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Dunkle Schluchten am Bodensee

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am13.09.2023
Lisa Engels, Stadtarchivarin von Überlingen, braucht dringend Urlaub. Sie reist nach Liechtenstein, doch dort erwartet sie alles andere als Entspannung. Denn aus dem Landesmuseum wurden jahrhundertealte Münzen gestohlen, und kurz darauf versetzt ein Mörder das kleine Fürstentum in Angst. Zusammen mit ihrem Freund, dem Polizisten Markus Weinberg, kommt die Archivarin einem tödlichen Geheimnis auf die Spur. In den dunklen Schluchten am Bodensee müssen sie sich einem Fluch aus der Vergangenheit stellen, der ein Opfer nach dem anderen fordert.

Christian Schlindwein wurde 1973 in Konstanz geboren und ist in Überlingen aufgewachsen. Die bewegte Geschichte der Bodenseeregion hat ihn schon immer fasziniert. Seit einigen Jahren lebt und arbeitet der Theologe im Fürstentum Liechtenstein.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextLisa Engels, Stadtarchivarin von Überlingen, braucht dringend Urlaub. Sie reist nach Liechtenstein, doch dort erwartet sie alles andere als Entspannung. Denn aus dem Landesmuseum wurden jahrhundertealte Münzen gestohlen, und kurz darauf versetzt ein Mörder das kleine Fürstentum in Angst. Zusammen mit ihrem Freund, dem Polizisten Markus Weinberg, kommt die Archivarin einem tödlichen Geheimnis auf die Spur. In den dunklen Schluchten am Bodensee müssen sie sich einem Fluch aus der Vergangenheit stellen, der ein Opfer nach dem anderen fordert.

Christian Schlindwein wurde 1973 in Konstanz geboren und ist in Überlingen aufgewachsen. Die bewegte Geschichte der Bodenseeregion hat ihn schon immer fasziniert. Seit einigen Jahren lebt und arbeitet der Theologe im Fürstentum Liechtenstein.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839277782
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum13.09.2023
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11592472
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Lisa Engels trat ins Freie, zog die Tür des Stadtarchivs in Überlingen hinter sich zu und verschloss sie sorgfältig. In den nächsten zwei Wochen würde sie das Archiv nicht mehr betreten. Für zwei Wochen keine Pflichten. Sie hatte Urlaub. Eigentlich seit vorgestern, doch sie hatte es nicht über sich gebracht zu gehen, ohne dem Archiv einen letzten Besuch an diesem Sonntagmittag abzustatten und letzte Aufgaben zu erledigen.

Mit gemischten Gefühlen schlenderte sie am benachbarten Rathaus vorbei hinunter zur Promenade des Bodensees. Andere Menschen fühlten sich gelöst und glücklich, wenn sie eine freie Zeit vor sich hatten, wenn sie der Arbeit, dem Stress und ihren Pflichten für einige Tage Lebewohl sagen konnten, doch in ihr wollte sich dieses Gefühl nicht einstellen. Seit sie vor drei Jahren die Stelle als städtische Archivarin angenommen hatte, war sie nicht in den Urlaub gefahren. Einige freie Tage, ein paar Ausflüge mit ihrem Freund, aber länger hatte sie sich bisher nicht von ihrem geliebten Archiv getrennt.

Die meisten Leute, die Lisa begegneten, hatten selbst jetzt im Spätherbst noch eine sommerliche Bräune. Die Sommermonate im Südwesten waren lang und heiß. Lisas Haut hingegen war beinahe auffallend weiß geblieben. Sie hatte die heißen Tage zwischen mit Folianten und Aktenordnern gefüllten Regalwänden verbracht. Während viele Einwohner der Seestadt und unzählige Touristen jede freie Minute im Freien zugebracht hatten, hatte sie auch nach den offiziellen Öffnungszeiten des Archivs an ihrem Schreibtisch gesessen und Bücher sowie Schriften bearbeitet.

Sie fühlte sich glücklich in dem alten Renaissancebau, der das Archiv beherbergte, ihre Arbeit füllte sie aus, der Gedanke an Urlaub war ihr in diesen drei Jahren nie in den Sinn gekommen. Es waren vielmehr ihre Freunde gewesen, die sie darauf aufmerksam gemacht hatten, dass sie sich öfter eine Auszeit gönnen sollte. Die ihr ansahen, dass sie zwar glücklich, aber dennoch überarbeitet wirkte. Insbesondere ihr Vorgänger Dr. Sebastian Grünwald und ihr Freund Markus Weinberg hatten in den vergangenen Wochen und Monaten immer öfter davon gesprochen, dass es neben der Arbeit auch noch ein Leben gebe.

Schließlich hatten sie sie weichgeklopft. Lisa hatte Urlaub eingereicht und ihn prompt genehmigt bekommen. Damit sie keinen Rückzieher machen konnte, war sie von Dr. Grünwald auf eine kleine Reise eingeladen worden, die heute Nachmittag beginnen sollte.

Die Luft war mild, trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit. An der sonnenbeschienenen Promenade saßen etliche Leute draußen in den Cafés und Restaurants, die meisten mit Jacken, einige hatten Decken über ihre Beine gelegt. Lisa spazierte ein Stück in Richtung des Mantelhafens und betrat dann ein Café, das in einem ehrwürdigen klassizistischen Bau aus der Kaiserzeit untergebracht war. Sie winkte der Inhaberin hinter dem Tresen zu und sah sich um. Ein Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht. Markus Weinberg war schon da. Er saß an einem Tisch in der Ecke und strahlte sie an.

Als sie auf ihn zuging, stand er auf und küsste sie. Zusammen setzten sie sich auf eine Bank an der Wand, sodass sie mit Blick in den Raum saßen. Lisa deutete auf einen Strauß, der vor Markus auf dem Tisch lag, und fragte: »Für wen sind denn die Blumen?«

Weinberg nahm den Blumenstrauß und wandte sich ihr zu. »Die sind für dich, mein Schatz.«

»Wofür?«, fragte Lisa.

Die Wirtin trat an den Tisch. »Hallo, Lisa.«

»Hallo, Aylin.«

»Ach, hast du Geburtstag? Soll ich für die Blumen eine Vase bringen?«

»Nein«, sagte Lisa, »ich meine, ja, eine Vase wäre gut, aber nein, ich habe nicht Geburtstag.«

»Auweia. Du hast doch keinen Mist gebaut, Markus, oder?«, fragte die Wirtin scherzhaft und stemmte ihre Hände in die Hüften. »Raus mit der Sprache!«

Weinberg fing an zu lachen. »Der Blumenstrauß ist für dich, Lisa, weil du es nach drei Jahren endlich geschafft hast, einmal Urlaub zu nehmen!«

Während Lisa überrascht dreinsah, stimmte Aylin in das Lachen mit ein und machte sich auf den Weg zur Küche. »Dann hole ich mal eine Vase.«

»Und bring uns bitte zwei Gläser Weißwein mit«, rief ihr Weinberg hinterher.

*

Zurück in ihrer Wohnung stellte Lisa die Blumen auf den Wohnzimmertisch. Dann ging sie in das Schlafzimmer und zog sich um. Sie lächelte still im Gedanken an die Szene im Café. Vom Schrank nahm sie eine Reisetasche und warf sie aufs Bett. Packen zu müssen setzte Lisa unter Druck. Was sollte sie mitnehmen? Unterwäsche, sicher. Pullover, aber wie viele? Ein Paar Schuhe? Zwei Paar? Drei? Was für welche?

Nachdem sie eine Weile unschlüssig vor der geöffneten Tasche gestanden hatte, setzte sie sich auf den Bettrand und ließ sich nach hinten fallen. Sie starrte an die Decke, als ob sich dort eine Liste fände, der sie entnehmen könnte, was sie mitzunehmen hatte. Mit einem Ruck richtete sie sich kerzengerade auf. Ihr war etwas eingefallen. Sie ging zu ihrem Schreibtisch und griff nach drei Büchern, die dort lagen. Aus einem Regal nahm sie zwei weitere. In der kleinen Küche legte sie noch ein Buch auf den Stapel in ihrer Armbeuge. Stöhnend unter dem Gewicht trug sie die Bücher ins Schlafzimmer und platzierte sie sorgfältig in der Tasche, dann holte sie aus dem Regal noch zwei Bände. Zufrieden betrachtete sie das Ergebnis, als es an der Tür klingelte.

Es war Sebastian Grünwald, ihr Vorgänger im Archiv und ihr Vermieter. Da er in der Wohnung über ihr wohnte, trug er lediglich Hausschuhe und über seiner Kleidung eine Kochschürze.

»Hallo, Dr. Grünwald«, sagte Lisa. »Kommen Sie herein. Bin ich zu spät dran?«

»Nein, nein, Lisa, überhaupt nicht.«

Der alte Archivar ging hinter Lisa in das Wohnzimmer. Als er den Blumenstrauß bemerkte, sagte er: »Oh, haben Sie Geburtstag, Lisa? Nein, das kann nicht sein, warten Sie, Ihr Geburtstag war doch â¦«

»Die Blumen sind von Markus«, erklärte Lisa. »Er hat sie mir geschenkt, um mir dafür zu gratulieren, dass ich es nach drei Jahren endlich geschafft habe, Urlaub zu nehmen.«

Grünwald lachte. »Dann sollten wir die Blumen jetzt eigentlich oben bei mir auf den Tisch stellen. Ich möchte Sie nämlich aus demselben Grund zum Essen einladen, bevor wir losfahren.«

Lisa sah ihn mit schräg gelegtem Kopf an. »War ich wirklich so schlimm?«

»Unsinn«, lachte Grünwald. »Wir haben uns nur manchmal Sorgen gemacht, weil Sie so viel gearbeitet haben, das ist alles. Und wir freuen uns, dass Sie sich nun eine Auszeit nehmen.« Er ging zur Tür. »Kommen Sie? Das Essen ist gleich so weit.«

Lisa kannte ihren Vorgänger im Stadtarchiv gut genug, um ihm mit Vorfreude zu folgen. Und tatsächlich hatte sich Dr. Grünwald wieder einmal selbst übertroffen.

»Hier haben wir Rehkrustenbraten mit Lavendelhonig überbacken, dazu selbst gemachte Spätzle mit Reichenauer Gemüse«, erläuterte er, während er die dampfenden Teller auf den Tisch stellte. »Der Rotwein ist aus dem Markgräflerland.«

Lisa schätzte im Stillen, dass sie um die 200 Pfund wiegen müsste, wenn sie regelmäßig bei ihrem Vorgänger zum Essen eingeladen wäre. Überhaupt musste man sich in Acht nehmen, die Küche im Südwesten war sündhaft gut. Zum Glück hatte sie sich angewöhnt, jeden Tag die zwei Kilometer zu Fuß zur Arbeit zu gehen. Dabei ging es hinwärts bergab in Richtung See hinunter und heimwärts bergan.

Lisa ließ es sich schmecken. Nachdem sie gegessen hatten, sagte sie: »Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich es mit der Arbeit so übertrieben habe.«

»Was heißt übertrieben? Sie machen Ihre Arbeit großartig. Ich bin jeden Tag glücklich darüber, dass ich mich damals für Sie als meine Nachfolgerin eingesetzt habe. In der letzten Zeit wirkten Sie nur etwas überarbeitet.« Grünwald goss Wein in beide Gläser nach. »Bitte betrachten Sie meine Sorge nicht als unangebrachte Einmischung in Ihr Leben.«

»Das tue ich nicht«, versicherte Lisa. »Ich weiß Ihre Sorge zu schätzen.«

Der alte Archivar räusperte sich. »Ich hatte den Eindruck, dass Sie sich vielleicht zu wenig Zeit nehmen für Ihre Beziehung zu Markus Weinberg. Er hat ja als Polizeibeamter sowieso einen Beruf, der wegen des Schichtdienstes einige Herausforderungen an eine Partnerschaft stellt.«

Lisa blickte nachdenklich in ihr Rotweinglas. »Ich weiß, was Sie meinen.«

»Hoffentlich nehmen Sie mir diese Bemerkungen nicht übel?«

»Nein, Dr. Grünwald«, sagte Lisa und stellte ihr Glas ab. »Mir ist die Beziehung wichtig. Sie ist â¦ ein großes Geschenk. Eigentlich weiß es noch niemand, aber Markus hat â¦ Ich meine, wir haben uns â¦«

Das Telefon läutete. Grünwald stand auf. »Entschuldigen Sie bitte. Merken Sie sich, was Sie gerade sagen wollten.«

Während der alte Archivar telefonierte, betrachtete Lisa glücklich den feinen goldenen Ring an ihrem linken Ringfinger. Der kleine Brillant funkelte.

»Das war mein Freund, den wir besuchen werden«, erklärte Grünwald, als er in die Küche zurückkam. »Er hat heute Abend Zeit für uns. Übrigens, was wollten Sie vorhin sagen?«

»Ach, das erzähle ich Ihnen ein anderes Mal.« Lisa winkte ab. »Ich werde jetzt mal besser fertig packen. In spätestens einer halben Stunde sollte ich so weit sein.«

*

Grünwald holte Lisa pünktlich mit einem Mietwagen ab. Bis zum Schluss hatte sie darüber nachgedacht, was sie vergessen haben könnte. Schließlich zog sie entschlossen den Reißverschluss zu und stellte die Reisetasche in den...

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