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Fair Play

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am01.06.2024
Ausgezeichnet mit dem Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Oldenburg 2021 Opfer. Will man nicht bringen, will man nicht sein. Trotzdem haben wir nach den Sommerferien beschlossen, etwas zu opfern: unsere Freiheit. Zumindest fu?r drei Monate. Wir kriegen etwas Besseres fu?r das, was wir aufgeben, dachten wir. Da war das große Ziel, klar, das offizielle: die Welt retten, wenigstens ein bisschen. Vielleicht wäre das Experiment nicht außer Kontrolle geraten, wenn es dabei geblieben wäre. Aber jeder von uns hatte auch einen persönlichen Grund mitzumachen ... oder zu rebellieren: Status, Geld, Rache, Liebe. Und so verloren wir mehr, als wir einsetzen wollten. Einen von uns. Ein Wettbewerb. Eine Schule. Und eine gewagte Idee: Was, wenn jeder deine Umweltsünden auf deinen Social-Media-Accounts sehen könnte? Würdest du dich zusammenreißen? Nur noch so viel verbrauchen an Energie, Essen, einfach allem, damit das Icon deiner App grün bleibt statt rot? Würdest du fair spielen? Oder ... ODER??? Ein fesselnder Roman über ein Experiment, das außer Kontrolle gerät.

Kerstin Gulden hat in Tübingen, München und London Literatur, Philosophie und Kommunikation studiert. Seitdem hat sie in London, München und Brüssel gearbeitet, unter anderem als Pressesprecherin und in der Kulturförderung. Mehrere Jahre war sie in der Jury des Literaturpreises der deutschen Wirtschaft. Ihr Jugendbuchdebüt «Fair Play» wurde mit dem Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Oldenburg ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR9,00
BuchGebunden
EUR18,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAusgezeichnet mit dem Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Oldenburg 2021 Opfer. Will man nicht bringen, will man nicht sein. Trotzdem haben wir nach den Sommerferien beschlossen, etwas zu opfern: unsere Freiheit. Zumindest fu?r drei Monate. Wir kriegen etwas Besseres fu?r das, was wir aufgeben, dachten wir. Da war das große Ziel, klar, das offizielle: die Welt retten, wenigstens ein bisschen. Vielleicht wäre das Experiment nicht außer Kontrolle geraten, wenn es dabei geblieben wäre. Aber jeder von uns hatte auch einen persönlichen Grund mitzumachen ... oder zu rebellieren: Status, Geld, Rache, Liebe. Und so verloren wir mehr, als wir einsetzen wollten. Einen von uns. Ein Wettbewerb. Eine Schule. Und eine gewagte Idee: Was, wenn jeder deine Umweltsünden auf deinen Social-Media-Accounts sehen könnte? Würdest du dich zusammenreißen? Nur noch so viel verbrauchen an Energie, Essen, einfach allem, damit das Icon deiner App grün bleibt statt rot? Würdest du fair spielen? Oder ... ODER??? Ein fesselnder Roman über ein Experiment, das außer Kontrolle gerät.

Kerstin Gulden hat in Tübingen, München und London Literatur, Philosophie und Kommunikation studiert. Seitdem hat sie in London, München und Brüssel gearbeitet, unter anderem als Pressesprecherin und in der Kulturförderung. Mehrere Jahre war sie in der Jury des Literaturpreises der deutschen Wirtschaft. Ihr Jugendbuchdebüt «Fair Play» wurde mit dem Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Oldenburg ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783733607081
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum01.06.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse6884 Kbytes
Artikel-Nr.15022628
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

KERA

Was ich am wenigsten an der Schule mag, sind die Pausen. Längst hat es zur nächsten Stunde geklingelt, aber unsere Klassenlehrerin Frau Wenger ist wie üblich ein paar Minuten zu spät. Meine Mitschüler nutzen die Zeit, um sich von den Sommerferien zu erzählen. Neben meiner besten Freundin Cemine steht einer ihrer Verehrer und preist Fotos seiner Bali-Reise an.

«Das Himmelstor von Pura Lempuyang, dem ältesten buddhistischen Tempel der Insel.» Er zeigt Cemine ein Bild, auf dem er in einem nach oben offenen Torbogen steht, hinter dem sich spektakuläre Wolkenberge formen. Das Gemäuer und er spiegeln sich in etwas, das wie Wasser aussieht. «Dieser See davor! Unglaublich!»

Cemines Hände sind in ihren Ärmeln verschwunden. Sie ist angespannt, aber zu höflich, um den Typ vor den Kopf zu stoßen. Ich nicht:

«Pura Lempuyang ist ein Hindu-Tempel, kein buddhistischer. Und das ist kein See, sondern ein Spiegel, den der Fotograf unter deine Handykamera gehalten hat. Wahrscheinlich hat der das an Touristen vertickt.»

Mr. Lempuyang starrt auf sein Bild, als könne das nicht lügen, obwohl er es besser weiß. Ich sehe auch aufs Handy, aber auf die Uhr. Ungeduldig. Nicht nur, weil Politikwissenschaft mein Lieblingsfach ist. Heute geht es um eine Initiative, die der Bildungssenator Christoph Eichner höchstpersönlich ins Leben gerufen hat. Mehr hat Frau Wenger nicht verraten, und ich will wissen, was Eichner vorhat. Ich sehe es vor mir, sein gewinnendes Lächeln mit den großen Zähnen, das dir vorgaukelt, du seist ernst zu nehmen, vielleicht sogar von Bedeutung. Und plötzlich schlägt er dir die glattgeschmirgelten Veneers ins Fleisch, und du merkst, dass sie gar nicht für Freundlichkeiten gemacht waren, sondern zum Beißen und Reißen. Aber dann ist es zu spät. Mancher wird dabei verletzt, mancher schwer. Wie immer, wenn ich daran denke, wird mir übel.

Endlich taucht Frau Wenger auf, und alle gehen auf ihre Plätze.

«Wie angekündigt: Brainstorming!», ruft sie freudestrahlend. «Hier die Eckdaten. Förderwettbewerb des Berliner Senats für die gymnasiale Oberstufe. Thema: Dürresommer und Mikroplastik - sind wir noch zu retten?! Alles geht: Forschungsprojekte, Experimente, Aktionen, Kampagnen, solange sie über drei Monate laufen und einen Beitrag zur Lösung der Umweltkrise leisten.»

Nicht das Thema! Eichner nutzt es immer noch für sich, wieder und wieder. Frau Wenger sieht mich an, um mir zu zeigen, dass sie auf meine Mitarbeit zählt. Das macht sie oft, aber ich habe nichts zu geben dieses Mal. Ich wünschte, ich könnte ihr irgendwie mitteilen, dass sie mich in Ruhe lassen soll, wobei das Frau Wenger wahrscheinlich nur angestachelt hätte. Ihr Motto ist «Magic happens outside of your comfort zone». Jedenfalls verkündet das der Aufkleber auf ihrem Auto. Ich bin froh, als Frau Wenger den Kopf von mir wegdreht, hin zu ihrem Computer.

«Doch zuerst das», sagt sie noch freudestrahlender als zuvor und drückt die Return-Taste. «Zur Einstimmung.»

Unser Klassenzimmer füllt sich mit Leben. Nein, mit Tod. Mit Szenen vom Tod, die an die Wand geworfen werden. Der Ton passt zum Bild. Frau Wenger hat keine Musik dahinter gelegt, obwohl es das Ganze noch dramatischer gemacht hätte. Aber so wirkt der Film echter, bedrohlicher, als könne er jeden Moment in unsere Richtung wabern und uns in seine grausame Welt ziehen. In schneller Abfolge sehen wir Bilder, bei denen man normalerweise sofort weiterschaltet, weil man ja weiß, was so abgeht in der Welt, es aber nicht sehen kann und will. Doch hier hat keiner Zugriff auf die Fernbedienung. Keiner außer Frau Wenger. Und die will es anders. Also quälen wir uns durch Plastikstrände und Plastikmeere, durch Abfall in den Mägen gestrandeter Wale, durch Orang-Utan-Waisen, die sich an einsamen Bäumen festklammern, durch Dürrewüsten und Hurrikanzerstörung und Posttsunamileid, durch kranke Kinder aus der Krebsstraße neben der Sondermüllkippe, durch verhungernde Eisbären in schneeloser Landschaft. Der Film endet mit Flammen. Ein brennender Wald am Rande einer Küste. Langsam zoomt die Kamera auf ein Stück Land, das noch nicht Feuer gefangen hat. Braune Punkte schnellen durch den Rauch. Sie folgen einander. Hirsche. Die nahende Flammenhölle macht sie irre. Panisch rennen sie ein immer kleiner werdendes Dreieck zwischen dem Abgrund und den beiden Feuerwänden ab, die auf sie zukommen. Einmal, zweimal, dreimal hetzen sie zum Kliff, nur um dort umzudrehen. Dann beginnt das Flipperspiel auf Leben und Tod - eigentlich nur auf Tod - von neuem. Schließlich siegt das Wasser über das Feuer. Ein Tier nach dem anderen springt über die Steilküste. Das Kalb ist so leicht, dass es einen Augenblick in der Luft stillsteht, bevor es den Älteren nachstürzt.

Etwas in meinem Bauch macht das Gleiche wie der kleine Hirsch, schwebt flau in der Mitte, bevor es gegen meine Magenwand kracht. Mir wird noch schlechter. Und das, obwohl ich das meiste Footage so oder so ähnlich schon gesehen habe. Vor zwei Jahren hatte ich eine grüne Phase. Eine Zeitlang bin ich auf Demos gegangen. Aber dann habe ich es gelassen. Es ist einfach nichts passiert. Viele Politiker diskutieren mit uns, vor allem er. Wie inspirierend wir sind, sagen sie. Unsere Fotos und Zitate sind in der Presse, so wie alles heute nur noch Show ist und Filter und Gesichter und Slogans. Und der Wald, der brennt einfach weiter. Irgendwann wollte ich da raus. Trotzdem: Bambi eben ... das hat mich gepackt. Zurückgeholt. Das Hirschkalb sah so ruhig aus, selbst ohne Boden unter den Beinen als könne nichts schiefgehen, wenn es den Erwachsenen nur alles nachmacht.

Ich sehe in die Runde, will wissen, wie die anderen den Film fanden. Zuerst geht mein Blick zu Max, weil immer alles zu ihm will in letzter Zeit, auch wenn mir das nicht passt. Seine Reaktionen spiegeln sich meistens eins zu eins auf seinem Gesicht wider, aber er hat den Kopf weggedreht und sieht aus dem Fenster. Max trägt das ziegelrote Leinen-T-Shirt, das ich mag, weil sich seine schlanken Muskeln darunter abzeichnen, ohne dass der Stoff an der Haut klebt. So ist das immer bei Max: Alles gibt nach, während er durchs Leben schlendert, schmiegt sich an ihn, ohne dass er sich anstrengen muss oder es auch nur merkt.

«Ihr seid dran!» Frau Wengers Aufforderung ist so laut, dass ich erschrecke. Max nicht, er starrt weiter nach draußen. «Vorschläge?», fragt Frau Wenger. Jeder Lehrer will, dass die Schüler mitmachen. Frau Wenger, seit den Sommerferien Co-Rektorin, toppt sie alle. «Go!»

Aber wir wollen nicht Go!-en. Nichts kommt zurück. Jemand gähnt. Mir ist es unangenehm, dass ich meine Lehrerin enttäuschen muss, aber wenn ich eine zündende Idee zu dem Thema in mir hätte, wäre die mir schon damals gekommen. Da habe ich mich mit nichts anderem beschäftigt. Frau Wenger sieht trotzdem gerade wieder zu mir, als ein dumpfes Geräusch ihre Aufmerksamkeit in eine andere Richtung lenkt. Eine Flasche ist umgefallen. Nagellack. Er gehört Elodie, Queen of Schokoladenseitenselfies.

Elodie ist seit vorletztem Jahr in meiner Klasse und eine Art Promi. Ich habe keine Ahnung, ab wie vielen Abonnenten man sich Influencer nennen darf, aber sie bekommt Werbeverträge. Elodie stellt die Flasche wieder hin. In der Pause hat sie ihre Nägel lackiert und mit Steinchen verziert. Sie ist eine dieser Hypergepflegten, die sich nie ungefärbt oder unmanikürt blickenlassen würden. Manchmal frage ich mich, ob sie so etwas wie Haarwurzeln und Nagelhaut besitzt, ob überhaupt was aus ihr herauswachsen darf, das nicht schon getrimmt und aufgerüscht ist. Vielleicht ist einfach alles von außen auf Elodie draufgepappt - Haut, Haare, Zähne, Nägel, auf die dann in zweiter Reihe noch die Glitzersteinchen -, und sie kann das Zeug jeden Moment von sich werfen.

Ich verstehe das nicht, dieses Gesehen-werden-Wollen. Wenn ich könnte, würde ich hinter meinen Worten, Taten, Ideen verschwinden. Das Auffälligste an mir waren immer meine aschblonden Haare, taillenlang. Seit den Sommerferien sind sie raspelkurz, und je nachdem, wie ich drauf bin, bereue ich das oder auch nicht. Wie die meisten in der Klasse bin ich siebzehn, ich bin eins achtundsechzig, braunäugig, damit absoluter Durchschnitt, und mag das, weil ich mir so weniger allein vorkomme. Ich wette, gerade würde auch Elodie lieber in der Masse untergehen, denn Frau Wenger sagt erwartungsvoll:

«Ja? Elodie?»

Elodie sieht Frau Wenger nur mit großen Augen an. Sie macht bei jeder Gelegenheit klar, dass sie die Schule absitzt und längst auf ihr Millionen-Imperium hinarbeitet. Mit Millionen meine ich Euro und Abonnenten. Ist austauschbar in ihrem Job.

«Haben Sie eine Idee? Für den Wettbewerb?» Frau Wenger gibt nicht auf.

«Nein. Ich verstehe auch nicht, was das soll. Es ist die Aufgabe der Politiker, das Klimaproblem zu lösen. Und jetzt spielen die uns den Ball zu?»

«Es spricht doch nichts dagegen, die Regierung bei ihren Bemühungen zu unterstützen. Was würden Sie denn tun, wenn Sie bei sich selbst ansetzen müssten?»

«Na ja, wir könnten uns alle einschränken. Weniger kaufen, weniger verbrauchen.»

«Das sagst ausgerechnet du, Elodie? Du lebst doch davon, dass du ständig irgendwas Neues anschaffst und deine Abonnenten dazu bringst, das auch zu tun.» Karl war das. Er sitzt neben Max. Und der einzige Grund, warum er das gerade anzettelt, ist, dass Elodie ihn dann beachten muss.

«Ich kann ja schlecht Fotos von nicht gemachten Reisen posten und von Klamotten, die gar nicht da sind», antwortet sie.

«Also ich würde dich gerne in Klamotten...
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Autor

Kerstin Gulden hat in Tübingen, München und London Literatur, Philosophie und Kommunikation studiert und in London, München und Brüssel gearbeitet, unter anderem als Pressesprecherin. «Fair Play» ist ihr erstes Jugendbuch, für das sie das Arbeitsstipendium des Förderkreises deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg erhielt.
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Gulden, Kerstin