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Ein Psalm für die wild Schweifenden

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
188 Seiten
Deutsch
Memoranda Verlagerschienen am15.01.20241. Auflage
Vor Jahrhunderten entwickelten die Roboter auf dem kleinen Mond Panga ein Bewusstsein ihrer selbst - worauf sie umstandslos in der Wildnis verschwanden und zu einem Mythos wurden, zu einer urbanen Legende. Den Menschen hingegen ist es seither gelungen, die Klimakrise zu überwinden und zu einem gedeihlichen Dasein im Einklang mit ihrer Umwelt zu finden. Dex zieht als Teemönch mit Fahrrad nebst Wohnanhänger durch die Lande und lädt in den Siedlungen zu besinnlichen, therapeutischen Gesprächen ein. Doch die Welt gerät aus den Fugen, als urplötzlich ein Roboter aus dem Wald tritt und die Frage stellt: »Was brauchen die Menschen?« Der erste Teil eines Doppelromans, der sich bewusst der heute vorherrschenden Untergangsstimmung entgegenstellt und, mit leichter Hand erzählt, ein positives Zukunftsszenario entwirft.

Becky Chambers (*1985) ist als Tochter einer Astrobiologin und eines Luft- und Raumfahrttechnikers aufgewachsen. Sie hat eine Vorliebe für Computer- und Tabletop-Spiele und betrachtet durch ihr Teleskop oft die Sterne. Für ihre vierbändige WAYFARER-Serie wurde sie ebenso mit dem Hugo Award ausgezeichnet wie für den ersten Roman der Dex & Helmling-Serie; darüber hinaus wurde sie für den Nebula Award, den Arthur C. Clarke Award und den Women's Fiction Prize nominiert. Sie lebt zusammen mit ihrer Ehefrau in Humboldt County in ihrer Heimat Kalifornien.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextVor Jahrhunderten entwickelten die Roboter auf dem kleinen Mond Panga ein Bewusstsein ihrer selbst - worauf sie umstandslos in der Wildnis verschwanden und zu einem Mythos wurden, zu einer urbanen Legende. Den Menschen hingegen ist es seither gelungen, die Klimakrise zu überwinden und zu einem gedeihlichen Dasein im Einklang mit ihrer Umwelt zu finden. Dex zieht als Teemönch mit Fahrrad nebst Wohnanhänger durch die Lande und lädt in den Siedlungen zu besinnlichen, therapeutischen Gesprächen ein. Doch die Welt gerät aus den Fugen, als urplötzlich ein Roboter aus dem Wald tritt und die Frage stellt: »Was brauchen die Menschen?« Der erste Teil eines Doppelromans, der sich bewusst der heute vorherrschenden Untergangsstimmung entgegenstellt und, mit leichter Hand erzählt, ein positives Zukunftsszenario entwirft.

Becky Chambers (*1985) ist als Tochter einer Astrobiologin und eines Luft- und Raumfahrttechnikers aufgewachsen. Sie hat eine Vorliebe für Computer- und Tabletop-Spiele und betrachtet durch ihr Teleskop oft die Sterne. Für ihre vierbändige WAYFARER-Serie wurde sie ebenso mit dem Hugo Award ausgezeichnet wie für den ersten Roman der Dex & Helmling-Serie; darüber hinaus wurde sie für den Nebula Award, den Arthur C. Clarke Award und den Women's Fiction Prize nominiert. Sie lebt zusammen mit ihrer Ehefrau in Humboldt County in ihrer Heimat Kalifornien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783910914117
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum15.01.2024
Auflage1. Auflage
ReiheCarcosa
Seiten188 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1977 Kbytes
Artikel-Nr.13440568
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1 | Eine neue Berufung

Manchmal gelangen wir im Leben an einen Punkt, an dem es absolut unabdingbar wird, die verdammte Stadt zu verlassen. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir in dieser Stadt unser gesamtes Erwachsenenleben verbracht haben, wie es bei Geschwister Dex der Fall war. Es spielt auch keine Rolle, ob es eine gute Stadt ist, wie die einzige Stadt auf Panga. Und genau so gleichgültig ist es, ob alle unsere Freunde dort sind, alle Gebäude, die wir lieben, jeder Park, den wir wie unsere Westentasche kennen, jede Straße, der unsere Füße instinktiv folgen, ohne nach einer Wegbeschreibung zu fragen. Die Stadt war wunderschön, das war sie wirklich. Ein gewaltiges architektonisches Fest aus Kurven und schillerndem, farbigem Licht, durchzogen von den Verbindungsfäden der Hochbahnen und geschmeidigen Gehwege, gesprenkelt mit Blättern, die üppig über die Balkone und Trennwände quollen, jeder Atemzug erfüllt vom Duft nach Gewürzen und frischem Nektar, nach in der sauberen Luft trocknender Wäsche. Die Stadt war ein gesunder, ein gedeihender Ort. Eine niemals endende Harmonie aus Arbeit, Tätigkeit, Wachstum, Probieren, Lachen, Rennen, Erleben.

Geschwister Dex hatte sie so satt.

Am Anfang sires Drangs, sie zu verlassen, stand die Vorstellung von Grillengesang. Dex hätte nicht sagen können, woher sire Verbundenheit mit den Grillen rührte. Vielleicht war es ein Film, den ser gesehen hatte, oder ein Ausstellungsstück in einem Museum. Oder auch eine Multimedia-Installation mit eingestreuten Naturgeräuschen. Ser hatte nie irgendwo gelebt, wo Grillen zirpten, doch nachdem sihm ihr Fehlen in der Geräuschkulisse der Stadt erst einmal bewusst geworden war, ließ es sich nicht mehr ausblenden. Ser bemerkte es, wenn ser den Dachgarten im Auenkloster bestellte, was zu siren Aufgaben gehörte. Mit ein paar Grillen wäre es hier viel schöner, dachte ser, während ser jätete und hackte. Oh, Insekten gab es hier reichlich - Schmetterlinge und Spinnen und Käfer im Überfluss, alles fröhliche kleine Kulturfolger, deren Vorfahren die Stadt den chaotischen Feldern jenseits der Stadtmauern vorgezogen hatten. Doch keines dieser Geschöpfe zirpte. Keines von ihnen sang. Es waren städtische Insekten, und damit waren sie in Dex Augen unzulänglich.

Auch wenn Dex sich nachts unter die weiche Decke im Schlafsaal kuschelte, war ihre Abwesenheit spürbar. Es muss schön sein, dachte ser, bei Grillenzirpen einzuschlafen. Früher hatte sihn das abendliche Glockenläuten im Kloster eingeschläfert, doch jetzt klang das einst so beruhigende metallische Brummen in siren Ohren dumpf und scheppernd - nicht süß und hoch wie die Grillen.

Tagsüber, wenn Dex auf sirem Ochsenbike zur Wurmfarm fuhr oder zur Bibliothek oder wo sir Tagewerk sihn sonst hinführte, fehlten die Grillen ebenfalls. Es gab hier Musik, ja, und auch Vögel mit melodischen Meinungsäußerungen, aber genauso gab es das elektrische Surren der Einschienenbahnen, das Wuschwusch der Windgeneratoren auf den Balkonen, den endlosen Lärm der Menschen, die redeten, redeten, redeten.

Schon bald brannte in Dex nicht mehr nur eine seltsame Vorliebe für ein fernes Insekt. Das Brennen durchdrang jede Faser sires Seins. Wenn ser jetzt zu den Wolkenkratzern hinaufblickte, staunte ser nicht mehr über ihre Höhe, sondern verzweifelte an ihrer Gedrängtheit - endlose Schichten aus Menschen, so dicht gepackt, dass die Kletterpflanzen, die an den Kaseinbauten emporwuchsen, ihre Ranken umeinander schlingen konnten. Das starke Gefühl, in der Stadt eingeschlossen zu sein, wurde unerträglich. Dex wollte an einem Ort leben, der sich nicht nach oben, sondern nach außen erstreckte.

An einem Tag im Vorfrühling legte Dex die traditionellen rot-braunen Gewänder sires Ordens an, ging zum ersten Mal in den neun Jahren, die ser im Auenkloster lebte, an der Küche vorbei und betrat das Büro der Vorsteherin.

»Ich wechsele meine Berufung«, sagte Geschwister Dex. »Ich will in die Dörfer gehen und dort Teedienst tun.«

Schwester Mara, die gerade so viel Marmelade auf eine goldbraune Toastscheibe strich, wie diese tragen konnte, unterbrach ihre Tätigkeit und blinzelte. »Das kommt sehr plötzlich.«

»Für Sie«, sagte Dex. »Nicht für mich.«

»Na schön«, sagte Schwester Mara, denn ihre Aufgabe als Vorsteherin war es anzuleiten und nicht, Vorschriften zu machen. Das hier war ein modernes Kloster, keine starre Hierarchie wie die des alten Klerus vor der Zeitenwende. Solange Schwester Mara wusste, was die Mönche unter ihrem Dach taten, war ihre Pflicht getan. »Willst du eine Ausbildung machen?«

»Nein«, sagte Dex. Geregelte Ausbildungen hatten ihre Berechtigung, aber das kannte ser bereits, und Lernen in der Praxis war genauso zulässig. »Ich will es mir selbst beibringen.«

»Darf ich fragen, wieso?«

Dex schob die Hände in die Taschen. »Ich weiß nicht«, sagte ser wahrheitsgemäß. »Es ist einfach etwas, das ich tun muss.«

Schwester Mara blickte noch immer erstaunt drein, aber kein Mönch hätte etwas gegen Dex Erklärung sagen können. Sie biss ein Stück von ihrem Toast ab, kaute und nahm das Gespräch wieder auf. »Na schön, hm ⦠du wirst jemanden finden müssen, der deine derzeitigen Pflichten übernimmt.«

»Natürlich.«

»Und du brauchst eine Ausrüstung.«

»Die besorge ich mir.«

»Und natürlich müssen wir eine Abschiedsfeier für dich ausrichten.«

Dieser letzte Punkt war Dex unangenehm, doch ser lächelte. »Natürlich«, sagte ser und wappnete sich für einen Abend, an dem ser im Mittelpunkt stehen würde.

Die Party war dann aber ganz okay. Eigentlich sogar schön, wenn Dex ehrlich war. Es gab Umarmungen und Tränen und zu viel Wein, wie es der Anlass gebot. Ein paarmal fragte sich Dex, ob ser wohl das Richtige tat. Ser verabschiedete sich von Schwester Avery, mit der ser seit ihrem Noviziat zusammengearbeitet hatte. Geschwister Shay schluchzte beim Abschied herzzerreißend, wie es sire Art war. Ser nahm Abschied von Bruder Baskin, was sihm besonders schwerfiel. Dex und Baskin waren eine Zeit lang ein Paar gewesen, und obwohl das vorbei war, waren sie sich doch noch zugetan. Bei jedem Lebewohl zog sich Dex Herz zusammen, begehrte laut auf, sagte, dass es nicht zu spät sei, dass ser das nicht tun müsse. Dass ser nicht gehen müsse.

»Grillen«, dachte ser, und der Widerspruch löste sich in Luft auf.

Am nächsten Tag packte Geschwister Dex eine Tasche mit Kleidung und verschiedenen anderen Dingen und eine kleine Kiste mit Saatgut und Stecklingen. Ser schrieb siren Eltern, dass es heute losging und ser unterwegs nicht erreichbar sein würde. Ser bezog sein Bett für die Person, die nach sihm darin schlafen würde. Ser verspeiste ein gewaltiges, katerfreundliches Frühstück und verteilte ein paar letzte Umarmungen.

Und dann verließ ser das Auenkloster.

Es war ein seltsames Gefühl. Normalerweise bedeutete das Durchschreiten einer Tür für Dex nicht mehr, als einen Fuß vor den anderen zu setzen. Aber einen Ort für immer zu verlassen, hatte etwas Schweres, das intensive Gefühl einer seismischen Verschiebung. Die Tasche über der Schulter, die Kiste unter den Arm geklemmt, drehte Dex sich um. Ser blickte zu dem Wandgemälde des Kindgottes Allalae hinauf, sirem Gott, dem Gott der kleinen Annehmlichkeiten, in der Gestalt des großen Sommerbären. Dex berührte den Bärenanhänger an sirem Hals und dachte an den Tag, an dem Bruder Wiley sihm den Anhänger geschenkt hatte, nachdem Dex siren eigenen beim Waschen verloren hatte. Ser atmete einmal scharf ein, dann ging ser, mit festen, gleichmäßigen Schritten.

Der Wagen wartete im Halbmondkloster auf sihn, nahe dem Stadtrand. Dex schritt durch den Bogengang in die heilige Werkstatt, eine einsame, rot und braun gekleidete Gestalt in einem Meer aus seegrünen Overalls. Der Lärm der Stadt war nichts verglichen mit diesem Tohuwabohu, einem heiligen Singsang aus Tischsägen, funkensprühenden Schweißgeräten und 3-D-Druckern, die aus farbenfrohem Pektin Talismane webten. Dex war sirer Kontaktperson, Schwester Fern, bisher noch nie begegnet, doch sie begrüßte sihn mit einer familiären Umarmung, die nach Sägemehl und Bienenwachspolitur roch.

»Komm mit und sieh dir dein neues Zuhause an«, sagte sie mit zuversichtlichem Lächeln.

Es war der bestellte Ochsenbike-Wagen: zweistöckig, mit klobigen Rädern, bereit für das Abenteuer. Ein Vehikel, das sowohl praktisch als auch von einladender Ästhetik war. Die Außenseite des Wagens schmückte ein Gemälde mit unverkennbar klösterlicher Symbolik. Es war eine große Darstellung von Allalaes Bär, wohlgenährt und entspannt vor dem Hintergrund einer Blumenwiese. Auf die Rückseite des Wagens hatte jemand sämtliche Symbole der Heiligen Sechs gemalt, dazu einen paraphrasierten Abschnitt aus den Einsichten, ein Satz, der allen auf Panga geläufig war.

Finde die Kraft, beides zu tun.

Auf beiden Decks gab es verspielt angeordnete runde Fenster und kugelförmige Außenlampen für die Nachtstunden. Das Dach war mit einer Schicht glänzenden Thermovoltaiklacks überzogen, und an der Seite war ein vorwitziges kleines Windrad angebracht. Beides, erklärte Schwester Fern, gehörte zu der Graphenbatterie in den Wagenwänden, die die verschiedenen elektronischen Annehmlichkeiten zum Leben erweckte. An beiden Wagenseiten hingen an stabilen Haken diverse Ausrüstungsgegenstände - Kisten, Werkzeugkästen, lauter Dinge, denen ein bisschen Regen nichts ausmachte. Der Frisch- und der Grauwassertank schmiegten sich um...

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Becky Chambers (*1985) ist als Tochter einer Astrobiologin und eines Luft- und Raumfahrttechnikers aufgewachsen. Sie hat eine Vorliebe für Computer- und Tabletop-Spiele und betrachtet durch ihr Teleskop oft die Sterne. Für ihre vierbändige WAYFARER-Serie wurde sie ebenso mit dem Hugo Award ausgezeichnet wie für den ersten Roman der Dex & Helmling-Serie; darüber hinaus wurde sie für den Nebula Award, den Arthur C. Clarke Award und den Women's Fiction Prize nominiert. Sie lebt zusammen mit ihrer Ehefrau in Humboldt County in ihrer Heimat Kalifornien.