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Amnesty - Ruf nach Gerechtigkeit

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Cross Culterschienen am05.08.2024
Amnesty bildet den Abschluss der für den Nebula und den LAMBDA Award nominierten Glam-Spionagethriller-Trilogie. In Amberlough City kehrt aus der Asche der Revolution ein Verräter zurück, eine politische Schlacht spitzt sich zu, und das Volk fordert Gerechtigkeit für vergangene Verbrechen. Wer kann der Vergeltung entgehen, während eine Nation um den Wiederaufbau kämpft?mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextAmnesty bildet den Abschluss der für den Nebula und den LAMBDA Award nominierten Glam-Spionagethriller-Trilogie. In Amberlough City kehrt aus der Asche der Revolution ein Verräter zurück, eine politische Schlacht spitzt sich zu, und das Volk fordert Gerechtigkeit für vergangene Verbrechen. Wer kann der Vergeltung entgehen, während eine Nation um den Wiederaufbau kämpft?
Details
Weitere ISBN/GTIN9783986663643
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum05.08.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse4367 Kbytes
Artikel-Nr.15210858
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

KAPITEL
1

Bei all dem Lärm von Radio, Fernschreiber und klappernden Schreibmaschinen hörte Aristide das Läuten seines Telefons nicht. Aber selbst wenn er es gehört hätte, hätte er nicht abgenommen. Dafür gab es Sekretäre. Da er nicht durch das Läuten vorgewarnt worden war, überraschte Daoud ihn, als er gerade tief über das Kassenbuch gebeugt dasaß und ihm beinahe die Brille von der Nase rutschte.

»Ari«, sagte Daoud, und als Aristide ihn schließlich hörte, klang es wie die dritte oder vierte Wiederholung.

»Tut mir leid«, meinte er, blinzelte und schaute ihn durch die obere Hälfte seiner Zweistärkenbrille an. »Was gibt es?«

»Telefon.«

Aristide nahm die neue Brille ab und presste die Hände gegen die schmerzenden Augen. Verdammtes neues Rezept. Verdammter alter Körper. »Sag denen, dass sie morgen wieder anrufen sollen. Ich brauche einen Drink.«

Daoud verzog den Mund und damit auch den Bart. »Es ist Seine Hoheit. Prinz Asiyah.«

Schlagartig horchte Aristide auf und spannte sich an wie eine Klaviersaite. Übertrieben sorgsam legte er seinen Stift zur Seite. »In Ordnung. Stell ihn durch.«

Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelte es sich um die Warnung, die Aristide seit dem vorigen Sommer erwartete, als er und Merrilee Cross ihre erste Ladung Teer zum frisch befriedeten Hafen von Amberlough verschickt hatten. Asiyah gehörte keinesfalls zur Drogenpolizei oder Hafenbehörde, war auch kein Verbündeter von Cross-Costa Importe oder einem der zahlreichen Tochterunternehmen. Dennoch hatte er in der Vergangenheit einem alten Freund Hinweise gegeben - vielleicht aus Mitleid oder Schuldgefühlen, da die Informationen, die Aristide ihm ursprünglich entlockt hatte, weder Profit noch zufriedenstellende Ergebnisse gebracht hatten. Cyril DePaul war nicht aus dem lisoanischen Dschungel aufgetaucht.

Oder vielleicht ging es gar nicht um den Teer, sondern um den Befehl, keine porachinischen Hilfslieferungen mehr abzuzweigen. Aristide hatte sein Bestes getan, um das vor der Königsfamilie oder dem Geheimdienst zu verbergen.

Es hatte klein angefangen. In seinem ursprünglichen Vorhaben gescheitert und durch die Kämpfe in den Süden gedrängt, war Aristide, nachdem der Krieg richtig ausgebrochen war, gemeinsam mit Daoud in den Süden gereist und hatte sich in Rarom niedergelassen, in der Nähe des Flugplatzes. Dort gab es eine schäbige kleine Bar, in der die Piloten gern einen hoben, und schon bald stand Aristide in einer guten Beziehungen zu Wedi, die ihm den einen oder anderen Karton zuschob, wenn sie davon ausging, dass diese niemandem fehlen würden.

Als er sich allmählich in Merrilees Markt drängte, kam diese aus Ul-Mejj herunter. Zum damaligen Zeitpunkt hatte sich ihre Stadt sowieso an der Front befunden, darum hatten sie ihr Unternehmen in seinem Garten gegründet. Hier hatte es weniger Blindgänger gegeben.

Sie hatten Erfolge und vertrieben Reis und Tabak an die Höchstbietenden. Polizei und königliche Agenten drückten meist beide Augen zu, solange man sie schmierte. Aber ein Prinz wäre etwas anderes, vor allem nun, da der Krieg beendet war und die königliche Familie das Gesicht wahren und ihre Gesetze dem Land aufzwingen musste, das sie der republikanischen Kontrolle entrissen hatte. Dort wurde die porachinische Hilfe dringend benötigt.

Aristide war darauf eingestellt, einen freundlichen Hinweis zu erhalten - oder eine königliche Vorladung. Darauf, was auf Asiyahs Höflichkeitsfloskeln folgte, war er allerdings nicht vorbereitet.

»Ich habe Neuigkeiten über einen gemeinsamen Freund«, sagte der Prinz.

In Gedanken ging Aristide ihre gemeinsamen Bekannten wie eine Hand voll Visitenkarten durch. Pulan? Lillian? Zu den beiden hatte er postalisch Kontakt gehalten, wenn auch nur sporadisch, manchmal auch per Funkanruf, falls ein besonderer Anlass es erforderte, doch diese waren teuer und wahnsinnig aufwendig zu organisieren. In der Regel waren es Briefe, von Zeit zu Zeit ein Telegramm. Tatsächlich hatte Lillian ihm erst in der Vorwoche eines geschickt und ihn zu einer Veranstaltung eingeladen, aber er hatte geradeheraus abgelehnt. Er würde an keinem Denkmal ein Band durchschneiden, nur damit sie sich mit Geddas Kandidatinnen für das Ministeramt gut stellen konnte. Zumindest nicht bei diesem Denkmal.

»Entschuldige bitte«, sagte er, als ihm klar wurde, dass Asiyahs Schweigen sich in Erwartung gewandelt hatte. »Um wen geht es?«

»Das kann ich über diese Leitung nicht sagen.«

Also ging es um geheime Aktivitäten. Verschwörungen. Spionage. Inzwischen hatte Aristide mit Füchsen weniger zu tun als mit Verbrechern. Pulan hätte Asiyah am Telefon erwähnen können. Wenn sie es nicht war, dann ...

Als wäre die letzte Zuhaltung eines störrischen Schlosses eingerastet, kam ihm die Erleuchtung wie mit einem metallischen Klicken. Fünf Jahre waren vergangen, aber vielleicht hatte der Dschungel seinen kostbaren Schatz doch endlich freigegeben.

»Wo?« Aristide umklammerte den Hörer, sodass das Harz an den Nähten knackte.

»Heute Abend geht ein Flug nach Dadang«, sagte Asiyah und Aristide wurde klar, dass er auf eine andere, simplere Bedeutung des Wortes geantwortet hatte.

»Nein«, widersprach er. »Wo hast du ihn gefunden ...?« Er ermahnte sich nicht bewusst, diesen Namen nicht auszusprechen. Er konnte es einfach nicht.

»Pack einen Koffer und komm bis spätestens neun Uhr an den Flugplatz«, meinte Asiyah.

Aristide machte kaum etwas Angst. Er hatte Kämpfe bestritten und sie beendet. Er war in völliger Dunkelheit ohne jedes elektrische Licht an von Regen und Hagel glitschigen Klippen entlanggelaufen. Er hatte Wölfe und Füchse abgewehrt und Leute, die ihm Gewalt antun wollten. Er hatte gehungert, auf der Straße geschlafen, einem anderen Mann ein Messer in den Bauch gerammt und jemandem eine Kugel in den Kopf gejagt.

Trotzdem hasste er es noch immer zu fliegen.

Als die Mgenu-330 schließlich vom Asphalt abhob - aufgrund des Wetters mit drei Stunden Verspätung -, hatte er sich einen therapeutischen Rausch angetrunken. Der dämpfte seine Angst, als das kleine Flugzeug direkt nach dem Start in Turbulenzen geriet, andererseits verschlimmerte er zugleich seine Übelkeit, als es sich in eine Kurve legte und die Erde aus dem Fenster verschwand.

Der Flug dauerte länger, als Aristide recht war. Am besten wäre er so nüchtern geblieben, dass er einige Arbeiten hätte erledigen können - es gab Briefe zu schreiben, sowohl geschäftliche als auch persönliche. Daoud hatte große Augen gemacht, als er ihm gesagt hatte, dass er in ein paar Tagen zurückkehren würde, und seinen Reiseplänen vehement und wortreich widersprochen, aber eigentlich ging es nur darum, dass er mit einer schlecht gelaunten Cross ungern allein bleiben wollte.

Aristide war allerdings ganz und gar nicht mehr nüchtern und die Mischung aus Angst und Eintönigkeit versetzte ihn in einen Zustand betäubter Grübelei.

In Liso hatte er fünf Jahre verbracht. Als er, vom ersten Monsunregen völlig durchnässt, in Oyoti angekommen war, war er sich seines Erfolges so sicher gewesen. Dumm. Das konnte er nun zugeben. Wenn er sich nicht hätte gehen lassen, wäre es ihm bereits damals bewusst geworden. Aber nicht nur das luxuriöse Leben in Porachis hatte ihm den Scharfsinn genommen. Im Nachhinein betrachtet hatte er seinen Geist nicht mehr geschärft, seit er die Besitzurkunde für die Baldwin Street unterschrieben hatte.

Aristide hatte alles erreicht, was er sich erhofft hatte. Hatte er sich das nicht immer wieder gesagt? Wenn ich erst reich bin, muss ich mir darum keine Gedanken mehr machen. Das hatte er sich zugeflüstert, bis es der Wahrheit entsprach, und dann, wie dumm nur, selbst an diesen Mythos geglaubt. Aristide Makricosta, Schwarzmarktkönig, Herrscher der Halbwelt. Unantastbar, unbezähmbar. Nicht einmal der Meister der Jagdhunde des FOCIS konnte ihn kleinkriegen, als es darauf ankam, sondern legte sich, als er ihn an der Kehle packte, auf den Rücken und streckte ihm den weichen Bauch entgegen.

Hoffentlich hatte Aristide daraus gelernt. Wie gern wollte er glauben, dass er die Arroganz inzwischen überwunden hatte, doch allein der Gedanke löste ähnliche Gefühle aus.

Zwei Jahre hatte er schwitzend im tropischen Regenwald verbracht und Phantome durch den vom Krieg gezeichneten Dschungel gejagt, das hatte ihn gelehrt, selbst dem winzigsten Fünkchen Selbstvertrauen gegenüber misstrauisch zu sein. Jede scheinbar vielversprechende Spur endete höchstwahrscheinlich in einer Enttäuschung. Alles, was sich als sichere Sache verkaufte,...
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