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Der Kult

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am09.04.2012
Sie kennt die Farbe des Todes
Eine junge Frau befreit mehrere Personen aus einem brennenden Haus. Doch der namenlosen Heldin fehlt jede Erinnerung an ihr früheres Leben. Dafür besitzt sie die Gabe der Synästhesie und ist in der Lage, die Farbe der Aura zu erkennen, die jeden Menschen umgibt. Eine seltene Fähigkeit, für die sich nicht nur ein psychopathischer Killer, sondern auch der charismatische Anführer eines rätselhaften Kults brennend interessieren. Gemeinsam mit dem Psychiater Dr. Nathan Fox, zu dem sie eine tiefe Zuneigung entwickelt, macht sich die Unbekannte auf die Suche nach ihrer Vergangenheit.

Michael Cordy war bis 1993 als Marketingleiter in einem englischen Konzern tätig, bis ihm mit 'Das Nazareth-Gen' auf Anhieb ein Bestseller gelang, der in über 25 Ländern erfolgreich war. Mit Mutation konnte er sich als einer der besten britischen Thrillerautoren etablieren. Michael Cordy lebt mit seiner Frau Jenny in London.
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Produkt

KlappentextSie kennt die Farbe des Todes
Eine junge Frau befreit mehrere Personen aus einem brennenden Haus. Doch der namenlosen Heldin fehlt jede Erinnerung an ihr früheres Leben. Dafür besitzt sie die Gabe der Synästhesie und ist in der Lage, die Farbe der Aura zu erkennen, die jeden Menschen umgibt. Eine seltene Fähigkeit, für die sich nicht nur ein psychopathischer Killer, sondern auch der charismatische Anführer eines rätselhaften Kults brennend interessieren. Gemeinsam mit dem Psychiater Dr. Nathan Fox, zu dem sie eine tiefe Zuneigung entwickelt, macht sich die Unbekannte auf die Suche nach ihrer Vergangenheit.

Michael Cordy war bis 1993 als Marketingleiter in einem englischen Konzern tätig, bis ihm mit 'Das Nazareth-Gen' auf Anhieb ein Bestseller gelang, der in über 25 Ländern erfolgreich war. Mit Mutation konnte er sich als einer der besten britischen Thrillerautoren etablieren. Michael Cordy lebt mit seiner Frau Jenny in London.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641073671
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum09.04.2012
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1789 Kbytes
Artikel-Nr.1099105
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



2

In einem anderen Teil der Stadt fuhr Dr. Nathan Fox aus dem Schlaf und sah sich in dem nur schwach erleuchteten Raum um. Er saß zusammengesackt auf einem Sessel, sein Rücken schmerzte, und einen Moment lang wusste er nicht, wo er sich befand. Das hier war ganz eindeutig nicht seine Wohnung. Dann sah er das Bett, und die Erinnerung kehrte zurück. Er befand sich in einem der privaten Krankenzimmer des Oregon University Research Hospitals. Es war wohl das erste Mal seit seinem Medizinstudium, dass er die Nacht im Krankenhaus verbracht hatte. Aber heute war er nicht im Dienst. Diesmal hatte er persönliche Gründe.

Er stand auf und betrachtete den Patienten im Krankenbett. Wie er da so ruhig lag, die Augen geschlossen, wirkte das ausgemergelte Gesicht des Mannes entspannt und friedlich. Im weichen Licht der Nachttischlampe hätte man fast meinen können, er wäre gesund. Nur sein gequältes Atmen verriet Fox, dass die Lungenentzündung das letzte Stadium erreicht hatte. Seit sie die Antibiotika abgesetzt hatten, war die Krankheit rasch vorangeschritten. Die Lungenentzündung war jedoch nicht der eigentliche Killer, nur der gnädige coup de grâce. Als Fox sanft über die verschwitzte Stirn des Patienten strich, öffneten sich die Augen des Mannes für einen kurzen Moment, starrten mit leerem Blick in den Raum und schlossen sich wieder. Wenigstens bot das Morphium ihm ein wenig Erleichterung.

Ein leises Seufzen ließ Fox zu der Frau hinübersehen, die auf dem Sofa neben dem Bett lag. Auch sie hatte die ganze Nacht am Krankenbett verbracht, und als er nun ihre Decke glatt strich, war er froh, dass sie ein wenig Schlaf gefunden hatte. Es würde bald hell werden. Gähnend streckte er seine Beine und schaute auf die Uhr. In wenigen Stunden kam sein erster Patient, und er war dankbar für die Ablenkung, die seine Arbeit ihm bieten würde. Vorher aber wollte er im Park des Krankenhauses noch eine Runde joggen gehen, um wach zu werden. Auf dem Gang traf er die Oberschwester.

»Alles in Ordnung, Dr. Fox?« Unwillkürlich streckte sie eine trostspendende Hand nach ihm aus, doch ebenso unwillkürlich verlagerte er sein Gewicht und wich ihrer Berührung mit einer kaum merklichen Bewegung aus. »Kann ich Ihnen irgendetwas bringen?«

Er lächelte. »Danke, Kate. Könnten Sie sich bitte um Samantha kümmern, wenn sie wach wird? Ich komme später noch mal rein, um nach den beiden zu sehen, aber geben Sie mir Bescheid, sobald sein Zustand sich ändert.«

Gut zwei Stunden später - nach einer Joggingrunde durch den Park, einer heißen Dusche und einem Milchkaffee mit zwei Stückchen Zucker in der Krankenhauskantine - saß Fox mit seinem ersten Patienten an diesem Morgen in seinem kleinen Büro in der Abteilung für Psychiatrie und Neurologie. Ihm gefiel die Abwechslung, die seine Arbeit ihm bot. Obwohl er seine ambulanten Patienten hier im Hauptgebäude betreute, verbrachte er den größten Teil seiner Zeit in »Tranquil Waters«, der speziellen stationären psychiatrischen Klinik des Krankenhauses. Daneben fand er sogar noch Zeit für seine Arbeit als Gerichtsmediziner. Sein Patient an diesem Vormittag hatte an Fox´ neuster Studie teilgenommen, und schon seine ersten Worte hoben die Stimmung des Arztes.

»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr die Therapie mir geholfen hat, Doktor. Sie haben mir mein Leben zurückgegeben.«

»Das freut mich, John. Das freut mich wirklich sehr.« In Gedanken verglich Fox den freudestrahlenden jungen Mann, der ihm an seinem Schreibtisch gegenübersaß, mit dem verzweifelten, gehetzt wirkenden Patienten, dem er vor sechs Monaten zum ersten Mal begegnet war. Damals war John Fontana von einer Zwangsstörung tyrannisiert worden, ausgelöst durch die jahrelange Mitgliedschaft in einer religiösen Sekte. Fox war stolz auf seine professionelle Objektivität, aber er hasste Sekten und Kulte und all die Schäden, die sie anrichteten. Johns Zwangsstörung manifestierte sich weniger in handfesten Handlungen, sondern vielmehr in destruktiven Gedanken (er war davon überzeugt, vom Teufel besessen zu sein), was sich nur schwerlich durch eine Verhaltenstherapie in den Griff bekommen ließ. Sein Zustand hatte John in den letzten fünf Jahren weder arbeiten noch schlafen lassen, auch hatte er keinerlei Sozialleben - oder überhaupt irgendeine nennenswerte Art von Leben - führen können. Schließlich, nachdem alle anderen therapeutischen Ansätze versagt hatten, war John in Fox´ experimentelle Studie aufgenommen worden. Der Arzt überflog Johns Krankenakte und stellte ihm ein paar gezielte Fragen: »Wie würden Sie Ihren aktuellen Angstlevel einstufen, John?«

»Im Großen und Ganzen würde ich sagen, er hat sich halbiert, von zehn auf fünf. Manchmal gibt es tatsächlich Momente, in denen ich meine Zwangsstörung ganz vergesse. Ich arbeite sogar wieder in meinem alten Job.«

»Sie arbeiten wieder. Das ist großartig. Wie ist es mit dem Schlafen? Nehmen Sie noch Valium oder Chlorpromazin?«

»Nein, ich schlafe gut. Ich nehm nur noch die Prozac und das Risperidon, das Sie mir verschrieben haben.«

»Irgendwelche Nebenwirkungen?«

»Immer noch das trockene Gefühl im Mund, von dem ich Ihnen letztes Mal schon erzählt habe. Und ich hab ein bisschen zugelegt, aber damit kann ich leben: dick und glücklich.«

Fox lächelte und notierte sich die Fortschritte seines Patienten. »Gehen Sie noch zu den ACT-Sitzungen?«

»Hab noch keine einzige verpasst. Die helfen wirklich, mich von dem, was in meinem Kopf abgeht, zu distanzieren.«

»Ausgezeichnet.« Fox warf noch einen letzten prüfenden Blick in die Krankenakte und klappte sie dann zu. Von den dreißig Patienten, die an seiner Studie teilnahmen, hatten achtundzwanzig deutliche Fortschritte gemacht. »Wenn das so ist, John, freue ich mich darauf, Sie in einem Jahr wiederzusehen, um zu schauen, wie es Ihnen geht. Nehmen Sie bitte weiterhin die Tabletten und gehen Sie zu den Sitzungen.« Er erhob sich. »Alles Gute, John.«

»Sie haben mir das Leben gerettet, Dr. Fox.« John machte Anstalten ihn zu umarmen, doch Fox ergriff die Hand seines Patienten und schüttelte sie. »Ich kann Ihnen gar nicht genug danken.«

»Glauben Sie mir, wenn ich sehe, wie gut es Ihnen geht, ist das mehr als genug.« Fox lächelte. »Vielmehr danke ich Ihnen dafür, dass Sie an der Studie teilgenommen haben. Ihr Mut, sich freiwillig zu melden, wird es uns ermöglichen, auch anderen zu helfen.« Als er John zur Tür gebracht hatte, kehrten Fox´ Gedanken wieder zu dem Mann zurück, an dessen Bett er in der vergangenen Nacht gesessen hatte, und das Lächeln um seinen Mund erstarb. Er wünschte, er hätte ihm ebenso helfen können. Die Tür war gerade hinter John ins Schloss gefallen, als es leise klopfte und sie sich erneut öffnete. Aus dem Gesichtsausdruck der Schwester und dem Umstand, dass sie selbst gekommen war, um ihn zu benachrichtigen, las er alles, was er wissen musste. »Es ist so weit.«

»Ja, Dr. Fox.«

Seit dem Tag, an dem seine Eltern und seine Schwester gestorben waren, hatte Fox gelernt, sich von Gefühlen wie Schmerz und Verlust zu distanzieren, doch sobald er das Zimmer betrat, in dem er in der letzten Nacht Wache gehalten hatte, wurde ihm klar, dass es nicht immer möglich war. Immer wieder wurde er gefragt, wie ein Mensch mit so viel Empathie in der Lage sein konnte, sich in die Gedankenwelt seiner Patienten hineinzuversetzen, ohne in irgendeiner Weise davon beeinflusst zu werden, und jedes Mal antwortete er: Man muss die Distanz wahren. Wenn man sich nicht abgrenzte, wurde man verwundbar und verlor den Durchblick. Privat hatte diese Einstellung ihn schon einige Freundinnen gekostet, die in ihm zunächst den perfekten Ehemann gesehen hatten, aber im Allgemeinen war er ganz gut damit gefahren - und vor allem sicher. Im Allgemeinen.

Er nahm den Fahrstuhl in die dritte Etage und konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, über den langen Gang zu rennen, um möglichst schnell in das Krankenzimmer zu kommen. Als er sich dem Bett näherte und der Frau, die sich über den Patienten gebeugt hatte, spürte Fox, wie alle Schutzschilde von ihm abfielen. Onkel Howard und Tante Samantha, die ihn trotz ihrer Entscheidung, niemals Kinder zu bekommen, aufgezogen hatten wie ihren eigenen Sohn, waren die einzigen Menschen auf der Welt, bei denen Fox´ Strategie, sich niemals zu binden und immer emotionale Distanz zu wahren, nicht funktionierte. Howard hatte niemals versucht, seinen Vater zu ersetzen, und doch hatte er es in so vielen Dingen getan. In den schwärzesten Stunden seines Lebens, als Fox in unerträglicher Trauer zu versinken drohte, war sein Onkel wie ein Leuchtturm in die Dunkelheit getreten und hatte ihm unerschütterliche und bedingungslose Liebe geschenkt. Samantha sah Fox ins Zimmer treten und streckte ihre Hand nach ihm aus. »Sie sagen, dass es nicht mehr lange dauern wird, Nathan.«

Fox legte ihr den Arm um die Schulter und küsste sie auf die Wange. »Bald wird er nicht mehr leiden müssen.« Er prüfte den Puls seines Onkels, horchte auf sein gequältes Atmen und öffnete den Morphium-Hahn noch ein wenig. Seine Eltern und seine Schwester waren in einem einzigen Moment von ihm gerissen worden, als er noch zu jung war, um zu verstehen, was da passierte. Seinen Onkel dagegen...


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Autor

Michael Cordy war bis 1993 als Marketingleiter in einem englischen Konzern tätig, bis ihm mit "Das Nazareth-Gen" auf Anhieb ein Bestseller gelang, der in über 25 Ländern erfolgreich war. Mit Mutation konnte er sich als einer der besten britischen Thrillerautoren etablieren. Michael Cordy lebt mit seiner Frau Jenny in London.