Weltkriegs in der Wohlfahrt tätig. Als Schriftstellerin wurde sie u.a. von Kolleginnen wie Katherine Mansfield und Virginia Woolf bewundert. In ihren Werken verbindet sie das Phantastische mit Realismus sowie humoristischen und satirischen Elementen und widmet sich immer wieder dem Thema Isolation und Einsamkeit. Sie erhielt für ihr Schreiben den französischen Prix Femina - Vie Heureuse sowie die Benson-Medaille.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEine fantastische Geschichte und ein Schlüsselroman über den Ersten Weltkrieg: Stella Bensons Roman «Zauberhafte Aussichten» entführt in eine Welt, die im Schatten des Krieges liegt und in der eine junge Frau unter magischen und mysteriösen Umständen zu ihrer eigenen Identität findet. Die junge Sarah Brown engagiert sich während des Ersten Weltkriegs für wohltätige Zwecke. Bei einer Komiteesitzung kommt es zu einer verhängnisvollen Begegnung  - mit einer Hexe. Als diese sie einlädt, in ihrem geheimnisvollen Haus, dem «Haus Alleinleben» auf einer kleinen Insel auf der Themse, unterzuschlüpfen, begibt sich Sarah mit ihrem treuen Hund David auf das Abenteuer ihres Lebens. Neu entdeckt für deutsche Leser:innen: ein tief beeindruckendes Werk der literarischen Moderne, mit Ironie und Scharfblick erzählt. 

Stella Benson (1892-1933) war eine englische Feministin, Romanautorin, Dichterin und Reiseschrifstellerin. Sie setzte sich für das Frauenwahlrecht ein und war während des ersten Weltkriegs in der Wohlfahrt tätig. Als Schriftstellerin wurde sie u.a. von Kolleginnen wie Katherine Mansfield und Virginia Woolf bewundert. In ihren Werken verbindet sie das Phantastische mit Realismus sowie humoristischen und satirischen Elementen und widmet sich immer wieder dem Thema Isolation und Einsamkeit. Sie erhielt für ihr Schreiben den französischen Prix Femina - Vie Heureuse sowie die Benson-Medaille.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644020658
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum14.05.2024
Reihen-Nr.6
SpracheDeutsch
Dateigrösse7341 Kbytes
Artikel-Nr.12580066
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1 Magie erscheint bei einem Komitee

Sechs Frauen, sieben Stühle und ein Tisch befanden sich in einem ansonsten unmöblierten Zimmer in einem unmodischen Stadtteil Londons. Drei der Frauen gehörten zu jener Art, die außerhalb von Komitees kein Leben hat. Sie müssen nicht eingehender erwähnt werden. Die Namen von zwei weiteren lauteten Miss Meta Mostyn Ford und Lady Arabel Higgins. Miss Ford war eine anständige Frau und eine Dame. Ihre Hände waren schön, weil sie eine Handpflegerin dafür bezahlte, ihre Fingernägel zu feilen und zu polieren, aber sie puderte sich nicht die Nase - dazu war sie zu ehrlich. Sie war die Art von Person, die ein Mann seinem besten Freund als Braut wünscht. Lady Arabel war älter: Sie war ebenso tugendhaft, wie Achilles unverwundbar gewesen war. Am Anfang, als ihre Seele in Tugend getaucht wurde, war deren Ferse glücklicherweise trocken geblieben. Lady Arabel hatte einen Ehemann, aber nichts offenkundig Tragisches in ihrem Leben. Diese beiden Frauen stammten eindeutig nicht aus dieser Umgebung. Ihre Wimpern ließen einen an Bond Street - oder wenigstens Kensington - denken; ihre Schuhe waren schmutzfrei; ihre Handschuhe hatten sie nicht im Schlussverkauf erstanden. Je weniger Worte über die sechste Frau verloren werden, umso besser.

Alle sechs Frauen waren in dem Zimmer, weil sich ihr Land im Krieg befand und weil sie es als ihre Pflicht betrachteten, es dabei zu unterstützen, vorerst im Krieg zu bleiben. Sie bildeten den Kern eines Komitees für Kriegseinsparungen, und sie warteten auf ihren Vorsitzenden, der Bürgermeister des Bezirks war. Er war außerdem Gemischtwarenhändler.

Fünf der Mitglieder diskutierten Methoden, um arme Leute vom Sparen zu überzeugen. Das sechste hinterließ mit einem Füller Kleckse auf dem Tisch.

Sie wurden unterbrochen, nicht von dem erwarteten Bürgermeister, sondern von einer jungen Frau, die ungestüm durch die Haustür hereinkam, in die Mitte des Zimmers stürzte und unter den Tisch kroch. Überrascht schoben die Mitglieder ihre Stühle zurück und gaben damenhafte Laute des Protests und der Neugier von sich.

«Sie sind hinter mir her», keuchte die Person unter dem Tisch.

Alle sieben lauschten mehrere Sekunden lang der kolossalen Stille, und dann, da sich kein Verfolgungsgeschrei ankündigte, tauchte Die Fremde wenig anmutig aus ihrem Versteck auf.

Jedem, der nicht Mitglied eines Komitees war, wäre klar gewesen, dass Die Fremde zum Typ Aschenputtel gehörte und sich zwangsläufig früher oder später als eine Heldin herausstellen würde. Aber Auffassungsgabe geht in Komitees verloren. Je mehr Komitees man angehört, umso weniger versteht man vom gewöhnlichen Leben. Wenn der tägliche Rundgang aus nichts anderem mehr besteht als einem täglichen Rundgang durch Komitees, kann man genauso gut tot sein.

Die Fremde war nicht hübsch; sie hatte ein breites, eigentümliches Gesicht. Ihre Kleider waren viel zu gut, um weggeworfen zu werden. Man hätte sie mit Freuden einer heruntergekommenen Edelfrau vermacht.

«Ich habe dieses Brötchen gestohlen», erklärte sie unumwunden. «Ein nicht internierter deutscher Bäcker verfolgt mich.»

«Und warum haben Sie es gestohlen?», fragte Miss Ford, wobei sie das R in «warum» mit einem hochmütigen und furchterregenden Rollen aussprach.

Die Fremde seufzte. «Weil ich es mir nicht leisten konnte.»

«Und warum konnten Sie sich kein Brötchen leisten?», fragte Miss Ford. «Ein großes, starkes Mädchen wie Sie?»

Wie Sie merken, hatte sie eine Menge Erfahrung in der Sozialarbeit.

Die Fremde sagte: «Bis heute Morgen um zehn Uhr gehörte ich wie Sie der müßiggehenden Gesellschaft an. Ich besaß einhundert Pfund.»

Lady Arabel war einer der liebenswürdigsten Menschen der Welt, aber selbst ihr schauderte bei dem Gedanken an einen gewöhnlichen Müßiggang. Die Art von Kleidung, die Die Fremde trug, hätte Lady Arabel als «allzu schröcklich» bezeichnet. Wer sich gut kleidet, ist stolz und kann einem Engel ins Auge sehen. Wer wirklich ärmliche Kleider anhat, ist sogar noch stolzer und überschlägt sich oft förmlich, Engeln in die Augen zu sehen. Aber wer eine «Garnitur» aus Eichhörnchenfell und ein gefärbtes Kleid trägt, das einmal zweieinhalb Guineen gekostet hat, ist verloren.

«Sie haben das ganze Geld verschleudert?», verfolgte Miss Ford die Sache weiter.

«Ja. In zehn Minuten.»

Erregung durchfuhr alle sechs Mitglieder. In mehreren Mündern floss Wasser zusammen.

«Ich schäme mich für Sie», sagte Miss Ford. «Ich hoffe, der Bäcker kriegt Sie zu fassen. Wissen Sie nicht, dass Ihr Land in einen der größten Konflikte der Geschichte verwickelt ist? Einhundert Pfund ... Das hätten Sie in Kriegsanleihen stecken können.»

«Ja», sagte Die Fremde, «habe ich. So habe ich es verschwendet.»

Miss Ford schien in dieser Antwort halb zu ertrinken. Man konnte sehen, wie ihr Verstand um Luft rang.

Aber Lady Arabel hatte sich kein Urteil erlaubt und entkam daher dieser Katastrophe. «Sie haben sich töricht verhalten», sagte sie. «Wir sind alle allzu schröcklich bestrebt, für das, was wir entbehren können, Kriegsanleihen zu zeichnen. Aber der Staat erwartet von uns nicht mehr als das.»

«Behüte ihn Gott», sagte Die Fremde so laut, dass alle erröteten. «Natürlich tut er das nicht. Aber es macht Spaß, Erwartungen zu übertreffen, wenn man ein Geschenk macht - meinen Sie nicht?»

«Der Staat ...», hob Lady Arabel an, wurde aber durch eine Berührung von Miss Ford zum Schweigen gebracht.

«Natürlich ist das alles gelogen. Sie soll nicht denken, dass wir ihr glauben.»

Die Fremde hörte sie. Solche Menschen hören nicht nur mit den Ohren. Sie lachte.

«Ich werde Ihnen die Quittung zeigen», sagte sie.

Sie zog verschiedene Dinge aus ihrer großen Tasche hervor, bevor sie fand, was sie suchte. Das sechste Mitglied bemerkte mehrere mit MAGIE beschriftete Päckchen, die Die Fremde sehr vorsichtig handhabte. «Schrecklich explosiv», sagte sie.

«Ich glaube, Sie sind betrunken», sagte Miss Ford, als sie die Quittung entgegennahm. Es war wirklich eine Quittung für eine Kriegsanleihe, und der Name und die Adresse darauf lauteten: Miss Hazeline Snow, Bei den Binkeln, Pymley, Gloucestershire.

Lady Arabel lächelte erleichtert. Sie war noch nicht lange Sozialarbeiterin und hatte noch keinen Geschmack daran gefunden, die Unwürdigen zum Narren zu halten. «Das sind also Ihr Name und Ihre Adresse», sagte sie.

«Nein», sagte Die Fremde schlicht.

«Das sind Ihr Name und Ihre Adresse», sagte Lady Arabel lauter.

«Nein», sagte Die Fremde. «Ich habe sie erfunden. Meinen Sie nicht, Bei den Binkeln, Pymley ist herzallerliebst?»

«Völlig betrunken», wiederholte Miss Ford. Sie hatte diese Woche an acht Komiteesitzungen teilgenommen.

«Ps-s-s-t, Meta», zischte Lady Arabel. Sie lehnte sich nach vorne, ohne zu lächeln, zeigte aber auf freundliche Weise ihre Zähne. «Sie haben einen falschen Namen und eine falsche Adresse angegeben. Meine Liebe, ich frage mich, ob ich den Grund dafür erraten kann.»

«Das können Sie bestimmt», gab Die Fremde zu. «Es macht solchen Spaß, keinen Dank zu erhalten, meinen Sie nicht? Amüsieren Sie sich nicht manchmal damit, Leuten, deren Adressen schon im Telefonbuch mitleiderregend wirken, eine Postanweisung zu schicken oder zu vergessen, die Pakete mitzunehmen, die sie in kleinen ärmlichen Läden gekauft haben? Oder dazustehen und mit demonstrativem Respekt aufmarschierende Pfadfinder anzuschauen, immer mit dem Gedanken, dass sie in ihren eigenen Augen keine kleinen Jungen sind, die hinter einem verkleideten Hilfsgeistlichen hinterhertrotten, sondern Britische Truppen auf dem Vormarsch? Nur zwei erfreute Augen in der Menge, nur hundert Pfund, die vom Himmel in die wehmutsvolle Hand des armen Mr. Bonar Law fallen ...»

Miss Ford begann zu lachen, ein damenhaftes, aber böses Lachen. «Sie amüsieren mich», sagte sie auf eine Art und Weise, die in niemandem den Wunsch wecken würde, sie häufig zu amüsieren.

Miss Ford war das ideale Komiteemitglied, und ein Komitee existiert natürlich zu dem Zweck, Begeisterung zu dämpfen.

Das Verhalten Der Fremden war irgendwie zerfahren. Sobald sie das Lachen hörte, traten ihr Tränen in die Augen. «Hat Ihnen nicht gefallen, was ich gesagt habe?», fragte sie. Tränen kletterten ihre Wangenknochen hinab.

«Oh!», sagte Miss Ford. «Sie scheinen - falls Sie nicht betrunken sind - an einer Form von Hysterie zu leiden.»

«Meinen Sie, Jugend ist eine Form der Hysterie?», fragte Die Fremde. «Oder Hunger? Oder Magie? Oder ...»

«Ach, sagen Sie nicht noch mehr Listen auf, um der lieben Güte willen!», flehte Miss Ford, die diesen recht hübschen Ausdruck dort aufgeschnappt hatte, wo sie ihr Lachen und die meisten ihrer Gedanken aufschnappte - in der zeitgenössischen Literatur. Sie hatte viele Freunde, die der schreibenden Zunft angehörten. Sie kannte auch Künstler und eine Schauspielerin und viele Leute, die redeten. Fast hätte sie selbst etwas Cleveres getan. Sie fuhr fort: «Ich wünschte, Sie könnten sich selbst sehen, wie Sie versuchen, beim Mampfen eines gestohlenen Brötchens erbaulich zu wirken. Sie würden auch lachen. Aber vielleicht lachen Sie nie», fügte sie hinzu und zog die Lippen gerade.

«Was meinen Sie mit lachen ?», fragte Die Fremde. «Ich wusste nicht, dass man dieses Geräusch Lachen nennt. Ich dachte, Sie hätten einfach Ha-ha ...
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Stella Benson (1892-1933) war eine englische Feministin, Romanautorin, Dichterin und Reiseschrifstellerin. Sie setzte sich für das Frauenwahlrecht ein und war während des ersten Weltkriegs in der Wohlfahrt tätig. Als Schriftstellerin wurde sie u.a. von Kolleginnen wie Katherine Mansfield und Virginia Woolf bewundert. In ihren Werken verbindet sie das Phantastische mit Realismus sowie humoristischen und satirischen Elementen und widmet sich immer wieder dem Thema Isolation und Einsamkeit. Sie erhielt für ihr Schreiben den französischen Prix Femina - Vie Heureuse sowie die Benson-Medaille.Magda Birkmann ist seit ihrer Jugend begeisterte Schatzsucherin in Bibliotheken, Antiquariaten und auf Bücherflohmärkten, seit 2018 teilt sie diese Begeisterung für Literatur als Buchhändlerin in der Berliner Buchhandlung Ocelot und als freiberufliche Literaturvermittlerin auch regelmäßig mit der Öffentlichkeit. Magda Birkmann ist Mitglied der Jury für den Deutschen Buchpreis 2024. Nicole Seifert ist gelernte Verlagsbuchhändlerin undpromovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie lebt inHamburg und arbeitet frei als Autorin, Übersetzerin undLiteraturkritikerin. 2021 erschien bei Kiepenheuer & Witsch ihr Buch FRAUEN LITERATUR, Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt, 2024 folgte "Einige Herren sagten etwas dazu", Die Autorinnen der Gruppe 47.Magda Birkmann ist seit ihrer Jugend begeisterte Schatzsucherin in Bibliotheken, Antiquariaten und auf Bücherflohmärkten, seit 2018 teilt sie diese Begeisterung für Literatur als Buchhändlerin in der Berliner Buchhandlung Ocelot und als freiberufliche Literaturvermittlerin auch regelmäßig mit der Öffentlichkeit. Magda Birkmann ist Mitglied der Jury für den Deutschen Buchpreis 2024. Marie Isabel Matthews-Schlinzig ist Übersetzerin von Lyrik und Prosa aus dem Englischen (zuletzt u.a. Musa Okwonga, Es ging immer nur um Liebe) ins Deutsche (sowie gelegentlich vice versa), Lektorin und Autorin. Als Lyrikerin hatte sie Veröffentlichungen in Buchform (kinscapes), Zeitschriften und Anthologien. Sie lebt und arbeitet in Schottland.