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Herbstfarbenã»Ein Winterspaziergang

BuchGebunden
128 Seiten
Deutsch
Göbel, Stefanerschienen am17.02.2016Verlagsbuchhandlung S.Göbel, Leipzig, 2016
Auszug aus dem Vorwort von Susanne Schaup:⦠Henry David Thoreau war ein Empiriker, der die exakte Naturbeschreibung mit einer inspirierten, poetisch-philosophischen Sichtweise verband. Jedes Ding, jede Pflanze, die Gräser, als einzelne unscheinbar, in der Zusammenschau von eindrucksvoller Wirkung, die Fische unter dem Eis, sogar das Welke und Abgestorbene, der Rauch, der aus einem einsamen Schornstein im Wald aufsteigt, Spuren im Schnee, ein bunt gefärbtes Blatt oder das Spiel des Lichts in den Zweigen - buchstäblich alles, was er mit seinen Sinnen aufnahm und seine geistigen und seelischen Antennen ihm vermittelten, wurde zur Offenbarung der geheimnisvollen Verbundenheit allen Seins. Die beseelte Natur, die Emerson in seinem programmatischen Aufsatz Nature verkündet hatte, wurde für Thoreau lebendige Erfahrung. Ihre Verzauberung war diesem Nachfahren nüchtern-puritanischer Einwanderer, einem Spaziergänger aus Leidenschaft, immer gegenwärtig und auf Schritt und Tritt erlebbar. Wir, die seit mehr als einem halben Jahrhundert einer entzauberten Welt gegenüberstehen, die der Mensch in seinem Fortschrittswahn und seiner Habgier immer weiter zerstört, Zauberlehrlinge, die nicht wissen, wie sie die entfesselten Geister des Unheils zurückrufen sollen, finden bei Thoreau keine wirklichkeitsfremde Verklärung der Natur, sondern eine hellwache, realitätsbewusste Verzauberung. Er nimmt uns auf seinen Wanderungen mit, er redet uns persönlich an und weist uns ein in die Geheimnisse der beseelten Natur. Wir können von ihm lernen, wie man einen Wald betritt, wie man die Sinne schärft und still wird, damit die Natur zu uns sprechen kann.Es bedarf keiner Grandiosität der Erscheinungen, keiner spektakulären Landschaft, um dieses transzendente Schauen zu erleben. Worauf es ankommt, ist die Teilhabe an diesem Leben und Weben, das uns überall umgibt, sobald wir einen natürlichen Raum betreten, und sei es ein frosterstarrter Wald, wenn man nur zu schauen und hinzuhören versteht. Dazu braucht es Sammlung und innere Stille und die Bereitschaft, sich auf ein anderes Sein einzulassen. Dazu braucht es eine Haltung der Demut und der Ehrfurcht vor dem Dasein unserer Mitgeschöpfe, ein empathisches Gewahrsein des Wirklichen, wie es sich in diesem Augenblick offenbart. Es ist eine Haltung, wie sie der Zen-Buddhismus oder auch der indische Yoga lehrt. Wie viele seiner Zeitgenossen hatte Thoreau eine starke Affinität zum Buddhismus und zur Geisteswelt des Ostens. Er studierte die Lehrreden des Buddha und vertiefte sich in die heiligen Schriften der Inder. Diese Ehrfurcht vor der Natur und ihre inspirierte Wahrnehmung meint auch Emerson, wenn er von der Manifestation des Transzendenten in den Erscheinungen spricht. Das Ideale oder Göttliche spiegelt sich im Tatsächlichen, in dem, was ist. Thoreau, Emersons kongenialer Schüler, schließt sich dieser natürlichen Theologie an. Sie ist ihm wesensverwandt.mehr

Produkt

KlappentextAuszug aus dem Vorwort von Susanne Schaup:⦠Henry David Thoreau war ein Empiriker, der die exakte Naturbeschreibung mit einer inspirierten, poetisch-philosophischen Sichtweise verband. Jedes Ding, jede Pflanze, die Gräser, als einzelne unscheinbar, in der Zusammenschau von eindrucksvoller Wirkung, die Fische unter dem Eis, sogar das Welke und Abgestorbene, der Rauch, der aus einem einsamen Schornstein im Wald aufsteigt, Spuren im Schnee, ein bunt gefärbtes Blatt oder das Spiel des Lichts in den Zweigen - buchstäblich alles, was er mit seinen Sinnen aufnahm und seine geistigen und seelischen Antennen ihm vermittelten, wurde zur Offenbarung der geheimnisvollen Verbundenheit allen Seins. Die beseelte Natur, die Emerson in seinem programmatischen Aufsatz Nature verkündet hatte, wurde für Thoreau lebendige Erfahrung. Ihre Verzauberung war diesem Nachfahren nüchtern-puritanischer Einwanderer, einem Spaziergänger aus Leidenschaft, immer gegenwärtig und auf Schritt und Tritt erlebbar. Wir, die seit mehr als einem halben Jahrhundert einer entzauberten Welt gegenüberstehen, die der Mensch in seinem Fortschrittswahn und seiner Habgier immer weiter zerstört, Zauberlehrlinge, die nicht wissen, wie sie die entfesselten Geister des Unheils zurückrufen sollen, finden bei Thoreau keine wirklichkeitsfremde Verklärung der Natur, sondern eine hellwache, realitätsbewusste Verzauberung. Er nimmt uns auf seinen Wanderungen mit, er redet uns persönlich an und weist uns ein in die Geheimnisse der beseelten Natur. Wir können von ihm lernen, wie man einen Wald betritt, wie man die Sinne schärft und still wird, damit die Natur zu uns sprechen kann.Es bedarf keiner Grandiosität der Erscheinungen, keiner spektakulären Landschaft, um dieses transzendente Schauen zu erleben. Worauf es ankommt, ist die Teilhabe an diesem Leben und Weben, das uns überall umgibt, sobald wir einen natürlichen Raum betreten, und sei es ein frosterstarrter Wald, wenn man nur zu schauen und hinzuhören versteht. Dazu braucht es Sammlung und innere Stille und die Bereitschaft, sich auf ein anderes Sein einzulassen. Dazu braucht es eine Haltung der Demut und der Ehrfurcht vor dem Dasein unserer Mitgeschöpfe, ein empathisches Gewahrsein des Wirklichen, wie es sich in diesem Augenblick offenbart. Es ist eine Haltung, wie sie der Zen-Buddhismus oder auch der indische Yoga lehrt. Wie viele seiner Zeitgenossen hatte Thoreau eine starke Affinität zum Buddhismus und zur Geisteswelt des Ostens. Er studierte die Lehrreden des Buddha und vertiefte sich in die heiligen Schriften der Inder. Diese Ehrfurcht vor der Natur und ihre inspirierte Wahrnehmung meint auch Emerson, wenn er von der Manifestation des Transzendenten in den Erscheinungen spricht. Das Ideale oder Göttliche spiegelt sich im Tatsächlichen, in dem, was ist. Thoreau, Emersons kongenialer Schüler, schließt sich dieser natürlichen Theologie an. Sie ist ihm wesensverwandt.
Details
ISBN/GTIN978-3-940203-09-0
ProduktartBuch
EinbandartGebunden
FormatGenäht
ErscheinungsortLeipzig
ErscheinungslandDeutschland
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum17.02.2016
AuflageVerlagsbuchhandlung S.Göbel, Leipzig, 2016
Seiten128 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht192 g
IllustrationenHenry David Thoreau; Concord um 1840; Manuskriptseite aus Autumnal Tints
Artikel-Nr.37197933
Rubriken

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Einführung⯠7Herbstfarben⯠25Die purpurnen Gräser⯠29Der Rot-Ahorn⯠40Die Ulme⯠47Gefallene Blätter⯠49Der Zucker-Ahorn⯠58Die Scharlach-Eiche⯠69Ein Winterspaziergang⯠88Freunde über H.âD.âThoreau⯠120Anmerkungen⯠125mehr
Leseprobe
Ein WinterspaziergangDer Wind raunt sacht durch die Fensterläden oder pustet federleicht gegen die Scheiben und seufzt hin und wieder wie ein Sommerlüftchen, das die ganze lange Nacht Blätter aufwirbelt. Die Feldmaus schläft in ihrem behaglichen Gang in der Erde, die Eule sitzt in einem hohlen Baum tief im Moor, der Hase, das Eichhörnchen und der Fuchs, sie alle haben ihren Unterschlupf. Der Wachhund liegt still am Herd, und die Kühe stehen stumm in ihren Ställen. Die Erde selbst hält gleichsam ihren ersten, nicht den letzten Schlummer, außer wenn ein Straßenschild oder eine Holztür leise in den Angeln klappert und dadurch der einsamen Natur bei ihrem mitternächtlichen Werk Mut zusprichtâ¯-â¯das einzig vernehmbare Geräusch zwischen Venus und Mars - und uns von einer fernen, inneren Wärme, einer göttlichen Heiterkeit und Geselligkeit kündet, wo Götter anzutreffen sind, Menschen jedoch beklommen stehen. Indessen, während die Erde so dahinschlummert, wirbeln federleichte Flocken durch die Luft, als regierte hier eine Ceresââ26 des Nordens, die ihr silbernes Korn über die Felder schüttet. Wir schlafen und erwachen schließlich in der stillen Realität eines Wintermorgens. Der Schnee liegt warm wie Watte oder Daunen auf dem Fenstersims. Das breite Schiebefenster und die frostbedeckten Scheiben lassen ein trübes, vertrauliches Licht herein, das die behagliche Heiterkeit im Inneren steigert. Die Stille des Morgens ist eindrucksvoll. Der Boden knarrt unter unseren Füßen, während wir uns zum Fenster begeben, um durch eine klare Stelle über die Fluren zu schauen. Wir sehen die Dächer unter ihrer Schneelast stehen. Von den Dachtraufen und den Zäunen hängen schneeige Stalaktiten, und in den Höfen stehen Stalagmiten, einen verborgenen Kern verhüllend. Überall recken Bäume und Sträucher weiße Arme dem Himmel entgegen. Wo Mauern und Zäune waren, sehen wir fantastische Gebilde, die sich in ausgelassenen Kapriolen über die dämmrige Landschaft ziehen, als hätte die Natur ihre neuen Muster als Modelle für die Kunst des Menschen nachts über die Fluren gestreut.Leise schieben wir den Riegel zurück, lassen das Gestöber herein und treten aus der Tür, um der schneidenden Luft die Stirn zu bieten. Schon haben die Sterne ein wenig von ihrem Glitzern verloren, und ein trüber, bleierner Dunst zieht den Horizont entlang. Ein grelles, dreistes Licht im Osten kündet den Anbruch des Tages an, während die Landschaft im Westen gleich dem Reich der Schatten noch immer matt und geisterhaft in ein düsteres, unterweltliches Licht getaucht ist. Nur schauerliche Laute sind zu vernehmen - das Krähen der Hähne, das Bellen von Hunden, das Hacken von Holz, das Blöken der Rinder, gleichsam wie aus Plutosââ27 Scheunenhof jenseits des Styxââ28 - nicht weil sie so trostlos klingen, sondern weil ihre Geschäftigkeit im Morgengrauen allzu feierlich und geheimnisvoll für die Erde ist. Die frische Fährte von Fuchs oder Otter im Hof mahnt uns, dass jede Stunde der Nacht voll von Ereignissen und die urzeitliche Natur noch immer am Werk ist und ihre Spuren im Schnee hinterlässt. Wir öffnen das Tor und schreiten rüstig aus, die lange Landstraße entlang über den körnig trockenen, unter unseren Füßen knirschenden Schnee, oder werden wachgerüttelt von dem harten, deutlich hörbaren Knarren des Waldschlittens, der in aller Frühe direkt von der Tür des Farmers, wo er den Sommer über unter Spänen und Stoppeln geruht hat, zum fernen Markt aufbricht. Währenddessen erblicken wir in der Ferne durch die Verwehungen und schneebestäubten Fenster die frühe Kerze des Farmers gleich einem verblassenden Stern, der einen einsamen Lichtstrahl aussendet, als hielte eine strenge Tugend dort ihre Morgenandacht. Und aus einem Schornstein nach dem andern, unter Bäumen und inmitten des Schneetreibens, beginnt Rauch aufzusteigen.mehr