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Wassertöchter

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
432 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.04.2020
Es sind gute Zeiten für die hochbegabte Fallanalystin Emma Carow. Sie ist glücklich. Frisch verliebt. Die Dämonen der Vergangenheit ruhen. Emma kann einschlafen, ohne an ihre brutale Vergewaltigung vor vielen Jahren zu denken. Auch mit den Kollegen kommt sie besser klar. Dann findet eine Vergewaltigung statt. Das Opfer hat Schnittwunden, die an ein Ritual erinnern, eingeritzt mit einem sehr scharfen Messer. Genau wie bei Emma damals. Kann es sein, dass ihr Vergewaltiger wieder aktiv ist? Die Indizien sprechen dagegen. Doch als kurz darauf eine grauenhaft zugerichtete Wasserleiche auftaucht, ist Emma sicher: Auch dieses Opfer trägt seine Handschrift. Niemand glaubt ihr. Die Dämonen kehren zurück. Und Emma beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln.

Ule Hansen ist das Pseudonym eines Berliner Autorenduos. Astrid Ule ist zudem Lektorin und Dozentin für Kreatives Schreiben, Eric T. Hansen freier Journalist und Lesebühnengastgeber. Gemeinsam haben sie bereits mehrere Dreh- und Sachbücher verfasst. Sie teilen eine Leidenschaft für nächtliche Gespräche bei gutem Whisky, exzentrische Halloweenpartys und ziellose Streifzüge durch die vergessenen Ecken der Stadt.
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Produkt

KlappentextEs sind gute Zeiten für die hochbegabte Fallanalystin Emma Carow. Sie ist glücklich. Frisch verliebt. Die Dämonen der Vergangenheit ruhen. Emma kann einschlafen, ohne an ihre brutale Vergewaltigung vor vielen Jahren zu denken. Auch mit den Kollegen kommt sie besser klar. Dann findet eine Vergewaltigung statt. Das Opfer hat Schnittwunden, die an ein Ritual erinnern, eingeritzt mit einem sehr scharfen Messer. Genau wie bei Emma damals. Kann es sein, dass ihr Vergewaltiger wieder aktiv ist? Die Indizien sprechen dagegen. Doch als kurz darauf eine grauenhaft zugerichtete Wasserleiche auftaucht, ist Emma sicher: Auch dieses Opfer trägt seine Handschrift. Niemand glaubt ihr. Die Dämonen kehren zurück. Und Emma beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln.

Ule Hansen ist das Pseudonym eines Berliner Autorenduos. Astrid Ule ist zudem Lektorin und Dozentin für Kreatives Schreiben, Eric T. Hansen freier Journalist und Lesebühnengastgeber. Gemeinsam haben sie bereits mehrere Dreh- und Sachbücher verfasst. Sie teilen eine Leidenschaft für nächtliche Gespräche bei gutem Whisky, exzentrische Halloweenpartys und ziellose Streifzüge durch die vergessenen Ecken der Stadt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641201159
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum13.04.2020
Reihen-Nr.3
Seiten432 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1353 Kbytes
Artikel-Nr.4940621
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2

»Du schaust nicht mehr in die Datenbanken, oder? Privat, meine ich?«

Das waren die ersten Worte, die Felix an sie richtete, als Emma die Puppenkiste betrat. Verspätet.

Puppenkiste, Eierköpfe, Profiler, die »echten« Ermittler hatten viele dämliche Spitznamen für die Operative Fallanalyse. Ganz hinten, ganz oben lag die OFA, die keiner so nannte, unterm Dach des LKA Berlin, Keithstraße, ein Bau, wuchtig wie eine Festung, nicht umsonst die Burg genannt. Die OFA war die modernste Abteilung im ganzen Haus, na ja, war nicht schwer, war ja auch die jüngste. Weit, hell, schlicht, mit vielen Fenstern, drei Schreibtischen und Whiteboards, einem großen Konferenztisch am Erker und der besten Kaffeemaschine der Etage. Sigmar grüßte stumm hinter Glas aus seinem Chefbüro, wie immer im schwarzen Rolli, Matze, der Jüngste der Truppe, die Haare seit Neuestem grau gefärbt, nickte ihr vom Computer her zu.

Emma stellte ihre Tasche auf den Tisch. »Weshalb fragst du?«

»Lutz war hier.« Wie er da stand, der kleine Macho mit seiner Sherifftasse, die angeblich ironisch gemeint war. Haha. Diese Selbstsicherheit stank ihr manchmal schon ein wenig. Hätte es ein nettes »Guten Morgen« nicht auch getan? Andererseits, diese Lippen. Die machten vieles wett.

»Er hat noch mal betont, dass die Datenbanken nicht für persönliche Recherchen da sind«, fuhr Felix fort. »Wegen Datenschutzbestimmungen. Jeder Missbrauch wird ab jetzt geahndet. EU und so.«

»Ist was passiert?«

»Warum sonst würde er uns an was erinnern, was wir längst wissen?«

»Sicher hat wieder irgendwer in der Zwölf den neuen Freund seiner Exfrau nachgeschaut«, sagte Emma. Die LKA 12, das war die Abteilung Vermisste Personen. Doch sie wusste, worauf er hinauswollte.

»Ich soll´s dir ausrichten, du warst noch nicht da. Keine Ahnung, was du morgens immer so lange treibst.«

Emma grinste, fuhr den Computer hoch und holte Kaffee. Als sie zurückkam, saß er auf ihrem Stuhl. »Du hast meine Frage nicht beantwortet.«

»Du glaubst, jemand hat den Namen Uwe Marquardt in die Datenbanken eingegeben, obwohl es keinen Fall gibt und er nicht unter Verdacht steht. Und Lutz denkt, ich war das?«

Felix zuckte mit den Schultern.

»Also, ich war´s nicht. Und dein Platz ist da drüben.«

»Wollte nur mal höflich fragen«, sagte er, zog die Augenbrauen hoch und schlenderte zu seinem Tisch. »Nicht, dass du wieder dem Datenmissbrauch verfällst.«

»Wir sind hier nicht bei den Anonymen Alkoholikern!«, rief sie ihm nach. Er zeigte ihr nur den Stinkefinger, ohne sich umzudrehen. Arschloch.

Emma saß an ihrem Schreibtisch, sah dem Staub in der Vorfrühlingsluft beim Sinken durch die Sonnenstrahlen zu, sollte an irgendwelchen Cold Cases arbeiten, wollte nicht. Sie musterte Felix. Genauer, seinen Rücken. Sexy Arschloch bei der Arbeit, versunken in irgendwelchen Akten.

War sie verliebt?

Nein, das nicht.

Aber glücklich ... das war ein Wort, mit dem Emma Carow sich arrangieren könnte. Unter Umständen. Sie öffnete ihre Tasche und riskierte einen Blick hinein. In deren Tiefen ruhte der Teneriffa-Flyer wie ein kleines Juwel.

Matze am Nebentisch strich sich durchs Haar, das in alle Richtungen abstand. Wahrscheinlich mal wieder ohne Fahrradhelm gefahren. Der Einzige heute, der anscheinend wirklich arbeitete. Sie schlenderte zu ihm, schaute ihm über die Schulter. »Was für ein Fall ist das?«

»Zwei. 2009 und 2010. Dieselbe Abfolge: Entführung, Missbrauch, Kindesmord. Ich sortiere die grad ins System. Wir wissen genau, wie der Typ vorging. Aber nicht, wer es war.« Er klickte sich durch die Akte und erzählte weiter, aber Emma hörte nicht mehr zu. Sie starrte auf den Bildschirm. Das kleine blonde Mädchen, das da so fröhlich grinste, hätte Emily sein können. Ihre Nichte. Emma wartete seine Antwort nicht ab. Ignorierte seinen leicht düpierten Blick, als sie wortlos zu ihrem Tisch zurückkehrte.

Unglück. Sie wusste, was Unglück war. Wie es aussah, sich anfühlte. Nicht gut, doch altbekannt. Wie die Faust aufs Auge passte das Unglück zu ihr, wie ein Freund, der nicht gut für einen ist, aber halt der einzige, der immer da ist. Seit drei Jahren suchte Emma oft mehrmals täglich die Datenbanken nach einem Satz ab, Uwes Satz. Wie eine Wunde, von der man nicht lassen kann, denn sie heilt so unendlich langsam.

Noch vor wenigen Wochen war sie stets die Erste auf Arbeit gewesen, gegen sechs, halb sechs Uhr früh schon. Sie genoss die einzigartige Stille, die Leere. Bis die Menschen kamen, war das ihr ganz persönlicher Tempel. Und sie konnte ungestört POLIKS und ViCLAS durchforsten.

Polizei-Datenbanken wie das Violent Crime Linkage Analysis System enthalten alle Merkmale einer protokollierten Straftat. Wird jemand vergewaltigt und meldet die Tat, wird die Beschreibung des Täters und seiner Vorgehensweise hier eingespeist. Mit einem 165-Punkte-Fragebogen. Jedes Stichwort kann man abfragen. Sagt der Vergewaltiger etwas Bestimmtes zu seinem Opfer - »Du willst es doch auch, Kind«, zum Beispiel -, dann erscheint dieser Satz dort. Wie der Satz, den Uwe Marquardt zu ihr gesagt hatte. Den er wieder sagen würde, wenn er wieder zu vergewaltigen begann. Seit seiner Entlassung hatte Emma danach gesucht.

Jetzt nicht mehr. Schon ein paar Wochen lang. Manchmal vermisste sie es, wie eine Süchtige, doch sobald der Feierabend kam und sie es wieder mal geschafft hatte, einen ganzen Tag die Finger von den Datenbanken zu lassen, war sie stolz auf sich.

Ich will die alte Emma nicht mehr. Ich will die neue Emma. Die mit Zukunft.

Sie hatte den Gedanken an Rache aufgegeben. Vor Kurzem erst. Als sie Uwe spontan öffentlich, mit ihrem Anruf im Radio, verziehen hatte, war es wie ein gewaltiges Ausatmen gewesen. Jetzt bekam sie Fanbriefe: Du gibst mir den Glauben an die Menschheit zurück. Wenn du über deinen Schatten springen kannst, dann kann ich es auch. Ich habe sein Buch gelesen, er hat seine Strafe abgesessen, ich weiß, dass er ein anderer Mensch ist, und ich weiß, wie wichtig es ihm ist, dass du ihm verzeihst.

Sie wunderte sich selbst, dass sie das hatte tun können. Immer noch. Uwe Marquardt hatte sich garantiert nicht geändert, was immer seine Fans auch dachten. Psychopathen wie er tun das selten. Aber Emma konnte sich ändern.

Nein, Lutz, ich habe nicht unerlaubt in die Datenbanken geschaut.

»Spielen Sie etwa Su-Sudoku?« Sigmar stand plötzlich hinter ihr. Er schien sich immer noch nicht daran gewöhnt zu haben, dass er hier der Chef war. Je mehr er ihn rauszukehren versuchte, desto schlimmer wurde sein Stottern. Er blickte besorgt über ihre Schulter auf das Rätselheft, das vor ihr auf dem Schreibtisch lag.

»Nein«, sagte Emma. »Ich tippe die alten Akten ins System ein. Ich bin schon bei Januar 2004.«

»Sie haben bei Januar 2004 angefangen. Das w-war letzte Woche. Und das ist ein Sudokuheft auf Ihrem Tisch.«

»Das ist aber ein Sudoku von 2004. Es ist fallrelevant.«

»Sudokus gibt es in Europa erst seit 2005«, sagte Sigmar.

»Äh, meine ich ja, 2005, natürlich.«

Sigmar seufzte nur und ging kopfschüttelnd zurück in sein Büro. Emma seufzte auch und schlug das Sudokuheft auf. Legte den Stift wieder hin. Wer schaute bloß nach Spuren von Uwe Marquardt? Irgendjemand hatte es getan. Warum sonst würde Lutz sich melden? Es war eine Warnung, an sie: Lass es, bevor es einer merkt.

Oder war es ganz anders? Ging es vielleicht gar nicht darum, dass jemand die Datenbanken missbrauchte, sondern gab es darin etwas, was sie nicht sehen sollte? Seinen Satz, zum Beispiel?

Irgendwann blickte Emma auf, und die Puppenkiste war leer. Mist. Wann Sigmar, wann Matze gegangen waren, hatte sie nicht mitbekommen. Felix, das Arschloch, hatte sich vor vielleicht zehn Minuten mit warnendem Blick verabschiedet.

Auf dem Computerbildschirm vor ihr: ViCLAS.

Sie brauchte ihn nur einzutippen. Uwes Satz.

Sie tippte den Satz nicht ein. Sie griff zum Telefon und rief Lutz Bogner an. Was er bitte damit gemeint habe, sie solle nicht wieder in den Datenbanken suchen?

Mailbox.

Lutz Bogner, ihr Oberboss, Leiter der LKA 11, Delikte am Menschen. War er schon zu Hause? Feierabend, Handy aus, Abendessen mit der Brennemann? Die Brennemann, Ex-Boss der Puppenkiste, Sigmars Vorgängerin. Die beiden Dickschädel, jetzt unter einem Dach, unglaublich. Die Brennemann kümmerte sich um das Baby, das passte gar nicht zu ihr, aber sie tat es. Ob das auf Dauer gut gehen würde?

Emma legte auf, trat zum Fenster. Draußen wurde es langsam dunkel, sie erkannte ihr eigenes Spiegelbild im Glas. Ein Berliner Freitagabend. Wo die anderen jetzt wohl waren? Matze? Da gab es irgendeine Freundin, eine Japanerin oder so. Stimmt, er wollte Ramen kochen. Veganes Ramen. Sigmar? Sie hätte ihn nach Urlaub fragen sollen. Teneriffa. Haha, so kurzfristig, ein Witz war das doch. Andererseits: Wirklich los war gerade nichts. Es konnte sein, dass sie tatsächlich mal nicht gebraucht wurde.

Felix? Fitness? Fußball? Sie hatte keine Ahnung, was der Kerl in seiner Freizeit trieb. War er daheim, in der abgewrackten Pension, wo er nun lebte, aus dem Koffer, ohne Pläne, ohne Hoffnung, seit seine Frau sich für einen anderen entschieden hatte? Eher in der...

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Ule Hansen ist das Pseudonym eines Berliner Autorenduos. Astrid Ule ist zudem Lektorin und Dozentin für Kreatives Schreiben, Eric T. Hansen freier Journalist und Lesebühnengastgeber. Gemeinsam haben sie bereits mehrere Dreh- und Sachbücher verfasst. Sie teilen eine Leidenschaft für nächtliche Gespräche bei gutem Whisky, exzentrische Halloweenpartys und ziellose Streifzüge durch die vergessenen Ecken der Stadt.