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Die Industrielle Revolution

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
159 Seiten
Deutsch
Herder Verlag GmbHerschienen am01.02.20133., bibliogr. aktualisierte Auflage
Die Industrialisierung wird zumeist vereinfachend mit Dampfmaschine und Stahlproduktion gleichgesetzt. Tatsächlich jedoch handelt es sich um ein komplexes Bündel von Ereignissen und Beweggründen, das innerhalb von hundert Jahren die menschliche Lebenswirklichkeit so von Grund auf änderte, wie zuvor nur die Sesshaftwerdung und die Entwicklung des Ackerbaus. Dieter Ziegler geht den unterschiedlichen Phasen der Industrialisierung nach: Der leichtindustriellen Phase von 1770 bis etwa 1840, der schwerindustriellen von 1840 bis 1890 und der anschließenden Phase der 'Neuen Industrien' oder der zweiten industriellen Revolution. Deutlich wird dabei auch, wie unterschiedlich die Regionen und Länder an der rasanten Entwicklung teilnahmen. Die Industrialisierung beherrschte das 19. Jahrhundert und legte den Grundstein zu unserer heutigen Welt.

Dieter Ziegler, geb. 1956, ist Professor für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte an der Ruhruniversität Bochum.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextDie Industrialisierung wird zumeist vereinfachend mit Dampfmaschine und Stahlproduktion gleichgesetzt. Tatsächlich jedoch handelt es sich um ein komplexes Bündel von Ereignissen und Beweggründen, das innerhalb von hundert Jahren die menschliche Lebenswirklichkeit so von Grund auf änderte, wie zuvor nur die Sesshaftwerdung und die Entwicklung des Ackerbaus. Dieter Ziegler geht den unterschiedlichen Phasen der Industrialisierung nach: Der leichtindustriellen Phase von 1770 bis etwa 1840, der schwerindustriellen von 1840 bis 1890 und der anschließenden Phase der 'Neuen Industrien' oder der zweiten industriellen Revolution. Deutlich wird dabei auch, wie unterschiedlich die Regionen und Länder an der rasanten Entwicklung teilnahmen. Die Industrialisierung beherrschte das 19. Jahrhundert und legte den Grundstein zu unserer heutigen Welt.

Dieter Ziegler, geb. 1956, ist Professor für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte an der Ruhruniversität Bochum.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783534733521
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum01.02.2013
Auflage3., bibliogr. aktualisierte Auflage
Seiten159 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2060 Kbytes
Artikel-Nr.13995024
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

  I. Die deutschen Staaten und die europäische Industrialisierung


Die Industrialisierung Europas war nicht nur ein welthistorisches Ereignis, weil sie mittelfristig jeden Winkel der Erde in der einen oder anderen Weise tangierte, sondern sie besaß sogar eine menschheitsgeschichtliche Dimension. Denn nicht zu Unrecht sehen zahlreiche Historiker in der Geschichte der Menschheit nur einen mit der Industrialisierung vergleichbaren Einschnitt: die Sesshaftwerdung des Menschen im Neolithikum und die folgende Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht. Aus dieser mehr als zehntausend Jahre umfassenden Perspektive heraus erscheint die sich über mindestens eineinhalb Jahrhunderte hinziehende Industrialisierung Europas tatsächlich als eine plötzliche Umwälzung, als eine Industrielle Revolution.

Revolution oder Evolution

Auch aus der Perspektive der neueren Geschichte ist die Industrialisierung zweifellos ein epochaler Einschnitt. In der jüngeren Forschung wird aber gleichzeitig immer mehr die graduelle Veränderung betont und damit der evolutionäre Charakter der Industrialisierung. So stellt sich die Frage, ob der Umwälzungsprozess nicht sehr viel früher eingesetzt hatte, als man lange Zeit annahm, und ob er - mit Blick auf die Ränder Europas, ganz zu schweigen von Asien, Lateinamerika und Afrika - überhaupt schon zum Abschluss gekommen ist? Am Anfang jeder Diskussion um Revolution oder Evolution sollte deshalb die Definition von Industrialisierung bzw. Industrieller Revolution stehen, um sich über die Merkmale verständigen zu können, die den Beginn und den Abschluss dieses Umwälzungsprozesses markieren.

Nach einer naiven, aber weit verbreiteten Vorstellung wird die Industrielle Revolution mit der Dampfmaschine gleichgesetzt. Danach begann die Industrialisierung mit der Erfindung dieser revolutionär neuen Antriebsmaschine, und ihren Abschluss könnte man mit der Verdrängung der Dampfmaschine durch den Verbrennungsmotor und den Elektromotor datieren. Richtig ist an dieser Vorstellung lediglich, dass die Dampfmaschine, insbesondere die mit Rädern versehene und auf Schienen gesetzte Dampfmaschine (Lokomotive) das Symbol der Industrialisierung darstellt. Aber die Vorstellung, eine technische Erfindung habe die Industrialisierung ausgelöst, ist absurd.

Technischer Fortschritt und Wirtschaftlichkeit

Selbstverständlich ist der europäische Weg der Industrialisierung nicht ohne Kohle und Koks, die Dampfmaschine, die Spinning Jenny als erste Baumwollspinnmaschine oder die Stahlgewinnung durch das Puddeln vorstellbar. Diese und andere technische Errungenschaften stellen insofern eine notwendige Bedingung für die Industrialisierung dar, aber hinreichend sind sie noch lange nicht. Es ist in der Weltgeschichte vieles erfunden worden, das zunächst überhaupt keine praktische Bedeutung erlangte, sondern erst sehr viel später Verbreitung fand. Entscheidend für die wirtschaftliche Durchsetzung einer Maschine oder eines technischen Verfahrens sind vielmehr eine bestehende oder zumindest latente Nachfrage nach dem Produkt, für dessen Herstellung Maschine oder Verfahren benutzt werden können, und die Wirtschaftlichkeit ihrer Anwendung.
E

Spinning Jenny
Da das Weben auf dem Webstuhl schneller ging als das Spinnen mit dem Handspinnrad, entstand um die Mitte der 18. Jahrhunderts in der britischen Grafschaft Lancashire ein akuter Garnmangel. Die Nachfrage war so groß, dass eine Lösung nur durch eine nachhaltige Steigerung der Arbeitsproduktivität denkbar war. So schrieb die britische Society of Arts 1761 einen Preis aus, wonach eine Maschine gesucht wurde, welche sechs Fäden aus Wolle, Flachs, Hanf oder Baumwolle auf einmal spinnen und nur eine Person brauchen würde, um mit ihr zu arbeiten und sie zu bedienen . Damit sollte aber nicht nur der Garnmangel behoben, sondern auch die bisher dezentrale Produktion durch das Heimgewerbe räumlich konzentriert werden. Die Technisierung war demnach auch ein gezielter Versuch des Unternehmers, die Kontrolle über eine wachsende Produktion zu behalten. Die Kontrolle der Produktion wurde zum Dreh- und Angelpunkt der ersten Fabriken, noch bevor es um sinkende Kosten ging.
Diese Vorgaben wurden von der Spinning Jenny des Handwebers James Hargreaves (1720-1778) erfüllt. Mit ihr konnte eine Arbeiterin mit einer Handkurbel zunächst sechs Spindeln gleichzeitig antreiben. Später wurde die Handkurbel durch Wasserradantrieb ersetzt, weil die Zahl der Spindeln immer weiter gesteigert wurde. Die wichtigste Konkurrentin der Jenny war die nur wenig später entwickelte Waterframe -Spinnmaschine des Perückenmachers Richard Arkwright (1732-1792), die das kontinuierliche Spinnen mit dem Flügelspinnrad nachempfand und von Anfang an größer ausgelegt war, so dass der Wasserradantrieb für sie sogar namensgebend wurde.

Die Leistung von James Watt (1736-1819) bestand nicht darin, die Dampfmaschine erfunden zu haben, und die Leistung von George Stephenson (1781-1848) und seinem Sohn Robert (1803-1859) bestand nicht darin, die Lokomotive erfunden zu haben. Sie haben aber die ersten wirtschaftlich einsetzbaren Maschinen ihrer Art erfunden, wozu erstens eine gewisse Zuverlässigkeit und Stetigkeit der Leistungsabgabe, zweitens aber auch eine wirtschaftliche Relation von Energieeinsatz und Leistungsabgabe zählt. So waren Dampfmaschinen lange vor Watts Erfindung in Steinkohlenbergwerken im Einsatz, um dort die Wasserhaltung zu regulieren. Ihr Einsatz war wegen des hohen Energieverbrauchs aber nur dort wirtschaftlich, wo die Kohle als Antriebsenergie direkt anfiel. Das Revolutionäre an Watts Erfindung war also nicht das technische Prinzip, Steinkohle nicht nur als Wärmeenergieträger, sondern auch als Antriebsenergieträger einzusetzen. Entscheidend für die erfolgreiche Durchsetzung der Dampfmaschine war der wirtschaftliche Einsatz des Energieträgers. Indem Steinkohle nun nicht mehr nur als Brennstoff zum Heizen genutzt wurde, sondern auch zum Befeuern von Dampfmaschinen, wurde für die Steinkohle mittelfristig ein riesiger neuer Markt erschlossen, so dass nicht mehr nur die Anwender der Dampfmaschine in den verschiedensten Bereichen billiger produzieren konnten, sondern auch die Steinkohlenbergwerke dank der Marktausweitung weitere Investitionen tätigten, die es ihnen ermöglichten, billiger - weil in größeren Mengen - zu produzieren.

Diese Wirkung der Dampfmaschine entfaltete sich aber nicht von einem Tag auf den anderen. Denn Dampfmaschinen waren teuer und ihr Kauf für jeden Unternehmer anfangs ein Risiko. Es sollte deshalb Jahrzehnte dauern, bis sich in England die Dampfmaschinen-Ökonomie durchgesetzt hatte. Bis sie in anderen Teilen Europas ankam, dauerte es sogar eine oder mehrere Generationen.

Textilindustrie als Pionier

Es war deshalb auch nicht die Schwerindustrie, die als Pionier der modernen industriellen Produktion gilt, sondern die Textilindustrie, genauer gesagt: die Baumwollspinnerei. Sie bestimmte die erste Phase der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sie war aber zunächst nur in Großbritannien und auch dort nur in wenigen Regionen wie der Grafschaft Lancashire mit dem Baumwollhafen Liverpool und dem nicht weit entfernt gelegenen Manchester wirkungsmächtig, der ersten Großstadt der Industrialisierung.

Die Dampfmaschine spielte in dieser ersten Phase noch eine untergeordnete Rolle. Erfindung und Einsatz der ersten Spinnmaschine, der Spinning Jenny in den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts, gingen der Wattschen Dampfmaschine sogar um einige Jahre voraus. Zusammen zum Einsatz kamen Spinnmaschine und Dampfmaschine sogar noch viel später. Schon die Bezeichnung des Flügelspinnrades macht das deutlich. In Arkwrights Fabrik in Nottingham wurde zwar erstmals die für die Industrialisierung typische Verbindung zwischen Arbeits- und Kraftmaschine hergestellt. Aber die Spinnräder wurden nicht mit Dampfkraft, sondern mit dem Göpel (Pferdeantrieb) angetrieben. Nachdem diese Fabrik abgebrannt war und Arkwright zu Beginn der achtziger Jahre in Cromford seine zweite Fabrik errichtet hatte, wurden die Spinnmaschinen mit Wasserkraft angetrieben.
E

Fabrik
Die Fabrik ist eine zentralisierte Produktionsstätte, in welcher der Produktionsprozess stärker arbeitsteilig organisiert ist als in der herkömmlichen handwerklichen Produktion. Die Fabrik ist mit einem System von Kraft- und Arbeitsmaschinen ausgerüstet, wobei zur Bedienung der Arbeitsmaschinen in der Frühzeit der Fabrik noch ein hohes Maß an qualifizierter Handarbeit erforderlich war. Bemühungen um eine Reduzierung der Handarbeit bis hin zur Automatisierung der Fertigung setzten zwar schon im 19. Jahrhundert ein, durchgreifende Erfolge zeitigten sie aber erst im 20. Jahrhundert.
Für die Belegschaft erschöpfte sich die Bedeutung der Fabrik nicht in ihrer Bedeutung als Produktionsstätte, sondern sie bildete zugleich einen Sozial- und Herrschaftsverband, indem das Unternehmen zur Arena ökonomischer, sozialer und gesellschaftlicher Konflikte wurde. Damit wurde sie auch zu einem Ort für ein neuartiges...
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Autor

Dieter Ziegler, geb. 1956, ist Professor für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte an der Ruhruniversität Bochum.Uwe Puschner ist außerplanmäßiger Profesor für Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin.