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Bruch: Durch finstere Zeiten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am13.08.2024
Prepperszene und Polizistenmord. Gekonnt verpackt Goldammer aktuelle Themen in einen starken Plot. In den frühen Morgenstunden werden zwei Polizisten auf einer Landstraße bei Dresden erschossen. Die junge Beamtin und der Familienvater waren beliebt und unauffällig, in ihrem Umfeld finden die Ermittler Felix Bruch und Nicole Schauer zunächst keine Spur. Zeugen wollen einen schwarzen Pick-up am Tatort gesehen haben. Dessen mutmaßlicher Besitzer führt die Ermittler in ein Milieu des Untergangs - zu einem Prepper, einem Mann, der an den Ernstfall glaubt und sich akribisch darauf vorbereitet. Je tiefer Bruch und Schauer in dessen Welt eindringen, desto radikaler wird die Stimmung seiner Unterstützer. Als im Wald eine weitere Leiche gefunden wird, spitzt sich die Lage zu. Bruch jedoch ist der festen Überzeugung, dass die Lösung ganz woanders liegt ...

Frank Goldammer, 1975 in Dresden geboren, ist Handwerksmeister und kam, neben seinem Beruf, schon früh zum Schreiben. Mit seinen Büchern landet er regelmäßig auf den Bestsellerlisten. Der Autor lebt mit seiner Familie in seiner Heimatstadt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextPrepperszene und Polizistenmord. Gekonnt verpackt Goldammer aktuelle Themen in einen starken Plot. In den frühen Morgenstunden werden zwei Polizisten auf einer Landstraße bei Dresden erschossen. Die junge Beamtin und der Familienvater waren beliebt und unauffällig, in ihrem Umfeld finden die Ermittler Felix Bruch und Nicole Schauer zunächst keine Spur. Zeugen wollen einen schwarzen Pick-up am Tatort gesehen haben. Dessen mutmaßlicher Besitzer führt die Ermittler in ein Milieu des Untergangs - zu einem Prepper, einem Mann, der an den Ernstfall glaubt und sich akribisch darauf vorbereitet. Je tiefer Bruch und Schauer in dessen Welt eindringen, desto radikaler wird die Stimmung seiner Unterstützer. Als im Wald eine weitere Leiche gefunden wird, spitzt sich die Lage zu. Bruch jedoch ist der festen Überzeugung, dass die Lösung ganz woanders liegt ...

Frank Goldammer, 1975 in Dresden geboren, ist Handwerksmeister und kam, neben seinem Beruf, schon früh zum Schreiben. Mit seinen Büchern landet er regelmäßig auf den Bestsellerlisten. Der Autor lebt mit seiner Familie in seiner Heimatstadt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644019140
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum13.08.2024
Reihen-Nr.3
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse8083 Kbytes
Artikel-Nr.14238904
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Die Räder des BMW rauschten über den Asphalt. Das Scheinwerferlicht durchschnitt die Finsternis. In dem kleinen Waldstück war es völlig dunkel, obwohl es erst kurz nach fünf am Nachmittag war. Es war Mitte März, der letzte Schnee längst geschmolzen, trotzdem wollte es nicht Frühling werden. Der Himmel ewig trüb. Die Felder aufgeweicht und matschig. Alles braun und grau hier auf dem Land.

Nicole Schauer kniff die Lippen zusammen. Der Fahrer des Audi vor ihnen benötigte einige Augenblicke, um das Blaulicht in seinem Rückspiegel zu bemerken, und noch ein paar, um endlich zu reagieren. Schauer schnaufte ungehalten, drückte das Gaspedal des Dienstwagens durch. Der BMW beschleunigte, schoss an dem Audi vorbei, der nur ein wenig nach rechts gefahren war und sein Tempo lediglich leicht gedrosselt hatte, anstatt anzuhalten. Als sie wieder auf die rechte Fahrbahn einscherte, fühlte sie das Heck leicht ausbrechen, fing den Wagen jedoch ab. Sie fragte sich, ob Bruch, der neben ihr saß, das auch bemerkt hatte. Jedenfalls ließ er sich nichts anmerken. Wie immer.

Mehrmals blendete der Gegenverkehr auf, wenn sie die Kurven leicht schnitt. Dann spürte sie Wut aufkeimen, weil sie Polizisten waren und die anderen ihnen unmittelbar Platz machen sollten. Es fiel ihr schwer, ruhig zu bleiben, sich zu ermahnen, dass die Fahrer das sicherlich erst realisierten, wenn der BMW an ihnen vorbeigeschossen war.

Kaum aus dem Waldstück heraus, sie waren keine fünfhundert Meter vorbei an graugrünem Feld gefahren, tauchten sie schon wieder in den nächsten Wald ein. Gleich danach eine Kurve, enger als vermutet. Sie hatte alle Not, den Wagen in der Spur zu halten, ließ nur das Gas los, verbot sich, auf die Bremse zu treten, der Wagen würde sofort ausbrechen. Und Bruch? Saß neben ihr und starrte nach vorn. Als hätte es nie einen Unfall gegeben, bei dem er ebenso auf dem Beifahrersitz gesessen hatte, er aus dem Wagen geschleudert und sein Kollege ums Leben gekommen war. Vor gerade mal einem halben Jahr. Vertraute er ihren Fahrkünsten so sehr? Oder war es ihm so vollkommen egal? Was sie sich noch darüber Gedanken machte. Letzteres natürlich.

Wieder wurden sie von einer Kolonne Fahrzeuge aufgehalten. Alles Pendler. Früh aus dem Haus, schönes Eigenheim, eine Stunde rein nach Dresden zum Arbeitsplatz - gar nicht schlimm, wenn man sich mal dran gewöhnt hat, nachmittags wieder eine Stunde nach Hause - das ist nun mal der Preis, den man zahlte, wenn man ruhig und preiswert wohnen wollte. Schauer wartete nicht, ob jemand rechts ranfuhr. Sie beschleunigte, zog links an allen vorbei. Bruch blieb stoisch. Beschwerte sich nicht, obwohl sie gar nicht rasen müssten. Es war längst alles zu spät. Und je näher sie kamen, desto mehr spürte sie die Angst in sich hochkriechen.

 

Sie fürchtete sich, wusste Bruch. Deshalb fuhr sie so schnell. Um sich abzulenken. Weil sie konzentriert bleiben musste. Doch sie fürchtete sich vor dem, was sie sehen würden. Eigentlich hatten sie gerade Dienstschluss gehabt. Wären heimgefahren. Jeder in seinen kleinen Kasten, den sie Leben nannten. Er zu seiner Katze in den Plattenbau, umgeben von Tausenden Geräuschen und Gerüchen und dennoch allein. Sie in ihr teures Wohnviertel, in die schöne kleine Wohnung, in der nichts war als die Erinnerungsfetzen einer gescheiterten Beziehung, die sie nach Dresden geführt hatte. Sie war genauso allein wie er. Nur dass seine Einsamkeit auf seiner Vergangenheit und den Tabletten beruhte, die er einnahm. Ihre eigene Einsamkeit hatte sie selbst verschuldet. Der Zorn schwelte in ihr. Ihre Unwilligkeit, sich anzupassen, war offensichtlich. Am meisten mangelte es ihr aber an der Einsicht, dies zuzugeben, sich dies einzugestehen. Aber wer war er schon, sie darauf hinzuweisen?

Sie fürchtete sich. Wünschte sich sicherlich, aus dem Funkgerät kämen neue Anweisungen. Mehrmals schon hatte sie geprüft, ob es funktionstüchtig war, vermutlich hatte sie es gar nicht bewusst getan. Zwei Polizisten waren tot. In einem Waldstück, mitten auf der Straße lagen sie. Aus nächster Nähe erschossen, hieß es. Eine von beiden eine ganz junge Frau, gerade fertig mit der Ausbildung, noch kein halbes Jahr im Dienst. Trotz allem, was Nicole in ihren Dienstjahren schon gesehen hatte, davor fürchtete sie sich. Es war immer schlimm, wenn ein Mensch ermordet wurde. Zumindest das wusste er noch, auch wenn es ihm meist verwehrt war, irgendeine Emotion wahrzunehmen. Doch wenn es einen von ihnen erwischte, einen Polizisten oder sogar zwei, dann fuhr es ihnen durch die Glieder, dann fühlten sie sich alle angegriffen, dann war es, als hätte es ein Familienmitglied getroffen. Dann machte es blitzschnell die Runde, dann riefen sie sich an, weckten diejenigen, die in der Nachtschicht waren, schrieben jenen, die sich im Urlaub befanden. Und vor allem war der Druck, Ergebnisse zu liefern, die Tat aufzuklären, noch ungemein höher.

«Brems!», sagte er.

 

Schauer bremste automatisch, obwohl sie gar nicht sah, aus welchem Grund. Im nächsten Moment sprang ein Reh über die Straße, keine zwei Meter vor ihnen, kollidierte fast mit einem entgegenkommenden Auto, verschwand auf der anderen Seite im Wald.

Von einer Sekunde zur nächsten war es wie aus dem Nichts aufgetaucht. Einzig das kurze Tippen aufs Bremspedal hatte den Unfall verhindert. Doch schon waren sie hundert Meter weiter, keine Zeit, sich noch darüber Gedanken zu machen. Sie begriff nicht, wie Bruch das Reh gesehen hatte. Tja, das war Felix Bruch. Bekam sonst das Maul nicht auf. Sagte nicht Guten Tag und Tschüss. Sagte nicht Bitte und nicht Danke, starrte in die Ferne, ins Leere. Sie selbst hatte ihn davon überzeugt, die Tabletten weiter zu nehmen. Dann war er berechenbarer. Lieber so, abgestumpft, emotionslos, aber funktionierend, lenkbar. Lieber das als die beiden anderen Extreme, die sie schon erlebt hatte. Manisch, überdreht, blitzschnell, immer drei Gedanken voraus. Oder depressiv, wie tot im Bett liegend, an die Decke starrend.

Schon hatten sie das nächste Waldstück passiert. Wieder schien der Himmel über dem freien Feld eine Nuance dunkler. Weiter vorn erkannte sie eine lange Reihe von Bremslichtern, dort wurde der Verkehr aufgehalten. Heute war nichts mit pünktlichem Abendbrot, werte Pendler. Das würde sich hinziehen. Über Funk hatten sie Straßensperren angeordnet. Die Straße wand sich in einer leichten Kurve übers Feld. Brauner Acker, sanft ansteigend, eine Anhöhe. Für einen Moment war sie abgelenkt. Ein großer Hund schien da zu stehen, ganz allein. Aber was machte der Köter da, und warum sah er so riesig aus?

Ein Wolf, dachte sie, meine Güte. Na klar, die rannten hier seit ein paar Jahren wieder herum. Rissen dutzendweise Schafe. Zumindest erzählten das die Leute. Aber jetzt und hier? Sie sah nach rechts. Bruch hatte den Kopf gedreht, sah dem Tier nach. Er hatte es also auch gesehen, und das hatte ihn immerhin veranlasst, sich zu bewegen. Und schon fuhren sie ins nächste Waldstück, erreichten das Ende des Staus, wo zwei uniformierte Polizisten standen und sie anhielten.

Trotz des Blaulichts und der quäkenden Sirene wurden sie gestoppt, mussten ihre Ausweise vorzeigen. Dann wurden sie an der Reihe der Autos vorbeigeleitet, die am Straßenrand warten mussten.

«Brems!», sagte Bruch noch einmal, doch diesmal hatte sie selbst gesehen, dass einer der Fahrer die Geduld verloren hatte und ausscherte, um zu wenden, just in dem Moment, als sie kamen, und ganz sicher, ohne in den Rückspiegel zu sehen. Absichtlich passierte sie ihn so knapp, dass es ihm eine Lehre sein würde, dies noch mal zu tun. Wieder hielt sie ein Uniformierter auf, kontrollierte noch einmal ihre Ausweise, winkte sie durch. Die Kolonne an Fahrzeugen, die sie jetzt überholten, schien endlos. Doch trotzdem waren es nur noch wenige Sekunden, da tauchten sie in eine Blase aus blinkenden Lichtern, verursacht von Rettungswagen, Polizeifahrzeugen, Scheinwerfern. Ein Polizist wies ein paar Leute an, eine Gasse für ihren BMW zu bilden. Auch er wollte noch einmal ihre Ausweise sehen.

«Stellen Sie das Auto am besten da drüben ab.» Er zeigte nach links, hob dann das Flatterband an, damit der Wagen passieren konnte.

Schauer folgte seiner Anweisung, stellte den Motor aus. Eine Sekunde hielt sie inne. Ich kann das nicht, wollte sie sagen. Ich kann nicht. Doch Bruch hatte die Tür schon geöffnet, stieg aus.

«Komm», sagte er, und das verblüffte sie. Er musste es gespürt haben, denn sonst sagte er nie so etwas. Sie atmete durch, stieg ebenfalls aus. Also gut, sagte sie sich, es ist dein Job, selbst ausgesucht. Selbst gewähltes Leid. Jetzt warf sie die Tür zu, schob die Hände in die Jackentaschen. Bruch war schon losgelaufen, langsam. Sie holte ihn ein, bestimmte das Tempo, lief einen halben Schritt vor ihm. Sie liefen dem Zentrum des Geschehens entgegen. Drei Rettungswagen standen hier, vier Streifenwagen, ein Transporter. Zehn, zwanzig Leute. Die meisten standen nur, gaben den Weg frei. Gesichter drehten sich ihnen zu. Jetzt wurden sie nicht mehr nach Ausweisen gefragt. Stattdessen sah man sie an, als erhoffte man sich von ihnen die Rettung, die Lösung, Anweisungen, Befehle. Jetzt waren sie die Instanz. Ein Mann in Zivil drehte sich nach ihnen um, ließ sogleich von seinem Gesprächspartner ab, kam auf sie zu. Schauer hämmerte das Herz in der Brust. Ihre Narben begannen zu schmerzen. Ihre schlimmsten Befürchtungen wurden wahr. Dahinten, etwa dreißig Meter weiter, hinter einer weiteren Flatterbandsperre, um die herum mehr Leute standen, Uniformierte hauptsächlich, sah sie die beiden Toten auf der Straße...
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