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Zitronenjoghurt mit Buttermilch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
treditionerschienen am11.08.2024
Willkommen zurück in der Welt der Schwulen - mit 65 weiteren Kurzgeschichten über Romantik, Liebe, Sex und Coming-Out, über Begegnungen, Gefühle und Sehnsüchte, wie sie jeder kennt. Blickt mit mir zurück in die bewegte schwule Geschichte und entdeckt Episoden und Schicksale, die sich miteinander verbinden. Freut euch auf alltägliche, nachdenkliche und unglaubliche Geschichten mit Martin, Justus, Gary, Manni, Reza, Ottokar und Yannik. Das Leben ist süß, aber manchmal auch echt bitter. Man muss einfach lernen, aus jeder Situation das Beste zu machen: 'Wenn das Leben dir Zitronen gibt, dann mach Joghurt damit!'

Jan Ranft, geboren 1974 in Birkenfeld/Nahe, lebt und arbeitet als Mediengestalter im Saarland. In seiner Freizeit schreibt er Kurz- und Kürzestgeschichten mit schwulen Protagonisten. Von 2007 bis 2012 bloggte er im Studio3-Podcast zu schwulen Themen. Sein Erstlingswerk veröffentlichte er 2012.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR2,99

Produkt

KlappentextWillkommen zurück in der Welt der Schwulen - mit 65 weiteren Kurzgeschichten über Romantik, Liebe, Sex und Coming-Out, über Begegnungen, Gefühle und Sehnsüchte, wie sie jeder kennt. Blickt mit mir zurück in die bewegte schwule Geschichte und entdeckt Episoden und Schicksale, die sich miteinander verbinden. Freut euch auf alltägliche, nachdenkliche und unglaubliche Geschichten mit Martin, Justus, Gary, Manni, Reza, Ottokar und Yannik. Das Leben ist süß, aber manchmal auch echt bitter. Man muss einfach lernen, aus jeder Situation das Beste zu machen: 'Wenn das Leben dir Zitronen gibt, dann mach Joghurt damit!'

Jan Ranft, geboren 1974 in Birkenfeld/Nahe, lebt und arbeitet als Mediengestalter im Saarland. In seiner Freizeit schreibt er Kurz- und Kürzestgeschichten mit schwulen Protagonisten. Von 2007 bis 2012 bloggte er im Studio3-Podcast zu schwulen Themen. Sein Erstlingswerk veröffentlichte er 2012.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783384319425
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum11.08.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse2733 Kbytes
Artikel-Nr.17310971
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Lebenssaft

Ein Geräusch ließ Wilhelm im Bett hochfahren, der Schrei eines Mannes in Angst. Wilhelm rang nach Luft. Sein Atem musste im Schlaf ausgesetzt haben. Er lauschte, doch nun war es still. Vollkommen still. Nur sein eigenes Atmen konnte er hören, dazu das Klopfen seines Herzens. War dieser Schrei nicht mehr als ein Hirngespinst gewesen? Hatte ihn ein unheimliches Traumbild aufwachen lassen? Ein Erzeugnis seiner Fantasie nach einem Tag voller neuer, unglaublicher Eindrücke?

Im Zimmer war es drückend warm und stickig, Staub vieler Jahre lag auf den Möbeln. Wilhelm stand auf, ging barfuß zur Balkontür und tastete in der Dunkelheit, noch ganz benommen von seinem Traum, nach dem Griff. Die Tür öffnete sich schwer mit einem Quietschen. Wilhelm schlug die Türflügel weit auf und trat hinaus. Er blickte in die Weite der Schweizer Alpen. Finsternis umgab das Herrenhaus, am Himmel leuchtete die schmale Mondsichel nur schwach durch die Wolkendecke. Schemenhaft konnte man den Wald erahnen. Die drückende Hitze des Tages war noch gegenwärtig, doch die Luft war klar. Bergluft, hier oben, so weit weg von jeglicher Zivilisation. Wilhelms Nachthemd war nass vom Schweiß unruhiger Träume. Ihn fröstelte. Trotzdem zog er das Nachthemd über den Kopf und legte es auf die Ottomane, die drinnen neben der Balkontür stand.

Nackt stand er nun auf dem Balkon und genoss den kühlen Nachtwind, der über seinen Körper strich. Am Horizont sah er stummes Wetterleuchten zwischen den Berggipfeln, und in der Ferne konnte er ein leises Grollen hören. Ein Gewitter zog heran, möglicherweise würde es die ganze Nacht lang wüten. Hier in den Alpen ändere sich das Wetter oft schlagartig, hatte ihn der Kutscher gewarnt, als er sich zum Herrenhaus hatte bringen lassen und sich während der Fahrt über das herrliche Wetter am Tag zuvor ausgelassen hatte.

Der Kutscher hatte Wilhelm nur widerwillig gefahren. »Es geht dort nicht mit rechten Dingen zu«, hatte er ihn gewarnt. Immer wieder habe der Freiherr junge Männer aus dem Dorf ins Herrenhaus eingeladen. Burschen, die nach ihren Besuchen dort kaum wiederzuerkennen gewesen seien. Bleich, wie blutleer, völlig verändert in ihrem Wesen. Korbinian Freiherr von Hirschenberg genieße einen zweifelhaften Ruf. Es gebe Gerüchte über seltsame Vorlieben und unerklärliche Vorgänge im Umfeld des Freiherrn. Man sage ihm Experimente an Menschen, Verbindungen zum Übernatürlichen nach - dunkle Rituale, schwarze Messen, möglicherweise gar Vampirismus.

Wilhelm gab nichts auf die Worte des Kutschers. Einfache Leute verstanden nichts von moderner Wissenschaft. Aufklärung und Fortschritt waren ihnen fremd, stattdessen hielten sie allzu oft noch fest an Aberglauben und kruden Ammenmärchen, wenn ihnen etwas unerklärlich schien.

Wilhelm machte sich lieber selbst ein Bild von einem Menschen. Viel hatte er über den Freiherrn gelesen. Von Hirschenberg stammte aus einem alten Adelsgeschlecht, war sehr wohlhabend, galt als Mäzen und Förderer der Wissenschaft. Ein Mann, der seiner Zeit weit voraus war, jedoch vielleicht eben auch etwas exzentrisch und sonderbar.

Als Wilhelm vor ein paar Wochen einen Brief mit der Einladung in das Herrenhaus erhalten hatte, war er überrascht gewesen. Brüder im Geiste seien sie. Der Naturwissenschaft und allem Schönen gleichsam verbunden. Anthropologen, Menschen der Aufklärung. Der Freiherr sprühte nur so vor Bewunderung in seinen Zeilen. Er habe auf einer Reise nach Prag einen Zeitungsartikel über Wilhelms Forschungen gelesen und sei fasziniert von dessen Hypothesen, aber auch von Wilhelms Person an sich. Austauschen wolle er sich mit ihm und Wilhelm ein Angebot unterbreiten, über das jedoch nur bei einem persönlichen Treffen zu sprechen sei. Ein so junger Naturwissenschaftler bedeute ein Unikum.

Freilich war Wilhelm mit seinen achtundzwanzig Jahren ein Ausnahmetalent. Den Abschluss an der renommierten Universität zu Ingolstadt hatte er mit Glanz bestanden. Die flammende Begeisterung des Freiherren für seine Arbeiten konnte Wilhelm nützlich sein. Das Auskommen des jungen Wissenschaftlers reichte gerade einmal für eine schäbige Dachkammer in einem alten Haus in Freiburg. Wie sollte er es jemals schaffen, ohne Geldmittel erfolgreich mit seinen Studien zu sein? Und dann gab es auch noch Johanna, seine Verlobte. Wie sollte er sie beide - und irgendwann auch gemeinsame Kinder - ohne finanzielle Absicherung durchbringen?

In Hochstimmung und voller Hoffnung auf eine bessere und glücklichere Zukunft hatte er sich von Johanna verabschiedet und seine Reise zum Freiherren in die Alpen angetreten.

Wilhelm nahm einen tiefen Atemzug, als dicke Tropfen vom Himmel zu fallen begannen. Sicher würde der Regen weitere Abkühlung bringen. In der Ferne blitzte es nun häufiger, lange noch hallte der leise grollende Donner nach. Wilhelm beugte sich übers Geländer. Die Regentropfen fielen kühl und erfrischend auf seinen Nacken und seine Schultern. Als der Regen stärker wurde, lief das Wasser seinen Rücken hinab, sammelte sich in der Kuhle über seinem Gesäß und rann schließlich an seinen Beinen entlang zu Boden. Wilhelm genoss es, den Regen auf seiner Haut zu spüren. Gedankenverloren blickte er in die Nacht hinaus und ließ die Ereignisse des Nachmittags noch einmal in seiner Erinnerung aufscheinen.

Korbinian Freiherr von Hirschenberg war ein großer Mann, sehr gepflegt, Mitte dreißig - jedenfalls wirkte er so. Allein seine grauen Schläfen ließen erahnen, dass er älter war, als es zunächst schien. Er hatte ein glattrasiertes, blasses, faltenloses Gesicht und einen durchdringenden Blick. Seine Augen waren von solch intensivem Eisblau, dass Wilhelm kaum wagte, den direkten Blick seines Gastgebers zu erwidern.

Der Freiherr führte ihn durch sein prachtvolles Anwesen, zeigte ihm den Salon, die Bibliothek, den Wintergarten. Er lebte allein in seinem Herrenhaus - abgesehen von seinem spanischen Diener Romualdo, einem untersetzten jungen Mann, der seinen Herrn umsorgte und Wilhelm die Koffer auf sein Zimmer trug. Nachdem Romualdo sich gegen Abend in sein Zimmer zurückgezogen hatte, blieb Wilhelm alleine mit dem Freiherren zurück. Die Sonne ging gerade hinter den Gipfeln der Berge unter, als sie in der Loggia im obersten Stockwerk standen. Alpenglühen. Die beiden Männer verharrten in andächtigem Schweigen. Wilhelm genoss die unbeschreibliche Schönheit der Abendröte.

Sein Gastgeber ergriff schließlich das Wort. »Ist es nicht wundervoll, welch Schauspiel uns die Natur beschert? Welche Gewalt, welche Pracht. Hier draußen, an der Schwelle zur Zivilisation, spüre ich die Natur mit jeder Faser meines Körpers. Geht es Ihnen nicht ebenso?«

Wilhelm blickte gebannt auf die feuerrot leuchtenden Berggipfel. »Ein wahrhaft majestätischer Anblick, so etwas habe ich noch nie gesehen. Wenngleich Freiburg in den letzten Jahren mit ebenfalls atemberaubenden Sonnenuntergängen verwöhnt wird. Der Himmel leuchtet abends prachtvoll in allen Abstufungen von Rot, Violett, Blau und Grün ...«

Freiherr von Hirschenberg wandte sich seinem Gast zu. »Beinahe so, als wolle Mutter Natur Abbitte leisten für jenen Sommer, der keiner gewesen ist, finden Sie nicht? Haben Sie die ekelhaften Berichte nach den Missernten gelesen? Von Hungernden, die sich im Sommer 1816 von unreifem Obst ernährten, sogar von Blättern und Gras und Schnecken? Sie fraßen wie die Tiere die unnatürlichsten und scheußlichsten Dinge, nur um nicht zu verhungern.

Seitdem hat bei den Menschen ein Umdenken stattgefunden. Die Forschungen von Liebig, wie das Pflanzenwachstum zu verbessern sei, die Suche nach Auswegen aus Hungersnöten und der Abhängigkeit von den Jahreszeiten. Das Leid, das durch bitterkalte Winter entsteht, Überschwemmungen, die Ernten vernichten und Hunderttausende Menschen sterben lassen - das wird schon bald überwunden sein, mein junger Freund. Gesundheit und Leben zu erhalten und zu verbessern, das ist erstrebenswert für jeden Wissenschaftler, der etwas auf sich hält.

Ich habe Ihre Dissertationen über die menschlichen Säfte und welche Kraft in ihnen steckt gelesen, wie Sie wissen. Auch ich bin der Ansicht, dass es hier zu forschen gilt, wenn wir als Menschheit uns endlich aus den Fesseln der Vergänglichkeit befreien wollen. Das ewige Leben zu erlangen erscheint greifbarer denn je. Der Fortschritt, den die Wissenschaft gemacht hat, lässt uns zu unseren eigenen Göttern werden. Blasphemie nennt es die Gesellschaft. Ich nenne es Emanzipation, Gottes Wille. Das Gebot, statt Seiner über die Welt zu herrschen - und somit auch über Leben und Tod ...«

»Gott setzt uns Grenzen«, unterbrach Wilhelm seinen Gastgeber. »Es gibt Dinge, die wir belassen sollten, wie sie sind, denn es gibt Gründe dafür, die für unsereins undurchschaubar sind. Niemals würde ich es wagen, ins fein justierte Räderwerk der gottgegebenen Weltordnung einzugreifen. Niemals würde ich gegen die...

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