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Schwarze Reichswehr

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
310 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am07.03.20182023
Berlin, 1927. Während die Lohmann-Affäre die Weimarer Republik erschüttert und die Existenz einer geheimen Reichswehr enthüllt, wird Kommissar Gregor Lilienthal im Zuge einer Mordermittlung mit dem Schrecken des Ersten Weltkriegs und der Revolution von 1918/19 konfrontiert. Dabei trifft er auf zwielichtige Offiziere und skrupellose Militärärzte, auf Ringvereine und Freikorps, auf Joseph Goebbels und Horst Wessel - und auf ein Geheimnis, das all seine Erkenntnisse über den Haufen wirft.

Gunnar Kunz, 1961 in Wolfenbüttel geboren, lebt seit vielen Jahren in Berlin. Er arbeitete über 14 Jahre als Regieassistent und Regisseur an deutschen Theatern. Heute ist er freiberuflicher Autor von Romanen, Kurzgeschichten, Theaterstücken, Musicals, Hörspielen und Liedtexten. Mit 'Schwarze Reichswehr' setzt er seine erfolgreiche Reihe um sein ungewöhnliches Ermittler-Trio fort. www.gunnarkunz.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR11,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextBerlin, 1927. Während die Lohmann-Affäre die Weimarer Republik erschüttert und die Existenz einer geheimen Reichswehr enthüllt, wird Kommissar Gregor Lilienthal im Zuge einer Mordermittlung mit dem Schrecken des Ersten Weltkriegs und der Revolution von 1918/19 konfrontiert. Dabei trifft er auf zwielichtige Offiziere und skrupellose Militärärzte, auf Ringvereine und Freikorps, auf Joseph Goebbels und Horst Wessel - und auf ein Geheimnis, das all seine Erkenntnisse über den Haufen wirft.

Gunnar Kunz, 1961 in Wolfenbüttel geboren, lebt seit vielen Jahren in Berlin. Er arbeitete über 14 Jahre als Regieassistent und Regisseur an deutschen Theatern. Heute ist er freiberuflicher Autor von Romanen, Kurzgeschichten, Theaterstücken, Musicals, Hörspielen und Liedtexten. Mit 'Schwarze Reichswehr' setzt er seine erfolgreiche Reihe um sein ungewöhnliches Ermittler-Trio fort. www.gunnarkunz.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839256787
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum07.03.2018
Auflage2023
Reihen-Nr.1
Seiten310 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2542396
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Schwer vorstellbar, dass der größte Teil der Bevölkerung immer noch in Armut lebte, wenn man die Auslagen in den Kaufhäusern sah. Da wetteiferten Kühlschränke, Porzellan und Eau de Cologne um die Aufmerksamkeit der Passanten neben Lebkuchen, Hexenhäusern aus Pfefferkuchen, Christstollen und Fresskörben voller Schnapsflaschen, Würsten und Trauben. Außerdem gab es die erste elektrische Geschirrspülmaschine der Firma Miele für stolze vierhundert Reichsmark, Armbanduhren ab zwölf Mark fünfzig und Staubsauger für hundertvierzig Mark.

Hendrik schlenderte mit Diana durch die Konsumtempel und genoss ihre Gesellschaft. Es war lange her, dass er sie so unbeschwert erlebt hatte. Sie lachte und schwatzte wie früher, diskutierte mit ihm über die Wende nach rechts durch den Bürgerblock, der seit Anfang des Jahres unter Einbeziehung der Deutschnationalen regierte, über die Ablehnung des Antrags auf Abschaffung der Todesstrafe und die Hinrichtung von Sacco und Vanzetti in den USA. Ausnahmsweise trug sie mit ihrem Jumperkleid und dem kleinen Topfhut in verschiedenen Blauschattierungen sogar Kleidung, die farblich und stilistisch aufeinander abgestimmt war, wenn man von den Goldkäferschuhen aus vergoldetem Leder absah. Vorhin hatte sie Marzipan und Spekulatius erstanden und futterte nun ununterbrochen. Sie ernährte allerdings auch zwei.

Es ging ihr gut. Die Arbeit als Assistentin von Max Bodenstein gefiel ihr, sie bereitete ihre Dissertation vor, und dass sie wieder schwanger war, erfüllte sie mit Vorfreude. Weil sie auf keinen Fall eine weitere Fehlgeburt riskieren wollte, achtete sie darauf, sich zu schonen, auch wenn sie nie einen Weltrekord im Stillsitzen aufstellen würde.

Seinen Bruder hatte Hendrik ebenfalls lange nicht mehr so gelöst gesehen wie während der letzten Wochen. Die Aussicht auf ein Kind machte Gregor beinahe umgänglich. Neulich hatte er sogar im Restaurant seine Krawatte gelockert und sich so etwas wie ein Lächeln abgerungen.

Die Dekorationen der Kaufhäuser waren wie immer aufsehenerregend. An den Außenwänden befanden sich Leuchtreklamen, die einen Weihnachtsmann in seinem mit Geschenken beladenen Auto oder die drei Weisen aus dem Morgenland samt Sternschnuppe zeigten. Die Schaufenster waren mit Tannenzweigen, Krippen und winzigen Christbäumen mit noch winzigeren Kerzen dekoriert und lockten mit Schallplatten, elektrischen Bügeleisen und Drillbohrern zum Kauf. In einem davon hatten Konditoren das Brandenburger Tor aus Zucker, Stärkemehl und Gummiarabikum nachgebaut.

In der Haupthalle des Warenhauses Wertheim in der Leipziger Straße stand ein großer Weihnachtsbaum mit elektrischen Kerzen, vor dem ein Kinderchor Weihnachtslieder zum Besten gab. Kitschig, ja, trotzdem wurde Hendrik warm ums Herz, als er die strahlenden Kinderaugen sah, das Leuchten und Funkeln ringsumher und das Lächeln, mit dem ihn die Mutter eines der Kinder bedachte, als sich ihre Blicke begegneten. Wie sagte Augustinus so schön? Die Seele nährt sich von dem, woran sie sich erfreut.

Diana zog ihn ungeduldig weiter. Seit Wochen zerbrach sie sich den Kopf über ein originelles Geschenk für Gregor und schleifte Hendrik nun auf der Suche danach durch sämtliche Abteilungen, einschließlich der für Kinderkleidung.

»Wäre das nicht etwas für meinen Bruder?«, meinte er und deutete grinsend auf eine Sammlung Herrenstöcke mit elektrischem Licht.

Diana knuffte ihn. »Sei ein bisschen ernst.« Sie begutachtete verschiedene Geschenkartikel und schüttelte jedes Mal den Kopf. »Hast du schon etwas in den Zeitungen gelesen, sind die Weihnachtsbäume aus Thüringen eingetroffen? Haben sie irgendwas angekündigt?«

»Nein, noch nicht. Wir suchen uns wieder eine schöne Tanne auf dem Tempelhofer Feld aus, ja?«

»Klar.«

Hendrik lächelte. Traditionellerweise feierten sie das Weihnachtsfest zusammen: er, Gregor, Diana und ihr Bruder. Er selbst würde das Kochen übernehmen, Weihnachtsgans natürlich, Gregor das Schmücken des Baumes, Diana würde sich mit mehr oder minder großem Geschick am Backen von Keksen und Plätzchen versuchen und ihr Bruder Michael die Musikauswahl für das Grammofon besorgen.

Hendrik freute sich auf die Festtage und das Beisammensein mit den Menschen, die ihm etwas bedeuteten. Es war im Augenblick die einzige Freude in seinem Leben. Wegen seiner kritischen Äußerungen über Hindenburg boykottierten immer wieder Studenten seinen Unterricht, einige forderten gar, ihm den Lehrauftrag zu entziehen. Selbst einige Kollegen unterstützten die Aufwiegler. Der Rektor der Universität machte ihm ebenfalls das Leben schwer. Die Philosophie wurde ihm zusehends verleidet. Dazu trugen natürlich auch Veranstaltungen wie die Nietzsche-Tagung im Oktober bei, auf der Oswald Spengler allen Ernstes die Ansicht vertreten hatte, Nietzsches »Übermensch« sei in Mussolini bereits verwirklicht.

»Bestimmt gibt es dieses Jahr wieder eine öffentliche Weihnachtsfeier mit Musikdarbietung im Lustgarten«, sagte Diana. »Kommst du mit?«

»Mal sehen.« Hendrik suchte nach einer Gelegenheit, sich abzusetzen, weil er ein Geschenk für Diana besorgen wollte. »Ich schaue mal kurz zu den Uhren, ja?«, sagte er. »Ich treffe dich bei den Springbrunnen im Onyxsaal, in einer halben Stunde. In Ordnung?«

»Ist gut.«

Das ging ja leichter als gedacht! Zufrieden entfernte er sich von Diana, begab sich statt zu den Uhren in die Bücherabteilung - und wäre beinahe in Josephine hineingelaufen. »Oh, hallo!«, entfuhr es ihm.

»Guten Tag, Hendrik.«

»Auch Weihnachtsgeschenke kaufen?«

Sie nickte.

Gut sah sie aus. Sehr gut sogar. Mit geröteten Wangen und Augen, in denen sich die Aufregung des Weihnachtstrubels widerspiegelte. Sie blickte sich um, vermutlich, um herauszufinden, ob Diana in der Nähe war. Hendrik erwartete halb, dass sie so etwas sagen würde wie »Allein hier?«, aber sie tat es nicht.

»Wie geht es dir?«, erkundigte sie sich.

»Prima«, log er. Seufzte. »Schlecht«, gab er zu.

»Ärger mit den Studenten?«

Wie gut sie ihn doch kannte! »Es wird immer schlimmer. Das Unterrichten macht mir keinen Spaß mehr.«

»Tut mir leid zu hören.« Sie drehte ihren Ring am Finger.

Die Geste verriet ihm, dass sie nicht weniger verlegen war als er. Ob sie sich immer noch mit diesem Offizier traf?

»Dabei kannst du so mitreißend sein, wenn du von deinen Philosophen erzählst.«

»Danke für die Blumen. Und bei dir? Was machen die Kinder in deiner Gemeinde? Stehst du immer noch eurem Pfarrer bei, wenn s Probleme gibt?«

Sie nickte. »Erinnerst du dich an die Drillinge? Ihre Mutter hat endlich eine Entziehungskur angefangen.«

»Das ist gut.«

»Außerdem arbeite ich im Waisenhaus.«

»Ja?«

Sie hatte eine bestimme Art zu lächeln, die ihn stets für sie eingenommen hatte. Es begann an den Mundwinkeln und breitete sich von da über ihr Gesicht aus.

»Ich wollte mich nützlich machen«, sagte sie.

Während des Gesprächs hatten sie mehrmals Kunden ausweichen müssen, denen sie im Weg standen. Jetzt zwängte sich eine dicke Frau zwischen ihnen hindurch und blickte sie dabei böse an.

»Tja, ich sollte dann mal wieder«, meinte Josephine.

Hendrik hätte sie gern umarmt, aber er unterließ es. »Schön, dich getroffen zu haben.«

»Ich habe mich auch gefreut, dich zu sehen.« Sie machte eine unwillkürliche Bewegung, als wollte sie ihm die Hand reichen, nickte ihm stattdessen zu und ging Richtung Freitreppe davon.

Hendrik sah ihr nach. Kurz bevor sie aus seinem Blickfeld entschwand, drehte sie sich noch einmal zu ihm um und lächelte.

Ich hätte ihr sagen sollen, wie gut sie aussieht. Hendrik atmete schwer, wandte sich dann wieder den Regalen zu und streifte durch die Abteilungen auf der Suche nach einem Geschenk für Diana, aber mit dem Herzen war er nicht bei der Sache. Als er eine halbe Stunde später dem Onyxsaal zustrebte, hatte er nichts gekauft.

Diana erwartete ihn schon. »Erfolgreich?«

Er schüttelte den Kopf. »Irgendwie bin ich heute unentschlossen.«

Sie traten auf die Straße. Autos drängten sich dicht an dicht, mit Paketen beladene Menschen hasteten vorbei. Ein Weihnachtsmann fuhr auf einem Motorrad eine Spielwarenreklame spazieren. Die Heilsarmee bat um Spenden. Da es bereits schummrig wurde, waren die Straßen hell erleuchtet, in den Schaufenstern glitzerte es, überall buhlten Leuchtreklamen um die Aufmerksamkeit der Passanten. Berlin, flächenmäßig die größte Stadt der Welt und von der Bevölkerungsdichte her nach New York und London die drittgrößte, zeigte sich in vorweihnachtlichem Glanz. Fehlte nur noch der Schnee.

»Was meinst du«, überlegte Diana, »wollen wir noch schnell dem Weihnachtsmarkt auf dem Arkonaplatz einen Besuch abstatten?«

»Warum nicht?« Vielleicht half das bunte Gewimmel, seine Gedanken zu zerstreuen.

Sie nahmen eine der Straßenbahnen, die seit vergangenem Jahr beheizt wurden und eine Temperatur von mindestens zehn Grad gewährleisteten. Die Heizkörper wurden mit dem Fahrstrom betrieben, und Diana, die leicht fror, sah immer zu, dass sie direkt neben einem solchen Heizkörper zu sitzen kam.

Überhaupt war der technische Fortschritt nicht aufzuhalten. Ein in New York lebender russischer Emigrant hatte einen Fotomat konstruiert, der nach Einwurf einer Fünfundzwanzig-Cent-Münze in wenigen Minuten acht Fotos in verschiedenen Posen lieferte. Vorgestern war im Haupttelegrafenamt in der Oranienstraße, dem Knotenpunkt des gesamten elektrischen Verkehrs...

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Autor

Gunnar Kunz, 1961 in Wolfenbüttel geboren, lebt seit vielen Jahren in Berlin. Er arbeitete über 14 Jahre als Regieassistent und Regisseur an deutschen Theatern. Heute ist er freiberuflicher Autor von Romanen, Kurzgeschichten, Theaterstücken, Musicals, Hörspielen und Liedtexten. Mit "Schwarze Reichswehr" setzt er seine erfolgreiche Reihe um sein ungewöhnliches Ermittler-Trio fort. www.gunnarkunz.de