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Harry Potter und die Gesetze der Macht

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Fachmedien Recht und Wirtschafterschienen am15.07.20241. Auflage 2024
Das vorliegende Werk untersucht erstmals die Bezüge zwischen dem deutschen Recht und dem Rechtssystem in den Harry-Potter-Büchern. Es gehört damit zu der aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum stammenden Querschnittsdisziplin 'Law and Literature'. Literarische Werke erschaffen oftmals nicht nur neue fiktive Rechtssysteme, sondern setzten sich häufig auch kritisch mit gesellschaftlichen Problemen auseinander - beides geschieht auf ganz besondere Art und Weise in der Buchreihe von J.K. Rowling. Rowling selbst schafft es wie kaum eine andere Person, eine Welt zu erdenken, die über ein vollständiges politisches System verfügt und nach ihren ganz eigenen Regeln funktioniert. An der Spitze dieser magischen Welt steht das Zaubereiministerium, eine kafkaeske Behörde mit einem aufgeblasenen Bürokratieapparat, die für viel Unrecht verantwortlich ist. Es gelten eigene Gesetze - wie beispielsweise das 'Zaubereiverbot Minderjähriger' oder das 'Internationale Geheimhaltungsabkommen', aber auch Gesetze, die Minderheiten wie bspw. Kobolde gezielt diskriminieren. Als Gericht fungiert ein mit Laien besetztes Gremium, der Zaubergamot. Es stellt sich also die Frage: Was sind das für Gesetze, an die sich alle Hexen und Zauberer halten müssen? Welche Besonderheiten gibt es insbesondere im magischen Strafrecht im Vergleich zu unserer Rechtsordnung? Jannina Schäffer begibt sich auf eine fantastische Spurensuche und stellt erstmals das Rechtssystem der Harry-Potter-Welt umfassend dar. Im Rahmen einer rechtsvergleichenden Analyse stellt sie das deutsche Recht dem Recht der Zauberer gegenüber. Dabei bezieht sie auch das historische NS-(Un-)Recht von 1933 bis 1945 in ihre Betrachtung mit ein, denn Parallelen zwischen der Machtergreifung Adolf Hitlers und dem Aufstieg Lord Voldemorts sind in der Literaturwissenschaft allgemein anerkannt. Ein Schwerpunkt des Werks liegt auf dem materiellen und prozessualen Strafrecht sowie der Untersuchung, inwiefern das historische und fiktive (Un-)Recht beiden Diktatoren zur Macht verhalf.

Die Volljuristin Jannina Schäffer promovierte berufsbegleitend an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) und arbeitete währenddessen als persönliche Referentin am Landtag von Baden-Württemberg. Sie ist Lehrbeauftragte für Strafrecht an der FernUni Hagen und Gründerin sowie Chefredakteurin des Online Magazins 'JURios'. Heute ist sie für ein juristisches Repetitorium tätig, verfasst Zeitschriftenbeiträge und ist Herausgeberin des im UTB-Verlag erschienen Ratgebers 'Survival Guide Jura'.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
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Produkt

KlappentextDas vorliegende Werk untersucht erstmals die Bezüge zwischen dem deutschen Recht und dem Rechtssystem in den Harry-Potter-Büchern. Es gehört damit zu der aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum stammenden Querschnittsdisziplin 'Law and Literature'. Literarische Werke erschaffen oftmals nicht nur neue fiktive Rechtssysteme, sondern setzten sich häufig auch kritisch mit gesellschaftlichen Problemen auseinander - beides geschieht auf ganz besondere Art und Weise in der Buchreihe von J.K. Rowling. Rowling selbst schafft es wie kaum eine andere Person, eine Welt zu erdenken, die über ein vollständiges politisches System verfügt und nach ihren ganz eigenen Regeln funktioniert. An der Spitze dieser magischen Welt steht das Zaubereiministerium, eine kafkaeske Behörde mit einem aufgeblasenen Bürokratieapparat, die für viel Unrecht verantwortlich ist. Es gelten eigene Gesetze - wie beispielsweise das 'Zaubereiverbot Minderjähriger' oder das 'Internationale Geheimhaltungsabkommen', aber auch Gesetze, die Minderheiten wie bspw. Kobolde gezielt diskriminieren. Als Gericht fungiert ein mit Laien besetztes Gremium, der Zaubergamot. Es stellt sich also die Frage: Was sind das für Gesetze, an die sich alle Hexen und Zauberer halten müssen? Welche Besonderheiten gibt es insbesondere im magischen Strafrecht im Vergleich zu unserer Rechtsordnung? Jannina Schäffer begibt sich auf eine fantastische Spurensuche und stellt erstmals das Rechtssystem der Harry-Potter-Welt umfassend dar. Im Rahmen einer rechtsvergleichenden Analyse stellt sie das deutsche Recht dem Recht der Zauberer gegenüber. Dabei bezieht sie auch das historische NS-(Un-)Recht von 1933 bis 1945 in ihre Betrachtung mit ein, denn Parallelen zwischen der Machtergreifung Adolf Hitlers und dem Aufstieg Lord Voldemorts sind in der Literaturwissenschaft allgemein anerkannt. Ein Schwerpunkt des Werks liegt auf dem materiellen und prozessualen Strafrecht sowie der Untersuchung, inwiefern das historische und fiktive (Un-)Recht beiden Diktatoren zur Macht verhalf.

Die Volljuristin Jannina Schäffer promovierte berufsbegleitend an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) und arbeitete währenddessen als persönliche Referentin am Landtag von Baden-Württemberg. Sie ist Lehrbeauftragte für Strafrecht an der FernUni Hagen und Gründerin sowie Chefredakteurin des Online Magazins 'JURios'. Heute ist sie für ein juristisches Repetitorium tätig, verfasst Zeitschriftenbeiträge und ist Herausgeberin des im UTB-Verlag erschienen Ratgebers 'Survival Guide Jura'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783800597352
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum15.07.2024
Auflage1. Auflage 2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse7368 Kbytes
Artikel-Nr.17073605
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. Beschränkung auf das deutsche Recht heute und 1933-1945

Zunächst erscheint es logischer, die Rechtsordnung in den Harry-Potter-Büchern mit dem in englischsprachigen Ländern vorherrschenden sog. Common Law20 zu vergleichen, da Harry in einer Vorstadt Londons aufwächst und die Zaubererschule Hogwarts in Schottland liegt.21 Doch dieser Schluss ist nicht zwingend. Da die Rechtsordnung in den Harry-Potter-Büchern komplett fiktiv ist, ist es ebenfalls legitim, einen Vergleich mit dem deutschen Recht anzustellen. Zwar stammt die Autorin aus Großbritannien und die Bücher spielen auch dort, es ist jedoch an keiner Stelle erkennbar, dass sich Rowling am tatsächlich existierenden englischen Recht orientiert hat. Nicht einmal das politische System der Zaubererwelt gleicht demjenigen in Großbritannien (dem sog. Westminster-System22). So gibt es in den Harry-Potter-Büchern zwar ein Zaubereiministerium und einen Zaubereiminister, eine (parlamentarische) Monarchie wie in Großbritannien ist der Zaubererwelt jedoch fremd. Das zeigt sich am deutlichsten am Fehlen eines magischen Monarchen.

Auch das Justizsystem innerhalb der Bücher lässt keine ausschließlich für England typischen Rechtsabläufe erkennen. Es fehlen sogar für das anglo-amerikanische Recht zentrale Elemente. Zunächst lassen sich in den Harry-Potter-Büchern keine eindeutigen Hinweise auf das Common Law finden. Es ist nicht ersichtlich, ob das magische Recht seinen Ursprung darin oder seine Wurzeln - wie andere europäische Rechtsordnungen - im römischen Recht hat.

Während das deutsche Recht auf einem römisch-germanischen Rechtskreis beruht und Recht durch einen unabhängigen Richter sprechen lässt (Civil Law), beruht das englische Recht auf dem Common Law, das sich nicht auf Gesetze, sondern auf frühere Rechtsprechung in Form von Präzedenzfällen (Case Law) stützt.23 Darauf, dass alte Rechtsfälle für die Rechtsfindung herangezogen werden, wird in den Büchern nur an einer Stelle eingegangen. Bei der Hinrichtung des Hippogreifen Seidenschnabel (siehe S. 113f., 289f.).24 Der Ausschuss für die Beseitigung gefährlicher Geschöpfe handelt dann aber nicht nach den gefundenen Fällen, sondern entscheidet willkürlich im Einzelfall.25

Der Nutzer skiplives äußert auf einer Harry-Potter-Fanseite im Internet die Meinung, dass es in der magischen Welt genauso wie in Großbritannien keine Verfassung gibt: There does not appear to be a central document codifying the Wizarding World´s fundamental concepts of law. Rather like the Muggle United Kingdom, the Wizarding World appears to have several major treaties and laws that act as an informal framework. 26 Das Problem: Da die Geschichte aus der Perspektive eines rechtlich nicht gebildeten Schülers erzählt wird, kann aus der bloßen Nichterwähnung einer magischen Verfassung nicht auf deren Nichtexistenz geschlossen werden. Vielmehr ist es so, dass jeweils nur die Gesetze erwähnt werden, die für Harrys persönliche Geschichte von Bedeutung sind. Beispielsweise das Internationale Geheimhaltungsabkommen 27 und der Erlass zur vernunftgemäßen Beschränkung der Zauberei Minderjähriger .28 Die Existenz einer magischen Verfassung ist daher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.

Die in Großbritannien existierende Trennung zwischen dem Supreme Court (Verfassungsgericht29), dem Court of Appeal (Berufungsgericht30), dem High Court of Justice (Oberstes Zivilgericht31) und dem Crown Court (Strafgerichtshof32) findet keine Entsprechung in den Harry-Potter-Büchern. Hier gibt es als einziges Gericht den sogenannten Zaubergamot und eventuell eine besondere Jury-Besetzung, den sog. Rat für das Magische Gesetz (siehe S. 109ff., 158f., 380).33 Umgekehrt hat das magische Recht damit aber natürlich auch keine Ähnlichkeit zu unserer deutschen Gerichtsstruktur oder unserem Instanzenzug.

An dieser Stelle wird es etwas komplizierter. Denn einige englischsprachige Fans haben die Theorie aufgestellt, dass der Zaubergamot dem britischen House of Lords entspricht. Das House of Lords ist das Oberhaus des britischen Parlaments, das außerdem noch aus einem gewählten Unterhaus (House of Commons) besteht. Die weltlichen Lords werden im Gegensatz zu den geistlichen Lords durch den Monarchen auf Vorschlag auf Lebenszeit ernannt. Als Teil der Legislative kann das House of Lords Gesetze überprüfen, hat jedoch weniger Kompetenzen als das House of Commons.34 Das House of Lords verfügte früher außerdem über rechtsprechende Befugnisse als höchste Revisionsinstanz. In dieser Funktion wurde das House of Lords aber 2005 vom Supreme Court of the United Kingdom abgelöst, der 2009 zum ersten Mal zusammentrat.35

Der Zaubergamot (engl. Wizengamot36) wird in den Harry-Potter-Büchern erstmals in Band fünf erwähnt, der in der englischsprachigen Ausgabe 2003 erschien. Grundsätzlich ist es also möglich, dass sich Rowling vom House of Lords inspirieren ließ, das damals noch gesetzgebende und rechtsprechende Kompetenzen hatte. Statements der Autorin hierzu existieren nicht. Vertreter dieses Vergleichs übersehen außerdem einen wichtigen Punkt: In keinem der sieben Bände werden dem Zaubergamot gesetzgebende Kompetenzen zugesprochen. Wir lernen ihn lediglich als Gericht kennen. Bei dieser Interpretation handelt es sich also um reine Spekulation ohne textbasierte Hinweise.37

Auch die im englischen Recht grundsätzlich getroffene Differenzierung zwischen dem Beruf des Solicitors und dem des Barristers wird in den Harry-Potter-Büchern nicht thematisiert.38 Dies könnte aber auch der Tatsache geschuldet sein, dass es in der Zaubererwelt vermutlich überhaupt keine Anwälte gibt (siehe S. 346f., 386f.). Zumindest treten die Angeklagten in den geschilderten Prozessen immer alleine vor Gericht auf.39

Auch im Internet zeigen sich Harry-Potter-Fans auf einem Jurablog überrascht darüber, dass das Rechtssystem in den Harry-Potter-Büchern dem Großbritanniens überhaupt nicht ähnelt, obwohl der Rest der Bücher so typisch englisch ist.40 Manche vermuten, dass die Autorin bewusst versucht hat, eine magische Rechtsordnung zu schaffen, die dem britischen Recht gerade nicht ähnelt.41

Vielmehr scheint sich Rowling bei der Schaffung des bösen Zauberers Lord Voldemort und seinem Streben nach Macht an den deutschen Nationalsozialisten orientiert zu haben. Genauso wie zu dieser Zeit in Deutschland Juden verfolgt wurden, lässt Lord Voldemort in der Zaubererwelt muggelstämmige Zauberer verfolgen, weil diese kein reines Blut aufweisen.42 Diese Interpretation der Geschehnisse in Harry Potter und den direkten Vergleich mit dem Dritten Reich ziehen viele Wissenschaftler (siehe S. 415ff.).43 Auch im Internet stößt diese Interpretation auf große Zustimmung.44

Rowling selbst teilte ihren Fans im Jahr 2004 auf ihrer alten Website (www.jkrowling.com) mit, dass auch sie selbst Parallelen zwischen der Ideologie Hitlers und der Ideologie Voldemorts erkenne:

The expressions pure-blood , half-blood and Muggle-born have been coined by people to whom these distinctions matter, and express their originators´ prejudices. [...] If you think this is far-fetched, look at some of the real charts the Nazis used to show what constituted Aryan or Jewish blood. I saw one in the Holocaust Museum in Washington when I had already devised the pureblood , half-blood and Muggle-born definitions, and was chilled to see that the Nazis used precisely the same warped logic as the Death Eaters. A single Jewish grandparent polluted the blood, according to their propaganda. 45

Auf Grund dieser Parallelen bietet es sich auch aus historischer Perspektive an, Recht und Gesetz in der Zaubererwelt mit dem aktuellen sowie dem historischen deutschen Rechtssystem zu vergleichen. Insbesondere im Hinblick auf das Ziel der Arbeit: Die Sensibilisierung von Juristen für die mannigfaltigen Auswirkungen, die Strafgesetze auf die politische Entwicklung eines ganzen Landes haben können. Ist es tatsächlich möglich, durch ein fehleranfälliges Justizsystem und die Unterwanderung der bestehenden Strafgesetze eine Demokratie zu stürzen und durch die gezielte Schaffung neuer Strafgesetze bzw. strafprozessualer Möglichkeiten ein Unrechtssystem zu etablieren?
20 Eine Einführung: Häcker, in: JuS 2014, S. 872 (872-876); Unterschied Civil Law/Common Law: Samuel, A Short Introduction to the Common Law, S. 1ff.; zum Common Law allgemein: Wilson/Rutherford/Storey u.a., English Legal System, S. 26; Slapper/Kelly, The English Legal System, S. 4ff.; Richards/Mollica, English Law and Terminology, Rn. 1, 16; Partington, Introduction to the English Legal System, S. 76ff.
21 Rowling, Harry Potter 2, Die peitschende Weide, S. 79f.
22 Die Besonderheit des Westminster-System besteht darin, dass the king/queen in parliament die volle Staatsgewalt innehat. Souverän ist also das Parlament, das aus Unterhaus, Oberhaus und dem Monarchen besteht. Bezeichnend ist außerdem, dass es lediglich ein einfaches Mehrheitswahlsystem gibt. Im Gegensatz zu fast allen Staaten besitzt das Vereinigte Königreich keine kodifizierte Verfassung. Norton, Parliament in British Politics, S. 16ff.; Heywood, Essentials of UK Politics, S. 186ff.
23 Dazu:...
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Die Volljuristin Jannina Schäffer promovierte berufsbegleitend an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) und arbeitete währenddessen als persönliche Referentin am Landtag von Baden-Württemberg. Sie ist Lehrbeauftragte für Strafrecht an der FernUni Hagen und Gründerin sowie Chefredakteurin des Online Magazins "JURios". Heute ist sie für ein juristisches Repetitorium tätig, verfasst Zeitschriftenbeiträge und ist Herausgeberin des im UTB-Verlag erschienen Ratgebers "Survival Guide Jura".