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Himbeerjoghurt mit Sahne

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
treditionerschienen am11.08.2024
54 Kurzgeschichten entführen euch in Welt der Schwulen mit all ihren Facetten: humorvoll, tragisch, sexy, ehrlich, fantasievoll, nachdenklich und manchmal echt gemein. Erst als Matthias sich neu erschafft, hat er Erfolg bei den Männern. Oy und Eo finden zusammen und stellen sich gemeinsam den Gefahren einer urzeitlichen Welt. An einem Sonntagmorgen hat Leon seinen Traummann zu Gast - oder ist dieser Besuch tatsächlich nur ein Traum? Nach der Begegnung von Jonas und Jack geschehen merkwürdige Dinge. Beim Einkaufen im Supermarkt schmachtet Martin den Verkäufer an und philosophiert über die Parallelen zwischen der Schwulenwelt und einer Kühltheke: 'Sind wir nicht alle Fruchtjoghurts?'

Jan Ranft, geboren 1974 in Birkenfeld/Nahe, lebt und arbeitet als Mediengestalter im Saarland. In seiner Freizeit schreibt er Kurz- und Kürzestgeschichten mit schwulen Protagonisten. Von 2007 bis 2012 bloggte er im Studio3-Podcast zu schwulen Themen. Sein Erstlingswerk veröffentlichte er 2012.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR2,99

Produkt

Klappentext54 Kurzgeschichten entführen euch in Welt der Schwulen mit all ihren Facetten: humorvoll, tragisch, sexy, ehrlich, fantasievoll, nachdenklich und manchmal echt gemein. Erst als Matthias sich neu erschafft, hat er Erfolg bei den Männern. Oy und Eo finden zusammen und stellen sich gemeinsam den Gefahren einer urzeitlichen Welt. An einem Sonntagmorgen hat Leon seinen Traummann zu Gast - oder ist dieser Besuch tatsächlich nur ein Traum? Nach der Begegnung von Jonas und Jack geschehen merkwürdige Dinge. Beim Einkaufen im Supermarkt schmachtet Martin den Verkäufer an und philosophiert über die Parallelen zwischen der Schwulenwelt und einer Kühltheke: 'Sind wir nicht alle Fruchtjoghurts?'

Jan Ranft, geboren 1974 in Birkenfeld/Nahe, lebt und arbeitet als Mediengestalter im Saarland. In seiner Freizeit schreibt er Kurz- und Kürzestgeschichten mit schwulen Protagonisten. Von 2007 bis 2012 bloggte er im Studio3-Podcast zu schwulen Themen. Sein Erstlingswerk veröffentlichte er 2012.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783384319401
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum11.08.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse1366 Kbytes
Artikel-Nr.17310969
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Vollmond

Jack Freeman war erst seit Mai hier. Im Munitionsdepot Wenigerath in Morbach, einer kleinen Stadt mitten im Hunsrück, gelegen in einem Waldgebiet in Rheinland-Pfalz im Südwesten der Bundesrepublik Deutschland, in Europa, am anderen Ende der Welt. Weit weg von Bangor, Queen City of the East in Maine, Jacks amerikanischer Heimat.

»Schon komisch, in einem Land zu sein, in dem dein Großvater vor fünfundvierzig Jahren die Nazis bekämpft hat«, dachte Jack. Seltsam, mit ehemaligen Feinden hier im Kalten Krieg Seite an Seite zu stehen, immer bereit und trotzdem voller Hoffnung, all die Waffen hier niemals einsetzen zu müssen. Unter Reagan und Gorbatschow deutete sich immerhin eine Entspannung an, Perestroika und Glasnost. Es lag etwas in der Luft, Jack konnte nur nicht sagen, was.

Mit seinen Kameraden verstand er sich gut, zu den Deutschen aber hatte er kaum Kontakt. Immerhin mochte er das deutsche Essen. Es schmeckte anders, aber es hatte etwas. Eines Abends saß er alleine in einer Gastwirtschaft in Morbach bei German Beer und Schnitzel mit French Fries, die hier »Pommes« genannt wurden. Im Radio lief gerade Taylor Dayne mit Tell it to my heart. Jack hatte einen Bärenhunger. Als er gerade Messer und Gabel ergriffen hatte und mit dem Essen beginnen wollte, schnappte ihm jemand von der Seite eine Handvoll Pommes vom Teller. Jack erschrak - und blickte in das Gesicht eines jungen Mannes mit Dreitagebart, der ihn angrinste und dabei ungeniert die erbeuteten Pommes verdrückte. Jack fehlten die Worte.

Der junge Kerl nahm sich einen Stuhl und setzte sich zu ihm. »Hi, I´m Jonas! Jonas Wolf. You´re new to Germany?«

Jack war perplex, wie offen dieser Kerl auf ihn zuging, aber irgendwie mochte er von der ersten Sekunde an seine ehrlichen braunen Augen, den Bart und die kurzgeschorenen Haare. »Ganz schön frech«, dachte er sich. Dann streckte er ihm die Hand hin. »Mein Name ist Jack Freeman. Ich bin neu in Deutschland, aber ich spreche Deutsch. Meine Mutter ist in Heidelberg geboren und hat meinen Vater dort kennengelernt. Er war auch G. I. , wie ich. Und du lebst hier in Morbach?«

»Nein, aber in der Nähe. Nicht weit von der kleinen Burgruine. Kennst du die?« Wieder griff sich Jonas eine Fritte und ließ sie in seinem Mund verschwinden.

»Wie gefällt es dir bisher in Deutschland? Alles ziemlich anders als in den Staaten, oder? Hier im Hunsrück gibt es nicht viel. Ein paar Dörfer, Wiesen, Felder und Wald. Ganz viel Wald.«

»Ich mag es irgendwie. Ist sehr ruhig hier. Nur meine Familie vermisse ich und bin froh, wenn ich sie demnächst wiedersehe. Im November fliege ich zurück. Ich habe eine große Familie, zwei Schwestern und zwei Brüder - bei uns ist immer Full House.«

»Wem erzählst du das? Ich habe sechs Brüder! Alle älter als ich. Mit vierundzwanzig bin ich der Jüngste. Im November, sagst du? Das ist ja schon in ein paar Wochen. Schade, ich finde dich nämlich total sympathisch.«

»Ich dich auch. Blöd, dass ich dich jetzt erst kennengelernt habe.«

An diesem Abend saßen sie noch lange zusammen, erzählten und tranken ein Bier nach dem anderen. Jack musste zurück zum Depot, und Jonas begleitete ihn noch ein Stück. Eine gute halbe Stunde zu Fuß über Wiesen und Felder. Der Mond erhellte den Weg.

Auf halber Strecke, vor einem kleinen Waldstück, verabschiedete sich Jonas.

»Ich nehme den Feldweg zurück nach Hause«, sagte er und lächelte Jack an. Dann zog er ihn an sich und gab ihm einen Kuss auf den Mund. Einfach so, ohne Vorwarnung. Jack bekam eine Gänsehaut, er wusste gar nicht, wie ihm geschah. Noch nie war er so von einem Mann berührt worden. Er wollte noch etwas sagen, doch Jonas hatte sich schon umgedreht und trabte durch die Dunkelheit davon. »Bis morgen!«, rief er Jack noch zu.

Im Wald reichte das Mondlicht, das durch die Wipfel der Bäume fiel, kaum aus, den Weg zu finden. Jack kramte seine Taschenlampe aus der Army-Jacke, schaltete sie ein und lief dann völlig aufgewühlt zurück zum Depot. In dieser Nacht konnte er kaum schlafen, zu durcheinander war er. Auch am nächsten Tag konnte er sich nicht auf seinen Job konzentrieren. Was ihm da widerfahren war, das brachte seine Welt aus dem Gleichgewicht. Ein Mann hatte ihn geküsst. Und es hatte ihm durchaus gefallen, wenn er ehrlich zu sich selbst war. Sehr sogar. Bedeutete das, dass er schwul war? War es Jonas denn? Vielleicht ... vielleicht aber auch nicht. Jonas war ja ganz offensichtlich einer, der sich nichts vorschreiben ließ und sich an keine Regeln hielt. Wahrscheinlich hatte er ihn nur ärgern wollen. Kein Grund also, sich Gedanken zu machen. Trotzdem, er sehnte sich nach Jonas. Mehr, als ihm lieb war.

Abends machte Jack sich auf den Weg nach Morbach und hoffte, Jonas wiederzusehen. Es wurde gerade dunkel, der Mond war schon aufgegangen, fast ein Vollmond. Jack hatte die Taschenlampe eingeschaltet, als er den kleinen Wald betrat. Ganz in der Nähe hörte er den Schrei eines Uhus. Unheimlich war es hier. Er hörte das Knacken von Ästen und das Rascheln von Laub. Plötzlich stand Jonas vor ihm. Jack erschrak so sehr, dass er laut aufschrie und die Taschenlampe nach ihm warf.

Jonas konnte ein Lachen nicht unterdrücken: »Mann, bist du schreckhaft! Ich bin´s doch nur.«

Er hob die Taschenlampe auf und gab sie Jack zurück.

»Bist du verrückt geworden? Du hast mich fast zu Tode erschreckt!«

»Tut mir leid, das hab ich wirklich nicht gewollt. Ich gehe oft nachts hier spazieren. An die Geräusche und die Finsternis hab ich mich gewöhnt. Ich sehe ziemlich gut im Dunkeln. Wohin bist du unterwegs? Nach Morbach?«

»Ja, ich wollte ...«

Jonas unterbrach ihn. »Du wolltest mich wiedersehen, stimmt´s? Ich hoffe, ich hab dich gestern nicht allzu sehr überrumpelt.«

Jack versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. »Ach Quatsch, ich mag dich. Da ist das schon okay. Wir sind ja nicht homosexuell oder sowas. Wir verstehen uns einfach sehr gut. Und ja, ich wollte mit dir vielleicht nochmal was trinken gehen.«

»Das freut mich. Weißt du was? Ich hab ne andere Idee. Gestern hab ich dir doch von der kleinen Burg erzählt. Gehen wir da hin? Sie liegt in einem Tal gleich neben der Hunsrückhöhenstraße, keine halbe Stunde entfernt.«

Jack zögerte kurz. »Hmmm ... okay, klingt spannend. Gut, lass uns das machen.«

Sie schlenderten durch den Wald, über die Felder, vorbei an der B 327, auf der ein einsamer LKW in der Ferne seinen Weg Richtung Koblenz suchte. Die beiden lachten und redeten über alles Mögliche, über Reagan, Olympia in Seoul, den neuen Film Beetlejuice, der bald ins Kino kommen sollte, und über die Musik von Michael Jackson. Ein schmaler Weg führte zur Burgruine Baldenau, die wirklich sehr klein war. Nicht viel mehr als ein Turm und eine Mauer drumherum, auf einer kleinen Insel gelegen, umgeben von einem Wassergraben. Nebelschleier lagen in der Luft, aber trotzdem konnte man weit ins Tal blicken und die Lichter der Dörfer in der Umgebung sehen. Jack und Jonas gingen über eine Holzbrücke zum Innenhof der Burg und setzten sich auf eine Mauer.

In der Ferne hörte man die Schreie von Kranichen, die in einem Schwarm durch die Nacht zogen. »Die Halgäns fliegen wieder. Der Sommer ist vorbei ... der Winter steht vor der Tür«, flüsterte Jonas. Hoch stand der Mond, es war kühl geworden. Sie saßen dicht nebeneinander und blickten zum Himmel empor. Jonas rückte ganz nah an Jack heran und legte den Arm um ihn, um ihn zu wärmen. Die Vogelschreie waren kaum noch zu hören. So saßen die beiden eine ganze Weile, ohne sich zu bewegen. Sie schwiegen.

Dann blickten sie einander an. Diesmal war Jack es, der Jonas zuerst küsste. Es war kein flüchtiger Kuss. Sie umarmten und streichelten sich.

»Mir ist es egal, ob ich jetzt schwul bin«, flüsterte Jack und streichelte Jonas über die Stoppelhaare.

»Mir ist sowieso wurscht, was die Leute sagen«, lachte Jonas. »Ich war schon immer anders als die anderen.«

Sie hielten sich an der Hand und betrachteten den Mond. Plötzlich fuhr Jack hoch, wie von der Tarantel gestochen, und deutete auf seine Armbanduhr. »Shit, ich muss zurück - sonst krieg ich Ärger!« Mit einem Satz sprang auch Jonas von der Mauer. »Okay, treffen wir uns einfach morgen wieder.«

Als sie ein Stück gelaufen waren, begann Jonas: »Morgen Nacht ist Vollmond ... soll ich dir mal eine gruselige Geschichte erzählen? In Wittlich, nicht weit von hier, da wurde vor vielen Jahrhunderten der letzte Werwolf getötet. Außerhalb der Stadt gibt es einen kleinen Schrein, in dem immer eine Kerze brennt. Nur wenn diese Kerze erlischt, kann der Werwolf zurückkehren. Manchmal blasen die Jungs im Dorf als Mutprobe die Kerze aus, denn wer von einem Werwolf gebissen wird, der wird selbst einer und...

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