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Die Stunde der Sühne

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
284 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am14.09.2022
Würzburg im Jahr 1425. Zu Besuch bei seinem ehemaligen Lehrer wird Bruder Hilpert mit einer Verbrechensserie konfrontiert, die den Detektiv im Mönchshabit vor schier unlösbare Rätsel stellt. Nicht genug damit, dass die Opfer brutal gefoltert werden, hinterlassen die Täter auch noch ein Brandmal auf deren Stirn: 'DIA - Damnatus in Aeternum', zu Deutsch 'Verdammt seist du in alle Ewigkeit'. Eine Spur führt Bruder Hilpert und seinen Gefährten Berengar von Gamburg in die Domschule ...

Uwe Klausner wurde in Heidelberg geboren und wuchs dort auf. Sein Studium der Geschichte und Anglistik absolvierte er in Mannheim und Heidelberg, die damit verbundenen Auslandsaufenthalte an der University of Kent in Canterbury und an der University of Minnesota in Minneapolis/USA. Heute lebt Uwe Klausner mit seiner Familie in Bad Mergentheim. Neben seiner Tätigkeit als Autor hat er bereits mehrere Theaterstücke verfasst, darunter »Figaro - oder die Revolution frisst ihre Kinder«, »Prophet der letzten Tage«, »Mensch, Martin!« und erst jüngst »Anonymus«, einen Zweiakter über die Autorenschaft der Shakespeare-Dramen, der 2019 am Martin-Schleyer-Gymnasium in Lauda uraufgeführt wurde.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextWürzburg im Jahr 1425. Zu Besuch bei seinem ehemaligen Lehrer wird Bruder Hilpert mit einer Verbrechensserie konfrontiert, die den Detektiv im Mönchshabit vor schier unlösbare Rätsel stellt. Nicht genug damit, dass die Opfer brutal gefoltert werden, hinterlassen die Täter auch noch ein Brandmal auf deren Stirn: 'DIA - Damnatus in Aeternum', zu Deutsch 'Verdammt seist du in alle Ewigkeit'. Eine Spur führt Bruder Hilpert und seinen Gefährten Berengar von Gamburg in die Domschule ...

Uwe Klausner wurde in Heidelberg geboren und wuchs dort auf. Sein Studium der Geschichte und Anglistik absolvierte er in Mannheim und Heidelberg, die damit verbundenen Auslandsaufenthalte an der University of Kent in Canterbury und an der University of Minnesota in Minneapolis/USA. Heute lebt Uwe Klausner mit seiner Familie in Bad Mergentheim. Neben seiner Tätigkeit als Autor hat er bereits mehrere Theaterstücke verfasst, darunter »Figaro - oder die Revolution frisst ihre Kinder«, »Prophet der letzten Tage«, »Mensch, Martin!« und erst jüngst »Anonymus«, einen Zweiakter über die Autorenschaft der Shakespeare-Dramen, der 2019 am Martin-Schleyer-Gymnasium in Lauda uraufgeführt wurde.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839272909
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum14.09.2022
Reihen-Nr.8
Seiten284 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9224296
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2

Mainbrücke, eineinhalb Stunden vor Sonnenuntergang

[19.30 Uhr]

»Aus dem Weg, Pfaffe - aber ein bisschen plötzlich!« Aus seinen Gedanken gerissen, wich Bruder Hilpert dem heranholpernden Fuhrwerk aus. Der Weinhändler, Urheber der groben Schelte, sah ihm wutschnaubend ins Gesicht, behielt das Schimpfwort, das ihm auf der Zunge lag, jedoch für sich, auf dem Weg zur Kontrollstelle neben dem Torbogen, um den Zoll für die Überquerung der Mainbrücke zu entrichten.

Zum Umfallen müde, seufzte der Bibliothekarius auf. Dass der Ruf der Kleriker zu wünschen übrigließ, damit musste er notgedrungen leben. Ob Dominikaner, Franziskaner oder die Mitbrüder vom Orden der Zisterzienser, wer ein Habit trug, der benötigte ein dickes Fell. In einer Stadt, wo die Klöster besonders zahlreich waren, gehörten die Schmähungen schon fast zum Alltag, so beklemmend das Faktum auch anmutete. Dass die Animositäten, mit denen die Kleriker immer häufiger konfrontiert wurden, jedoch nicht von ungefähr kamen, dessen war er sich vollauf bewusst. Cucullus non facit monachum - das Sprichwort kam gewiss nicht von ungefähr.

Vor dem Torbogen angekommen, wo sich die Wartenden in einem Pulk zusammendrängten, wischte sich Hilpert den Schweiß von der Stirn. Der Tag hatte es wahrhaftig in sich gehabt, und was die mit Blasen übersäten Füße betraf, waren die Spuren der Mühsal nicht zu übersehen. Bereits kurz nach der Prim, am Ende seines Aufenthalts im Kloster Bronnbach, hatte er sich auf den beschwerlichen Weg gemacht. Beschwerlich vor allem deshalb, weil die Hitze beinahe unerträglich wurde, von den Fährnissen einer Reise nicht zu reden.

Gefahren lauerten bekanntlich überall, und was die Schnapphähne betraf, die auf leichte Beute lauerten, stellten Ordensbrüder ein beliebtes Opfer dar. Glück für den Bibliothekarius, dass er an einen umherziehenden Kesselflicker geriet, der danach lechzte, ihm seine Erlebnisse zu schildern. Später am Tag, auf halbem Weg zwischen Taubertal und Main, hatte sich ihnen eine Gruppe von Pilgern angeschlossen, auch sie auf der Reise nach Würzburg, um den Reliquien von Sankt Kilian die Reverenz zu erweisen.

Allein, der Fußmarsch hatte sich in die Länge gezogen. Schattige Wegstrecken waren rar, wohin man auch blickte, nichts als Hitzeflimmern, Staub und Dürre. Kein Lüftchen weit und breit, wohl dem, dem es vergönnt war, mit dem Pferd unterwegs zu sein. Kurz vor dem Verdorren, hatten die Ähren ihre goldgelbe Farbe eingebüßt, und was die Dörfer betraf, die sich in die Mulden der sanft gewellten Hügel duckten, war der Eindruck ein überaus trister gewesen. Von einer Straße, die den Namen verdiente, konnte zudem keine Rede sein. Wenn überhaupt, dann von einer holprigen Piste, zerfurcht von den Spuren der Fuhrwerke, die sich wie Narben in die staubverkrustete Trasse fraßen.

Doch dann, als sich die Sonne dem westlichen Horizont zuneigte, waren in der Ferne die Konturen des Marienberges aufgetaucht, verborgen hinter Hitzeschleiern, die ihm das Aussehen eines flirrenden Trugbildes verliehen. Auf seinem Gipfel thronte das Domizil des Bischofs, der es vorzog, hinter sicheren Mauern zu residieren.

Der Kesselflicker, vierschrötig und verwahrlost, wenngleich redselig gegenüber jedermann, hatte bei ihrem Anblick wütend die Faust erhoben. Und hatte, an die Adresse des Bibliothekarius gewandt, hinzugefügt: »Herzog von Franken und Herrscher von Gottes Gnaden, dass ich nicht lache. Das kann die bigotte Sippschaft sonst wem erzählen. Denen glaubt doch keiner mehr, außer ein paar alten Hutzelweibern!«

»Bei allem Verständnis für Eure Gemütslage, Meister Liudolf, aber findet Ihr nicht, das geht zu weit?«

»Sehe ich so aus?«, hatte der Vollbartträger barsch erwidert. Nur um einen Grunzlaut hervorzustoßen, der seinesgleichen suchte, begleitet von einer obszönen Geste, die Bruder Hilpert geflissentlich ignorierte. »Ich will ja niemandem zu nahe treten, und schon gar nicht Euch oder unseren wonnetrunkenen Begleitern. Aber â¦«

»Das spricht für Euch«, war Bruder Hilpert dem Kesselflicker ins Wort gefallen, nicht willens, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Umso mehr, da er die Vorbehalte des Weggefährten teilte. Unter den Dienern Gottes, das war ihm mehr denn je bewusst, gab es eben solche und solche. Nicht eben ermutigend, aber nicht zu ändern.

Blieb die Frage, wie lange der Krug noch zum Brunnen gehen würde. Im Volk hatte es merklich zu gären begonnen, und wenn es so weitergehen würde wie bisher, war der Tag der Vergeltung nicht mehr fern. Ein Szenarium, das er sich ausgerechnet jetzt, wo die Strapazen der Reise schier übermächtig geworden waren, lieber nicht vor Augen führen wollte. »Ich schlage vor, wir reden über etwas anderes, der Fußmarsch war anstrengend genug.«

Die Bitte hatte ihre Wirkung verfehlt. Einmal in Fahrt, war der Heißsporn außer Rand und Band geraten, die Augen sprühend vor Hass, der ihm das Aussehen eines tobsüchtigen Kobolds verlieh. »Nichts für ungut, Bruder. Aber nach allem, was man über den hochwohlgeborenen Bischof hört, scheint er es mit den Geboten nicht übermäßig genau zu nehmen. Will heißen, er kümmert sich einen feuchten Kehricht darum.«

»Inwiefern?«

Anstatt zu antworten, spie der Gnom in hohem Bogen aus.

»Sagen wir es mal so: Um mir ein Urteil bilden zu können, kenne ich ihn nicht gut genug. Im Übrigen habe ich genug zu tun, die Arbeit als Bibliothekarius füllt mich aus.«

»Jetzt tut doch nicht so, Bruder«, hatte der Vagant das Ablenkungsmanöver durchschaut, einen prall gefüllten Weinschlauch in der Hand, an dem er sich lautstark gütlich tat. Kaum verwunderlich, dass die Labsal in ein kehliges Rülpsen gemündet war, zum Entsetzen der frommen Schar, die von nun an deutlich auf Abstand ging. Kaum war die nächste Weggabelung erreicht gewesen, als sich ihre Spur in der sonnendurchglühten Hochebene verlor. »Von wegen Abgeschiedenheit hinter Klostermauern, wer s glaubt, dem ist nicht zu helfen. Ihr Mönche seid über alles auf dem Laufenden, machen wir uns nichts vor. Und was die Kapriolen des Herrn Bischofs betrifft, so was spricht sich rum, sogar bis nach Maulbronn, das wisst Ihr so gut wie ich. Ich möchte Euch ja nicht zu nahe treten, aber wenn ich mir die Zunft der Würdenträger so anschaue, dann überkommt mich die blanke Wut.«

»Ihr wisst ja, Zorn ist kein guter Ratgeber.«

Darauf der Handwerker, ein Schmunzeln im stark geröteten Gesicht: »Es ehrt Euch, wenn Ihr so denkt, aber was diese scheinheiligen Kirmesprediger betrifft, die Sippschaft habe ich gefressen. Und zwar mit Haut und Haaren. Anwesende ausgeschlossen, ist ja klar.«

»Deo gratias, dann besteht ja noch Hoffnung.«

»Findet Ihr?«

Mit der Geduld am Ende, hatte sich der Bibliothekarius in Schweigen gehüllt. Doch je einsilbiger er in der Folge wurde, desto mehr war der Choleriker in Fahrt gekommen. »Schaut Euch doch bloß mal ihre Paläste an«, hatte er ungestüm drauflosgewettert, ohne Rücksicht auf den ermatteten Gefährten, dem das Unbehagen ins ausgezehrte Antlitz geschrieben stand. »Dann wisst Ihr, was die Stunde geschlagen hat. Die da oben auf dem Marienberg, die leben wie die Maden im Speck. Auf der faulen Haut liegen, den lieben Gott einen guten Mann sein lassen und herumhuren, dass es eine Schande ist: Mehr kriegen die Tagediebe doch nicht zustande. Also, wenn das in Ordnung ist, dann fällt mir zu dem Thema nichts mehr ein.«

Wie wahr. Kurz davor, seine Zurückhaltung aufzugeben, hatte Hilpert die Erwiderung hinuntergeschluckt. Knapp eineinhalb Jahrzehnte im Amt, war der Bischof bereits mehrfach ins Gerede gekommen. Und das, wie der Bibliothekarius aus sicherer Quelle wusste, nicht zu jedermanns Nutz und Frommen. Mit anderen Worten, was seinen Ruf als Schürzenjäger betraf, hatte der Landesherr für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. Nicht genug damit, hatte er die Gulden nur so zum Fenster hinausgeworfen, der Ebbe in den Geldschatullen zum Trotz. Betrachtete er es doch als selbstverständlich, die Ratsherren nach Belieben zur Kasse zu bitten, zum Ärger der Betroffenen, deren Unmut kurz vor dem Siedepunkt stand.

»Was das betrifft, das kann ich Euch nachfühlen«, hatte Bruder Hilpert mit nachdenklicher Miene erwidert, den Blick auf die nahe Mainbrücke gerichtet, deren Bögen sich über das seichte Flussbett spannten. Die Hitze hatte ein wenig nachgelassen, und als wolle sie ihre Strapazen lindern, strich ein Windhauch über die Häupter der Reisegefährten hinweg.

Der Moment des Abschieds war gekommen. Seit seinem letzten Besuch, während der Suche nach den geraubten Kiliansreliquien, waren mehrere Jahre ins Land gegangen, und Bruder Hilpert freute sich darauf, alte Bekannte aufzusuchen. Das Wiedersehen mit seinem alten Lehrer, dessen Priesterweihe sich zum 50. Mal jährte, hatte die Vorfreude auf den Besuch komplett gemacht. »Aber sagt es nicht weiter, sonst lande ich auf dem Scheiterhaufen.«

»Darüber macht Euch keine Gedanken, Bruder«, hatte der Kesselflicker prompt versichert, ein verschmitztes Lächeln im kantigen Gesicht, dessen Rötung den passionierten Weintrinker verriet. »Solltet Ihr Hilfe benötigen, lasst es mich wissen.« Am Mainufer angekommen, wo sich der Hohlweg in entgegengesetzte Richtungen gabelte, deutete er nach Süden und verkündete: »So, Bruder, das war s. Hat mich gefreut, Eure Bekanntschaft zu machen. Und wer weiß, vielleicht sehen wir uns bald wieder. In Heidingsfeld wohnt ein Vetter von mir, kommt mich billiger als die Herbergen in der Stadt. Nichts gegen die vielen Pilger, aber im Moment ist mir in Würzburg zu viel los. Wie dem auch...

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