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Die Galerie der Lügen oder der unachtsame Schläfer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
637 Seiten
Deutsch
SAGA Egmonterschienen am24.06.2022
Die Polizei steht vor einem Rätsel. Zahlreiche Attentate auf berühmte Kunstwerke und Anschläge in Museen lassen die Polizei im Dunklen tappen. Schließlich wird die junge Journalistin Alex Daniels in die Ermittlungen verstrickt und versucht ihrerseits, den Fall zu lösen. Mysteriöse Botschaften und verschlüsselte Codes in einem Kunstwerk bringen Alex schließlich auf die Spur des Täters und sie erkennt, dass sie weit mehr mit den Taten verbindet, als sie ahnte ...-

Ralf Isau wurde 1956 in Berlin-Tempelhof geboren. Nach einer kaufmännischen Ausbildung war er zunächst als Programmierer tätig, bevor er 1988 zur Schriftstellerei fand. Nach einem erfolgreichen Start im Bereich Kinder- und Jugendbuch wechselte Isau in das Erwachsenengenre. Er hat zahlreiche Fantasyromane veröffentlicht, die häufig mit historischen Fakten gespickt sind. Isau lebt mit seiner Frau in der Nähe von Ludwigsburg.
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Produkt

KlappentextDie Polizei steht vor einem Rätsel. Zahlreiche Attentate auf berühmte Kunstwerke und Anschläge in Museen lassen die Polizei im Dunklen tappen. Schließlich wird die junge Journalistin Alex Daniels in die Ermittlungen verstrickt und versucht ihrerseits, den Fall zu lösen. Mysteriöse Botschaften und verschlüsselte Codes in einem Kunstwerk bringen Alex schließlich auf die Spur des Täters und sie erkennt, dass sie weit mehr mit den Taten verbindet, als sie ahnte ...-

Ralf Isau wurde 1956 in Berlin-Tempelhof geboren. Nach einer kaufmännischen Ausbildung war er zunächst als Programmierer tätig, bevor er 1988 zur Schriftstellerei fand. Nach einem erfolgreichen Start im Bereich Kinder- und Jugendbuch wechselte Isau in das Erwachsenengenre. Er hat zahlreiche Fantasyromane veröffentlicht, die häufig mit historischen Fakten gespickt sind. Isau lebt mit seiner Frau in der Nähe von Ludwigsburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9788728390405
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum24.06.2022
Seiten637 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.12644578
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Prolog



»Hermaphrodit

[... mythologischer Sohn von Hermes und Aphrodite, welcher mit der Nymphe Salmacis in einem Körper vereint wurde] 1a: eine abnorme individuelle Besonderheit unter den höheren Wirbeltieren mit sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechtsorganen - auch Androgynie genannt ... 2: eine Kombination verschiedenartiger Elemente ... «

Webster s Third New International Dictionary

PARIS (FRANKREICH),
Sonntag, 9. September, 23.56 Uhr

Diese Nacht unterschied sich für Donatien Demis auf mancherlei Weise von den Tausenden davor. Gewöhnlich verwandelte sich das Museum in der Stunde des Zwielichts. Es verschmolz mit den Schatten, glitt übergangslos wie die Dämmerung selbst ins Land der Träume. Während der Puls von Paris außerhalb des alten Königspalastes weiterpochte, wurden hier drinnen aus Bildern Fenster, durch die man flüchtige Blicke in fantastische Reiche erhaschen konnte. Steinfiguren erwachten zum Leben. So zumindest empfand Demis die Zeit der Stille im Musée du Louvre.

Unter den Kollegen witzelte man über ihn, wenn er mit ernster Miene von seinen nächtlichen Eindrücken erzählte - dem koketten Blinzeln der Venus von Milo oder dem Hufgeklapper des Zentauren -, aber solche Spöttelei ließ ihn kalt. Seine Kollegen waren Ignoranten. Nette Ignoranten zwar, aber eben doch nur Männer, die zur Nachtschicht in das Museum kamen, um hier zu arbeiten. Demis diente dem Louvre, und das seit nunmehr fast dreißig Jahren. Er verdiente hier nicht einfach seine Brötchen, sondern er hütete die Schätze der Nation. Das Wort »Nachtwächter« hatte er von jeher als Verhöhnung seiner Berufung empfunden. Wozu die Nacht bewachen? Die würde schon niemand stehlen. Nein, er bewachte die unersetzlichen Kunstwerke des Louvre, des ehrwürdigsten Museums von Frankreich, wenn nicht des bedeutendsten der ganzen Welt.

An diesem Abend hetzte der untersetzte Mittfünfziger jedoch achtlos an den Kunstschätzen vorbei. Selbst das beharrliche Lächeln der Mona Lisa im ersten Stock hatte seine Stimmung nicht aufhellen können. So schnell er konnte, stapfte Demis die Treppe zum Erdgeschoss hinab. Jeder hastige Schritt pumpte Daten in den Computer der Überwachungszentrale. Das einundzwanzigste Jahrhundert sei gepriesen! Über den Zustand seiner Eingeweide wusste die schweineteure Technik nichts. Manchmal sehnte sich Demis nach der guten alten Zeit der Stechuhren, als ...

Sein Funkgerät knackte.

Er blieb abrupt stehen, fluchte leise, führte dann das Walkie-Talkie zum Mund und drückte die Sprechtaste. »Ja?«

»Was ist los, Donatien? Erst kommst du nicht vom Fleck, und jetzt sprintest du wie Hermes durch die Säle. Hast du heute Nacht noch eine Verabredung im Maxim?« Die Stimme von Jerrard Tonnelier, dem Schichtleiter, spritzte förmlich aus dem kleinen Lautsprecher.

»Die Pastete von Marie muss verdorben gewesen sein.«

»Soweit ich mich erinnere, hat du drei Pasteten gegessen. Wenn du den Ranzen nicht voll kriegen kannst, ist das noch lange kein Grund, die Hälfte der Kontrollpunkte auszulassen?«

»Ich mache mir gleich in die Hosen, Chef.«

»Im Haus gibt s ungefähr eintausend Klos.«

»Und die Hälfte davon hab ich auch schon besucht. Aber davon gehen die Krämpfe nicht weg. So schlimm war s noch nie. Ich brauche dringend meine Tropfen.«

Ein Moment der Stille trat ein, der nur vom leisen Rauschen des Sprechfunkgerätes und dem Rumoren der Eingeweide seines Trägers gestört wurde. Im Lautsprecher knackte es. »Na schön. Ich lass dich ablösen, Donatien, damit du deine Medizin nehmen kannst. Eigentlich melde ich mich, weil dein roter Marker gerade von unserem Überwachungsbildschirm verschwunden ist. Wo treibst du dich rum?«

»Im Treppenhaus. Komme gerade aus dem ersten Stock des Sully-Flügels nach unten.«

»Wo genau?«

»Aufgang I.«

»Das trifft sich gut. Warte im Saal 17 bei den Karyatiden. Rund um die Cour Carrée sind vorhin die Überwachungskameras ausgefallen. War nur ein Flackern, aber es kann nicht schaden, wenn du trotzdem mal nach dem Rechten siehst. Armand wird gleich bei dir sein und deine Runde übernehmen.«

»Aber bitte schnell, Chef!«

»Reiß dich zusammen, Mann. Wenn du da oben irgendeine Schweinerei anrichtest, dann bist du derjenige, der sie wieder aufwischt. Habe ich mich klar und verständlich ausgedrückt? «

»Ja, Chef.«

Das Gespräch endete, wie es begonnen hatte: mit einem Knacken.

Der Nachtwächter stöhnte und machte sich wieder an den Abstieg. Jeder Schritt tat ihm weh. In seinem Gedärm schien ein wildes Tier eingesperrt zu sein, das knurrte und stieß und manchmal sogar biss. Normalerweise hatte er seinen Reizdarm gut im Griff, aber in dieser Nacht ...

Als Demis die letzten Stufen zum Erdgeschoss überwand, stockte er abermals. Die zweiflügelige Tür zur Salle des Caryatides stand offen, zweifellos wieder eine Schludrigkeit der Kollegen von der Tagschicht. Wie oft hatte er sich schon darüber beschwert! Das Licht vom Treppenhaus fiel auf den roten und weißen Marmorboden des Saals, der seinen Namen den vier weiblichen Säulenstatuen verdankte, die hier beim Nordeingang einen Balkon auf ihren Köpfen trugen. Die Halle selbst war stockfinster. Normalerweise brannte in den Ausstellungsräumen auch nachts immer eine »Sparflamme«, so nannte Demis das reduzierte, rote Servicelicht, das die Leuchten dicht über dem Boden verströmten. Es diente dem Schutz der kostbaren Gemälde, deren Farben so weniger schnell ausbleichten. Die Überwachungskameras, die um diese Zeit bestenfalls verwaschene Schemen zeigten, dienten hauptsächlich zur Abschreckung bei Tage für jene Museumsbesucher, die das Wort »Begreifen« ohne das Gefühl ständiger Überwachung leicht allzu wörtlich nahmen. Ohnehin war das Museum viel zu riesig und die Sicherheitstruppe bei weitem zu klein, um sämtliche Räume und Winkel einer ständigen Videoüberwachung zu unterziehen. Solange die Bewegungsmelder nicht ausgewählte Sektionen auf die Bildschirme schalteten, warteten die Kameras im Standby-Betrieb. So lange sie mit Elektrizität versorgt wurden.

Demis führte das Funkgerät zum Mund, um seine Beobachtung der Zentrale zu melden. Vielleicht war jetzt der Strom im ganzen Sully-Flügel ausgefallen.

Ehe er die Ruftaste drücken konnte, hörte er ein Geräusch. War das ein Flüstern gewesen? Er schloss die Augen und lauschte. Nichts. Völlige Stille - abgesehen vom Rumoren aus den Tiefen seines Verdauungstrakts. Demis schüttelte den Kopf. Bestimmt hatte er sich geirrt. Jetzt ließ er sich schon vom eigenen Dickdarm narren.

Sekundenlang stand er auf der Treppe, das Walkie-Talkie vor dem Mund. Obwohl die Anweisungen für solche Fälle eindeutig waren, zauderte Demis. Er konnte sich noch lebhaft an seinen letzten Fehlalarm erinnern. Damals war das Flüstern aus der Etruskischen Abteilung gekommen. Ein Besucher hatte seinen eingeschalteten Walkman samt Kopfhörern unter einer Bank liegen lassen. Die Polizei war in Mannschaftswagen angerückt und Donatien von der Museumsleitung abgemahnt worden. Man hatte ihm einige denkwürdige Dinge zu verstehen gegeben. Er werde allmählich alt und neige offensichtlich zu Fehlern. Die moderne Überwachungstechnik kenne dagegen keine Ermüdungserscheinungen, keine Grippe, keinen Urlaub, sie organisiere sich nicht in Gewerkschaften und habe auch nie einen schlechten Tag. Abschließend hatte der Personalchef dem dienstältesten Nachtwächter des Museums von seiner Hochachtung für dessen langjährigen Dienst erzählt wie auch von der Unmöglichkeit, Frankreichs Nationalschätze einem Träumer anzuvertrauen. Ob M. Demis ihm denn versichern könne, dass es einen Vorfall wie den mit dem Walkman niemals wieder geben werde.

»Niemals wieder«, wiederholte Demis flüsternd die Worte des jungen Personalleiters. Wie in Zeitlupe ließ er die Hand mit dem Funkgerät sinken. Der Schweiß rann ihm in Strömen übers Gesicht, was nicht allein am Gerangel seiner Gedanken lag. Er legte die Hand auf seinen Unterleib und wartete, bis das schmerzhafte Ziehen wieder nachließ. Besser nicht unnötig die Pferde scheu machen, sagte er sich. Einen kurzen Blick in den Saal konnte er riskieren. Armand würde ohnehin gleich hier sein. Der junge Kollege war belastbar. Er hatte seinen ersten Fehlalarm noch vor sich.

Leise stieg Demis die letzten Stufen zum Erdgeschoss hinab. Dabei zog er seine Halogenlampe aus der Gürteltasche, ließ sie aber ausgeschaltet. Notfalls würde er sie als Keule benutzen können. Das Tragen von Waffen war laut Dienstvorschrift in den Ausstellungsräumen verboten, da...

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