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Arztgeschichten

Erzählungen
TaschenbuchKartoniert, Paperback
141 Seiten
Deutsch
Luchterhand Literaturverlagerschienen am05.10.2009
Vom Autor des Klassikers »Der Meister und Margarita«

Die »Arztgeschichten« gehören zum biographischen Teil des Werks von Michail Bulgakow. Er hat Medizin studiert und war selbst als Landarzt tätig. In den Geschichten schildert er mit großer Genauigkeit und Feinfühligkeit die Situation, in der er sich entscheiden musste, wo seine Berufung liegt: als Arzt in der Auseinandersetzung mit den rauen, teils brutalen Verhältnissen der einfachen Leute? Oder sollte er doch nach Moskau gehen und Schriftsteller werden?

Die Erlebnisse des jungen Mediziners Michail Bulgakow als Landarzt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextVom Autor des Klassikers »Der Meister und Margarita«

Die »Arztgeschichten« gehören zum biographischen Teil des Werks von Michail Bulgakow. Er hat Medizin studiert und war selbst als Landarzt tätig. In den Geschichten schildert er mit großer Genauigkeit und Feinfühligkeit die Situation, in der er sich entscheiden musste, wo seine Berufung liegt: als Arzt in der Auseinandersetzung mit den rauen, teils brutalen Verhältnissen der einfachen Leute? Oder sollte er doch nach Moskau gehen und Schriftsteller werden?

Die Erlebnisse des jungen Mediziners Michail Bulgakow als Landarzt.
ZusammenfassungDie »Arztgeschichten« gehören zum biographischen Teil des Werks von Michail Bulgakow. Er hat Medizin studiert und war selbst als Landarzt tätig. In den Geschichten schildert er mit großer Genauigkeit und Feinfühligkeit die Situation, in der er sich entscheiden musste, wo seine Berufung liegt: als Arzt in der Auseinandersetzung mit den rauen, teils brutalen Verhältnissen der einfachen Leute? Oder sollte er doch nach Moskau gehen und Schriftsteller werden
Details
ISBN/GTIN978-3-630-62183-8
ProduktartTaschenbuch
EinbandartKartoniert, Paperback
Erscheinungsjahr2009
Erscheinungsdatum05.10.2009
Seiten141 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht161 g
Artikel-Nr.11071295
Rubriken

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Wer noch nie im Pferdewagen öde Feldwege entlanggezockelt ist, dem brauche ich nichts darüber zu erzählen, er begreift es doch nicht. Wer es aber schon erlebt hat, den möchte ich nicht daran erinnern.Kurz und gut: Für die vierzig Werst, die die Kreisstadt Gratschowka vom Krankenhaus in Murjewo trennen, brauchten der Fuhrmann und ich genau vierundzwanzig Stunden. Kurios genau: Um zwei Uhr nachmittags am 16. September 1917 passierten wir den letzten Kornspeicher am Stadtrand des bemerkenswerten Gratschowka, und um fünf nach zwei am 17. September desselben unvergeßlichen siebzehner Jahres stand ich auf dem vom Septemberregen gepeitschten sterbenden und zerlaugten Gras im Hof des Krankenhauses von Murjewo. Da stand ich und war in folgender Verfassung: die Beine dermaßen steif, daß ich gleich hier im Hof in Gedanken Lehrbücher durchblätterte, stumpf bemüht, mich zu entsinnen, ob tatsächlich eine Krankheit existiert, bei der die menschlichen Muskeln erstarren, oder ob ich das nachts im Dorf Grabilowka nur geträumt hatte. Wie hieß sie auf lateinisch, die verfluchte Krankheit? Jeder Muskel schmerzte unerträglich und erinnerte an Zahnweh. Von den Zehen ganz zu schweigen, sie ließen sich im Stiefel nicht mehr bewegen und lagen reglos wie hölzerne Stummel. Ich gebe zu, in einer Anwandlung von Kleinmut habe ich flüsternd die Medizin verwünscht wie auch die Studienbewerbung, die ich fünf Jahre zuvor beim Rektor der Universität eingereicht hatte. Von oben schüttete es unterdes wie aus einem Sieb. Mein Mantel war vollgesogen wie ein Schwamm. Mit den Fingern der rechten Hand versuchte ich vergeblich, den Koffergriff zu fassen, und spuckte schließlich ins nasse Gras. Meine Finger konnten nichts greifen, und wieder fiel mir, der ich mit allerlei Kenntnissen aus interessanten medizinischen Büchern vollgestopft war, eine Krankheit ein: die Paralyse. Paralysis, sagte ich, weiß der Teufel weshalb, verzweifelt zu mir."A-an eure Straßen hier muß man sich erst g-gewöh-nen", sprach ich mit hölzernen blauen Lippen.Dabei glotzte ich den Fuhrmann böse an, obwohl er eigentlich am Zustand der Straße keine Schuld trug."Ach, Genosse Doktor", antwortete er und konnte die Lippen unter dem blonden Schnurrbärtchen kaum bewegen. "Ich fahr hier schon fünfzehn Jahre und hab mich auch noch nicht daran gewöhnt."Ich erschauerte und betrachtete verzagt das zweigeschossige Gebäude mit der abblätternden weißen Farbe, die ungeweißten Balkenwände des Feldscherhäuschens und meine künftige Residenz, ein zweigeschossiges, blitzsauberes Haus mit geheimnisvollen grabesartigen Fenstern, und stieß einen langen Seufzer aus. Sogleich durchzuckte meinen Kopf statt lateinischer Wörter der genießerische Satz, den in meinem von der Kälte und dem Geschaukel benommenen Gehirn ein dicker Tenor mit hellblauen Hüften sang:Sei mir gegrüßt, ersehntes Obdach ...Leb wohl, leb wohl für lange, goldrotes Bolschoi-Theater, Moskau, Schaufenster ... ach, lebt wohl.Das nächste Mal ziehe ich den Schafpelz an, dachte ich mit wütender Verzweiflung und zerrte steiffingrig an den Kofferriemen. Allerdings ist das nächste Mal schon Oktober, da kann ich gleich zwei Schafpelze anziehen. Und vor einem Monat fahre ich nicht nach Gratschowka. Auf keinen Fall. Überlegen Sie selbst, wir mußten übernachten! Zwanzig Werst hatten wir zurückgelegt und befanden uns in wahrer Grabesfinsternis ... Nacht ... In Grabilowka mußten wir übernachten ... Der Lehrer nahm uns auf .... Heute morgen sind wir um sieben losgefahren ... und dann kommt man - du lieber Gott - langsamer als ein Fußgänger vorwärts. Ein Rad kracht in ein Loch, das andere hebt sich in die Luft, der Koffer - rums - auf die Füße . Dann auf die eine Seite, auf die andere, mit der Nase nach vorn, dann mit dem Genick. Und von oben gießt und gießt es, und man friert durch bis auf die Knochen. Hätte ich etwa voraussehen können, daß ein Mensch mitten im grauen und sauren September auf dem Feld frieren kann wie im grimmigsten Winter? Wie sich zeigt, kann er. Und während man eines langsamen Todes stirbt, sieht man immer nur ein und dasselbe. Rechts das bucklige, abgeknabberte Feld, links ein verkümmertes Waldstück, daneben halb zerfallene graue Hütten, fünf oder sechs an der Zahl. Es scheint, als gäbe es keine lebende Seele darin. Schweigen, Schweigen ringsum .Endlich gab der Koffer nach. Der Fuhrmann beugte sich darüber und schob ihn auf mich zu. Ich wollte ihn am Riemen fassen, doch meine Hand versagte, und mein dickgeschwollener, mir zum Ekel gewordener Weggefährte, vollgestopft mit Büchern und allem möglichen Plunder, plumpste, mir gegen die Beine schlagend, ins Gras."Ach, du lie...", setzte der Fuhrmann erschrocken an, doch ich machte ihm keine Vorwürfe, denn meine Beine taugten ohnehin bloß noch zum Wegschmeißen."He, ist da wer? He!" schrie der Fuhrmann und schlug mit den Armen um sich wie ein Hahn mit den Flügeln. "He, ich hab den Doktor hergebracht!"Da drückten sich Gesichter an die dunklen Fenster des Feldscherhäuschens, eine Tür klappte, dann sah ich einen Mann in zerrissenem Mantel und Stiefeln durchs Gras auf mich zuhumpeln. Respektvoll riß er zwei Schritte vor mir die Schirmmütze vom Kopf, lächelte verschämt und begrüßte mich mit heiserem Stimmchen: "Guten Tag, Genosse Doktor.""Wer sind Sie denn?" fragte ich."Jegorytsch bin ich", stellte er sich vor, "der hiesige Wächter. Wir warten ja schon so auf Sie."Sogleich ergriff er den Koffer, schulterte ihn und trug ihn weg.Ich stakste hinter ihm her, erfolglos bemüht, die Hand in die Hosentasche zu schieben, um das Portemonnaie hervorzuholen.Der Mensch braucht eigentlich sehr wenig. Vor allem braucht er ein wärmendes Feuer. Beim Aufbruch in die Einöde von Murjewo hatte ich mir, das fiel mir jetzt ein, noch in Moskau vorgenommen, mich würdevoll zu geben. Mein jugendliches Aussehen hatte mir schon auf den ersten Schritten das Dasein vergällt. Jedem mußte ich mich vorstellen: "Doktor Soundso." Und jeder zog unweigerlich die Augenbrauen hoch. "Wirklich? Ich dachte, Sie wären Student.""Nein, ich bin schon fertig", antwortete ich dann mürrisch und dachte: Ich muß mir eine Brille zulegen, jawohl. Aber diese Anschaffung hatte keinen Zweck, denn meine Augen waren gesund und noch nicht von Lebenserfahrung getrübt. Da mich somit keine Brille vor freundlich herablassendem Lächeln schützte, trachtete ich, mir achtunggebietendes Gehaben anzugewöhnen.mehr
Kritik
"Mit Sicherheit eine interessante Lektüre für viele Ärztinnen und Ärzte" Bayerisches Ärzteblattmehr

Autor

Bulgakow, MichailMichail Bulgakow wurde am 15. Mai 1891 in Kiew geboren und starb am 10. März 1940 in Moskau. Nach einem Medizinstudium arbeitete er zunächst als Landarzt und zog dann nach Moskau, um sich ganz der Literatur zu widmen. Er gilt als einer der größten russischen Satiriker und hatte zeitlebens unter der stalinistischen Zensur zu leiden. Seine zahlreichen Dramen durften nicht aufgeführt werden, seine bedeutendsten Prosawerke konnten erst nach seinem Tod veröffentlicht werden. Seine Werke liegen im Luchterhand Literaturverlag in der Übersetzung von Thomas und Renate Reschke vor.Reschke, ThomasThomas Reschke, geboren 1932 in Danzig, studierte Slawistik an der Humboldt-Universität zu Berlin. 1955-1990 war er Redakteur und Lektor der DDR-Verlage "Kultur und Fortschritt" und "Volk und Welt". Seit 1956 übersetzt er literarische Werke aus dem Russischen, seit 1990 hauptberuflich als freier Übersetzer. Heute zählt er zu den produktivsten deutschen Russisch-Übersetzern der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, seine Übersetzung eines Großteils der Werke Michail Bulgakows gilt als hervorragend. Thomas Reschke wurde für seine Übersetzungen vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem F.-C.-Weiskopf-Preis (1975), dem Maxim-Gorki-Preis des Sowjetischen Schriftstellerverbandes (1987), dem Deutschen Jugendliteraturpreis, Sparte Übersetzung (1992), dem Bundesverdienstkreuz (2000) sowie in Anerkennung seines Lebenswerks dem Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW (2001).