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Der Erdbeerpflücker

Thriller. Nominiert für den Martin Kinder- und Jugendkrimipreis 2004 - von 14-99 J.
TaschenbuchKartoniert, Paperback
350 Seiten
Deutsch
cbterschienen am01.12.2003Originalausgabe
Hochspannung für Thriller-Fans: Der Start der fulminanten "Erdbeerpflücker"-Reihe!

Als ihre Freundin ermordet wird, schwört Jette öffentlich Rache - und macht den Mörder damit auf sich aufmerksam. Er nähert sich Jette als Freund, und sie verliebt sich in ihn, ohne zu ahnen, mit wem sie es in Wahrheit zu tun hat.

Die fulminante Spiegel-Bestsellereihe von Monika Feth begeistert Millionen Leser:innen. Die Jette-Thriller sind nervenzermürbend, dramatisch und psychologisch brilliant erzählt. Atemberaubende Spannung der Extraklasse!
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextHochspannung für Thriller-Fans: Der Start der fulminanten "Erdbeerpflücker"-Reihe!

Als ihre Freundin ermordet wird, schwört Jette öffentlich Rache - und macht den Mörder damit auf sich aufmerksam. Er nähert sich Jette als Freund, und sie verliebt sich in ihn, ohne zu ahnen, mit wem sie es in Wahrheit zu tun hat.

Die fulminante Spiegel-Bestsellereihe von Monika Feth begeistert Millionen Leser:innen. Die Jette-Thriller sind nervenzermürbend, dramatisch und psychologisch brilliant erzählt. Atemberaubende Spannung der Extraklasse!
ZusammenfassungHochspannung für Thriller-Fans
Als ihre Freundin ermordet wird, schwört Jette öffentlich Rache - und macht den Mörder damit auf sich aufmerksam. Er nähert sich Jette als Freund, und sie verliebt sich in ihn, ohne zu ahnen, mit wem sie es in Wahrheit zu tun hat.
Details
ISBN/GTIN978-3-570-30258-3
ProduktartTaschenbuch
EinbandartKartoniert, Paperback
Verlag
Erscheinungsjahr2003
Erscheinungsdatum01.12.2003
AuflageOriginalausgabe
Reihen-Nr.1
Seiten350 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht332 g
Artikel-Nr.10554218

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Es war einer dieser Tage, an denen man die Hitze riechen konnte. Die von der Sonne verbrannte Haut. Den Schwei? der aus s?lichen Poren trat, sobald man sich bewegte. Einer dieser Tage, die ihn kribblig machten und gereizt. An denen man ihm besser nicht in die Quere kam. Die andern hatten sich allm?ich daran gew?hnt. Sie lie?n ihn in Ruhe arbeiten, sprachen ihn nicht an, d?ften sogar die Stimme, wenn er an ihnen vorbeiging. Er konnte nicht verstehen, dass es Menschen gab, die immerzu redeten. Sie machten keinen Unterschied zwischen Wichtigem und Unwichtigem, ?bersch?tteten einfach alles mit ihren kleinen, dummen, aufgeregten Worten. Schon als Kind hatte er gelernt, sich dagegen zu wappnen, indem er sich in sich selbst zur?ckzog. Er liebte es zu sehen, wie die Lippen seines Gegen?bers sich bewegten, ohne dass auch nur ein Ton seine Ohren erreichte. Wie ein Fisch, dachte er dann. Wie ein Fisch auf dem Trockenen. Fr?her hatte er f?r solche R?ckz?ge Schl? kassiert. Heute merkte niemand mehr, dass er abgetaucht war. Die meisten Menschen waren armselig und dumm wie ihre Worte. Noch eine Stunde, dann w?rde es Mittagessen geben. Er w?rde das rasch hinter sich bringen und sich wieder an die Arbeit machen. Er wusste, wohin diese Unruhe ihn brachte, wenn er sich nicht ablenkte. Was passierte, wenn seine H?e anfingen zu zittern. Wie jetzt. Oh Gott. Er unterdr?ckte ein St?hnen. Zwei Frauen drehten sich nach ihm um. Er kannte sie kaum. Finster starrte er sie an. Sie senkten den Blick und wandten ihm wieder den R?cken zu. Die Sonne am Himmel war ein einziges Glei?n. Brenn mir diese Gedanken aus dem Leib, dachte er. Bitte! Und diese Gef?hle! Aber die Sonne war nur die Sonne. Sie hatte nicht die Kraft, ihm W?nsche zu erf?llen. Diese Kraft hatte nur eine Fee. Jung. Sch?n. Und unschuldig. Das vor allem. Und nur f?r ihn auf der Welt. Der Fahrtwind f?elte den Duft nach frischen Erdbeeren ins ge?ffnete Fenster. Und die Hitze, die in diesem Jahr viel zu fr?h gekommen war. Der Rock klebte mir an den Beinen. Auf meiner Oberlippe standen Schwei?erlen. Ich liebte meinen alten, klapprigen Renault mit seinen Macken, aber an manchen Tagen sehnte ich mich heftig nach einem j?ngeren Modell mit Klimaanlage. Nach der Kurve konnte ich sie sehen ? die Erdbeerpfl?cker auf den Feldern, wie sie sich ?ber die Pflanzen beugten oder vorsichtig zwischen ihnen entlanggingen, gef?llte Kisten auf den Armen balancierend. Sie erinnerten mich an baumwollpfl?ckende Sklaven. Bunte Tupfer auf der weiten gr?nen Fl?e, braun gebrannt von der Sonne. Sie waren Saisonarbeiter, viele von ihnen aus Polen, viele von anderswo, viele aus den entlegensten Winkeln Deutschlands, die letzten Abenteurer, eine allj?liche Invasion, vor der die Dorfbewohner T?ren und Fenster verschlossen. Abends trafen sich die fremden Frauen und M?er, die Jungen und M?hen am Brunnen, dem Mittelpunkt des Dorfs, tranken, rauchten, redeten, lachten. Sie hielten sich abseits, gr??en die Nachbarn nicht, l?elten ihnen nicht mal zu. Es stimmte schon mit manchen Sprichw?rtern. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Die Dorfbewohner hatten Misstrauen ges?und ernteten nun die Zur?ckhaltung, die sie verdienten. Ich fuhr die lange, gewundene Auffahrt zum Haus hinauf. Der wei? Kies knirschte unter den Reifen. Wie im Film, dachte ich. Alles viel zu perfekt, viel zu gut, um wahr zu sein. Was, wenn ich aufwachte und feststellte, dass ich nur tr?te? Sobald man sich dem Haus n?rte, konnte man das Geld f?rmlich riechen, das hier in jedem Detail steckte. Die ehemalige Wasserm?hle war sorgf?ig und kostspielig restauriert worden. Selbst den Bachlauf hatte der Architekt in die Innenausstattung mit einbezogen, indem er ihn angezapft und in einer schmalen Rinne durch die Eingangshalle gef?hrt hatte. Die Sonne spielte auf dem zweihundert Jahre alten roten Backstein, lie?den Kiesbelag erstrahlen und brach sich in der Glasfront des Anbaus, der aussah wie von einem Science-Fiction-Autor erdacht. Das Haus meiner Mutter. Seine Sch?nheit fesselte mich bei jedem Besuch aufs Neue. Ich schloss die T?r auf und betrat die Halle. Eine wohl tuende K?hle empfing mich. Und unser Kater Edgar, der seinen Namen der simplen Tatsache verdankt, dass meine Mutter die Geschichten von Edgar Allan Poe verg?ttert. Ich hob ihn auf und knuddelte ihn, wobei enorm viele Haare auf den Boden rieselten. Konnte es sein, dass er immer noch Winterfell verlor? Ich setzte ihn wieder ab und er leckte sich die Flanke und stolzierte vor mir her zur Treppe. Auch im Innern des Hauses war alles erlesen und kostbar, von kundiger Hand zusammengestellt. Die Sonne warf ihr weiches Nachmittagslicht durch die hohen Fenster der Halle und brachte das Holz der Treppe zum Leuchten. Die Rattansessel auf dem Terrazzoboden weckten Sehnsucht nach Italien, ebenso die karg get?nchten wei?n W?e und die runden, m?nchischen Nischen der Fenster. Allein die Treppe war ein Kunstwerk f?r sich. Die Stufen schienen f?rmlich in der Luft zu schweben. Der Schreiner, der sie gebaut hatte, war daf?r bekannt, dass er sich immer f?r ein Minimum an Material und ein Maximum an Wirkung entschied. Mit Erfolg. Es war ?brigens mit allem hier so. Mit jedem Zimmer und jedem Einrichtungsgegenstand. Meine Mutter hatte grunds?lich das Beste gew?t. Und das Teuerste. Sie konnte es sich leisten. Am Ende der Treppe angelangt, durchquerte Edgar schnurstracks die obere Halle. Er wusste, dass mein erster Weg mich stets zu meiner Mutter f?hrte. Aus ihrem Zimmer drangen keine Ger?che. Vielleicht war sie eingeschlafen. Vorsichtig ?ffnete ich die T?r. Meine Mutter sa?an ihrem Schreibtisch vor einem Stapel Papier, die Lesebrille auf der Nase. Sie drehte sich zu mir um und l?elte. ?Jette! Wie sch?n!? Meine Mutter ist Schriftstellerin. Krimiautorin, um genau zu sein. Sie schreibt f?r die schwarze Reihe des Piepenbrink Verlags, und das ?erst erfolgreich. Seit sie dem, was meine Gro?utter und ihr Damenzirkel so unter echter Literatur verstehen, den R?cken gekehrt hat, verkaufen sich ihre B?cher wie warme Semmeln. Sie sind inzwischen in mehr als zwanzig Sprachen ?bersetzt worden und um die Filmrechte rei?n sich die Produktionsfirmen. ?Setz dich einen Augenblick. Bin gleich fertig.? Man darf meine Mutter jederzeit und bei allem st?ren, nur nicht beim Notieren eines Einfalls oder beim Skizzieren einer Idee. Ich hatte mich l?st daran gew?hnt und nahm es ihr nicht mehr ?bel. Fr?her war das anders gewesen. Es war mir immer so vorgekommen, als w?n ihr die Worte wichtiger als ich. Edgar war schon auf das Sofa gesprungen und wartete darauf, dass ich mich setzte. Er rollte sich auf meinem Scho?zusammen, schloss die Augen, schnurrte und bohrte mir z?lich die Krallen in den Oberschenkel. Ich kann mich noch an das Leben vor dem Erfolg meiner Mutter erinnern. Damals wohnten wir in einem Reihenhaus in Br?hl. Die Vorg?en sahen aus wie gut gepflegte Familiengr?r, bepflanzt mit Nadelstr?hern, Rhododendren und einj?igen Pflanzen. Hier und da gluckerte Wasser ?ber sauber geb?rstete Quellsteine in ein Seerosenbecken mit einer Hand voll fetter Goldfische. Im Souterrain, hinter von Efeu umspielten Fenstern, hatte mein Vater sein B?ro. Rechts neben der Haust?r hing, etwa in Augenh?he, ein Messingschild mit der Aufschrift: Theo Weing?ner. Steuerberater. Das Schild war blank geputzt. Viele Kundinnen meines Vaters ?berpr?ften darin ihr Make up, bevor sie auf den Klingelknopf dr?ckten. Wir hatten eine Putzhilfe, die zweimal w?chentlich das Haus umkrempelte, und einmal pro Monat kam ein Fensterputzer. Meine Mutter schrieb und schrieb. Ihr liebstes Bet?gungsfeld neben ihrem Arbeitszimmer im ersten Stock war der Garten, der aussah wie ein Paradebeispiel f?r eine Hochglanzausgabe von Homes & Gardens, mit genau der richtigen Mischung aus gepflegten und verwilderten Ecken, die bei den Gartenzeitschriften gerade in Mode ist. Meine Mutter pflegte ihre Schreibkrisen bei der Gartenarbeit auszukurieren. Vielleicht h?e sie es hin und wieder vorgezogen, ein Problem mit meinem Vater zu besprechen, statt es in der Erde zu verbuddeln oder an Spalieren festzubinden, doch er konnte den Konflikten, die meine Mutter auf dem Papier entstehen lie? und der Sprache, mit der sie das tat, kein Interesse abgewinnen. Wenn er ?ber den Beruf meiner Mutter sprach, was selten vorkam, dann bezeichnete er ihn als Schreiberei und meine Mutter nannte er eine Schreiberin. Er tat das mit einem freundlichen Augenzwinkern, das man ihm nicht glaubte. Schriftstellerin oder Autorin brachte er nicht ?ber die Lippen, denn das h?e bedeutet, dass er ihren Beruf ernst nahm. Sein Verhalten ?erte sich auch dann nicht, als meine Mutter in den ersten Talkshows auftauchte und Journalisten unser Haus f?r Fotoreportagen und Kurzfilme mit ihr auf den Kopf stellten. Die Abrechnungen des Verlags jedoch n?tigten selbst meinem Vater Respekt ab. Extras wurden davon angeschafft, der neue BMW, eine moderne, zweckm?gere Einrichtung f?r das B?ro meines Vaters, ein neuer Computer f?r meine Mutter, der lang ersehnte Wintergarten. Das Schreiben meiner Mutter hatte mit unserem t?ichen Leben wenig zu tun. Es geschah wie nebenbei, ohne dass wir viel davon mitbekamen. Irgendwann tauchte sie dann mit der Bemerkung in der K?che auf, sie habe das neue Manuskript fertig. Einige Wochen sp?r kam ihre Lektorin und sie setzten sich in den Wintergarten und besprachen das Manuskript und verteilten die Bl?er ?berall, sodass es schwierig war, hin und her zu gehen, ohne ein heilloses Durcheinander zu verursachen. Wieder sp?r brachte der Postbote die Korrekturfahnen, den Entwurf des Umschlagbilds und irgendwann das fertige Buch. Meine Mutter braucht das Schreiben. Um den Alltag auszuhalten, wie sie es ausdr?ckt. Das war schon immer so. Vielleicht brauchte sie das Schreiben damals noch n?tiger, weil sie neben dem Alltag an sich auch noch meinen Vater aushalten musste. Er mag keine ?erraschungen und bastelt an dem perfekten Leben in einem perfekten Zuhause und einem perfekten Beruf. Manchmal kommt er mir vor wie der Bewohner einer ?berdimensionalen Puppenstube, wo nichts jemals verr?ckt wird, wo alles h?bsch an seinem Platz bleibt. Meine Mutter dagegen ist von Natur aus chaotisch. Bestimmt waren ihr Puppenstuben schon als Kind ein Gr?l und es war nur folgerichtig, dass sie die Pflege des Hauses anderen ?berlie? Mehr und mehr wandte sie sich dem Garten zu. Er war ihr eigenes, ?berschaubares, eingegrenztes Universum, in dem sie schalten und walten konnte, wie sie wollte. Erfolge zeigten sich un?bersehbar, Fehler konnten leicht korrigiert werden. Ebenso war es mit dem Schreiben. Meine Mutter war f?g, eine komplexe Welt zu erschaffen, in der sie allein Macht ?ber die Figuren und ihr Schicksal hatte. Menschen wurden geboren, Menschen starben, und es war meine Mutter, die an den F?n zog. Das fand hinter der geschlossenen T?r und in der Stille ihres winzigen Arbeitszimmers statt. Manchmal erz?te sie davon und ihre Augen schienen Funken zu spr?hen. Doch meistens behielt sie ihre Schreiberlebnisse f?r sich und wir sprachen ?ber andere Dinge. Eine Illustrierte bezeichnete meine Mutter einmal als eine vom Schreiben besessene Frau, die es gelernt habe, ihre Sucht gut zu verbergen. Der das Leben zu wenig sei. Die sich in ihren Geschichten ein anderes Leben erfinde. Ein anderes Leben. Vielleicht h?e mein Vater sie dorthin begleiten k?nnen, wenn er gewollt h?e. Aber er wollte nicht. Und ich? Mich hat keiner gefragt. Meine Mutter fl?chtete sich auch in Lesereisen. Wochenlang war sie unterwegs, rief mich aus M?nchen an, aus Hamburg, Z?rich und Amsterdam. Neben unserem Telefon lag st?ig eine Liste der Hotels, in denen sie sich gerade befand. Mama: erreichbar unter ... F?r die Dauer ihrer Abwesenheit verwandelte sich unsere Putzhilfe in eine Haush?erin, die von fr?h bis sp?bei uns war und s?liche Arbeiten erledigte, die anfielen. Sie kochte auch f?r uns, deftige Hausmannskost, die meinem Vater mit der Zeit zehn Kilo ?ergewicht bescherte. Meine Mutter wurde bekannt. In der Schule bekam ich allm?ich einen Sonderstatus. Selbst manche Lehrer starrten mich ehrf?rchtig an. Ich begann, Autogramme meiner Mutter zu verh?kern, und verdiente ziemlich gut dabei. Abends, sobald die Schatten in den Zimmern unruhig wurden, vermisste ich meine Mutter. Nicht, dass ich sie mir immer zu Hause gew?nscht h?e. Im Gegenteil. Ich war nur daran gew?hnt, sie zu h?ren, wenn sie die Treppe rauf- oder runterlief. Wenn sie sich eine Stelle aus einem Manuskript halblaut vorlas. Wenn sie telefonierte. Ich vermisste auch den Duft ihres Parf?ms, der wie ein unsichtbarer Schleier in einem Zimmer lag, in dem sie sich aufhielt oder das sie eben verlassen hatte. Wir wurden reich. Meine Eltern kauften die alte Wasserm?hle in Eckersheim mit zwanzigtausend Quadratmetern Grund, idyllisch im Landschaftsschutzgebiet gelegen, und engagierten einen bekannten Architekten f?r die Renovierungs- und Umbauarbeiten. Mein Vater, der eine Villa am Stadtrand von Br?hl vorgezogen h?e, sich aber nicht durchsetzen konnte, stellte eine Sekret?n ein. Sie hie?Angie und sah auch so aus, Mitte drei?g, aschblonder Pferdeschwanz, die Finger voller Ringe, die R?cke zu kurz und zu eng. Meine Mutter verbrachte jede freie Minute auf der Baustelle, mein Vater hatte keine freien Minuten mehr, weil er sich mit Angie in der Arbeit vergrub. Ich pendelte irgendwo dazwischen, trieb mich herum, vernachl?igte die Schule und wurde mit einem Schlag erwachsen. Damals war ich f?nfzehn. Ein Jahr sp?r lie?n meine Eltern sich scheiden. Mein Vater zog nicht mit uns in die fertige M?hle ein. Er blieb im alten Haus, zusammen mit Angie, die schwanger war. ?So.? Meine Mutter nahm die Brille ab. ?Du kommst gerade recht. Ich lechze nach einem Kaffee. Hast du ein bisschen Zeit mitgebracht?? ?So viel du willst. Und ich st?r dich wirklich nicht?? Sie legte den Stift weg. ?Doch. Aber genau im richtigen Moment. Ich komme n?ich gerade nicht weiter. Den Computer hab ich l?st ausgemacht. Wei? du, wie das ist, wenn man den letzten Satz anstarrt wie das Kaninchen die Schlange, und auf einmal stellt man fest, dass eine ganze Stunde vergangen ist?? Meine Mutter wartete die Antwort nicht ab. Rhetorische Fragen sind ihre Spezialit? Sie stand auf, beugte sich zu mir herunter und gab mir einen Kuss. Ihr Parf?m war mir so vertraut wie ihre Stimme oder die W?e ihrer Haut. Calypso. Sie nahm nie ein anderes. Es war leicht und frisch und duftete nach Sommer. Meine Mutter lie?es sich in einer Parf?merie mischen. Der Duft wurde eigens f?r sie zusammengestellt und sie selbst hatte ihm den Namen gegeben. Die einzige Extravaganz, die sie sich erlaubte, seit sie eine reiche Frau war, au?r, dass sie ein kleines Verm?gen f?r ungew?hnliche Ringe, Ketten und Armb?er ausgab, die sie dann nicht trug, weil sie sie zu auff?ig fand. ?Stimmt was nicht?? Sie fuhr sich ?ber das kurz geschnittene schwarze Haar, das von silbrig grauen F?n durchsetzt war. ?Im Gegenteil.? Ich l?elte. ?Du siehst klasse aus. Wie immer.? Sie nahm mich am Arm und zog mich aus dem Zimmer. ?Du auch.? Das war eine glatte L?ge. Aber vielleicht merkte sie nicht mal, dass sie mich belog. Vielleicht belog sie sich selbst. Redete sich ein, dass ich sch?n sei. Ihr Ebenbild. Doch das bin ich nicht. Und wollte es auch nie sein. Gegen keine Sch?nheit der Welt w?rde ich meine Einzigartigkeit eintauschen, selbst wenn sie nichts Besonderes ist. Ich bin ich selbst und das ist mehr, als manche von sich behaupten k?nnen. Wir gingen nach unten. Sonnenflecken hatten sich auf dem K?chenboden ausgebreitet. Auf dem gr??en aalte sich Molly, unsere Katze, schwarzwei?wie die Schachbrettfliesen. Molly, die ihren stinknormalen, durch nichts und niemanden inspirierten Namen allein mir verdankt, begr??e mich mit einem hellen Miauen, erhob sich und strich mir um die Beine. Dann verschwand sie mit Edgar durch die weit ge?ffnete Terrassent?r in den Garten. Meine Mutter machte uns Kaffee an dem schon etwas betagten Espressoautomaten. Mir fiel wieder auf, wie sehr sie allm?ich meiner Gro?utter ?lich wurde. Sie ?erte sich oft dar?ber, denn Gro?utter und sie sind wie Feuer und Wasser und nichts scheint daran etwas ?ern zu k?nnen. ?Wie kommst du mit dem neuen Buch klar??, fragte ich und setzte mich auf die Tischkante, die warm war von der Sonne. ?Es wird mich Jahre meines Lebens kosten.? Meine Mutter bringt es locker fertig, die theatralischsten S?e mit den banalsten Handgriffen zu verbinden. Konzentriert stellte sie Kaffeetassen, Zucker und eine Schale mit Orangenpl?chen auf ein Tablett, das ich noch nicht kannte oder aber noch nie wahrgenommen hatte, und trug alles auf die Terrasse hinaus. ?Ich konnte besser schreiben, als du noch hier gewohnt hast. Mir fehlt die ruhige Regelm?gkeit, die unser Leben hatte.? ?Und ich fehle dir nicht?? Die Worte waren kaum heraus, da bereute ich sie schon. Machte es mir etwa immer noch etwas aus, ein eher unbedeutender Bestandteil im Leben meiner ber?hmten Mutter zu sein? Tat es mir immer noch weh, dass sie mich im Grunde nicht brauchte? Dass ihr jede Tochter recht gewesen w?, beliebig und austauschbar? ?Vergiss es.? Ich wischte meine Frage mit einer Handbewegung beiseite. ?War nicht ernst gemeint.? Verletzt sah sie mich an. ?Kannst du dir diese ?erempfindlichkeit nicht endlich abgew?hnen, Jette?? Und das ausgerechnet von ihr! Wo man sich mit meiner Mutter stundenlang um eine Silbe streiten konnte. Ich lie?mich auf einen der Gartenst?hle fallen, lehnte mich zur?ck und atmete tief ein. Wenn ich es jemals bereuen sollte, nicht mehr hier zu wohnen, dann nur wegen dieser Landschaft. Der Blick ging ?ber buckliges Land, auf dem die Schafe eines benachbarten Bauern weideten. Hier und da stand ein trotziger, krummer Obstbaum wie vergessen im Gras. Niemand hatte diese Landschaft anger?hrt. Auch meine Mutter war dankenswerterweise nicht auf die absurde Idee verfallen, hier einen park?lichen Garten anzulegen oder anlegen zu lassen. Wie ich hatte sie den Zauber gesp?rt und ihn nicht angetastet. Das Rauschen des Bachs machte die Idylle komplett. Ich verschr?te die H?e hinterm Kopf und schloss die Augen. ?Wann bist du wieder unterwegs??, fragte ich. Meine Mutter wartete mit der Antwort, bis ich die Augen ?ffnete. ?Nur zu ein paar Einzellesungen. Du wei? doch, dass ich das Sommerloch immer zum Schreiben nutze.? Sommerloch. Alles kreiste um ihr Schreiben. Sogar die Jahreszeiten. Seit sie sich von meinem Vater getrennt hatte, war das Schreiben noch wichtiger geworden. Als w? es ein Schutz vor der Welt, dem Alleinsein oder den Gef?hlen. Ich sah meine Mutter genauer an. Und wenn ihr ganzes erlesenes ??res nur Fassade war? Ein perfekter Panzer? Ich sp?rte ihre nerv?se Energie. Sie schien f?rmlich ?ber den Tisch zu flie?n. So war sie immer am Anfang eines neuen Buchs.mehr
Kritik
Außergewöhnliche Charaktere und ein Spannungsbogen, der auch dann noch fesselt, als die Leser längst begriffen haben, wer der Mörder ist. Ein ungewöhnlich gelungener Kriminalroman. Süddeutsche Zeitungmehr

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Autor

Monika Feth wurde 1951 in Hagen geboren, arbeitete nach ihrem literaturwissenschaftlichen Studium zunächst als Journalistin und begann dann, Bücher zu verfassen. Heute lebt sie in der Nähe von Köln, wo sie vielfach ausgezeichnete Bücher für Leser aller Altersgruppen schreibt. Der sensationelle Erfolg der »Erdbeerpflücker«-Thriller machte sie weit über die Grenzen des Jugendbuchs hinaus bekannt. Ihre Bücher wurden in mehr als 24 Sprachen übersetzt.