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Die Witwen von Weimar

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Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am14.08.20242024
Weimar 1804: Der Tischlergeselle Wilhelm entdeckt einen geheimnisvollen Brief. Darin wird behauptet, zwei reiche Witwen seien kurz nach ihrer erneuten Vermählung ermordet worden. Wilhelm ist neugierig, er geht dem Verdacht nach. Als er erkennt, dass ihm der Standesdünkel Grenzen setzt, kommt er auf die waghalsige Idee, Louise von Göchhausen, die erste Hofdame der Fürstin Anna Amalia, als detektivische Partnerin zu gewinnen. Wird sie ihm helfen? Zugleich versucht Wilhelm, sich von seinem Elternhaus zu lösen. Und er lernt Annette kennen.

Bernd Köstering brauchte 50 Jahre, um sich gedanklich auf seinen ersten Roman vorzubereiten. Inzwischen sind neun Kriminalromane sowie zahlreiche Kurzgeschichten und Krimirätsel entstanden. Seinen Geburtsort Weimar behält er dabei immer im Blick - das ist sein Markenzeichen. Von der Jetztzeit mit Rückgriff auf Goethes Wirken ist er mit 'Die Witwen von Weimar' zum historischen Roman gewechselt. Ansonsten verbringt er seine Zeit mit einer Ehefrau, zwei Töchtern, drei Gitarren und vier Enkelkindern.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR17,00
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Produkt

KlappentextWeimar 1804: Der Tischlergeselle Wilhelm entdeckt einen geheimnisvollen Brief. Darin wird behauptet, zwei reiche Witwen seien kurz nach ihrer erneuten Vermählung ermordet worden. Wilhelm ist neugierig, er geht dem Verdacht nach. Als er erkennt, dass ihm der Standesdünkel Grenzen setzt, kommt er auf die waghalsige Idee, Louise von Göchhausen, die erste Hofdame der Fürstin Anna Amalia, als detektivische Partnerin zu gewinnen. Wird sie ihm helfen? Zugleich versucht Wilhelm, sich von seinem Elternhaus zu lösen. Und er lernt Annette kennen.

Bernd Köstering brauchte 50 Jahre, um sich gedanklich auf seinen ersten Roman vorzubereiten. Inzwischen sind neun Kriminalromane sowie zahlreiche Kurzgeschichten und Krimirätsel entstanden. Seinen Geburtsort Weimar behält er dabei immer im Blick - das ist sein Markenzeichen. Von der Jetztzeit mit Rückgriff auf Goethes Wirken ist er mit 'Die Witwen von Weimar' zum historischen Roman gewechselt. Ansonsten verbringt er seine Zeit mit einer Ehefrau, zwei Töchtern, drei Gitarren und vier Enkelkindern.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783734930706
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum14.08.2024
Auflage2024
Reihen-Nr.1
SpracheDeutsch
Dateigrösse2208 Kbytes
Artikel-Nr.14440833
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1. Von Ratten und Kuhpocken

Freitag, 28. September 1804

Wilhelm Gansser ahnte, dass der Damensekretär, den er am Vortag im Schloss Tieffurth instandgesetzt hatte, ein Geheimnis barg. Die äußeren Maße des Möbelstücks stimmten nicht mit den Abmessungen der beiden Schubladen überein, das hatte er mit dem geübten Blick des Möbeltischlers sofort erkannt. Da musste ein zusätzlicher Stauraum sein, eine Art Geheimfach. Aber wie konnte Wilhelm das finden? Natürlich durfte er sich nicht erwischen lassen, das würde ihn seine Stellung kosten. Von den Holzhandwerkern, die für das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach arbeiteten, verlangte man absolute Loyalität und Verschwiegenheit. Ein Wort von Herzog Carl August hätte genügt, die Tischlerei Frühauf aus dem Geschehen am Hofe zu verbannen.

Wilhelm war mit dem Pferdegespann unterwegs zur Walkmühle in Oberweimar, um Buchenholzbretter abzuholen. Er hielt die Zügel in der Hand und lenkte das Gespann über die Landstraße entlang der Ilm. Er trug die übliche Kleidung eines Tischlergesellen: schwarze Hose mit doppelter Knopfreihe und ausgestelltem Bein. Letzteres sollte verhindern, dass Sägespäne in die Schuhe gelangten. Dazu die typische schwarze Handwerkerweste, die er während seiner Zeit auf der Walz mit Perlmuttknöpfen hatte schmücken lassen, sowie einen Werkzeuggürtel. Ein Filzhut bändigte seine braunen Locken. Neben ihm auf dem Kutschbock saß sein Gehilfe Anton, ein junger Bursche, der Wilhelm oft bewunderte, besonders seiner Kleidung wegen. Anton selbst trug eine einfache Arbeitskluft, die mit der zünftigen Gesellentracht nicht vergleichbar war und auch nicht vergleichbar sein durfte.

Die Straße von Weimar in Richtung Süden war holprig und nicht komplett mit Steinen befestigt. Zum Glück herrschte trockenes Herbstwetter an diesem Freitag, sodass Wilhelm das Pferdegespann nicht durch Schlamm und Morast steuern musste. Er mochte die grobe Arbeit seines Berufsstandes nicht, auch wenn die Natur ihm die Voraussetzung dafür in Form eines großen, muskulösen Körpers mitgegeben hatte und er sich mit seinen sechsundzwanzig Jahren im besten Mannesalter befand. Das spätere feine Bearbeiten des Holzes, das vorsichtige Hobeln, Schleifen und Beizen, das wundervoll gemaserte Tischplatten und Schranktüren hervorbrachte - das war seine liebste Tätigkeit. Meister Frühauf wusste das und er schätzte es. Aber einmal im Monat, immer am letzten Freitag, musste Wilhelm die schwere Arbeit beim Auf- und Abladen der Bretter auf sich nehmen. Damit er nicht vergaß, welche Mühsal notwendig war, das Holz in die Tischlerei zu schaffen - so meinte der Meister.

Während Wilhelm die beiden Pferde laufen ließ, hing er seinen Gedanken nach. Eines der Beine des Sekretärs war von Ratten angefressen worden, er hatte es ersetzt. An der Nachbildung mit dem eleganten Schwung im unteren Drittel und dem kunstvollen Fuß hatte er drei Tage lang gearbeitet. Dazu war es notwendig gewesen, eine neue Formzeichnung anzufertigen, da der Sekretär eine Spezialanfertigung mit niedriger Sitzhöhe für die klein gewachsene Demoiselle von Göchhausen war. Während seiner Arbeit im Schloss Tieffurth hatte sich keine Gelegenheit geboten, nach dem Geheimfach zu suchen, denn Louise von Göchhausen war immer in seiner Nähe geblieben. Außerdem hatte er sich auf die Befestigung des ausgetauschten Beins mit Holzdübeln und Knochenleim konzentrieren müssen. Der Sekretär schien der Demoiselle wichtig zu sein. Vielleicht musste Wilhelm gerade deswegen noch einmal nachsehen, ob das Bein hielt. War er zu neugierig? Seine Mutter pflegte das jedenfalls zu behaupten - mit einem liebevollen Augenzwinkern.

Er steuerte das Pferdegespann von der Taubacher Landstraße hinunter zur Mühle. Anton legte sich mit seinem ganzen Körpergewicht auf die Druckbremse, um zu verhindern, dass der Wagen schneller wurde als die Pferde. Der Bremsklotz gab ein lautes, unangenehmes Geräusch von sich und schien fast zu glühen, als sie unten ankamen. Anton würde ihn mit dem Wasser der Ilm abkühlen müssen.

Wilhelm sprang vom Kutschbock und legte Hemmschuhe vor und hinter die Räder. Der Wagen durfte sich während des Ladens nicht bewegen. Meister Vent, der Mühlenbetreiber, kam auf ihn zu. Er zeigte auf einen mächtigen Bretterstapel, wohl an die drei Waldklafter groß. Wilhelm rückte seinen Filzhut zurecht. Es konnte losgehen.

*

Auf den ersten Blick konnte man Louise von Göchhausen für ein Kind halten. Beim näheren Hinschauen erkannte man eine kleinwüchsige Dame gehobenen Alters. Eine ihrer Schultern war von Geburt an verformt, wodurch sie über die Jahre ein schiefes Gangbild entwickelt hatte. Mit diesem äußeren Makel behaftet war sie jeglicher Chance beraubt, einen standesgemäßen Ehemann zu finden. Doch Fürstin Anna Amalia, die Mutter des regierenden Herzogs, schätzte sie wegen ihrer geistreichen, humorvollen Art, sodass sie zu ihrer ersten Hofdame aufgestiegen war. Louises vornehmliche Aufgabe bestand darin, die Herzoginmutter und deren Gäste zu unterhalten, und mit ihren zweiundfünfzig Jahren hatte sie genügend Übung in dieser Profession.

Das Tieffurther Schloss vor den Toren von Weimar diente als Sommersitz der Fürstin Anna Amalia, und auch Louise von Göchhausen hielt sich bis in den Oktober hinein hier auf. Sie saß an ihrem Damensekretär und betrachtete einen Brief. Schon zehn Mal hatte sie ihn gelesen. Wer mochte Dietrich Gottlieb Taupe sein, der ihr dieses ungeheuerliche Schreiben geschickt hatte? Und wer waren die beiden Witwen, von denen darin die Rede war?

Es klopfte an der Tür. »Herein!«

Ihre Kammerzofe trat ein. »Gnädigste, der Kutscher lässt ausrichten, es sei angespannt!«

Alle Bediensteten, Bekannten und Freunde hatten sich daran gewöhnt, Louise nicht mit »Gnädiges Fräulein« anzureden, wie es sich geziemt hätte. Sie konnte das nicht leiden.

»Danke, Rosine! Du kannst dich zurückziehen.«

Die Zofe verbeugte sich und entschwand.

Louise verstaute den Brief sorgfältig im Sekretär, legte ihr Fichu um die Schultern, steckte ein blütenweißes Taschentuch in ihren Pompadour und verließ ihr Privatgemach im Anbau des Tieffurther Schlosses.

Langsam, aber stolz schritt sie den Gang zum Hauptbau entlang. Seit ihrer Jugend hatte sie sich angewöhnt, gemächlichen Schrittes zu gehen. Beim ungezügelten Laufen oder gar Rennen geriet sie ins Wanken. Sie wollte nur noch durchs Leben schreiten.

Louise warf einen Blick über den rechter Hand in den Park ragenden Altan. Das Herbstwetter an diesem letzten Freitag im September schien mild und sonnig zu bleiben, und sie freute sich auf die Fahrt mit dem halboffenen Landauer nach Weimar. Louise würde die Herzoginmutter und einige andere kunstinteressierte Menschen zur Teegesellschaft im Witthumspalais treffen.

Während der Kutschfahrt überlegte Louise fieberhaft, wen sie nach Dietrich Taupe fragen konnte. Herder war leider im vergangenen Jahr verstorben, er hätte ihr zumindest eine der priesterlichen Verschwiegenheit unterlegene Andeutung machen können. Schiller? Nein, der kannte nicht viele Menschen, er vertiefte sich in seine Bühnenstücke, war kränklich und bekam wenig Besuch. Wieland war nach dem Tod seiner Frau gerade erst wieder von seinem Landgut in Oßmannstedt nach Weimar zurückgekehrt, ihn musste sie verschonen. Goethe? Ja, er, der allgegenwärtige Geheimrath, der konnte etwas wissen. Und er war es gewohnt, die standesübliche Zurückhaltung weitgehend fallen zu lassen. Aber würde er heute anwesend sein? Charlotte von Stein? Nein, sie würde solch unbedeutendem Gerede überhaupt keine Beachtung schenken. Was der Geheimrath an ihr fand, war Louise schleierhaft. Nun ja - alles eine Frage des Geschmacks.

Der Kutscher setzte sie vor dem Weimarer Hoftheater ab, da er wegen eines Erntezugs nicht direkt vor dem Witthumspalais halten konnte. Die Bauern transportierten Getreide, Futtermais und Rüben vom Erndtethor kommend in Richtung Jacobsvorstadt. Männer schrien, Ochsen brüllten, Wagenräder rumpelten über das Pflaster, der Geruch von Dung und Rauch hing in der Luft. Auf dem Weg zum Palais konnte Louise einem Bauern mit einem Leiterwagen gerade noch rechtzeitig ausweichen.

»Nu geh doch ma weg, du aale Heppe!«

Da ihr der bäuerliche Sprachduktus nicht geläufig war, wusste sie mit dem Ausdruck »aale Heppe« nichts anzufangen, konnte sich aber denken, dass es eine Beleidigung war. Sie würde später ihre Zofe fragen, die kannte sich mit solchen Schmähungen aus.

Schon im Vestibül traf sie auf den Geheimrath von Goethe.

»Luischen, wie schön, dich wiederzusehen!«

Ohne dass sie es jemals erlaubt hatte, duzte er sie - eigentlich ein Affront. Dennoch streckte sie ihre Hand aus, und Goethe beugte sich zu einem formvollendeten Handkuss hernieder. Dann sah er sie mit seinen großen dunkelbraunen Augen an.

»Du bist mir doch nicht gram, oder?«

Sie lächelte. »Nein, mein bestes Geheimräthchen. Sie sind unkonventionell wie immer!«

»Nun ja, Gnädigste, Konventionen sind dazu da, gebrochen zu werden.«

Sie schüttelte den Kopf. »So wie das Blümlein im Walde?«

»Oh nein, das bleibt einer anderen Dame vorbehalten!«

»Jaja, ich weiß, der Dame Vulpius. Immer noch nicht verheiratet?«

»Luischen, du weißt doch, dass mir an einem Trauschein nicht gelegen ist. Da müsste schon die Welt untergehen, bevor ich heirate!«

»Nun, mein lieber Goethe, da sollten wir aufpassen, dass der Weltuntergang nicht aus Frankreich heranzieht.«

»Du meinst den selbsternannten Kaiser?«

»Exactement, diesen...

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Bernd Köstering brauchte 50 Jahre, um sich gedanklich auf seinen ersten Roman vorzubereiten. Inzwischen sind neun Kriminalromane sowie zahlreiche Kurzgeschichten und Krimirätsel entstanden. Seinen Geburtsort Weimar behält er dabei immer im Blick - das ist sein Markenzeichen. Von der Jetztzeit mit Rückgriff auf Goethes Wirken ist er mit "Die Witwen von Weimar" zum historischen Roman gewechselt. Ansonsten verbringt er seine Zeit mit einer Ehefrau, zwei Töchtern, drei Gitarren und vier Enkelkindern.