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Absturz

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
251 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am04.07.2018
Nachdem der Mountainbike-Guide Miguel eine Tour mit mehreren Touristen auf La Palma geführt hat, verschwindet er spurlos. Sein Freund und Kollege Martin Ebel nimmt dies zunächst nicht ernst. Er glaubt, Miguel wird schon wieder auftauchen - eine fatale Fehleinschätzung. Zusammen mit seinem Chef Siggi findet Ebel Miguels Leiche in den Bergen der kleinen Kanareninsel. Hatte Miquel tatsächlich einen Fahrradunfall? Ebel kann das nicht glauben. Und plötzlich kommen eigenartige Dinge ans Licht, die eine mörderische Dynamik entwickeln.

Peter Wark war viele Jahre als Redakteur bei verschiedenen Zeitungen tätig und arbeitet inzwischen in der Unternehmenskommunikation. Seiner südwürttembergischen Heimat ist er immer verbunden geblieben - seit einiger Zeit lebt er auch wieder dort. Peter Wark hat bereits mehrere Kriminalromane und zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. Seine Bücher spielen auf der Schwäbischen Alb, den Kanaren, in München, aber auch in Australien. Die La Palma-Krimis sind von seiner Liebe zu der Insel und seiner Leidenschaft für das Mountainbiken inspiriert.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR8,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextNachdem der Mountainbike-Guide Miguel eine Tour mit mehreren Touristen auf La Palma geführt hat, verschwindet er spurlos. Sein Freund und Kollege Martin Ebel nimmt dies zunächst nicht ernst. Er glaubt, Miguel wird schon wieder auftauchen - eine fatale Fehleinschätzung. Zusammen mit seinem Chef Siggi findet Ebel Miguels Leiche in den Bergen der kleinen Kanareninsel. Hatte Miquel tatsächlich einen Fahrradunfall? Ebel kann das nicht glauben. Und plötzlich kommen eigenartige Dinge ans Licht, die eine mörderische Dynamik entwickeln.

Peter Wark war viele Jahre als Redakteur bei verschiedenen Zeitungen tätig und arbeitet inzwischen in der Unternehmenskommunikation. Seiner südwürttembergischen Heimat ist er immer verbunden geblieben - seit einiger Zeit lebt er auch wieder dort. Peter Wark hat bereits mehrere Kriminalromane und zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. Seine Bücher spielen auf der Schwäbischen Alb, den Kanaren, in München, aber auch in Australien. Die La Palma-Krimis sind von seiner Liebe zu der Insel und seiner Leidenschaft für das Mountainbiken inspiriert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839258705
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum04.07.2018
Reihen-Nr.2
Seiten251 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.3459777
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

6

»Da!« Siggis Stimme klang ein wenig so, als wäre er kurz davor überzuschnappen, schrill und laut, unkontrolliert. Er zeigte mit der rechten Hand auf einen imaginären Punkt in der Ferne, der in dem Wald unter uns oder aber auch in Südamerika hätte liegen können.

Ernsthaft, ich fühlte es an der Zeit, mir Gedanken über Siggi zu machen, obwohl ich mir angesichts meiner Lebenslage in allererster Linie einmal heftige Gedanken über mich selbst hätte machen sollen. Der Zeigefinger von Siggis rechter Hand stieß in Richtung dieses nicht näher definierbaren Punktes in der Ferne. »Da!«, wiederholte er nicht weniger schrill. »Da unten. Verfluchte Scheiße!« Hysterisch. Zitternd drückte er mir das kleine Hochleistungsfernglas in die Hand.

»Was?«, fragte ich ihn mit einer Einsilbigkeit, die der vorauszuahnenden Katastrophe zuzuschreiben war.

»Wo unten?« Mochte er mich für begriffsstutzig halten, das war mir auch egal. Ganz dicht brachte er sein Gesicht an meines, sein Atem verriet mir, dass er an diesem frühen Morgen bereits Unmengen von Kaffee intus haben musste. Sein rechter Zeigefinger wollte meinen Blick wie auf einem unsichtbaren Strahl zu der Stelle lotsen, die er meinte, aber seine Hand zitterte, als habe er Parkinson im Endstadium. »Oh Gott«, murmelte Siggi, »oh Gott. Lass das nicht wahr sein!«

Bisher war mein Freund und Arbeitgeber nicht gerade als besonders religiös in Erscheinung getreten. Es dauerte ein paar Sekunden, da hatte ich hundertmal vergrößert das im Blick, was ihn so aufregte. Ein ganzes Stück die steil abfallende Felswand vor unseren Füßen hinab sah ich es auf einem vorstehenden nackten Stück Stein.

Etwas glitzerte in der Sonne.

Metall möglicherweise.

Oder Aluminium. Miguel war kein Freund von Bikes mit Carbonrahmen.

Ein Fahrradrahmen aus Aluminium. Miguels Fahrrad.

*

Unmöglich. Es war unmöglich.

Wir hatten keine Chance, dort hinunter zu kommen. Jeder ernsthafte Versuch hätte zweifellos mit einem Absturz geendet. Der steil abfallende Fels war an dieser Stelle einfach nicht zu bezwingen. Genauso gut hätte man aus dem achten Stock eines Hochhauses springen können. Das Ergebnis wäre das Gleiche gewesen.

Kein Zweifel: Dort unten lag Miguels Bike. Was das bedeutete, bedeuten musste, war Siggi und mir klar, und doch hatte die Schutzfunktion des menschlichen Gehirns eingesetzt. Siggis Hysterie war plötzlich wie weggeblasen, er konzentrierte sich auf das, was getan werden musste. Wir redeten uns ein, es könne tausend Erklärungen dafür geben, dass das Rad unseres Kollegen und Freundes dort unten lag, obwohl wir innerlich längst wussten, dass das Undenkbare eingetreten war. Auf dem Boden direkt am Abhang sitzend, überkam mich ein Zittern. Über sein Smartphone rief Siggi die Rettungskräfte, ebenso die Guardia Civil. Er hatte die Situation geschildert, knapp, geschäftsmäßig und mit klaren Worten. Hier auf den Vulkankegeln gab es einen astreinen Empfang, während mir viele andere Stellen auf der Insel bekannt waren, an denen man mit dem teuersten Handy aufgeschmissen war, weil man kein Netz fand.

Als er sein Telefonat beendet hatte, verfiel Siggi in einen tranceähnlichen Zustand. Er setzte sich neben mich und starrte hinab auf den Punkt, wo Miguels Fahrrad lag.

Wo auch Miguels Leiche liegen musste.

Das Schlimmste war geschehen. Wie war das nur möglich? Es wollte nicht in mein Spatzenhirn hinein, dass Miguel, ausgerechnet Miguel, so unvorsichtig gewesen sein sollte. Das schien mir alles so vollkommen unglaublich und absurd. Und doch sprach alles dafür, dass es sich um die nackte Realität handelte; eine Realität, der wir nicht ins Auge sehen wollten.

Wir schwiegen.

Es gab nichts zu sagen.

Und es gab nichts zu tun.

Warten und beten. Beten, vielleicht. Miguel würde es nichts mehr nützen, aber mir selbst. In diesem Moment wünschte ich mir zum ersten Mal in meinem Leben, ich wäre gläubig. Wenn ich ernsthaft an einen Gott glauben könnte, hätte ich wenigstens jemanden, dem ich die Sache in die Schuhe schieben und auf den ich sauer sein könnte.

Übelkeit stieg in mir auf und es war nur eine Frage der Zeit, bis ich kotzen musste. Ich war eingehüllt in Dumpfheit und Schmerz, nahm kaum noch etwas um mich herum wahr.

Das Würgen kam in Wellen und es kam immer schneller und häufiger, bis ich nachgab und mich erbrach. Es musste genügen, den Kopf leicht zu drehen, denn aufstehen konnte ich nicht, ich fühlte mich dazu einfach nicht in der Lage. Starre hielt mich gefangen.

Von alledem schien Siggi nichts zu bemerken. Er saß völlig in sich zusammengesunken und geradezu bewegungslos neben mir, ebenso unfähig, etwas zu tun, wie ich. Ein Schweißstrom mäanderte meinen Rücken hinab.

Keine Ahnung, wie lange das so ging.

Aus dieser Lethargie erwachten wir beide, als die ersten Bullen auftauchten, es waren zwei Polizisten auf BMW-Geländemotorrädern. Sie trugen die blauen Uniformen der zu Francos Zeiten berüchtigten Guardia Civil und ließen sich von uns so gut wie möglich auf den Stand der Dinge bringen. Siggi weinte und er schämte sich seiner Tränen nicht.

Den beiden Bullen war die Angelegenheit höchst unangenehm und sie standen ähnlich ratlos herum wie wir und warteten auf Verstärkung. Weinende Männer passten noch immer nicht in das Bild, das sich ein vom Machismo geprägter kanarischer Mann von der Welt zu machen pflegt. Die beiden Polizisten blickten erleichtert auf, als wenige Minuten später ein Motorengeräusch zu hören war. Hier quälte sich tatsächlich jemand mit einem Auto herauf! Bis zu diesem Zeitpunkt hätte ich es für absolut ausgeschlossen gehalten, dass ein Auto auf dieser Strecke fahren konnte, die mir ausschließlich für Bikes und Wanderschuhe gemacht zu sein schien. Was wir hörten, klang nach einem hubraumstarken Motor. Es musste ein Geländewagen sein, der sich näherte. Tatsächlich tauchte nach einiger Zeit ein weißer Toyota Landcruiser auf, der schließlich neben uns anhielt. Drei Uniformierte und ein in braune Sommerhosen und ein weißes Hemd gekleideter Zivilist stiegen aus. Der untersetzte Zivilbulle nahm die Sache in die Hand. Feinfühligkeit war nicht seine Stärke, aber er wirkte zielstrebig. Es sei schon der dritte tragische Fahrradunfall hier oben bei den Vulkanen in diesem Jahr - so hörte sich das Optimum an Trost an, das er aufzubringen imstande war.

Natürlich hatte ich von den anderen beiden tödlich verlaufenen Unfällen gehört. Beide Male waren Touristen alleine unterwegs und abgestürzt. Tragische Fälle, gewiss, aber sie gingen mich nichts an.

Ganz im Gegensatz zu der jetzigen Situation. Der Mann in Zivil sprach mit Siggi, stellte Fragen, quittierte die Antworten mit kurzem Kopfnicken und knappen Bewegungen seiner fleischigen Hände. Aus seiner Sicht handelte es sich um einen Routinefall. Er gab ein paar Anweisungen, ließ einen der Uniformierten die Bergrettung und einen Hubschrauber anfordern. Der Hubschrauber müsse aus Santa Cruz anfliegen, es würde 15 Minuten dauern, meinte er.

Als würde Zeit für uns eine Rolle spielen.

Aus einem Funkgerät im Landcruiser quäkte eine Stimme, es war der Fahrer des Rettungswagens. Er hatte aufgegeben, steckte etwa drei Kilometer von unserem Standort entfernt fest und weigerte sich, auch nur noch einen Meter weiter zu fahren. Der zivil Gekleidete sprach etwas in das Mikrofon, das ich nicht genau verstehen konnte, was aber wohl bedeuten musste, dass das Opfer keinen Krankenwagen mehr benötige. Wieder musste ich würgen. Ich wollte dem dicken Bullen in meiner Verzweiflung und Wut am liebsten vor die Füße kotzen, dabei machte er doch nur seinen Job.

Ein weiterer Landcruiser kämpfte sich zu uns durch und spuckte drei wortkarge junge Männer in den olivfarbenen Overalls der Bergrettung aus. Das Rettungswesen auf der Insel war im vergangenen Jahrzehnt wesentlich effektiver geworden, was nicht zuletzt der Socorro, der Nothilfe, zu verdanken war, einer Organisation, die gegründet wurde, nachdem 1989 ein junger deutscher Tourist am Strand von Puerto Naos ertrunken war. Zweieinhalb Stunden lang kämpfte er im Meer um sein Leben, beobachtet von einer in die Hunderte gehenden Zuschauermenge. Keinerlei Rettungsgerät stand zur Verfügung, um dem Todgeweihten in seinem einsamen Kampf zu helfen. Heute zählte die Socorro ein paar hundert Mitglieder.

Es dauerte eine weitere halbe Stunde, bis der alte Hubschrauber über der Szenerie kreiste. Per Funk unterhielt sich der untersetzte Bulle mit dem Piloten, schrie gegen den Rotorenlärm an und forderte ihn - wenn ich das richtig verstand - auf, möglichst tief über dem Fundort des Fahrrads runterzugehen, was sich wegen der Bäume schwierig gestaltete. Die drei Burschen von der Bergrettung diskutierten einige Meter neben uns, wie weiter zu handeln sei. Offenbar hielten sie es für unmöglich, sich über die Felsen nach unten abzuseilen. Verstehen konnte ich zwar nichts, aber die Gestik ließ keinen Zweifel zu. Der Hubschrauber verursachte einen gewaltigen Lärm, was mir durch und durch ungläubigem Menschen wie ein Sakrileg vorkam, wie die Störung der Totenruhe von Miguel.

Der Polizist winkte Siggi und mich zu sich heran. »Der Pilot hat einen leblosen Körper entdeckt, ein Stück unterhalb von dem Fahrrad.«

Obwohl wir natürlich von der unaussprechlichen Konsequenz wussten, jetzt, wo wir eine Bestätigung dafür hatten, schienen alle Dämme zu brechen. Absolute Leere breitete sich aus. Selbst die Kraft zum Kotzen fehlte mir mittlerweile.

Der Bulle forderte Siggi und mich durch den Lärm hindurch auf, nach Hause zu...

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Autor

Peter Wark war viele Jahre als Redakteur bei verschiedenen Zeitungen tätig und arbeitet inzwischen in der Unternehmenskommunikation. Seiner südwürttembergischen Heimat ist er immer verbunden geblieben - seit einiger Zeit lebt er auch wieder dort. Peter Wark hat bereits mehrere Kriminalromane und zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. Seine Bücher spielen auf der Schwäbischen Alb, den Kanaren, in München, aber auch in Australien. Die La Palma-Krimis sind von seiner Liebe zu der Insel und seiner Leidenschaft für das Mountainbiken inspiriert.