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Dora Maar und die zwei Gesichter der Liebe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am21.06.20211. Auflage
Dora und Pablo - eine leidenschaftliche Liebe, so besonders wie ihre Kunst. Paris, 1936: Die erfolgreiche Fotografin Dora ist das Herz des surrealistischen Kreises um André Breton und Man Ray. Dann begegnet die exzentrische junge Frau Pablo Picasso - und zwischen den beiden entfaltet sich eine so leidenschaftliche wie abgründige Liebe. Doras düstere Sinnlichkeit prägt fortan die Malerei Picassos, auch inspiriert sie ihn zu seinen ersten politischen Werken, allen voran 'Guernica'. Doch er kann neben sich keinen anderen Künstler gelten lassen, und ihre kreative Entwicklung stockt. Immer größer werden die Konflikte. Bis Picasso der jüngeren Françoise Gilot begegnet - und Dora zur Kunst zurückfinden muss, um ihre Liebe zu vergessen ... Eine herzzerreißende Liebe voll dunkler Abgründe zwischen zwei großen Künstlerpersönlichkeiten, von einer renommierten Autorin hervorragend recherchiert.


Bettina Storks, geboren 1960 bei Stuttgart, ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und Autorin. Sie war viele Jahre als Redakteurin tätig, bevor sie ihr erstes Buch veröffentlichte. Sie lebt und arbeitet am Bodensee. In ihren Romanen vereint sie ihre Begeisterung für faszinierende Frauenfiguren, ihren Anspruch an gründliche historische Recherche und ihre Liebe zu Frankreich. Bei einer Reise in den Lubéron besuchte sie in Ménerbes das Haus Dora Maars und fing an, sich mit deren Leben und Werk zu beschäftigen. Was sie entdeckte, war sehr viel mehr als Picassos 'weinende Frau' - sondern eine facettenreiche Künstlerin, emanzipiert, vielbegehrt und anerkannt in ihrem künstlerischen Vermächtnis.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextDora und Pablo - eine leidenschaftliche Liebe, so besonders wie ihre Kunst. Paris, 1936: Die erfolgreiche Fotografin Dora ist das Herz des surrealistischen Kreises um André Breton und Man Ray. Dann begegnet die exzentrische junge Frau Pablo Picasso - und zwischen den beiden entfaltet sich eine so leidenschaftliche wie abgründige Liebe. Doras düstere Sinnlichkeit prägt fortan die Malerei Picassos, auch inspiriert sie ihn zu seinen ersten politischen Werken, allen voran 'Guernica'. Doch er kann neben sich keinen anderen Künstler gelten lassen, und ihre kreative Entwicklung stockt. Immer größer werden die Konflikte. Bis Picasso der jüngeren Françoise Gilot begegnet - und Dora zur Kunst zurückfinden muss, um ihre Liebe zu vergessen ... Eine herzzerreißende Liebe voll dunkler Abgründe zwischen zwei großen Künstlerpersönlichkeiten, von einer renommierten Autorin hervorragend recherchiert.


Bettina Storks, geboren 1960 bei Stuttgart, ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und Autorin. Sie war viele Jahre als Redakteurin tätig, bevor sie ihr erstes Buch veröffentlichte. Sie lebt und arbeitet am Bodensee. In ihren Romanen vereint sie ihre Begeisterung für faszinierende Frauenfiguren, ihren Anspruch an gründliche historische Recherche und ihre Liebe zu Frankreich. Bei einer Reise in den Lubéron besuchte sie in Ménerbes das Haus Dora Maars und fing an, sich mit deren Leben und Werk zu beschäftigen. Was sie entdeckte, war sehr viel mehr als Picassos 'weinende Frau' - sondern eine facettenreiche Künstlerin, emanzipiert, vielbegehrt und anerkannt in ihrem künstlerischen Vermächtnis.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841226686
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum21.06.2021
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.19
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4308 Kbytes
Artikel-Nr.5453499
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Prolog
Buenos Aires, 1925

Henriette Theodora Markovitch lag in ihrem Mädchenbett und neigte den Kopf in Richtung Fenster. Hinter den Häusern der Stadt ging die Sonne auf.

Ein milchiges Licht schimmerte durch die Lamellen der Jalousien und spiegelte sich auf der gläsernen Schiebetür, die ihr Zimmer vom Rest der Wohnung trennte.

Mit blinzelnden Augen hob sie ihre Hand gegen den Strahl und betrachtete sie eingehend. Streifen aus Licht und Schatten tanzten auf ihrer Haut, und jede Bewegung ließ eine unvergleichlich einzigartige Figur entstehen. Wenn sie still hielt, erkannte sie die zarten Gefäße ihres Handrückens, das rosig schimmernde Nagelbett unter den transparenten Fingernägeln.

Sie war eine Zauberin.

Durch die Verglasung zur Wohnseite erinnerte sie ihr Mädchenzimmer in der Innenstadt von Buenos Aires an einen Käfig, in dem sie sich zuweilen ausgestellt fühlte wie ein exotisches Tier in einem Zoo. Ihre Eltern besaßen die Macht des uneingeschränkten Blicks auf sie. Eines Blicks, dem Theodora ihre geschlossenen Augen entgegensetzen konnte, ihr einzig möglicher Rückzug und das Tor in eine Welt der Phantasie. Manchmal versteckte sie sich im Kleiderschrank, dann war sie unsichtbar.

Tata, wie sie ihren Vater zärtlich auf Kroatisch nannte, hatte ihr schon mit zwölf einen Fotoapparat geschenkt, ein wunderbares Medium, mit dem sie schnell umzugehen wusste. Ihre ersten Objekte waren Hafenarbeiter unten am Meer, ausfahrende Schiffe und Innenhöfe, die zuweilen überraschende Gärten mit hochgewachsenen Bäumen bargen.

Von Theodoras späteren Bildern mit den Frauen, die an staubigen Hauswänden lehnten und lächelten, durfte Maman niemals erfahren.

Ihr Vater nannte ihre Fotos kleine Kunstwerke, ihre Mutter hingegen runzelte nur die Stirn und wandte den Blick von ihnen ab. In ihrer Welt existierten keine Kontraste, wie ihre Tochter sie in ihren Motiven stets suchte. Mit dieser Art von Kunst hatte sie nie etwas anfangen können.

Der Vater indessen ermutigte Theodora stets, weiterzumachen, und erteilte ihr nach der Schule in seinem Architekturbüro regelmäßig Zeichenunterricht. Fortan bildeten Formen und Winkel, das Zusammenspiel von Licht und Schatten Theodoras Leidenschaft, zugleich schufen sie eine unsichtbare Verbindung zum Vater. So lernte sie früh, dass sich Licht zähmen ließ, ja einfangen, je nach der Perspektive, die man wählte.

Plötzlich vernahm Theodora Geräusche im Flur. Ein Murmeln. Schritte. Räuspern. Das Rascheln von Kleidung.

Aus einem Seitenwinkel schlich eine Gestalt in ihr Blickfeld. Sie schloss die Augen, spürte den Blick ihres Vaters auf sich ruhen.

Er stand stumm hinter der Glasscheibe. Sie verharrte und rührte sich nicht.

Bestimmt trug Josip Markovitch bereits seinen Hut, den Stock und die Aktentasche. Tagaus, tagein ging er in einem eleganten Anzug zur Arbeit. Sein dunkles, glänzendes Haar war mit Brillantine zurückgekämmt, der gepflegte Schnurrbart zurechtgestutzt.

Dora. Dorica. Dorita. Dorissima. Ihr Vater hatte viele melodische Namen für sie, alle waren sie voller Zärtlichkeit.

Theodora lauschte.

Als die Tür ins Schloss fiel, ertönte aus dem Nebenzimmer das schmerzverzerrte Stöhnen ihrer Mutter Julie. Wahrscheinlich beklagte Maman die Hitze der Nacht, die Ankunft eines weiteren verhängnisvollen Tages und ihre damit verbundene Migräne.

In Paris hatte Julie anscheinend nie Migräne gehabt.

Wussten denn die Eltern nicht, dass eine Glaswand zwei Seiten hatte? Eine für den Betrachter und eine für den Betrachteten.

Nichts war während der Jahre ihrer Kindheit in dieser Wohnung inmitten von Buenos Aires geheim geblieben. Weder die Streitereien zwischen Maman und Tata, Julies an Josip gerichtete Vorwürfe, ihre Zurückweisungen, ihre Härte. Noch das Quietschen des Betts aus dem elterlichen Schlafzimmer und die damit verbundenen wimmernden Töne der Mutter, die sich von jenen ihrer Migräneattacken kaum unterschieden. Gesprächsfetzen, bei denen es immer um dasselbe ging, gefolgt von Tatas Wutanfällen.

Geld. Buenos Aires. Paris. Gesellschaftlicher Aufstieg.

Offensichtlich war Josip der einzige Architekt in Buenos Aires, der nicht reich werden wollte.

Wenn er gut gelaunt war, nannte er Julie auf Kroatisch sasavica, was so viel wie Kleine Verrückte hieß. In einer anderen Bedeutung versteckte sich dahinter das Wort Kuckuck. Auf jeden Fall zeugte seine verbale Liebkosung von einer lebhaften Zuneigung. Oder war es der Hüte wegen, die Julie so gern trug und die sie sonntags nach der heiligen Messe in ein Jugendstilcafé in der Avenida de Mayo ausführte?

Auf Mamans Lieblingshut thronte ein zerbrechliches Vögelchen aus reinster Seide mit leicht geöffnetem Schnabel, bereit für den Abflug. Doch es war festgenäht. In Wahrheit war Julie Markovitch vom Wesen her so weit von einem Vogel entfernt wie Paris von Buenos Aires. Ihrer unnahbaren Schönheit fehlte alles Leichte, Unbeschwerte.

Zudem barg die Tatsache, in Buenos Aires eine Französin zu sein, einen unüberwindbaren gesellschaftlichen Widerspruch: Französinnen waren hier jene Frauen, die an Hauswänden lehnten und Männer anlachten. Die Französin, genannt Francesa, besaß etwas Anrüchiges.

»Eine Francesa verdient unten am Hafen ihr Geld mit Prostitution«, hatte das Hausmädchen einmal hinter vorgehaltener Hand zu Julie gesagt, während sie das Staubtuch vor dem Fenster ausschüttelte. Entsetzt hatte Julie das Fenster geschlossen und Theodora, die neugierig zugehört hatte, durch die Tür geschoben. Dabei hatte Maman einen Blick aufgesetzt, als habe sie genau das schon immer geahnt.

Nach diesem Ereignis wurde Julie nicht müde, den Staub von Buenos Aires noch mehr zu hassen, die Hitze und den Lärm. Besonders jedoch verdammte sie den Tango, den hier bereits die Kinder erlernten. Für sie war die Stadt, in der sich Josip und Theodora heimisch fühlten, ein Ort der unsittlichen Annäherung, der schamlosen Blicke.

»Lach niemals einen Mann an, Theodora. Hier in Buenos Aires bist du sonst eine Francesa«, bläute Julie fortan ihrer Tochter tagtäglich ein.

Theodora begriff: An einer Francesa klebten die Hitze, der Staub und die Erregung des Tangos wie eine zweite Haut. Das Verbotene musste einen besonderen Reiz besitzen, wenn Maman sich so viel Mühe gab, die Sünde erst gar nicht aufkommen zu lassen. Dass Theodora schon als kleines Mädchen diesen Widerspruch erfasst und in sich aufgesogen hatte, blieb ihr Geheimnis.

Aber in Buenos Aires war der Tango unvermeidbar.

An einem heißen Sommertag wurde Theodoras Schicksal besiegelt, nachdem die inzwischen Achtzehnjährige das erste Mal mit glühenden Wangen und leuchtenden Augen nach Hause gekommen war und den Tanz der Tänze getanzt hatte.

Der Junge war in ihrem Alter gewesen, und es war nach dem Unterricht auf einem großen Platz nahe ihrer Schule geschehen. Plötzlich spielte ein Geigenduo auf einem Platz in der Nähe Tangomusik, sehnsuchtsvoll, melancholisch und verführerisch. Sofort bildeten sich Paare, die zu tanzen begannen. Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Ein Junge, dessen Namen Dora nicht kannte, hatte sie mit schwarzen Augen angesehen, sie wortlos an die Hand genommen, an die Seite geführt und sich ihr gegenübergestellt.

Bis zu jenem Tag hatte Dora nur den distinguierten Salontango getanzt. Dann aber hatte der Junge sie nach wenigen Takten eng an sich gezogen. Sie hatte seine muskulösen Schenkel an ihren gespürt und sich mit geschlossenen Augen seinen Bewegungen hingegeben. Beim Schlussakkord waren die beiden auseinandergetreten und hatten sich verschämt zugenickt. In diesem Moment begriff Dora, dass der Tango einer Kapitulation gleichkam. Der Tanz hatte einen Rausch ausgelöst, der ihren Körper irgendwie nach Hause trug. Sie schwebte über dem Boden. Was blieb, war die Erinnerung an den gemeinsamen Takt, das Feuer des Augenblicks.

Den Jungen hatte sie nie wiedergesehen.

Doch Julie hatte sie bereits beim Öffnen der Wohnungstür durchschaut: Ihr unschuldiges Mädchen war vom Tangofieber heimgesucht worden, einer hochansteckenden Krankheit, die den Unterleib junger Frauen befiel und jederzeit ausbrechen konnte.

Nur Paris und eine rigorose Entwurzelung, das machte Julie ihrem Ehemann nun hinter der Glasscheibe Nacht um Nacht klar, würden die Tochter heilen.

Theodora weinte sich jedes Mal, wenn sie Julies Klagelied hörte, in den Schlaf. Wie sehr würde sie ihre Freundinnen, die spanische Sprache, den Tanz der Tänze und die Melancholie von Buenos Aires vermissen!

Wenige Wochen später machten sich Mutter und Tochter über den Atlantik mit der La Touraine auf den Weg nach Le Havre und stiegen in den Zug nach Paris, das sie in den frühen Morgenstunden erreichten.

Julie hatte Josip keine Wahl gelassen: Einer von ihnen musste sich für Theodoras Zukunft opfern.

Josip, der zunächst in Argentinien zurückblieb, hatte nachgegeben, weil er auf die explosive Mischung aus dem unbeugsamen Willen und der Anpassungsfähigkeit seiner Tochter vertraute.

Der allererste Eindruck, den Theodora von ihrer Geburtsstadt gewann, war der beißende Geruch nach Rauch und Ruß an der Gare de Lyon, der den Duft der exklusiven Parfüms vorbeieilender Damen überlagerte. Draußen an der großen Treppe, die hinab in die Stadt führte, blitzte die Sonne hinter den...
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