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Die drei Ringe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
C.H. Beckerschienen am11.07.2024
In der Parabel von den drei Ringen streiten die Brüder über das Erbe, das sie von ihrem Vater bekommen haben. Juden, Christen und Muslime waren sich im Mittelalter sehr bewusst, dass ihre Traditionen miteinander verwandt sind. Die Historikerin Dorothea Weltecke zeigt, dass ihre konfliktreiche und dennoch gemeinsame Geschichte in dem großen Raum zwischen Atlantik, Nil und Indus überhaupt erst die exklusiven «Religionen» hervorgebracht hat. Das Grab des Propheten Ezechiel in der Nähe von Bagdad war im Mittelalter Ziel von jüdischen, muslimischen und christlichen Pilgern. An diesem und vielen anderen Beispielen zeigt Dorothea Weltecke anschaulich, wie intensiv sich die Glaubensgemeinschaften austauschten. Gemeinsam bauten sie eine neue kulturelle Landschaft. Dass ihre Traditionen miteinander verwandt waren, wussten Juden, Christen und Muslime im Mittelalter. In der Parabel von den drei Ringen streiten die Brüder jedoch über das Erbe, das sie von ihrem gemeinsamen Vater bekommen haben. Problematisch für das Verhältnis der Glaubensgemeinschaften zueinander wurden im Mittelalter nicht ihre Wahrheitsansprüche, sondern neue rechtliche Unterscheidungen zwischen Gläubigen, nur Geduldeten und Nichtgeduldeten. Die Theorien und die Gewalt, mit denen diese Ungleichheit fortlaufend begründet und aufrechterhalten wurde, militarisierten die Grenzen zwischen den Glaubenstraditionen. Damit legt das Buch eindrucksvoll eine Schicht der Religionsgeschichte frei, die vom Lavastrom der Polemik verschüttet wurde.

Dorothea Weltecke ist Professorin für Europäische Geschichte des Mittelalters an der Humboldt-Universität zu Berlin, zuvor war sie in Frankfurt am Main. In Konstanz war sie zehn Jahre lang Professorin für die Geschichte der Religionen. Mit ihrer "glänzend geschriebenen Studie" (FAZ) zum Atheismus "Der Narr spricht: Es ist kein Gott" (2010) ist sie einer größeren Leserschaft bekannt geworden.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden (Leinen)
EUR38,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR28,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR28,99

Produkt

KlappentextIn der Parabel von den drei Ringen streiten die Brüder über das Erbe, das sie von ihrem Vater bekommen haben. Juden, Christen und Muslime waren sich im Mittelalter sehr bewusst, dass ihre Traditionen miteinander verwandt sind. Die Historikerin Dorothea Weltecke zeigt, dass ihre konfliktreiche und dennoch gemeinsame Geschichte in dem großen Raum zwischen Atlantik, Nil und Indus überhaupt erst die exklusiven «Religionen» hervorgebracht hat. Das Grab des Propheten Ezechiel in der Nähe von Bagdad war im Mittelalter Ziel von jüdischen, muslimischen und christlichen Pilgern. An diesem und vielen anderen Beispielen zeigt Dorothea Weltecke anschaulich, wie intensiv sich die Glaubensgemeinschaften austauschten. Gemeinsam bauten sie eine neue kulturelle Landschaft. Dass ihre Traditionen miteinander verwandt waren, wussten Juden, Christen und Muslime im Mittelalter. In der Parabel von den drei Ringen streiten die Brüder jedoch über das Erbe, das sie von ihrem gemeinsamen Vater bekommen haben. Problematisch für das Verhältnis der Glaubensgemeinschaften zueinander wurden im Mittelalter nicht ihre Wahrheitsansprüche, sondern neue rechtliche Unterscheidungen zwischen Gläubigen, nur Geduldeten und Nichtgeduldeten. Die Theorien und die Gewalt, mit denen diese Ungleichheit fortlaufend begründet und aufrechterhalten wurde, militarisierten die Grenzen zwischen den Glaubenstraditionen. Damit legt das Buch eindrucksvoll eine Schicht der Religionsgeschichte frei, die vom Lavastrom der Polemik verschüttet wurde.

Dorothea Weltecke ist Professorin für Europäische Geschichte des Mittelalters an der Humboldt-Universität zu Berlin, zuvor war sie in Frankfurt am Main. In Konstanz war sie zehn Jahre lang Professorin für die Geschichte der Religionen. Mit ihrer "glänzend geschriebenen Studie" (FAZ) zum Atheismus "Der Narr spricht: Es ist kein Gott" (2010) ist sie einer größeren Leserschaft bekannt geworden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406811937
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum11.07.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse3314 Kbytes
Illustrationenmit 28 Abbildungen und 4 Karten
Artikel-Nr.15538199
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1. Vor der europäischen Hegemonie


In den mittelalterlichen Jahrhunderten waren die europäischen Regionen periphere Provinzen. Sie wurden erst allmählich in eine größere Welt eingebunden. Daran hatten Juden, Christen und Muslime entscheidenden Anteil. Sie verbanden im Lauf der Zeit Zentral- und Westasien, Nord- und Ostafrika, den Mittelmeerraum und die europäischen Lande bis zum Nordmeer und zum Atlantik in einer gemeinsamen Geschichte. Mittelalterliche Berichte aus der Feder von christlichen, jüdischen und muslimischen Pilgern beschreiben die Landschaften, durch die diese Menschen zogen. Ihre Perspektiven dienen in den folgenden fünf Abschnitten dazu, diesen Raum mittelalterlicher Geschichte zu skizzieren und Aspekte der Gemeinsamkeit und der Trennung ihrer Welten abzuwägen.

Den Anfang machen Reisende aus dem größten wirtschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Zentrum des Mittelalters, dem östlichen Asien. Die berühmte Geschichte von Mar Jahbalaha und Rabban Sauma ist die Schilderung einer großen Reise von China bis zum Atlantik.[1] Sie wurde zu Anfang des 14. Jahrhunderts auf Aramäisch (Syrisch) verfasst und erzählt, dass im Jahr 1275 zwei uigurische Mönche, Rabban Markus und Rabban Sauma, einen Weg gen Westen antraten. Sie wollten die Gräber der Heiligen Väter besuchen und, wenn möglich, bis nach Jerusalem pilgern. Sie waren Angehörige der Apostolischen Kirche des Ostens. Diese Kirche wird in der Tradition der innerchristlichen Polemik oft «nestorianisch» genannt, ihre Mitglieder «Nestorianer». Aus geschichtswissenschaftlicher Sicht gibt es keinen vernünftigen Grund, an diesen Begriffen festzuhalten. Besser ist es, wie international üblich, die Selbstbezeichnung der Kirche zu übernehmen.[2] Damit fällt es leichter, sie als eine der römischen Kirche ebenbürtige Formation ernst zu nehmen. Als die Missionskirche Asiens vereinte sie in sich nämlich Mitglieder aus vielen Völkern und Sprachen von der Levante bis nach Indien und China.

Diese große Reise führt uns also in die globalen Konstellationen und zugleich in die lokalen Bedingungen der Welt des ausgehenden 13. Jahrhunderts. Was erlebten die Mönche auf diesem Weg? Was sahen sie unterwegs? Begegneten sie Menschen anderer Kulte? Letzteres ließ sich schlechterdings nicht vermeiden. Rabban Sauma und Rabban Markus begannen ihre Reise in der Region von Peking, damals Chanbaliq, in China. Chanbaliq war eine Millionenstadt, die nur wenige Jahre zuvor von Kublai Chan zur Hauptstadt der neuen mongolischen Juan-Dynastie (1271-1368) erklärt worden war. Im Jahr 1287 reiste Rabban Sauma erneut - diesmal allein - von Asien aus nach Westen und über Rom und die Gascogne bis nach Paris. Danach kehrte er wieder nach Asien zurück.

Der Darstellung der gemeinsamen Reise von Rabban Sauma und Rabban Markus sind ihre Genealogien vorangestellt. Darauf folgen die Erhebung von Rabban Markus zum Katholikos der Kirche des Ostens unter dem Namen Mar Jahbalaha III. (1281-1317) und die zweite Reise des Rabban Sauma sowie schließlich Ereignisse bis zum Tod des Katholikos. Der mittelalterliche Bearbeiter der Geschichte von Mar Jahbalaha und Rabban Sauma teilt mit, dass er den Reisebericht von Rabban Sauma in den Westen aus dem Persischen ins Aramäische übertragen und erheblich gekürzt habe. Viele Einzelheiten des ursprünglichen Berichts seien für seine Geschichte nicht wichtig gewesen.[3] Einige Brüche im Text zeugen von diesen Kürzungen. Die historischen Personen und die Reise selbst sind bestens belegt, auch über weitere Quellen, nicht zuletzt durch mongolische und lateinische Zeugnisse. Auch der Bericht selbst ist hinreichend zuverlässig. Er gehört zu den zentralen Quellen zur Rekonstruktion der historischen Geographie der Christen in Asien.[4] Die in ihm erwähnten Wegmarken waren für Pilger im 13. Jahrhundert offenbar von spiritueller Bedeutung. Außerdem erfährt man aus der Geschichte etwas über das Selbstverständnis der beiden Reisenden als Christen des Ostens und über ihren Blick auf die christlichen Kulturen ihrer Zeit.

Ihre Beschreibung ergibt für europäische Leser ein einigermaßen ungewohntes Bild, denn bedeutende Stationen, die man erwarten könnte, fehlen. Die beiden Mönche, der eine Lehrer, der erfahrene Mönch Rabban Sauma, der andere Schüler, Rabban Markus, brechen trotz aller Warnungen der Christen von Chanbaliq vor den Gefahren der Reise auf. Ihre erste Station ist Koschang, eine der beiden Hauptstädte der Öngüt.[5] Koschang war der Geburtsort von Rabban Markus, deshalb treffen sie dort dessen Eltern. Diese zeigen sich wie andere Bewohner der Stadt besorgt und betrübt darüber, dass die beiden Männer sich für den radikalen Schritt dieser gefährlichen Reise in den fernen Westen entschieden haben. Die weltlichen Gouverneure der Stadt, Schwiegersöhne Chan Kublais, holen sie in ihr Lager und lassen sich den Grund ihrer Abreise erklären. Sie möchten nämlich, so wird gesagt, «Mönche und Väter aus dem Westen»[6] in ihr Land ziehen und sehen sie deshalb ungern abreisen. Als die Gouverneure jedoch sehen, dass die beiden fest entschlossen sind, statten sie sie schließlich mit Reittieren, Geld und Kleidung aus, die die Mönche für sich verwenden oder, wenn nicht benötigt, verschenken sollen.

Die Pilger erreichen als Nächstes die «Stadt von Tangut», vielleicht Qara Qoto im heutigen nordwestlichen China, deren selbständige Herrschaft Xi Xiá durch die Mongolen beendet worden war. Hier wurden tatsächlich bei neuzeitlichen Expeditionen neben buddhistischen auch christliche Textfragmente gefunden.[7] Die Bewohner der Stadt nehmen die Mönche enthusiastisch in Empfang, Männer, Frauen, Junge und Alte, so feurig war deren «Glaube» (haymÄnūṯÄ).[8] Die buddhistische Tradition dieser Region wird nicht erwähnt. Von dort ziehen sie nach Chotan an der Seidenstraße. Hier sind die Straßen aufgrund eines Kriegs unpassierbar. Es gibt keinen Proviant für Karawanen, viele Menschen sterben vor Hunger. Erst nach sechs Monaten können die Mönche die Reise fortsetzen, noch einmal erhalten sie einen Pass und gute Worte von einem Herrscher. Sie erreichen die Region Chorasan mit Städten wie Merw, Samarkand oder dem riesigen Herat. Chorasan befand sich auf dem Gebiet des heutigen Afghanistan und des nordöstlichen Iran und stand seit etwa 1275 ebenfalls unter mongolischer Herrschaft. Es war ein altes und bedeutendes Zentrum der persischen Kultur, in dem viele verschiedene Sprachen und Kulturen ansässig waren, die unser Bericht allerdings mit keinem Wort erwähnt.[9]

Dafür nennt er erstmals ein christliches Kloster in der Nähe der bedeutenden persischen Stadt Tus, in dem sich ein Bischof aufhält und wo die beiden Reisenden sich sehr gut aufgenommen fühlen. Die Mönche setzen ihren Weg Richtung Bagdad fort, um dort das Oberhaupt der Apostolischen Kirche des Ostens, Katholikos Mar Dencha (1265-1281), zu sehen. Doch begegnen sie ihm bereits zuvor in Maragha, etwa 130 Kilometer südlich von Täbris in der Nähe des Urmiasees im heutigen Iran.[10] Maragha wurde unter der mongolischen Dynastie Persiens, den sogenannten Ilchanen (1256-1354), zu einem kulturellen Zentrum, das Gelehrte unterschiedlicher Herkunft anzog und in dem ein berühmtes Observatorium bereits vor über zehn Jahren seine Arbeit aufgenommen hatte. Der schiitische Astronom und Gelehrte Nasir ad-Din at-Tusi (d. i. aus Tus, 1201-1274) hatte hier im Dienst der Mongolen bedeutende Werke verfasst, war aber im Jahr vor der Ankunft unserer Reisenden in Bagdad gestorben. Die Geschichte interessiert sich nicht für das Observatorium. Sie beschreibt, dass es den Mönchen beim Anblick von Katholikos Mar Dencha so scheint, als begegneten sie Christus; sie fallen nieder und erweisen ihm ihre Treue.[11]

Gleichwohl steht den Mönchen der Sinn immer noch nach Bagdad: Die Stadt ist heilig für sie durch das Grab von Mari, «Apostel und Lehrer des Ostens».[12] Mit einem weiteren Begleitschreiben, diesmal ausgestellt vom Katholikos, machen sie sich, von einem landeskundigen Führer Mar Denchas begleitet, dorthin auf. Zunächst besuchen sie die antike Kirche in der alten sassanidischen Hauptstadt Ktesiphon in der Nähe Bagdads, in der die Katholikoi der Apostolischen Kirche des Ostens eingesetzt ...

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