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Frau Komachi empfiehlt ein Buch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am18.07.20231. Auflage
Der Bestseller aus Japan: eine Bibliothekarin, die verborgene Wünsche erkennt. Lektüre, die Leben verändert. Ein Buch, das großes Leseglück beschert. «Wonach suchen Sie?» Diese Frage stellt Sayuri Komachi allen Besuchern in ihrer kleinen Gemeindebibliothek in Tokio. Und sie meint die Frage durchaus im übertragenen Sinne. Denn die weise Bibliothekarin spürt genau, wonach die Menschen im Leben suchen: von der rastlosen Verkäuferin, die mit ihrem Job hadert, dem schüchternen Buchhalter, der davon träumt, ein Antiquitätengeschäft zu eröffnen, oder der frischgebackenen Mutter, die sich zwischen Beruf und Familie aufreibt ... Sie alle befinden sich in einer Sackgasse. Und alle führt es früher oder später zu Frau Komachi in die Bibliothek. Ihre überraschenden Buchempfehlungen haben ungeahnte Folgen. Die Lektüre entpuppt sich als Katalysator für eine andere Denkweise und eröffnet neue Wege. Und letztlich hilft sie den Besuchern, ihre aktuelle Lebenskrise zu meistern. Denn Frau Komachi weiß: Bücher haben magische Kräfte und sind eine verlässliche Quelle der Inspiration. Fünf Geschichten, fünf Schicksale - von persönlichen Umwegen, mutigen Entscheidungen und der heilenden Kraft der Bücher. 

Michiko Aoyama, geboren 1970 in der Präfektur Aichi, lebt heute in Yokohama. Nach ihrem Universitätsabschluss arbeitete sie zwei Jahre lang als Reporterin für eine japanische Zeitung in Sydney. Nach ihrer Heimkehr war sie zunächst als Zeitschriftenredakteurin in einem Tokioter Verlag tätig, bevor sie sich ganz dem literarischen Schreiben widmete. «Frau Komachi empfiehlt ein Buch» ist in Japan ein Bestseller und erscheint in über zwanzig Ländern.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDer Bestseller aus Japan: eine Bibliothekarin, die verborgene Wünsche erkennt. Lektüre, die Leben verändert. Ein Buch, das großes Leseglück beschert. «Wonach suchen Sie?» Diese Frage stellt Sayuri Komachi allen Besuchern in ihrer kleinen Gemeindebibliothek in Tokio. Und sie meint die Frage durchaus im übertragenen Sinne. Denn die weise Bibliothekarin spürt genau, wonach die Menschen im Leben suchen: von der rastlosen Verkäuferin, die mit ihrem Job hadert, dem schüchternen Buchhalter, der davon träumt, ein Antiquitätengeschäft zu eröffnen, oder der frischgebackenen Mutter, die sich zwischen Beruf und Familie aufreibt ... Sie alle befinden sich in einer Sackgasse. Und alle führt es früher oder später zu Frau Komachi in die Bibliothek. Ihre überraschenden Buchempfehlungen haben ungeahnte Folgen. Die Lektüre entpuppt sich als Katalysator für eine andere Denkweise und eröffnet neue Wege. Und letztlich hilft sie den Besuchern, ihre aktuelle Lebenskrise zu meistern. Denn Frau Komachi weiß: Bücher haben magische Kräfte und sind eine verlässliche Quelle der Inspiration. Fünf Geschichten, fünf Schicksale - von persönlichen Umwegen, mutigen Entscheidungen und der heilenden Kraft der Bücher. 

Michiko Aoyama, geboren 1970 in der Präfektur Aichi, lebt heute in Yokohama. Nach ihrem Universitätsabschluss arbeitete sie zwei Jahre lang als Reporterin für eine japanische Zeitung in Sydney. Nach ihrer Heimkehr war sie zunächst als Zeitschriftenredakteurin in einem Tokioter Verlag tätig, bevor sie sich ganz dem literarischen Schreiben widmete. «Frau Komachi empfiehlt ein Buch» ist in Japan ein Bestseller und erscheint in über zwanzig Ländern.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644014732
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum18.07.2023
Auflage1. Auflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse8032 Kbytes
Artikel-Nr.11381198
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 2

Ryo, 35 Jahre, Buchhalter

Alles begann mit einem Löffel.

Ein kleiner Löffel aus Silber, dessen Stielende als abgeflachte Tulpe gearbeitet war. Er gefiel mir, und ich nahm ihn aus der Vitrine. Als ich ihn mir genauer anschaute, entdeckte ich, dass neben der Tulpe auch noch ein kleines Schaf eingraviert war. Es war wohl ein Teelöffel, von der Größe her zu urteilen. Versonnen starrte ich ihn an und hielt ihn immer noch in der Hand, als ich im schummrigen Trödelladen weiter herumstöberte.

Der schmale Verkaufsraum war vollgestopft mit Antiquitäten und Krimskrams: Taschenuhren, Kerzenständer, Glasflakons, Insektenpräparate und irgendwelche Knochen. Schrauben, Nägel, Schlüssel. Mit Patina behaftete, unscheinbare Dinge, die eine lang zurückliegende Zeit würdevoll in sich bargen und im fahlen Licht der nackten Glühbirnen leise schlummerten.

Ich besuchte damals die Oberschule und wollte nach Schulschluss noch nicht gleich heimkehren, da es am Morgen einen Streit mit meiner Mutter gegeben hatte. Also war ich eine Station früher ausgestiegen und ein wenig durch die Gegend geschlendert.

Der Laden befand sich am Stadtrand von Kanagawa, fernab des belebten Geschäftsviertels, unauffällig inmitten von Wohnhäusern. Am Eingang hing ein Schild mit den drei Kanji-Schriftzeichen für Rauch + Baum + Laden und darunter die lateinischen Buchstaben: EN-MOKU-YA.

Enmokuya.

Den Waren nach zu urteilen, die im Schaufenster ausgestellt waren, wusste ich bereits draußen, dass es sich um einen Trödelladen handelte. An der Kasse hockte ein Mann, offenbar der Inhaber, mit einem lang gezogenen Gesicht und einer Strickmütze auf dem Kopf. Wie man es oft bei Antiquitätenhändlern beobachten kann, strahlte auch er etwas Altehrwürdiges aus. Er zeigte kein Interesse an meiner Person, sondern bastelte die ganze Zeit, während ich zwischen den alten Sachen herumschlenderte, am zerlegten Uhrwerk einer Spieldose herum, wohl um es zu reparieren.

Der Teelöffel, den ich in der Hand hielt, hatte inzwischen meine Körperwärme angenommen und fühlte sich angenehm vertraut an. Nach anfänglichem Zögern kaufte ich ihn schließlich. Für fünfzehnhundert Yen. Ich hatte keine Ahnung, was er wert war, trotzdem war das für einen Oberschüler eine Stange Geld - für einen einzigen Löffel. Aber ich brachte es einfach nicht über mich, ihn wieder in die Vitrine zurückzulegen. Er gefiel mir so gut, dass ich ihn unbedingt haben wollte.

Als ich bei dem Inhaber mit der Strickmütze an der Kasse zahlte, erklärte er mir: «Es ist Sterlingsilber. Der Teelöffel stammt aus England.»

«Aus welcher Zeit?»

Der Mann setzte seine Lesebrille auf und drehte den Löffel um, um den Stempel zu entziffern. «1905.»

Ob das Datum tatsächlich dort stand?, fragte ich mich. Als ich den Löffel selber inspizierte, konnte ich jedoch keine Ziffern entdecken, sondern nur vier eingravierte Buchstaben oder Symbole.

«Woher wissen Sie das?»

«Hohohoho ...»

Er lachte zum ersten Mal. Zwar war das keine Antwort auf meine Frage, aber es machte ihn mir auf einmal sehr sympathisch. Es war ein wahrhaft herzliches Lachen. Man sah es ihm förmlich an, dass er Antiquitäten liebte. Seine Kennermiene wirkte auf mich äußerst selbstbewusst. Ich fand den Laden und seinen Besitzer großartig. Richtig genial.

 

Zu Hause sah ich mir den Löffel mit dem Schaf genauer an und ließ meiner Fantasie freien Lauf. Wofür mochte man ihn in England um die Jahrhundertwende benutzt haben? Was hatte man damit gegessen? Vielleicht legte eine vornehme Dame ihn zur erquickenden Teestunde auf die Untertasse. Oder eine fürsorgliche Mutter hatte ihren kleinen Sohn mit diesem Löffel gefüttert. Und später, als aus dem Jungen ein beleibter Herr geworden war, hatte er ihn in Ehren gehalten. Oder es war ein heiß begehrter Löffel, um den sich drei Schwestern stritten. Es könnte aber auch sein ...

Meine Fantasie kannte keine Grenzen. Ich musste ihn immer wieder ansehen.

Von diesem Tag an ging ich oft nach Schulschluss bei dem Trödler vorbei. Er hieß Ebigawa und trug zu jeder Jahreszeit eine Kopfbedeckung - im Herbst und Winter aus Wolle, im Frühjahr und Sommer aus Leinen oder Baumwolle. Doch er bevorzugte Strickmützen.

Ich kaufte weiterhin kleine Dinge bei ihm, für die mein Taschengeld gerade so reichte. Es gab aber auch Tage, an denen ich, zu meinem Bedauern für Ebigawa, den Laden nur zum Schauen besuchte. Wenn ich sein Reich betrat, gerieten eine Zeit lang alle Sorgen des täglichen Lebens in Vergessenheit. Unangenehme schulische Angelegenheiten, das Gezeter meiner Mutter, Zukunftsängste. Wie sehr mich die Wirklichkeit auch plagte, sobald ich die Ladentür öffnete, empfing mich eine fantastische Welt, in der ich mich geborgen fühlte.

Mit der Zeit lernte ich Ebigawa und seine Stammkunden näher kennen, kam mit ihnen ins Gespräch. Auf diese Weise erfuhr ich eine Menge über historische Hintergründe zu den Antiquitäten und lernte einige Fachbegriffe.

Nachdem ich seinem Laden bereits ein Jahr lang regelmäßige Besuche abgestattet hatte, erklärte mir Ebigawa, dass die Gravur auf der Rückseite meines Löffels «Punze» genannt wird. Die vier Stempel der «English Hallmarks» geben Auskunft über den Hersteller, den Feingehalt von Silber, den Nachweis einer ordnungsgemäßen Kontrolle und das Herstellungsdatum.

«Siehst du den Buchstaben n in dem Quadrat?», fragte Ebigawa. «Der steht für das Jahr 1905.»

Das Datum wurde also nicht mit Ziffern gekennzeichnet, sondern durch die Kombination eines Buchstabens und einer geometrischen Figur. Im Unterschied zu schnöden Jahreszahlen mag dies eine spezielle britische Norm gewesen sein - mir erschien sie sehr elegant und irgendwie geheimnisvoll.

«Das Schaf ist vermutlich ein Wappen, aber kein vollständiges, sondern nur ein Ausschnitt davon.»

Diese Informationen machten den Löffel in meinen Augen noch wertvoller. Es war aber nicht bloß die hübsche Verzierung. Ich hatte das Gefühl, die ganze Würde eines Stammbaums sei in diesem Teelöffel zu spüren.

Wie überaus romantisch das alles klang. Ich war ganz vernarrt in die Welt der Antiquitäten und hegte eine große Bewunderung für Herrn Ebigawa.

 

Inzwischen gibt es den Laden leider nicht mehr.

Als ich nach meinem Schulabschluss eines Tages dort vorbeischauen wollte, hing ein handgeschriebener Zettel am Eingang: «Das Geschäft ist geschlossen.» Mein Kontakt zu Ebigawa war dadurch urplötzlich abgerissen.

In den darauffolgenden achtzehn Jahren beherbergte der Laden einen Friseursalon, dann eine Bäckerei, und schließlich entstand dort ein gebührenpflichtiger Miniparkplatz für lediglich fünf Fahrzeuge.

Ich würde nie wieder meinen Zufluchtsort betreten können. Und so entstand die Idee, irgendwann selbst ein solches Geschäft zu eröffnen.

Noch jetzt, mit fünfunddreißig Jahren, hege ich diesen Wunschtraum in meinem Herzen. Dafür müsste ich allerdings über Ersparnisse verfügen, meinen Job in der Firma kündigen, eine geeignete Immobilie finden und Waren einkaufen ... Eines Tages, irgendwann ...

Aber wann würde dieses Irgendwann sein?

 

Nach der Schule war ich von zu Hause ausgezogen, hatte ein Apartment in Tokio gemietet und arbeitete seitdem als Buchhalter bei einem Möbelhersteller. Es ist keine Firma für luxuriöse Einrichtung, sondern ein kleiner Betrieb, der die konstante Nachfrage nach erschwinglichem, schlichtem Mobiliar befriedigt und daher ziemlich solide läuft.

«Wie geht das noch mal?» Mein Chef, Tabuchi, drehte sich auf seinem Bürostuhl zu mir um.

Kürzlich war im gesamten Betrieb eine neue Software eingerichtet worden, und er hatte keinen blassen Schimmer, wie man damit umging. Immer wenn er an irgendetwas scheiterte, wandte er sich an mich.

Ich war gerade mit der Spesenabrechnung zugange und unterbrach nun meine Tätigkeit. Ich stand auf und ging zu ihm. Als ich ihm über die Schulter schaute, um ihm die einzelnen Schritte zu erläutern, stellte ich fest, dass er mir erst gestern genau die gleiche Frage gestellt hatte.

«Ach, so geht das», rief er mehrmals laut und nickte. «Du hast mich gerettet, Urase-kun. Du verstehst was von dem Job.» Seine wulstigen Lippen verzogen sich zu einer Schnute.

Schulterzuckend kehrte ich an meinen Arbeitsplatz zurück. Ich hatte nichts gegen Kalkulation. In der Buchhaltung ging es mehr um Koordination als um die wirtschaftliche Führung des Unternehmens. Weder um eine aufregende Risikobereitschaft noch um andere Herausforderungen. Am treffendsten wäre es wohl, den Job, der keine brennende Leidenschaft erfordert, als anspruchslos und dröge zu bezeichnen.

«Urase-kun, morgen unternehmen wir eine Sauftour. Wir gehen ins Ofura, ja?», rief mir Tabuchi hinterher. «Die feiern ihr dreijähriges Jubiläum, da ist das Bier schön billig.»

Ich ließ den Blick zum Stapel Quittungen in meiner Hand gleiten. «Sorry, aber morgen ist mein freier Tag», erwiderte ich.

«Ach, richtig, stimmt ja.»

Ich war zutiefst erleichtert, mit einem plausiblen Grund ablehnen zu können. Es war jedes Mal eine Tortur, mit Tabuchi, der endlos schwadronierte, in die Kneipe zu gehen. Normalerweise traute ich mich natürlich nicht, die Einladungen meines Vorgesetzten, dem ich Tag für Tag begegnete, auszuschlagen. Aber jetzt, Ende Dezember und angesichts der vielen anstehenden Jahresabschlussfeiern, versuchte ich, mich nach Möglichkeit davor zu...
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Autor

Michiko Aoyama, geboren 1970 in der Präfektur Aichi, lebt heute in Yokohama. Nach ihrem Universitätsabschluss arbeitete sie zwei Jahre lang als Reporterin für eine japanische Zeitung in Sydney. Nach ihrer Heimkehr war sie zunächst als Zeitschriftenredakteurin in einem Tokioter Verlag tätig, bevor sie sich ganz dem literarischen Schreiben widmete. «Frau Komachi empfiehlt ein Buch» ist in Japan ein Bestseller und erscheint in über zwanzig Ländern.Sabine Mangold, geboren 1957, studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Japanologie. Sie hat zahlreiche japanische Autorinnen und Autoren - darunter Haruki Murakami, Yoko Ogawa und Kazuaki Takano - ins Deutsche übertragen. Für ihre langjährige Arbeit wurde sie mit zahlreichen Stipendien und 2019 mit dem Übersetzerpreis der Japan Foundation ausgezeichnet.