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Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechlicher Frieden

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Maximum Verlagerschienen am28.11.20231. Auflage
Eine Porzellanmanufaktur in Scherben. Ein im Krieg verschollener Bruder.  Eine Familiendynastie zur Zeit des Wiederaufbaus. »Sie stand jetzt in der Verantwortung. Für sich, für ihre Liebsten. Und für die Arbeiter in der Manufaktur und ihre Familien.« Selb, die Heimat des weißen Goldes, 1947: Als der Familienpatriarch Ludwig Thalmeyer überraschend verstirbt, muss Marie als älteste Tochter die traditionsreiche Porzellanmanufaktur übernehmen. Mühsam arbeitet sie sich in das Geschäft ein, wird jedoch als junges Fräulein kaum ernst genommen. Unterstützung erhält sie von ihrer jüngeren, wilden Schwester Sophie. Insgeheim hoffen beide, dass der in Russland verschollene Bruder Joachim nach Hause zurückkehrt, auch wenn er als Pianist dem Unternehmen schon lange vor dem Krieg den Rücken gekehrt hat ...  Deutschland befindet sich im Wiederaufbau und viele Menschen suchen in ihrer Verzweiflung ihr Glück auf dem Schwarzmarkt, um zu überleben - keine einfache Situation für die Porzellanmanufaktur, die immer wieder Probleme hat, Kaolin zu beschaffen. Um dies zu lösen, muss Marie mit dem mächtigen Papierfabrikanten Karl Metsch zusammenarbeiten, der seine Macht missbraucht. Ausgerechnet er wird kurz darauf der neue Bürgermeister und setzt alles daran, die Porzellanmanufaktur zu ruinieren - und zwingt Marie zu einer riskanten Entscheidung ...  Zwischen Wiederaufbau, florierendem Schwarzmarkt und jeder Menge Geheimnissen suchen zwei junge Frauen den Weg zum Erfolg - und zu ihrer Liebe, denn Maries Wahl fällt ausgerechnet auf den stellvertretenden US-Militärgouverneur John McNarney. Doch bald darauf muss dieser zurück in seine Heimat ...  Der Auftakt der großen Thalmeyer-Trilogie - ein detaillierter Einblick in die Jahre der Nachkriegszeit und die Geschichte einer ganzen Generation! 'Dramatisch, emotional, inspirierend: Eine Reise in eine Zeit, die so fragil ist wie das Porzellan selbst.' - Bestsellerautorin Ellin Carsta

Stefan Maiwald, erfolgreicher Journalist und Bestsellerautor, wurde 1971 in Braunschweig geboren. Als Kind verbrachte er seine gesamte Ferienzeit und fast jedes Wochenende bei seinen Verwandten im Zonenrandgebiet, nur einen Kilometer vom Eisernen Vorhang entfernt. Die Wachtürme und der Stacheldraht waren überall zu sehen. Jeder Erwachsene, mit dem er damals sprach, hatte Krieg und Vertreibung miterlebt.  Seit dem Studium schreibt er Kolumnen und Reportagen und lebt seit mehr als zwanzig Jahren südlich der Alpen. Sein Blog postausitalien.com wurde 2022 auf der Frankfurter Buchmesse als »bester Travel Blog« ausgezeichnet.  Seine Bücher wie »Laura, Leo, Luca und ich - wie man in einer italienischen Familie überlebt« oder der humorvolle Erziehungsratgeber »Wir sind Papa« wurden Bestseller. Neben der historischen Romantrilogie »Der Spion des Dogen«, die im Venedig des 16. Jahrhunderts spielt, erschienen drei Alpenkrimis und zuletzt 'Meine Bar in Italien. Warum uns der Süden glücklich macht'. 'Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechlicher Frieden' ist der erste Band der Trilogie um die Geschichte der Familiendynastie Thalmeyer und ihrer Porzellanmanufaktur in Selb in Oberfranken. Wie er selbst sagt: 'Dies ist nicht die Geschichte meiner Familie. Dies ist die Geschichte einer ganzen Generation.'  Stefan Maiwald lebt mit seiner Frau, den beiden Töchtern und Jack Russell Luna auf der italienischen Insel Grado.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,49

Produkt

KlappentextEine Porzellanmanufaktur in Scherben. Ein im Krieg verschollener Bruder.  Eine Familiendynastie zur Zeit des Wiederaufbaus. »Sie stand jetzt in der Verantwortung. Für sich, für ihre Liebsten. Und für die Arbeiter in der Manufaktur und ihre Familien.« Selb, die Heimat des weißen Goldes, 1947: Als der Familienpatriarch Ludwig Thalmeyer überraschend verstirbt, muss Marie als älteste Tochter die traditionsreiche Porzellanmanufaktur übernehmen. Mühsam arbeitet sie sich in das Geschäft ein, wird jedoch als junges Fräulein kaum ernst genommen. Unterstützung erhält sie von ihrer jüngeren, wilden Schwester Sophie. Insgeheim hoffen beide, dass der in Russland verschollene Bruder Joachim nach Hause zurückkehrt, auch wenn er als Pianist dem Unternehmen schon lange vor dem Krieg den Rücken gekehrt hat ...  Deutschland befindet sich im Wiederaufbau und viele Menschen suchen in ihrer Verzweiflung ihr Glück auf dem Schwarzmarkt, um zu überleben - keine einfache Situation für die Porzellanmanufaktur, die immer wieder Probleme hat, Kaolin zu beschaffen. Um dies zu lösen, muss Marie mit dem mächtigen Papierfabrikanten Karl Metsch zusammenarbeiten, der seine Macht missbraucht. Ausgerechnet er wird kurz darauf der neue Bürgermeister und setzt alles daran, die Porzellanmanufaktur zu ruinieren - und zwingt Marie zu einer riskanten Entscheidung ...  Zwischen Wiederaufbau, florierendem Schwarzmarkt und jeder Menge Geheimnissen suchen zwei junge Frauen den Weg zum Erfolg - und zu ihrer Liebe, denn Maries Wahl fällt ausgerechnet auf den stellvertretenden US-Militärgouverneur John McNarney. Doch bald darauf muss dieser zurück in seine Heimat ...  Der Auftakt der großen Thalmeyer-Trilogie - ein detaillierter Einblick in die Jahre der Nachkriegszeit und die Geschichte einer ganzen Generation! 'Dramatisch, emotional, inspirierend: Eine Reise in eine Zeit, die so fragil ist wie das Porzellan selbst.' - Bestsellerautorin Ellin Carsta

Stefan Maiwald, erfolgreicher Journalist und Bestsellerautor, wurde 1971 in Braunschweig geboren. Als Kind verbrachte er seine gesamte Ferienzeit und fast jedes Wochenende bei seinen Verwandten im Zonenrandgebiet, nur einen Kilometer vom Eisernen Vorhang entfernt. Die Wachtürme und der Stacheldraht waren überall zu sehen. Jeder Erwachsene, mit dem er damals sprach, hatte Krieg und Vertreibung miterlebt.  Seit dem Studium schreibt er Kolumnen und Reportagen und lebt seit mehr als zwanzig Jahren südlich der Alpen. Sein Blog postausitalien.com wurde 2022 auf der Frankfurter Buchmesse als »bester Travel Blog« ausgezeichnet.  Seine Bücher wie »Laura, Leo, Luca und ich - wie man in einer italienischen Familie überlebt« oder der humorvolle Erziehungsratgeber »Wir sind Papa« wurden Bestseller. Neben der historischen Romantrilogie »Der Spion des Dogen«, die im Venedig des 16. Jahrhunderts spielt, erschienen drei Alpenkrimis und zuletzt 'Meine Bar in Italien. Warum uns der Süden glücklich macht'. 'Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechlicher Frieden' ist der erste Band der Trilogie um die Geschichte der Familiendynastie Thalmeyer und ihrer Porzellanmanufaktur in Selb in Oberfranken. Wie er selbst sagt: 'Dies ist nicht die Geschichte meiner Familie. Dies ist die Geschichte einer ganzen Generation.'  Stefan Maiwald lebt mit seiner Frau, den beiden Töchtern und Jack Russell Luna auf der italienischen Insel Grado.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783986790264
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum28.11.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1977 Kbytes
Artikel-Nr.13128859
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


3. Kapitel
Der Geburtstag

»Oh, wie fein, das wird ein Fest!« Maries Wangen waren vor Aufregung ganz rot, was bei ihrem hellen Teint sehr kindlich aussah - und überhaupt ein ungewöhnlicher Anblick war, denn sie war normalerweise von gefasstem, wenig zu erschütterndem Charakter. Sie stand mit Lina in der Küche, die sich schon über die Hühner hergemacht hatte und die letzten Federn abflämmte. Selbst das Dienstmädchen musste lächeln. So etwas Frisches war wirklich eine besondere Sache in diesen Zeiten. Die Gäste würden staunen!

Denn heute Abend war es so weit: Der sechzigste Geburtstag Ludwig Thalmeyers sollte gefeiert werden, erstmals nach dem Krieg in großer Gesellschaft. Ein Dutzend Gäste wollten der Einladung folgen, ebenso angesehen wie geschätzt, und denen wollte man schließlich etwas bieten. Marie hatte sich alle Mühe gegeben und Frühkartoffeln organisiert, etwas Sekt, Wein, Wacholderschnaps, Kesselfleisch. Dazu Erdbeeren, Birnen, Gurken, Tomaten. Lina hatte Mehl und Zucker bekommen und einen Kuchen mit Fruchtglasur gebacken. Statt Mandeln gab es Kürbiskerne. Aber die Hühner, ganz frisch und feist - da würden die Gäste wirklich Augen machen!

Marie brachte noch mehr Schnittblumen ins Esszimmer, wo Lina schon eingedeckt hatte, mit bestem Porzellan natürlich und drei der berühmten Thalmeyer-Figuren als Tischdekoration: König Maximilian I. von Bayern im detailgetreu bemalten Königsornat, Ludwig I. zu Pferde, die Bavaria mit Siegerkranz. Jede der Figuren war einen halben Meter hoch und wirkte ganz prächtig. Lina hatte die Figuren fast einen halben Tag lang mit lauwarmem Wasser gereinigt, und das Porzellan funkelte, als wäre es frisch aus dem Brennofen gekommen. Die noch ziemlich tief stehende Sonne ließ den ganzen Tisch aufs Vorteilhafteste glänzen. Oh ja, das würde eine schöne Feier werden.

»Wo ist eigentlich Sophie?«, fragte Marie, als sie zurück in die Küche kam.

Lina hob ein wenig resignierend die Schultern, und Marie verstand: Ihre jüngere Schwester schlief noch, wie immer. Dafür kam Papa Ludwig herein, heftig umwölkt von Tabakduft.

»Na, meine Kinder?« Das war sein ritueller Morgengruß, auch wenn nur Lina anwesend war. Marie vermutete, er würde es wohl auch in die leere Küche hereinrufen.

Lina verbeugte sich, Marie gab ihm einen Kuss auf die Wange.

»Herzlichen Glückwunsch, Papi!«

»Erinnere mich nicht«, winkte Ludwig ab.

»Du sollst nicht so früh schon rauchen«, mahnte Marie und stemmte die Hände mit nur halb gespieltem Ernst in die Hüften. »Du weißt doch, was Doktor Rappenhuth gesagt hat.«

»Nicht einmal an meinem Geburtstag?«

Ludwig Thalmeyer trug schon früh am Morgen seinen geliebten Stresemann und wirkte ein wenig aus der Zeit gefallen. Aber er wusste eben, was er sich, der Familie und dem Ort schuldig war. Auf den ersten Blick wirkte er jünger als sechzig, denn seine Haut war von gesunder Färbung, er war schlank und seine Haltung die eines Dreißigjährigen. Das volle graue Haar trug er kurz und scharf gescheitelt, was ihn wie einen Ufa-Filmstar aussehen ließ. Vielleicht nicht wie der Hauptdarsteller, aber wie der ehrbare Vater der betrogenen Braut. Doch die Zigarette im Mundwinkel gab ihm etwas allzu Legeres, und beim Auspusten des Rauchs zeigten sich seine schlechten Zähne, die dem Krieg geschuldet waren, denn die Zahnärzte waren fast alle zur Front abberufen worden und viele waren nicht zurückgekommen. Auch sein schleppender Gang verriet, dass er nicht mehr so jung war, wie er zunächst wirken mochte.

»Es wird ein langer Tag, du wirst genug Qualm einatmen. Wenn der Metsch wieder mit seinen stinkenden Zigarren kommt.«

Ludwig Thalmeyer winkte lächelnd ab. Er mochte es ja doch, wenn Marie sich um ihn Sorgen machte.

»Papi, bald werden die ersten Gäste zum Gratulieren läuten, iss schnell was zur Stärkung.«

Ludwig Thalmeyer nahm mit der rechten Hand die Zigarette aus dem Mundwinkel und fuhr sich mit der linken Hand durchs Haar. An das neumodische Papi würde er sich nie gewöhnen - er hatte seinen Vater Georg noch siezen müssen -, aber er liebte seine Kinder viel zu sehr, um es ihnen zu verübeln. »Ach, ihr wisst doch, dass ich das alles nicht will.« Kokettieren konnte er schon immer gut.

»Schau mal, was wir haben.« Marie zeigte ihm die Hühner.

Ludwig lächelte. »Gustav?«

»Gustav.«

Nun kam auch Sophie in die Küche, erkennbar verschlafen, immer noch im Nachtkleid und sogar barfuß. Sie gähnte mit Genuss, streckte ihre Arme von sich wie ein Kätzchen seine Glieder, und aus dieser Streckbewegung schlang sie die Arme geschickt um ihren Vater.

»Happy birthday«, sagte die junge Dame und spielte Frau von Welt. Ludwig Thalmeyer genoss und erwiderte die Umarmung.

»Du wirst dir noch einen Schnupfen holen auf den kalten Dielen«, bemerkte Marie spitz. Bestimmt hatte ihre kleine Schwester wieder die ganze Nacht in ihrer Kammer gelesen, amerikanische Liebesromane womöglich, die einer empfindsamen Seele doch unmöglich guttun konnten.

Doch heute blieb keine Zeit für einen schwesterlichen Disput. Allzu viel musste arrangiert werden, denn die Feierlichkeiten sollten schon um fünfzehn Uhr beim Kaffee beginnen und dann in ein Abendessen münden, und weil Lina ganz allein war, halfen die Schwestern mit - und tatsächlich machten schon am Morgen die Gratulanten ihre Aufwartung. Zunächst kamen zwei der Arbeiter sowie Bürofräulein Hennemann, die dem Firmenchef zwar unbeholfen, aber mit großer Herzlichkeit gratulierten. Die Hennemann trug stotternd eine längliche Geburtstagspoesie vor, die sie unter einiger Anstrengung auf Ludwig Thalmeyer umgedichtet hatte. Zudem überreichten sie einen großen Strauß Wiesenblumen. Dafür wurden sie von Marie mit einem Glas Schnaps entlohnt, das sie gern entgegennahmen und der Sitte nach in einem Zug tranken, auch Frau Hennemann, und zwar ohne mit den langen Wimpern zu zucken.

Es folgte als Abordnung aus dem ehemaligen Wirtschaftsgebäude ein böhmisches Ehepaar mit ihrer bildhübschen blonden Tochter. Die junge Familie hatte, wie viele der derzeit dort Untergebrachten, ihre eigentliche Heimat wohl auf immer verloren, auch wenn die Hoffnung auf Rückkehr sich hartnäckig hielt. Die Kleine, höchstens acht Jahre alt und mit kecken geflochtenen Zöpfen zu beiden Seiten, sang mit hoher, aber fester Stimme ein Lied im böhmischen Dialekt, das kaum einer der Anwesenden verstand, aber die Melodie entzückte alle. Im Namen der sudetendeutschen Gemeinde überreichte das Ehepaar dem Jubilar ein großes Stück Speck. Auch die beiden Böhmen bekamen einen Schluck Schnaps, und die Tochter, die Klara hieß, durfte so viele Bonbons aus einer Porzellanschüssel nehmen, wie sie mit ihren kleinen Händen greifen konnte. Sie unternahm diese Operation mit so großem Ernst und in so verbissener Konzentration mit der Zungenspitze im Mundwinkel, dass alle Anwesenden lachten.

Eine weitere Abordnung der Arbeiter erschien. Die rund zwanzig Angestellten der Porzellanmanufaktur, die in Alliierten Militärmark bezahlt wurden, hatten heute freibekommen, aber die meisten hatten sich trotzdem auf den Weg gemacht, brachten vor der Thalmeyer-Villa ein kleines Ständchen, und Buchhalter Walter Willemsen übergab im Namen der Belegschaft ein Geschenk - eine heimlich in den Pausen gefertigte Porzellanbüste des Hausherrn, die jenem allerdings etwas peinlich war.

* * *

Am Nachmittag marschierte die Ortskapelle die Anhöhe empor, auf der das Anwesen der Thalmeyers lag. Marie, Sophie - inzwischen schicklich gekleidet - und Ludwig Thalmeyer traten vor die Tür. Es war kurz vor fünfzehn Uhr, flockige Wölkchen bedeckten den Himmel, und zugleich näherte sich ein knatterndes Motorengeräusch: Karl Metsch, wie immer etwas zu früh, kam mit seiner Frau Alexandra und seiner Neuerwerbung: einem Volkswagen Typ 51 in blassgelber Farbe, der mittlerweile unter englischer Aufsicht gebaut und nur an »berechtigte Personen« verkauft wurde. Und Metsch, der gewiefte Papierfabrikant, hatte sich einen solchen Berechtigungsschein erschlichen; unklar aber war, woher er die Devisen genommen hatte.

Die Kapelle stellte sich in Position, Metsch öffnete seiner Frau galant die Tür und begab sich dann mit kurzen Schritten schnurstracks zu den Musikern, um sich, gut gelaunt wie immer, neben den Kapellmeister zu stellen und beim Dirigieren mitzuhelfen, während seine Frau verlegen mit den Schultern zuckte.

Die Musiker, ein Dutzend Männer, hatten sich in Tracht herausgeputzt, an den Jankern und den roten Hemden funkelten die Knöpfe, zur Lederhose trugen sie weiße Strümpfe und Schnallenschuhe und auf dem Kopf eine Art Dreispitz. Paukist Eberhard gab mit monotonen Schlägen den Einsatz vor, und schon erscholl das Oberfrankenlied, die Hymne der Region.

Oberfranken ist mein Heimatland, wo der Main sich schlängelt wie ein Silberband ...

Metsch dirigierte Seite an Seite mit Kapellmeister Gotthard so furios mit, dass alle lachen mussten, selbst die Musiker hatten es schwer, sich zu beherrschen. Karl Metsch sah aus wie eine Karikatur mit dem runden Gesicht, dem schütteren, sorgsam über den Schädel gekämmten Haar, der gebogenen Nase, die auf einen Schnurrbart fiel, der nach vorn abstand wie bei einem Seehund, und dem stets tiefroten Gesicht. Kurz und wohlgenährt war er, eine seltene Erscheinung in diesen Zeiten. Bei den Musikern dagegen, fast alle blass und allzu schlank, waren so einige Kriegsverletzungen zu sehen. Trompeter Volkmar Raudinger...

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Autor

Stefan Maiwald, erfolgreicher Journalist und Bestsellerautor, wurde 1971 in Braunschweig geboren. Als Kind verbrachte er seine gesamte Ferienzeit und fast jedes Wochenende bei seinen Verwandten im Zonenrandgebiet, nur einen Kilometer vom Eisernen Vorhang entfernt. Die Wachtürme und der Stacheldraht waren überall zu sehen. Jeder Erwachsene, mit dem er damals sprach, hatte Krieg und Vertreibung miterlebt.Seit dem Studium schreibt er Kolumnen und Reportagen und lebt seit mehr als zwanzig Jahren südlich der Alpen. Sein Blog postausitalien.com wurde 2022 auf der Frankfurter Buchmesse als »bester Travel Blog« ausgezeichnet.Seine Bücher wie »Laura, Leo, Luca und ich - wie man in einer italienischen Familie überlebt« oder der humorvolle Erziehungsratgeber »Wir sind Papa« wurden Bestseller. Neben der historischen Romantrilogie »Der Spion des Dogen«, die im Venedig des 16. Jahrhunderts spielt, erschienen drei Alpenkrimis und zuletzt »Die Spaghetti-vongole-Tagebücher«. Nach »Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechlicher Frieden« und »Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechliche Hoffnung« ist »Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechliche Träume« der dritte Band der Trilogie um die Geschichte der Familiendynastie Thalmeyer und ihrer Porzellanmanufaktur in Selb in Oberfranken. Wie er selbst sagt: "Dies ist nicht die Geschichte meiner Familie. Dies ist die Geschichte einer ganzen Generation."Stefan Maiwald lebt mit seiner Frau, den beiden Töchtern und Jack Russell Luna auf der italienischen Insel Grado.
Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechlicher Frieden