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Gustav Mahler 'Mein lieber Trotzkopf, meine süße Mohnblume'

Briefe an Anna von Mildenburg
BuchGebunden
512 Seiten
Deutsch
Zsolnay, Paulerschienen am16.09.2006
Hamburg im Frühherbst 1895: Die 23-jährige Sängerin Anna von Mildenburg debütiert am Stadttheater und wird über Nacht zum Star. Am Pult: ihr Mentor, der damals 35-jährige Gustav Mahler. Bisweilen mehrmals täglich lässt er ihr Botschaften zukommen. Von Anfang an geht es dabei um mehr als nur künstlerische Fragen. Die mehr als 200 Briefe, von denen bisher nur ein Dutzend bekannt waren, dokumentieren eine hochemotionale Liebesgeschichte und geben einen faszinierenden Einblick in das Musikleben des Fin de siècle. Ergänzt wird der von Franz Willnauer edierte Band durch die Korrespondenz zwischen Anna von Mildenburg und Alma Mahler sowie ein vollständiges Auftrittsverzeichnis der legendären Sängerin.mehr

Produkt

KlappentextHamburg im Frühherbst 1895: Die 23-jährige Sängerin Anna von Mildenburg debütiert am Stadttheater und wird über Nacht zum Star. Am Pult: ihr Mentor, der damals 35-jährige Gustav Mahler. Bisweilen mehrmals täglich lässt er ihr Botschaften zukommen. Von Anfang an geht es dabei um mehr als nur künstlerische Fragen. Die mehr als 200 Briefe, von denen bisher nur ein Dutzend bekannt waren, dokumentieren eine hochemotionale Liebesgeschichte und geben einen faszinierenden Einblick in das Musikleben des Fin de siècle. Ergänzt wird der von Franz Willnauer edierte Band durch die Korrespondenz zwischen Anna von Mildenburg und Alma Mahler sowie ein vollständiges Auftrittsverzeichnis der legendären Sängerin.
Zusatztext"In erhellender Ergänzung zu den Familienbriefen lernen wir hier, von Franz Willnauer mustergültig und einfühlsam kommentiert, den anderen Mahler, den Pathetiker und Erotiker, den von Leidenschaften Geschüttelten kennen ..."
Jens Malte Fischer, Süddeutsche Zeitung, 04.10.06

"Die Biographie Gustav Mahlers muss aufgrund dieser wichtigen Edition nicht neu geschrieben werden. Aber die Briefe zeichnen doch ein scharfes und faszinierendes Bild einer großen Sängerin, einer stürmischen Beziehung und eines Komponisten, der zwischen der Leidenschaft für die Frau und die Sängerin hin- und hergrissen war." Michael Gassmann, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.09.07
Details
ISBN/GTIN978-3-552-05389-2
ProduktartBuch
EinbandartGebunden
FormatLeinen
ErscheinungsortWien
ErscheinungslandÖsterreich
Erscheinungsjahr2006
Erscheinungsdatum16.09.2006
Seiten512 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht750 g
Illustrationen36 s/w Abbildungen
Artikel-Nr.10715252

Inhalt/Kritik

Leseprobe
18

[Hamburg,] 29. XI. 1895

Meine liebste Anna!
Sei mir gegrüßt am heutigen Morgen! Wie fühle ich mich beglückt, daß ich Dir es sagen darf, was dieser Tag für mich bedeutet.
Er ist in ureigenstem Sinne zu meinem Geburtstag geworden! ? So, siehst Du mein Lieb?, jetzt habe ich Dir doch meinen Geburtstag verrathen.
Vor einigen Tagen hast Du mir angedeutet, daß die Zahl 23 in Deinem Leben bedeutungsvoll ist. ? Hast Du es geahnt, was dieser 23. Geburtstag für Dich bedeuten wird?
In wenigen Stunden werde ich Dir in die lieben Augen blicken. Ich kann es kaum erwarten. Wird einmal der Tag kommen, wo ich es immer thun darf?
Komm nur recht bald! ? Ich werde in der heutigen Probe gar nicht abklopfen. Ich fürchte überhaupt, daß ich jetzt ein sehr »ungewissenhafter« Kapellmeister sein werde. ? Seit ich ein so seliges Wissen habe, habe ich mein Gewissen verloren.
Sag mir heute schnell in einem unbewachten Augenblick, ob Du mich lieb hast. Meine Geliebte, Du mußt es mir noch oft sagen, bevor ich es zu voller Sicherheit weiß, Du »Feind«, vor dem ich so schnell capitulirt habe ? und mich auf Gnade und Ungnade ergeben! Welches Glück für mich, daß es auf Gnade war! Ja? Ja? Sag mir?s! Meine Liebe! Auf Wiedersehen!
Dein
Gustav
29. Nov[ember] 1895

Quelle: Autograph, ÖTM, AM 29086 BaM. ? Datierung: von fremder Hand am Anfang des Briefes: 29. XI. 1895; von Mahlers eigener Hand nur die Datierung am Ende des Briefes.


19

ohne Ort, ohne Datum
[Hamburg, Herbst 1895]
[von fremder Hand: 1896]

Im Zwischenakt

Mein liebes süßes Lieb, ich muß Dir schnell einen Gruß schicken. Mir ist schrecklich bange ? und kaum kann ich mich halten, so laufe ich selbst hinüber zu Dir. ? Jetzt sitzt mein Lieb wol beim Nachtmahl? ? Geh nur hinüber, liebes Mädel, zu den Andern, damit Du nicht ganz allein bist. Denk an mich! Auf Wiedersehen, mein Schatz.
Nachmittag wollte ich auch schon zu Dir[,] da kam plötzlich Behn!
Auf der anderen Seite steht auch etwas: ein Räthsel! Mein Liebling
Gute Nacht! Dein
Gustav

Quelle: Autograph, ÖTM, AM 29032 BaM. ? Datierung: unklar. ? Im Zwischenakt: GM schrieb den Brief in der Pause einer von ihm dirigierten Opernvorstellung. ? geh nur hinüber ? zu den Andern: s. Anm. zu Brief Nr. 14 Welckerstr. ? Behn: Der Hamburger Rechtsanwalt und Komponist Dr. Hermann Behn (1859?1927) gehörte, nachdem ihn GM in dem Salon der mit Hans von Bülow befreundeten Österreicherin Henriette Lazarus kennengelernt hatte, zum engsten Hamburger Freundeskreis Mahlers. Nach Mahlers Abgang aus Hamburg begann er ein Verhältnis mit AvM. ? ein Räthsel: GM hat auf die Rückseite des Briefes einen großen Kreis gemalt, der einen Kuß bedeuten sollte.


20

ohne Ort, ohne Datum
[Hamburg, Herbst 1895]

Lieb! Denk Dir: Meine Schwestern haben sich es in den Kopf gesetzt, mich vom Theater abzuholen! Ich kann daher nicht zu Dir kommen.
In aller Eile nur einen Herzensgruß, mein liebes, süßes Anna-Kind! Wie schade!
Herzlichst Dein
Gustav

Morgen 111/2 [Uhr] bin ich bei Dir!

Quelle: Autograph, ÖTM, AM 29078 BaM. ? Datierung: unklar. ? Meine Schwestern: s. Anm. zu Brief Nr. 13.


21

ohne Ort, ohne Datum
[Hamburg, Herbst 1895]
[ohne Anrede]

Ob Dir jetzt auch so zu Muthe ist, wie mir? Anna! Einige Schritte von Dir entfernt sein, und doch nicht hinüber zu Dir können, wie weh ist das!
Wo bist Du nach der Vorstellung? Warst Du spazieren?
Liebe, liebe Anna! Leb wol! Auf Wiedersehen! Denk an mich! Mir ist es so, als ob im letzten Moment etwas zwischen uns gewesen wäre; war es Dir nicht auch so? Beinahe wäre ich da geblieben. Aber ich weiß aus Erfahrung daß das nicht gut ist! Es war wol nur die entsetzliche Öde der Trennung!
Anna, Ewig geliebte, leb wol
Ich küsse Dich tausend tausend mal
Dein
Gustav

Quelle: Autograph, ÖTM, AM 29115 BaM. ? Datierung: unklar.

***
Der 13. Dezember 1895 stellt das bis dahin wichtigste Datum in der Komponistenlaufbahn Gustav Mahlers dar. An diesem Freitag erklang Mahlers Zweite Symphonie zum ersten Mal ? interpretiert vom besten deutschen Orchester, in Berlin, dem wohl bedeutendsten Ort des deutschen Musiklebens. Nachdem Richard Strauss, der in der Saison 1894/95 die Berliner Philharmonischen Konzerte leitete, die ersten drei Sätze der Symphonie bereits auf das Programm des Konzerts am 4. März 1895 gesetzt hatte, brachte Mahler nun das komplette Werk auf eigene Kosten zur Uraufführung. Unter seiner Leitung musizierten die Berliner Philharmoniker zusammen mit dem Chor der Stern?schen Singakademie und dem Sängerbund des Berliner Lehrervereins; die Solistinnen waren zwei Mitglieder von Mahlers Hamburger Opernensemble, Josephine von Artner und Hedwig Felden.
Mit der Durchführung des Konzerts hatte Mahler die prominente Berliner Konzertdirektion Wolff beauftragt, doch zahlreiche Einzelheiten, wie die Gewinnung und Beaufsichtigung der mitwirkenden Chöre, mußte Mahler selbst organisieren. Aus diesem Grund reiste Mahler schon vor Probenbeginn mehrfach von Hamburg nach Berlin. Über das eigentliche Probenstadium, zu dem Mahler am 6. Dezember 1895 in Berlin eintraf, sind wir durch tägliche Briefe an Anna von Mildenburg unterrichtet. Gustav Mahlers Hoffnung, daß Direktor Pollini der Sängerin Urlaub erteilen würde, damit sie an der für ihn so wichtigen Aufführung teilnehmen könnte, erfüllte sich nicht.


22

ohne Ort, ohne Datum
[Hamburg, Ende November/Anfang Dezember 1895]

Meine liebe Anna!
Gestern in Berlin hatte ich nicht eine Minute für mich. Um 1 Uhr kam ich an und um 7 [Uhr] fuhr ich wieder ab. ? Ich möchte Dir noch schnell ein liebes Wort sagen, bevor ich zur Probe gehe, da ich dich heute Vormittag nur in Gegenwart Anderer sehen werde.
Gestern war der erste Tag, seitdem Du mich lieb hast (Ja?) daß ich fern von Dir war, und es waren eigenthümliche Empfindungen, wenn ich diesen Tag mit dem letzten verglich, den ich in Berlin verbrachte. Erinnerst Du dich noch daran? Ich schreibe Dir nicht, um einem Versprechen nachzukommen, sondern aus innigstem Antrieb meines Herzens. Ich bin in meinem ganzen Wesen so von Dir erfüllt, meine Liebe, Liebe! Verstehst Du es nicht, daß ich so ernst, ja beinahe traurig werde, wenn ich Dich ansehe? Weißt Du es noch nicht, welch ein tiefer Schmerz mit der Seligkeit verbunden ist, sich ganz ? »mit Leib und Seele« ? einem geliebten Menschen hinzugeben[?]? Mir ist es so geheimnißvoll und schwermuthsvoll, wie der Beginn eines neuen Lebens.
Darin sind wir wol verschieden ? und Du bist noch so jung und unerfahren. Unsere Zukunft ist noch ein dunkles Reich, und alles unbestimmt und unbestimmbar. ? Ich werde Dich noch oft so traurig ansehen; dann wirst Du es jetzt wissen, warum!
O Gott, möge es Dir Segen bringen, daß mich das Loos Dir zugeführt hat und möge alles Leid, das uns vielleicht noch beschieden ist, nur mir allein zugemessen werden!
Ich weiß noch nicht, wie ich Dir diesen Brief zukommen laßen kann ? durch einen Dienstmann möchte ich ihn Dir jetzt nicht zusenden, da ich weiß, daß jetzt meine Schwester bei Dir ist.
Ich bin übrigens so besorgt, da Dir gestern nicht wol war. Ich bitte Dich, mein liebes Mädchen, unterlaße nichts, und sorge für Deine Gesundheit. Sei tausendmal gegrüßt, meine Anna. Ich sehe Dich hoffentlich bald. Mir ist es, als wäre es schon lang her, daß ich Dich nicht gesehen.
Innigst Dein
Gustav

Ich sende dieß vielleicht doch durch einen Dienstmann.

Quelle: Autograph, ÖTM, AM 29151 BaM. ? Datierung: wird durch den Inhalt nahegelegt.


23

hotel zum askanischen hof
berlin w. königgrätzer str. 21

Berlin, den 7. Dez[ember] 1895

Meine liebe, theuere Anna!
Meine flüchtigen Zeilen von gestern hast Du hoffentlich erhalten. Wie gerne hätte ich mehr geschrieben, einige Blumen, die Du so sehr liebst, mitgeschickt; aber bis zum letzten Moment war
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Autor

Franz Willnauer, geboren 1933 in Enns, Oberösterreich. Arbeitete zunächst bei der Universal Edition sowie als Kulturredakteur u.a. beim FORVM. Von 1986 bis 1991 Generalsekretär der Salzburger Festspiele. 2007 gestaltet er im Wiener Staatsopernmuseum die Ausstellung "Gustav Mahler - 100 Jahre danach". Er lebt bei Köln.