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Nirvana. 100 Seiten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
100 Seiten
Deutsch
Reclam Verlagerschienen am20.03.2024Originalausgabe
Sie haben den Grunge zwar nicht erfunden, aber weltweit populär gemacht. Anfang der Neunziger schlug »Smells Like Teen Spirit« ein wie eine Bombe und machte drei langhaarige Jungs aus der Underground-Szene Seattles über Nacht zu Stars. Kurt Cobain, charismatischer Sänger von Nirvana, wurde sofort zum Sprachrohr der Generation X erklärt. 30 Jahre nach seinem Tod ist sicher: Nirvana ist auch bei jüngeren Generationen beliebt, die Songs sind zeitlos. Isabella Caldart geht der anhaltenden Nirvana-Faszination auf den Grund.

Isabella Caldart ist freie Journalistin und Social-Media-Redakteurin. In ihren Artikeln beschäftigt sie sich mit Literatur, Popkultur, Medien, Subkulturen und gesellschaftlichen Themen wie sozialer Ungleichheit. Sie schreibt u. a. für 'nd', 'Zeit Online', 'Frankfurter Rundschau', 'Missy Magazine' und 'taz'. Bei Reclam erschien zuletzt der von ihr herausgegebene Band 'Frankfurt zum Verweilen'.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR2,99

Produkt

KlappentextSie haben den Grunge zwar nicht erfunden, aber weltweit populär gemacht. Anfang der Neunziger schlug »Smells Like Teen Spirit« ein wie eine Bombe und machte drei langhaarige Jungs aus der Underground-Szene Seattles über Nacht zu Stars. Kurt Cobain, charismatischer Sänger von Nirvana, wurde sofort zum Sprachrohr der Generation X erklärt. 30 Jahre nach seinem Tod ist sicher: Nirvana ist auch bei jüngeren Generationen beliebt, die Songs sind zeitlos. Isabella Caldart geht der anhaltenden Nirvana-Faszination auf den Grund.

Isabella Caldart ist freie Journalistin und Social-Media-Redakteurin. In ihren Artikeln beschäftigt sie sich mit Literatur, Popkultur, Medien, Subkulturen und gesellschaftlichen Themen wie sozialer Ungleichheit. Sie schreibt u. a. für 'nd', 'Zeit Online', 'Frankfurter Rundschau', 'Missy Magazine' und 'taz'. Bei Reclam erschien zuletzt der von ihr herausgegebene Band 'Frankfurt zum Verweilen'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783159622316
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum20.03.2024
AuflageOriginalausgabe
Seiten100 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3825 Kbytes
Artikel-Nr.14175636
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Krist Novoselic

Krist Anthony Novoselic (der sich lange Zeit »Chris« schrieb) wurde am 16. Mai 1965 in Compton, Los Angeles County, als Sohn von Krsto und Marija, zwei kroatischen Immigrant:innen, geboren und wuchs in einer kroatischsprachigen Community auf - Krists Muttersprache ist entsprechend auch Kroatisch. Englisch lernte er erst ab dem Kindergarten. 1979 zog er mit seinen Eltern, dem jüngeren Bruder Robert und der jüngeren Schwester Diana nach Aberdeen, weil die Immobilienpreise in Los Angeles zu teuer wurden, während man in der Holzfällerstadt für recht kleines Geld komfortabel wohnen konnte. Im Jahr darauf schickten seine Eltern Krist, der unglücklich war in Aberdeen, nach Zadar an die kroatische Adriaküste, um dort bei Verwandten zu leben, doch schon 1981 kehrte er in die USA zurück.

Auch wenn Krist älter war als Kurt (zwei Jahre können als Teenager einen großen Unterschied machen), kannten sich die beiden vom Sehen. Krist ist schließlich auch nicht zu übersehen mit seiner Körpergröße von gut zwei Metern (Kurt hingegen war, je nach Angabe, zwischen 1,70 und 1,75 Meter groß). Mit Kurt verband Krist nicht nur die Liebe zu den Beatles und klassischen Rockbands wie Led Zeppelin, Aerosmith und Black Sabbath, sondern auch zum härteren, schnelleren Punkrock. Und noch eine andere Gemeinsamkeit teilten sie: Beide waren Scheidungskinder.

Kurt war ein Junge mit einer Vision, und er hatte sich in den Kopf gesetzt, mit Punkrockfan Krist eine Rockband zu gründen. Das tat Kurt übrigens auf eine ähnliche Art, wie er später seine Drummer feuerte. Statt Krist einfach direkt zu fragen, ließ er immer wieder Andeutungen fallen in der Hoffnung, Krist möge darauf reagieren. Im September 1986 gelang es dem hartnäckigen Kurt schließlich, Krist ein Tape mit seiner ersten »Band« namens Fecal Matter (mit Dale Crover am Schlagzeug) in die Hand zu drücken, darauf unter anderem der Song »Spank Thru«, der es später in einer Neuaufnahme auf die CD-Kompilation Sub Pop 200 (1988) schaffte. In den Linernotes des Livealbums From the Muddy Banks of the Wishkah (1996) bezeichnet Krist »Spank Thru« als den ersten Nirvana-Song.

Kurt und Krist begannen zusammen zu jammen und erste Lieder zu proben, waren aber noch meilenweit davon entfernt, eine richtige Band zu sein. Die kurzzeitige Idee, eine Creedence-Clearwater-Revival-Coverband zu gründen, um so Geld zu verdienen, verwarfen sie wieder. Anfang 1987 taten sie sich schließlich mit Schlagzeuger Aaron Burckhard zusammen und gingen das Projekt Band ernsthaft an, auch wenn die teils wöchentlich wechselnden Namen nicht darauf hindeuten: Poo Poo Box, Whisker Biscuit, Pukeaharrea oder Ted, Ed, Fred. Im März 1987 folgte dann der heißersehnte erste Auftritt in Raymond, einem 3000-Seelen-Ort eine halbe Stunde südlich von Aberdeen. Das erste Lied, das Kurt und Krist je live spielten, war »Downer«, das sie später auch für Bleach aufnahmen. »Auftritt« klingt größer, als es war: Auf einer Privatparty jammten sie ein paar Songs vor einem Haufen besoffener Jugendlicher. Nichtsdestotrotz: Den allerersten großen Schritt in Richtung Zukunft hatten sie gemacht.

Typisch für Nirvana in den Anfangstagen, war Burckhard schnell wieder raus aus der Band; er nahm die Proben nicht annähernd so ernst wie Kurt und Krist. Wobei seine Faulheit nicht das einzige Problem war. »Irgendwann machte er mal eine rassistische Bemerkung gegenüber einem schwarzen Cop, und danach war für uns Schluss«, sagt Krist in der Doku Montage of Heck. Danach probten Kurt und Krist mit dem Melvins-Drummer Dale Crover, mit dem Kurt schon bei Fecal Matter gespielt hatte. Gemeinsam nahmen sie, produziert von Jack Endino (der bereits Platten von Green River, Soundgarden, Mudhoney und den Screaming Trees produziert hatte), im Januar 1988 ein richtiges Demo auf. Und erneut gab es einen Wechsel hinter dem Schlagzeug: Als Crover nach San Francisco zog, wurde Chad Channing der nächste Drummer.

Endlich hatten Kurt und Krist einen dauerhaften Schlagzeuger und einen festen Bandnamen: Nirvana, ein recht willkürlich gewählter Begriff, der »schön oder nett« war, wie Kurt Azerrad gegenüber erläuterte. Und das, worauf Kurt seit Jahren hingearbeitet hatte: die erste offizielle Single. Recht überraschend war dies keiner der vielen Songs, die Kurt inzwischen geschrieben hatte, sondern ein Cover. »Love Buzz« ist im Original von der niederländischen Band Shocking Blue, die das Lied 1969 veröffentlicht hatte. Dass es ausgerechnet »Love Buzz« wurde, geht auf Jonathan Ponemans Vorschlag zurück. Kurt hatte zähneknirschend zugestimmt, weil auch er eingestehen musste, dass »Love Buzz« ihr stärkster Livesong war. Im November 1988 wurde die Single (mit »Big Cheese« als B-Seite) herausgebracht, in einer limitierten Erstauflage von 1000 Stück.

Wenige Monate später, nach der Aufnahme ihres ersten Albums, holte die Band mit Jason Everman einen zweiten Gitarristen dazu. Erneut von Jack Endino produziert, wurde Bleach am 15. Juni 1989 bei Sub Pop veröffentlicht.


Bleach (1989)

Wie bei allen zu Kurts Lebzeiten veröffentlichten Alben lohnt es auch bei dem Nirvana-Debüt, zunächst einen Blick auf die Bedeutung des Titels zu werfen. Der hat nämlich sowohl mit der Zeit zu tun, als Bleach aufgenommen wurde - sprich Ende der 1980er -, als auch mit Kurts späterem Leben. Auf Tour sah Kurt in San Francisco ein Plakat mit der Aufschrift »Bleach Your Works« - eine Aufforderung an Heroinabhängige, ihre Spritzen (= Works) mit Bleichmittel (= Bleach) zu reinigen, um das HIV-Ansteckungsrisiko zu verringern. Der perfekte Name für die LP war gefunden, der Arbeitstitel Too Many Humans verworfen.

âDas Album ist in jeder Hinsicht ein Low-Budget-Album. Es wurde an wenigen versprengten Tagen zwischen dem 24. Dezember 1988 und dem 24. Januar 1989 in den Reciprocal Recording Studios in Seattle aufgenommen mit einer Studiozeit von 30 Stunden und den bereits erwähnten Kosten von rund 600 Dollar. Das letzte Lied, das sie aufzeichneten, »Pen Cap Chew«, blieb unvollständig, weil die Band kein Geld für ein weiteres Tape hatte. Mehrere Songs finden sich übrigens auch auf der 1992 veröffentlichten Kompilation Incesticide, darunter das sehr quatschige »Hairspray Queen« sowie das grandiose »Big Long Now«, das Kurt zu düster war, um es auch noch auf das ohnehin schon düstere, harte Bleach zu packen.

âBleach ist in vielerlei Hinsicht ein typisches Debütalbum, weil die B-Seite der LP etwas eintönig ist. Gerade die erste Seite aber hat einige Lieder, die herausragen und die bereits andeuten, in welche Richtung sich Nirvana entwickeln würden. Neben vielen Songs mit einem schweren Sound und Metal-Elementen gibt es Nummern wie »Love Buzz« und vor allem »About a Girl«, die Kurts Hang zur Popmusik zeigen. Zum Zeitpunkt der Aufnahme hatte Kurt schon mehrere Songs geschrieben, die in Richtung Pop tendierten - so zum Beispiel eine frühe Version von »Polly« -, aber aus Angst, er könnte in der Szene dafür verspottet werden, blieben sie zunächst in der Schublade. »About a Girl«, ein Lied, das er wohl komponierte, nachdem Tracy einen Song für sich einforderte, ist stark an den Beatles orientiert, von denen sich Kurt öfter inspirieren ließ. »School« wiederum, ein anderes herausragendes Lied des Albums, zeigt eine ganz besondere Fähigkeit Kurts: mit wenigen (nicht selten kryptischen) Worten erstaunlich viel aussagen. Der Song kommt mit der Wiederholung von nur 15 Wörtern aus, transportiert dadurch aber sehr viel Energie und Frustration. Die hatte er auch: Trotz des Titels handelt er nämlich nicht konkret von einer Highschool-Erfahrung, sondern von der Sub-Pop- und in weiterem Sinne der Seattle-Szene, die Kurt, nachdem er endlich der Enge von Aberdeen entkommen war, so kleingeistig, snobistisch und cliquenhaft vorkam, dass er sich an seine Schulzeit erinnert fühlte.

âDie interessanteste und gruseligste Story erzählt »Paper Cuts«, einer der bedrückendsten Songs im gesamten Nirvana-Repertoire. Er handelt von der wahrscheinlich wahren Geschichte zweier junger Geschwister in Aberdeen, die mehrere Jahre lang von ihren Eltern in einem Zimmer gefangen gehalten wurden, die Fenster schwarz angemalt, als »Toilette« ein paar Zeitungen. (Übrigens ist es das einzige Lied im gesamten Åuvre, das das Wort »Nirvana« enthält.) Auch »Mr. Moustache« erzählt eine Geschichte, die schon damals Kurts politische Haltung beweist. Als Teenager zeichnete Kurt einen kurzen Comic (der allerdings sehr unbeholfen Schimpfwörter reproduziert) mit demselben Titel, in dem ein brutaler Redneck den Kopf an den Bauch seiner schwangeren Frau lehnt und sich wünscht, das ungeborene Kind möge ein rassistischer, schwulenhassender US-amerikanischer Junge werden. »Ich bringe ihm bei, wie man mit Autos umgeht und Frauen ausbeutet.« Im letzten der vier Bildchen sieht man, wie ein Bein des Embryos die Bauchdecke durchtritt und dem Mann den Kopf zertrümmert.

âIn typischer Kurt-Manier distanzierte er sich später übrigens von dem Album. Lob bekam er von anderer Seite. Nirvana-Manager Danny Goldberg zitiert in seinen Erinnerungen an Kurt Cobain...

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Autor

Isabella Caldart ist freie Journalistin und Social-Media-Redakteurin. In ihren Artikeln beschäftigt sie sich mit Literatur, Popkultur, Medien, Subkulturen und gesellschaftlichen Themen wie sozialer Ungleichheit. Sie schreibt u. a. für "nd", "Zeit Online", "Frankfurter Rundschau", "Missy Magazine" und "taz". Bei Reclam erschien zuletzt der von ihr herausgegebene Band "Frankfurt zum Verweilen".