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Die Frauen vom Café Nuria

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
224 Seiten
Deutsch
Verlag Antje Kunstmannerschienen am15.02.2024
Mundeta ist eine Dame der höheren Gesellschaft von Barcelona im Fin de Siècle; ihre Tage bestehen aus Spaziergängen, Opernbesuchen, Diners und der Lektüre von Heiligenbiografien - nur ihrem Tagebuch vertraut sie ihre Träume von Freiheit, fernen Ländern und einer Liebe auf Augenhöhe an. Nach dem Tod ihres Mannes trifft sie zusammen mit ihrer Tochter jede Woche ihre Freundinnen Kati, Sixta und Patrícia im Café Nuria. Es sind die Dreißigerjahre und Spanien ist im Bürgerkrieg. Die Bewunderung ihrer erwachsenen Tochter gilt vor allem Kati, der Anarchistin und Anhängerin der Republik. Doch sie selbst ist in einer Vernunftehe gefangen, aus der es keinen Ausweg gibt. Zwanzig Jahre später schließt sich deren Tochter einer Gruppe von Studierenden an, die im Widerstand gegen das Franco-Regime aktiv sind und auch gegen verkrustete gesellschaftliche Konventionen kämpfen. Sie verliebt sich in Jordi und muss feststellen, dass die Freiheiten, die die Männer für sich in Anspruch nehmen, für Frauen noch lange nicht gelten. Anders als ihre Mutter und Großmutter will sie sich damit nicht abfinden - und trifft eine Entscheidung, die ihr Leben und das ihrer Familie für immer verändern wird.

Montserrat Roig wurde 1946 in Barcelona geboren und starb dort 1991. Sie ist eine der meistverkauften Autorinnen der katalanischen Literaturszene und gilt als eine der klarsten und einflussreichsten ihrer Generation. Zeit ihres Lebens verband Roig das Schreiben mit Journalismus. Zu ihren wichtigsten Werken gehört ein umfangreicher Artikel mit dem Titel Els catalans als camps Nazis (1977), der in seinem Engagement und seiner Tiefe der Recherche einzigartig ist.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextMundeta ist eine Dame der höheren Gesellschaft von Barcelona im Fin de Siècle; ihre Tage bestehen aus Spaziergängen, Opernbesuchen, Diners und der Lektüre von Heiligenbiografien - nur ihrem Tagebuch vertraut sie ihre Träume von Freiheit, fernen Ländern und einer Liebe auf Augenhöhe an. Nach dem Tod ihres Mannes trifft sie zusammen mit ihrer Tochter jede Woche ihre Freundinnen Kati, Sixta und Patrícia im Café Nuria. Es sind die Dreißigerjahre und Spanien ist im Bürgerkrieg. Die Bewunderung ihrer erwachsenen Tochter gilt vor allem Kati, der Anarchistin und Anhängerin der Republik. Doch sie selbst ist in einer Vernunftehe gefangen, aus der es keinen Ausweg gibt. Zwanzig Jahre später schließt sich deren Tochter einer Gruppe von Studierenden an, die im Widerstand gegen das Franco-Regime aktiv sind und auch gegen verkrustete gesellschaftliche Konventionen kämpfen. Sie verliebt sich in Jordi und muss feststellen, dass die Freiheiten, die die Männer für sich in Anspruch nehmen, für Frauen noch lange nicht gelten. Anders als ihre Mutter und Großmutter will sie sich damit nicht abfinden - und trifft eine Entscheidung, die ihr Leben und das ihrer Familie für immer verändern wird.

Montserrat Roig wurde 1946 in Barcelona geboren und starb dort 1991. Sie ist eine der meistverkauften Autorinnen der katalanischen Literaturszene und gilt als eine der klarsten und einflussreichsten ihrer Generation. Zeit ihres Lebens verband Roig das Schreiben mit Journalismus. Zu ihren wichtigsten Werken gehört ein umfangreicher Artikel mit dem Titel Els catalans als camps Nazis (1977), der in seinem Engagement und seiner Tiefe der Recherche einzigartig ist.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783956145926
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum15.02.2024
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1039 Kbytes
Artikel-Nr.13880999
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Aus den Mündungen der Metroschächte roch es nach vergorenen Orangen und ich hielt die Luft an, als ich an der Treppe vorüberging. Aber noch entsetzlicher war der Gestank von Füßen, von Fußschweiß, von all den Menschen, die sich in die Nähe der Zugänge oder gleich in den Untergrund geflüchtet hatten, weil sie kein Zuhause hatten. Jeder Bombenangriff erschreckte sie halb zu Tode. Auch ich hatte Angst, aber ich riss mich zusammen, damit mir niemand ansah, dass ich meinen Mann suchte. Er hatte vor, zu den Franquisten überzulaufen. Ich fasste mir ein Herz und hoffte, ich würde Kati treffen, um ihr zu erzählen, dass ich mich ganz allein und ohne fremde Hilfe auf die Suche gemacht hatte. In der Bibliothek hatte man mir gesagt, Kati sei heute schon früh gegangen, denn ein paar Leute von der Iberischen Anarchistischen Föderation, die drei Kühe beschlagnahmt hatten, hätten ihr Milch für den Sohn ihrer Hausmeisterin versprochen. Der Junge hieß Manuel und war aus Linares, wie seine Eltern. Sein Körper war übersät von Ausschlag und Schorf, und der Bauch des armen, abgemagerten Kerlchens war ganz aufgebläht. Seine Mutter war verzweifelt, weil er nicht trinken wollte, wenn sie ihm die Brust gab. Und in zwei Monaten erwartete sie schon wieder ein Kind. Kati hatte mit ihr geschimpft, Mädchen, sei nicht dumm, du bringst ihn noch um. Die Muttermilch wird schlecht, wenn eine Frau schwanger ist. Schon vor geraumer Zeit hatte sie ihr geraten, Kurse zu besuchen, die ein paar Ärzte in Badalona anboten; dort würde sie erfahren, wie das mit dem Kinderkriegen geht. Mich wollte Kati auch hinschicken, aber Joan hielt nichts davon. Er meinte, ich sollte mich nicht so viel sehen lassen, sonst würde ich ihn früher oder später kompromittieren.

Ich durfte niemandem erzählen, dass Joan vorhatte, nach San Sebastián zu fahren. Nicht mal Tante Sixta oder Patrícia. Mundeta, hatte er zu mir gesagt, das Blatt wendet sich zugunsten der Franquisten. Joan hatte bei den Juncosas, die beim Socorro Blanco, der katholischen Hilfsorganisation, sind, Radio Burgos gehört und erfahren, dass die Franquisten nach der Einnahme von Teruel nun auf das Ebro-Delta vorrückten. Joan hatte mir gesagt, ich solle weiterhin die Seriennummern der Geldscheine notieren, die noch gültig waren. Die kauften wir und warteten auf eine Gelegenheit, sie dreimal so teuer weiterzuverkaufen. Joan wusste, wie man im Krieg durchkommt. Mamà hatte es anfangs missfallen, dass ich Joan heiratete, denn sie hielt ihn für einen armen Schlucker und Hohlkopf, der noch nie in seinem Leben ein Buch gelesen hatte, aber später, als sie sah, wie gut er sich darauf verstand, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, hielt sie den Mund. Die Damen aus der Sommerfrischlerkolonie in Valldoreix brachte er mit schlüpfrigen Witzen zum Lachen, und weil er aussah wie ein reicher Gitano. Er war immer aufmerksam, vor allem den Damen gegenüber, und bei unserem ersten gemeinsamen Spaziergang schenkte er mir einen Kaktus. Joan sagte, er würde für ein paar Tage nach San Sebastián fahren, um die Lage zu sondieren, ich solle mir keine Sorgen machen. Aber ich bin nun mal von Natur eine Schwarzseherin, und jetzt, wo Mamà in Siurana ist, erst recht. Mamà ist in Siurana, weil sie nicht mit ansehen will, wie die Anarchisten Kirchen in Brand setzen und Priester und Mönche umbringen. Sie sagt, sie verstehe den Krieg nicht, und dass sich gewöhnliche Leute mit der Kirche anlegten, gefällt ihr nicht. Was soll der arme Pater Pere denn getan haben, sagt sie. Mamà hat sich zeit ihres Lebens als Republikanerin gefühlt, auch wenn sie eine Schwäche für König Alfonso XIII. hatte. Einmal fuhr sie mit einer ihrer Freundinnen, Pauleta Forns, in einer Droschke auf dem Passeig de Gràcia spazieren, beide in ihren hübschen weißen Kleidern und mit Sonnenschirm, als ihnen plötzlich eine geschlossene Kutsche folgte, in der, wie sich herausstellte, der König saß. Das Foto wurde in Blanco y Negro abgedruckt.

Joan musste zu einer Frau vom Socorro Blanco, die auf den Corts Catalanes gegenüber vom Colisèum-Kino wohnte. Ich sollte mir nur die Namen Comalada und Colisèum merken, falls etwas schiefging. Über alles andere sollte ich Stillschweigen bewahren und mich dumm stellen. Beide Namen begannen mit Co, Comalada-Colisèum, so viel wusste ich noch. Falls etwas Unvorhergesehenes geschah, sollte ich Artal Bescheid sagen, aber ich durfte auf keinen Fall ins Gewerkschaftslokal der CNT gehen, um ihn nicht zu kompromittieren. Stattdessen sollte ich zu ihm nach Hause, zur Plaça de Santa Caterina. Aber nicht heute, so hatte Joan mir eingeschärft, sondern erst in ein paar Tagen. Heute bleibst du schön brav zu Hause, hatte er gesagt. Joan sagt immer, ich sei eine dumme Gans und könne von Glück reden, dass ich in ihm jemanden habe, der mich durchs Leben führt. Joan ist so klug.

Von der Grenze aus sollte er nach San Sebastián fahren und dort auf Pujol warten, der ihm versichert hatte, die Banken der Regierung von Burgos würden ihm Kredit geben. Joan war hocherfreut. Er war so süß und kaufte mir auf dem Schwarzmarkt einen Unterrock aus glänzender, schwarzer französischer Seide mit einem gewellten Spitzensaum. Und für das Kind, das ich erwarte, brachte er einmal eine Porzellanpuppe mit, mit einem Kleid wie von Marie-Antoinette, die Artal auf dem Landsitz der Familie Bertran i Musitu beschlagnahmt hatte. Joan wünscht sich ein Mädchen. Ich will kein Mädchen, ich will einen Jungen. Wir Mädchen sind alle strohdumm. Bis auf Kati und meine Mutter natürlich. Joan sagt, wir würden reich werden, man müsse die Situation ausnutzen. Ich solle mir keine Sorgen machen, die Franquisten gewännen offenbar die Oberhand. Zusammen mit Artal solle ich den Handel mit den Gemälden weiterführen, es war wichtig, den Geldfluss aufrechtzuerhalten. Ich würde nicht lange allein sein, nur ein paar Tage. Er würde mir Bescheid geben, und dann träfen wir uns in Burgos. Joan war wütend auf meine Mutter, weil sie in Siurana war, für solch weibische Capricen, wie er sagte, habe er kein Verständnis; was für eine Schnapsidee, und das, wo du ein Kind erwartest, sagte er. Joan sagt immer, meine Mutter säße auf einem hohen Ross und tue so, als brauche sie nichts und niemanden. Manchmal reden sie tagelang kein Wort miteinander, dann weiß ich nicht, was ich tun soll. Ich sitze zwischen den Stühlen und muss von allen Seiten einstecken. Kati meint, es sei zum Teil meine eigene Schuld, ich ließe mich von beiden herumschubsen und solle mir lieber Arbeit als Sekretärin oder Schreibkraft suchen; sie könne mir eine Stelle bei der Generalitat verschaffen, weil sie mit der Tochter eines Ministers zur Schule gegangen ist. Aber ich bin so dumm, dass ich mich kaum noch daran erinnere, was sie mir im Institut für weibliche Bildung beigebracht haben. Der Gedanke, Kati nicht zu finden, löste Panik in mir aus, denn wie sollte ich bloß ohne sie meinen Mann finden. Und an Patrícia oder Tante Sixta wollte ich mich nicht wenden, obwohl Joan mir gesagt hatte, sie würden mir helfen, wenn ihm irgendetwas zustieße und er nicht zurückkäme. Ich solle Artal vertrauen und dürfe ihn, Joan, unter keinen Umständen suchen oder frühestens nach ein paar Tagen. Aber seit der Sprengstofflastwagen genau vor dem Colisèum-Kino in die Luft geflogen ist, kann ich vor lauter Angst kaum mehr atmen.

Ich muss mich zusammenreißen. Wenn Kati davon erfährt, sagt sie sicher, wie tapfer ich bin. Dabei habe ich sie kaum anschauen können, als ich sie zum ersten Mal traf. Ich fand sie eingebildet und kokett. Sie lachte immerzu, und als sie mich sah, meinte sie, schau an, eine Figur wie eine Königin. Das machte mich verlegen, und ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Sie redete ständig über Gedichte und Bücher, deswegen verstand sie sich auch so gut mit meiner Mutter. Die Leute aus Valldoreix erzählten sich merkwürdige Dinge über sie, sie sei mit Naturisten, Vegetariern und Freimaurern befreundet und so weiter. Wenn wir nachmittags im Núria saßen, schaute sie sich unverhohlen um; anfangs dachte ich, sie würde gleich anfangen, über die Leute herzuziehen, aber jetzt, wo ich sie besser kenne, weiß ich, dass sie einfach neugierig war, denn sie sagt immer, man solle für alles in der Welt offen sein. Tante Sixta zufolge werden Frauen Bibliothekarinnen, wenn sie keinen Mann finden. Meiner Ansicht nach ist Kati sehr klug, offenbar braucht sie die Männer nicht. Sie sagt, der Krieg habe ihr die Augen geöffnet, sie habe gemerkt, dass Frauen zu etwas nütze sind und nicht bloß hübsch aussehen müssen. Joan allerdings hält sie für verbittert, weil sie ledig ist, und sagt, sie habe nicht geheiratet, weil kein Mann sie haben will, sie sei zu freigeistig und so was mögen die Männer nicht. Er will nicht, dass ich mich mit Kati abgebe, er sagt, wenn ich auf sie höre, werde ich noch enden wie sie.

Als ich erfuhr, dass bei dem Bombenangriff am Morgen ein Lastwagen mit Sprengstoff explodiert war, packte mich die nackte Angst. Ich hatte mir gleich gedacht, dass etwas Schlimmes vorgefallen sein musste, denn die Scheiben der Loggia waren zersplittert, und seitdem heulen die Sirenen pausenlos. Kopflos rannte ich auf die...
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Autor

Montserrat Roig wurde 1946 in Barcelona geboren und starb dort 1991. Sie ist eine der meistverkauften Autorinnen der katalanischen Literaturszene und gilt als eine der klarsten und einflussreichsten ihrer Generation. Zeit ihres Lebens verband Roig das Schreiben mit Journalismus. Zu ihren wichtigsten Werken gehört ein umfangreicher Artikel mit dem Titel Els catalans als camps Nazis (1977), der in seinem Engagement und seiner Tiefe der Recherche einzigartig ist.