Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Der Tanz des Schmetterlings

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
364 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am15.08.20141. Aufl. 2014
Am westlichen Himmel über dem Bristol-Kanal verblasste das Feuerrot der untergehenden Sonne. Felix' Blick fiel auf Lizzie und er verspürte einen jähen Stich. Ihr Haar, ihr amüsierter, schelmischer Blick - alles an ihr erinnerte ihn an Angel. Er dachte an das eisige Schweigen seiner Frau und an die Liebe und Geborgenheit, die er nur bei Angel erfahren hatte und hoffte inständig, dass sein Sohn nicht in eine ähnliche Situation geriet... 'Marcia Willets Bücher sind Kostbarkeiten, die das Leben der Menschen einfühlsam und liebenswert darstellen.' Freundinmehr

Produkt

KlappentextAm westlichen Himmel über dem Bristol-Kanal verblasste das Feuerrot der untergehenden Sonne. Felix' Blick fiel auf Lizzie und er verspürte einen jähen Stich. Ihr Haar, ihr amüsierter, schelmischer Blick - alles an ihr erinnerte ihn an Angel. Er dachte an das eisige Schweigen seiner Frau und an die Liebe und Geborgenheit, die er nur bei Angel erfahren hatte und hoffte inständig, dass sein Sohn nicht in eine ähnliche Situation geriet... 'Marcia Willets Bücher sind Kostbarkeiten, die das Leben der Menschen einfühlsam und liebenswert darstellen.' Freundin
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732501540
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum15.08.2014
Auflage1. Aufl. 2014
Seiten364 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2189662
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
DREI

Felix war etwas später dran als sonst, denn er rechnete mit einer Szene wegen Helen Cartwright und hatte sich für die Heimfahrt von Minehead Zeit gelassen. Noch war es ungewohnt, bei Headon Cross abzubiegen, statt wie nach Porlock zum Cottage weiterzufahren, in dem Marina und er ihre ersten Ehejahre verbracht hatten. Unterstützt von ihrer Mutter, hatte sich Marina in den Kopf gesetzt, dass sie das Cottage beziehen sollten, das zum Landgut ihrer Eltern gehörte. In Felix' kleine Wohnung in Dunster war sie nie gekommen, auch nicht, als sie schon verlobt waren.

»Meine Mutter würde Zustände kriegen«, hatte sie gemeint. »Hier spricht sich doch alles gleich herum.«

»Was ist schon dabei?«, fragte er. »Schließlich heiraten wir in ein paar Monaten. Sollen die Leute doch reden. Ich möchte ja nur eine Tasse Tee mit dir trinken.«

Vermutlich befürchtete sie, dort Hinweise auf frühere Liebschaften zu finden, so stur war sie in diesem Punkt: Mit seinem Junggesellendasein wollte sie nichts zu tun haben. Manchmal war er gekränkt und sogar wütend, weil sie von seinem früheren Leben nichts wissen wollte, aber er sagte sich, sie sei eben nicht besonders selbstsicher und brauche Zeit.

Sie war ein bildhübsches Mädchen mit einem zarten Gesicht und schönen dunklen Haaren, sehr zurückhaltend und unglaublich schüchtern. Doch trotz dieser Scheu war von Anfang an klar zu erkennen, dass sie ihn wollte. Als ihr Vater sie ihm vorstellte, belegte sie ihn stillschweigend mit Beschlag, sodass die anderen Mädchen nicht mehr zum Zug kamen. Er fand das schmeichelhaft, und ihr stilles Wesen faszinierte ihn. Schließlich erwiderte er ihre Liebe, wollte ihr Vertrauen gewinnen und sie ein wenig aus der Reserve locken. Im Lauf der Monate gelangte er zu der Überzeugung, dass Marina, sobald sie verheiratet seien, unbefangener mit ihm umgehen würde, und später wartete er - überrascht und erfreut von ihrer körperlichen Leidenschaft - auf andere Zeichen der Zuneigung. Er sehnte sich nach Zärtlichkeit und Wärme, nach einer spontanen Umarmung, einem geflüsterten Liebesbekenntnis, aber in den sieben Jahren ihrer Ehe blieben Vorwürfe und stille Eifersucht die einzigen Hinweise auf die Anhänglichkeit seiner Frau - ein kühler Trost für einen warmherzigen Mann.

Er stellte den Wagen neben dem Morris seines Schwiegervaters ab, verweilte einen Moment im Hof und wünschte sich, er könnte nun die Treppe zu seiner kleinen Wohnung in Dunster hinaufsteigen. Dort, in diesem Zimmer mit Blick auf die High Street, hätte ihn kein Stress erwartet, es wäre nicht zu befürchten, dass ein unüberlegtes Wort zu einer frostigen Atmosphäre führte. Er blickte zu den hohen Fenstern der Halle hinauf und sah Licht im Ostflügel, das lange Schatten über den Hof warf. Bestimmt ging Piers gerade ins Bett und hoffte auf eine Gutenachtgeschichte. Und David erwartete ihn mit einem Whisky. Seine Stimmung hob sich, er pflückte eine späte Rose von dem Strauch an der Mauer und ging hinein.

Er legte seine Aktentasche und die Rose auf den Küchentisch und stieg die Treppe zum Ostflügel hinauf. Stimmen drangen aus dem Badezimmer, und durch die offene Tür sah er Piers im Pyjama, barfuß auf dem kalten Linoleum, die feuchten Haare wie ein Igelkamm. Von Marina waren nur die Hände zu sehen, die seine Haare bürsteten, doch Piers zuckte zurück.

»Nicht so fest«, jammerte er. »Ich habe gleich keine Haare mehr am Kopf, wenn du so weitermachst, Mami. Dann sehe ich aus wie Mrs P.«

»Ich möchte es nicht noch einmal sagen, Piers«, mahnte Marina kühl. »Ein Junge in deinem Alter müsste wirklich den Respekt aufbringen -«

Felix schob die Tür weiter auf, und Piers rief: »Da ist Daddy!«

»Hallo, mein Schatz.« Er küsste Marina auf die Stirn, dann nahm er Piers hoch und wirbelte ihn herum. Piers kreischte vor Vergnügen. »Komm, alter Junge, Zeit für unsere Geschichte. Bestimmt hast du vergessen, wo wir sind.«

Er trug ihn aus dem Bad, während Piers lauthals protestierte, dass er sich selbstverständlich erinnern könne, während Marina das Badetuch zusammenfaltete, die Plastikente und den aufziehbaren Dampfer aus der Wanne holte und das Wasser abließ. Als sie ins Kinderzimmer kam, saß Piers schon im Bett und kuschelte sich an Felix, der ihm Kapitel drei aus Der Wind in den Weiden vorlas. Felix' unbefangene Zärtlichkeit empfand sie als peinlich. Felix sollte lieber auf dem Stuhl neben dem Bett sitzen, und sie gab vor, die Decke zurechtzuziehen, um die beiden zu trennen und Felix auf den Stuhl zu manövrieren. Doch Piers schaute missmutig und klammerte sich noch enger an Felix, der ihn in die Arme schloss und küsste. Marina zuckte die Schultern und sagte Piers Gute Nacht.

Piers war froh, als seine Mutter ging. Ihm war immer noch mulmig wegen der Schokolade und weil Großvater gelogen hatte, aber er wusste nicht, wie er die Sache erklären sollte. Die Gutenachtgeschichte zog ihn in ihren Bann, und schon hatte er den Schokoriegel vergessen. Schließlich schlief er ein, und Felix deckte ihn behutsam zu.

Leise ging er nach unten, beschloss aber, nicht bei seinem Schwiegervater Zuflucht zu suchen, noch nicht. Erst einmal wollte er mit Marina sprechen, die sich in der Küche zu schaffen machte.

»Er schläft«, sagte er. »So ein liebes Kerlchen. Könntest du jetzt nicht einen Aperitif vertragen?«

»Das heißt wohl, du könntest einen vertragen«, entgegnete sie, gab die Kartoffeln in eine Schüssel und schob sie in die Backröhre. »Du kommst spät. Wahrscheinlich bist du bereits unterwegs irgendwo eingekehrt.«

»Schon so spät?«, erwiderte er, als würde ihn ihr Kommentar überraschen. »Das habe ich gar nicht bemerkt. Schau, ist die nicht hübsch?«

Er reichte ihr die Rose, sie nahm sie verdutzt und vergaß für einen Augenblick ihren Groll. Sie hatte sich den Abend anders vorgestellt: Sie hatte sich vorgenommen, ihn freundlich zu begrüßen und eine harmlose Bemerkung über Helen Cartwright zu machen. Aber in der halben Stunde, die sie hatte warten müssen, hatte sie sich bereits ausgemalt, wie er in einem Pub mit Freunden scherzte und mit der Kellnerin flirtete. Als sie nun mit dem Finger über die Knospe strich, beobachtete er sie sorgenvoll, wünschte sich, sie würde ihm endlich vertrauen.

»Ich habe mir überlegt, dass du übers Wochenende mit mir nach Bristol fahren könntest«, schlug er vor.

Sie hasste seine monatlichen Besuche im Büro in Bristol, aber in den ersten Ehejahren, bevor Piers zur Welt kam, hatte er sie überreden können, ihn zu begleiten. Die Firma hatte ihm dort eine Wohnung über dem Büro zur Verfügung gestellt, und er hoffte, wenn Marina seine Kollegen und deren Frauen kennen lernte, würde sie begreifen, dass er diese beiden Tage nicht auf ausschweifenden Festen verbrachte. Aber seit Piers da war, konnte sie nicht mehr mitkommen, und sie begann einen neuen Groll zu hegen - dass sie als Mutter um ihre Möglichkeiten gebracht worden war.

»Musst du denn unbedingt fahren?« Sie legte die Knospe an die Lippen und sog ihren zarten Duft ein. »Wir sind doch gerade erst eingezogen, und wir haben noch so viel zu tun.«

»Du weißt doch, dass ich bei den Besprechungen der Partner nicht fehlen darf«, erwiderte er freundlich. »Komm doch mit, Marina. Früher hat es dir doch auch gefallen. Piers ist die zwei Tage bei deinem Vater gut aufgehoben, und er kommt ohnehin erst am Nachmittag aus der Schule. Vielleicht kann Mrs Penn ja hier übernachten. Wir könnten ins Old Vic gehen oder ins Hippodrome. Ich würde mich freuen.«

Er beobachtete, wie sie die Blüte liebkoste, einwilligen wollte, es aber nicht über sich brachte nachzugeben, und er erkannte genau den Augenblick, in dem sie sich gegen Vernunft und Liebe entschied und beschloss, es ihm zu zeigen.

»Das geht auf keinen Fall«, erwiderte sie gereizt, als habe er ein ungeheures Opfer verlangt. »Wir haben noch unheimlich viel auszupacken, selbst wenn ich Piers einfach bei seinem Großvater lassen könnte.« Sie lächelte verächtlich. »Wenn du Gesellschaft brauchst, könntest du ja Helen Cartwright bitten. Sie würde bestimmt gern mitfahren, und so wie du vorhin mit ihr geflirtet hast, wärst du doch bestimmt auch begeistert.«

Er musterte sie wortlos, unterdrückte eine wütende Antwort und verließ die Küche. Marina stand reglos da, biss sich auf die Lippen und ließ die Rose zwischen Daumen und Zeigefinger kreisen. Dann warf sie sie angeekelt weg und wusch sich an der Spüle die Hände.

Als sein Schwiegersohn ins Studierzimmer kam, sah David Frayn sofort den ärgerlichen Zug um Felix' Mund und ahnte, dass es Probleme gab. Während er ihm einen Whisky einschenkte, empfand er aufrichtiges Mitgefühl. Diese armen Frauen, dachte er, sie kennen nichts als Verbitterung, machen sich selbst unglücklich, finden keinen Ausweg. Aber ich darf mich nicht einmischen …

Er sprach mit Felix über seinen Tag, erzählte, was er am Vormittag am Amtsgericht erlebt hatte, wo er einmal die Woche über kleinere Strafsachen entschied. Sie redeten über die Farmer aus der Nachbarschaft, Land, das zu verkaufen war, Baugrund, der ausgewiesen wurde, und David stellte erfreut fest, dass Felix sich nach und nach entspannte und lächelnd die Beine vor dem Kamin ausstreckte. Im Zimmer herrschte eine gemütliche Unordnung; auf den Eichenregalen fanden sich nicht nur Lederbände, sondern auch allerhand Jagdutensilien, und auf dem durchgesessenen Sofa hatte sich Monty eingerollt und genoss die Wärme des Feuers.

Zufrieden seufzend stopfte David seine Pfeife. Wenn Marinas Mutter noch am Leben...
mehr