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Schatten über Frauenchiemsee

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
288 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am14.04.2022
Cold Case Fraueninsel. Vor achtzehn Jahren wurde auf Frauenchiemsee die eigenwillige Malerin Franka Mellis ermordet, der Täter wurde nie gefasst. Nun erhalten alle, die damals in engem Kontakt mit der Künstlerin standen, anonyme Botschaften mit verstörendem Inhalt. Schwester Althea geht der Sache auf den Grund und erfährt von ausgelassenen Zusammenkünften auf der Insel, von Drogenkonsum, Liebe und Eifersucht. Jeder der damals Beteiligten scheint etwas zu verbergen - vielleicht sogar ein tödliches Geheimnis?

Ina May wurde im Allgäu geboren und verbrachte einen Teil ihrer Jugend in San Antonio/Texas. Die studierte Fremdsprachenkorrespondentin schreibt Kriminalromane, Kurzgeschichten, Kinder- und Jugendbücher und entwirft Spiele. Die besondere Verbindung zur Fraueninsel besteht schon seit Generationen und findet eine namentliche Erwähnung auf einer Messingplakette in der Klosterkirche auf Frauenwörth. www.inamay.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextCold Case Fraueninsel. Vor achtzehn Jahren wurde auf Frauenchiemsee die eigenwillige Malerin Franka Mellis ermordet, der Täter wurde nie gefasst. Nun erhalten alle, die damals in engem Kontakt mit der Künstlerin standen, anonyme Botschaften mit verstörendem Inhalt. Schwester Althea geht der Sache auf den Grund und erfährt von ausgelassenen Zusammenkünften auf der Insel, von Drogenkonsum, Liebe und Eifersucht. Jeder der damals Beteiligten scheint etwas zu verbergen - vielleicht sogar ein tödliches Geheimnis?

Ina May wurde im Allgäu geboren und verbrachte einen Teil ihrer Jugend in San Antonio/Texas. Die studierte Fremdsprachenkorrespondentin schreibt Kriminalromane, Kurzgeschichten, Kinder- und Jugendbücher und entwirft Spiele. Die besondere Verbindung zur Fraueninsel besteht schon seit Generationen und findet eine namentliche Erwähnung auf einer Messingplakette in der Klosterkirche auf Frauenwörth. www.inamay.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960419112
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum14.04.2022
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3340 Kbytes
Artikel-Nr.9143081
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Kunst ist unsterblich, aber das Leben ist kurz.

J. W. von Goethe

Sie blätterte in dem verzierten Notizbuch, dem »Inseltagebuch«. Sie staunte, schauderte.

Niemals hatte sie diese Aufzeichnungen lesen wollen. Das Buch gehörte ihr nicht. Die eingeklebten Besonderheiten, Fotos, Gesichter, winzigen Zeichnungen, Sätze â¦ Widmungen. Für die Schreiberin hatten all diese Dinge Bedeutung gehabt.

Sie wusste fast nichts über diese Vergangenheit.

Wie ein Intro lasen sich die ersten Zeilen, in denen Rita beschrieb, wie Franka und sie am Bahnhof im Chiemgau ankamen, wie sie mit der Chiemseebahn, einer Dampfstraßenbahn, zum Hafen in Prien tuckerten, um sich mit der Fähre auf die Fraueninsel übersetzen zu lassen. Herrlich nostalgisch. Das dachte nicht sie, Rita schrieb es.

Tina biss sich auf die Lippe. Komm schon, sagte sie sich, von wem sonst solltest du dir die Wahrheit erzählen lassen? Kopfschütteln.

Die Frauen, die es hätten tun können, waren beide nicht mehr am Leben.

Zwei Künstlerinnen, zwei Freundinnen, die nur einen gemeinsamen Sommer auf einer kleinen Insel im Chiemsee verbringen wollten, wegen der Inspiration. Auf den Sommer folgten der Herbst und ein Bruch.

Auf Frauenchiemsee hatte es einmal eine Künstlerkolonie gegeben. So viel hatte Tina auch herausgefunden.

Das als Einstieg. Antworten, zumindest einige, fanden sich vielleicht im Tagebuch.

Was bildet sie sich ein.

Was bilde ich mir ein, gegen sie bestehen zu wollen? Sie hat eine Gabe - alle nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen.

Ich hingegen muss das alles hier bezahlen können. Arme Künstlerinnen sind wir, Franka und ich.

Früher einmal haben die Maler auf der Insel mit ihren Bildern und mit schnell hingeworfenen Federzeichnungen für die Unterkunft bezahlt. Können wir das auch?

Fragen können wir ja. Ich lache über mich selbst. Aber ich werde fragen.

Auf jeden Fall freuen wir uns, genau dort zu sein, wo sich Mitte des 19. Jahrhunderts viele Künstler trafen und unter freiem Himmel zeichneten. Wo schließlich einer von ihnen die Tochter des Gastwirts heiratete - und so war plötzlich eine Künstlerkolonie geboren. Zwischen Krieg und Frieden ging es weiter. Die Maltradition am Chiemsee wurde erneuert. Es fanden dort erste Ausstellungen statt.

So etwas schwebt uns auch vor. Gemeinsamkeiten finden, eine Künstlervereinigung. Motive suchen, malen, sich austauschen, philosophieren, Pläne schmieden, Träume wahr werden lassen.

Von einer Ausstellung träume ich. Na ja, ein wenig.

Franka kennt jemanden in Prien. Vom Nordsteg auf der Fraueninsel links über den See. Ich weiß nicht einmal, ob links wirklich links ist. So viel zu meiner Orientierung. Prien. Der Ort, von dem aus wir auf die Insel gefahren sind.

Meine Idee - wie gemacht für eine Ausstellung. Wenn ich noch einige Leute dazu überreden kann, sich porträtieren zu lassen. - Wie sehen Sie sich? Sind Sie der Adler, der Löwe, vielleicht ein Falke?

Eine Leinwandseite zeigt den Menschen, auf der anderen Seite wird ebenjener Gefährte zu sehen sein. Die Indianer würden es vielleicht ein »Totem« nennen, wie sagen die Bayern zur mythisch-verwandtschaftlichen Verbindung zwischen einem Menschen, einer Naturerscheinung oder einem Tier? Das werde ich noch herausfinden. Ich will in jedem Fall genau das machen. Das erste Bild ist gerade fertig, ich zeige es meiner Freundin.

Sie findet es einmalig. Sie hat die Augen aufgerissen, es war ein bisschen, als könnte ich ihre Gedanken lesen. Echt ein absolutes Einzelstück, lobt mich Franka und kaut auf der Lippe.

Ein lieber Gruß ist immer der an mein Herz.

Mein Liebes, ich komme nach Hause und kaufe dir etwas Schönes. Das Schönste, was du dir wünschst! Du weißt, ich denke an dich. Immer.

Scheiße, Mama!

Tina schaute auf ein Foto, eines, auf dem Rita noch gelacht hatte.

Frauenchiemsee. Denn im Herbst nach dem Sommer war Ritas Leben durcheinandergewirbelt worden. Wenn Tina das Buch bis zum letzten Satz gelesen hätte, würde sie »auseinandergerissen« sagen.

Rita war als anderer Mensch zurückgekommen. Etwas hatte sie krank gemacht. Nicht der Mord an der Freundin, aber was dazu geführt hatte. Franka hatte sich umbringen lassen. Mit ihrem eigenen Malerspatel.

Rita hatte den Tod der Freundin überlebt. Hatte sie das wirklich? Es gab einige Fragen, die Tina stellte. Sich. Nicht ihrer Mutter. Es war zu spät. Der Arzt hatte eine natürliche Todesursache bescheinigt. Ihr angegriffenes Herz hatte aufgehört zu schlagen.

Frage eins: Hast du vielleicht zu viele von den Pillen geschluckt? Vielleicht unabsichtlich?

Frage zwei: Hast du Franka getötet? Aus Zorn oder aus Versehen? Oder mit Vorsatz, geplant?

Mama, ich habe solche Angst. Das dachte Tina. Laut aussprechen konnte sie es nicht.

Angst, die auch Rita empfunden hatte. Aber da war sie schon traurig und verwirrt gewesen. »Es hat wieder angefangen. Ein junger Mann ist gestorben.« Rita hatte mit sich selbst geflüstert. Es klang nach Verzweiflung. Als wäre sie selbst schuld daran. »Verdammte Ecstasy-Pillen.«

Ecstasy. MDMA. Der Wirkstoff. Wurde der noch verwendet? Dass Tina sich das gefragt hatte, wusste sie noch gut. Dann sah sie den Zeitungsartikel, den Rita dazu ausgeschnitten hatte.

Sie erinnerte sich nur noch an die Überschrift: »Sohn von Fernsehmoderator Harlan F. stirbt an Ecstasy«. Und an den Kommentar des Chefs vom Drogendezernat: »Man weiß nie, welche Zusammenstellung und welchen Stoff man bekommt.«

Und noch etwas anderes â¦ Seltsames. Es fiel ihr gerade nicht ein.

Durch den Körper ihrer Mutter lief ein Schütteln. Das hatte Tina noch vor Augen. »Das Miststück greift noch mit seinen blutigen Fingern aus dem Grab.«

Aus dem Grab. Wo war Franka beerdigt? Tina könnte es herausfinden. Wollte sie das?

Damals noch nicht, der Gedanke verschwand, bis etwas anderes auftauchte.

Tina hatte das Kunststipendium Frauenchiemsee zufällig entdeckt, wie man etwas eben zufällig ausfindig machte. Sie hatte sich beworben.

Zwei Monate später hatte sie sich voller Erstaunen das Schreiben dicht vor die Augen gehalten. Nicht weil sie schlecht sah, sondern weil sie erst nach dreimaligem Lesen glauben konnte, dass sie gewonnen hatte.

Gewonnen. Ein Aufenthaltsstipendium. Sie würde im Gästehaus des Klosters Frauenwörth ein Zimmer beziehen, beim Klosterwirt essen, sie würde im Atelier Inselsonne malen, sie würde mit den Menschen sprechen, sie würde Unterricht geben - Malerei am Chiemsee -, sie würde für zwei Wochen eine Insulanerin sein.

Und würde ein wenig im Mord-Wespennest stochern. Böser Gedankenblitz.

Gegenwart. Zukunft. Die Vergangenheit hatte Tina nicht um einen Besuch gebeten. Doch sie warf einen dunklen Schatten. Sie musste endlich da hinein- und schließlich wieder heraustreten.

Auch wenn es bedeutete, dass sie Dinge herausfand, die schmerzhaft waren. Keine Schatten mehr!, versprach sie sich. Und Rita. Mit dem Tod ihrer Mutter, dem Papierkram, den Bildern und Aufzeichnungen, ihren Notizbüchern, hatte genau das begonnen. Tina konnte sich nicht mehr raushalten.

Im Gegensatz zu Rita konnte sie von ihrer Kunst beinahe leben. In der Bäckerei verkaufte sie Brot und Kuchen und online Bilder und Zeichnungen. Ungerahmt. Bleistift, Acryl, Öl oder Aquarell. Auftragsarbeiten. Auch Porträts.

Hin und wieder bekam sie einen Artikel in einer Zeitung. Hin und wieder bekam sie einen Antrag. So dumm und unglaublich die zweite Sache war, Ersteres war super. Sich Papier, Leinwand und Farben kaufen zu können, sich nicht sorgen zu müssen, woher sie das Geld dafür nehmen sollte. Sie hatte es sich verdient. Sie lebte schön und für sich. Klein, aber fein am Rande eines Parks, in einer alten Villa mit hohen Räumen, Flair und Geschichte. In Hamburg.

Ritas Verstand war im Vergleich zuletzt so etwas wie eine Bruchbude gewesen, mit eingeworfenen Fenstern. Eine zerstörte Frau.

Gestern hatte Tina eines ihrer eigenen Bilder gerahmt und aufgehängt. Sich daran gefreut, stolz. »Vielleicht wärst du es auch«, flüsterte sie ihrer Mutter zu.

Mit dem ersten Wort in diesem verdammten Buch â¦ Sie wollte wissen, was Rita passiert war. Rita hatte sie nicht allein gelassen und sie doch alleingelassen. Tina hatte bei den Großeltern gelebt. Gut aufgehoben.

Aber ohne Mutter.

Mit Mutter war es schwierig gewesen. Die Depressionen, die Trauer, die sie nicht verstand. Den anderen Nachnamen, den sie nicht verstand. Nicht Tina Donner. Tina Jensen. Und jetzt wollten ihre Großeltern, dass sie ihre Mutter kennenlernte. Sie hatte sich gewehrt, Oma und Opa hatten etwas von ihrem Erbe gesagt. Dieses Erbe war aber keines, bei dem einem der Notar etwas von einer monetären Zuwendung erzählte.

Wo kam das Kennenlernen erst am Ende? In so mancher Geschichte. Aber diese hier war Tinas.

Du liest ihre Notizen trotzdem.

Ich versuche, sie kennenzulernen, rechtfertigte sich Tina. Vor wem? So ein Unsinn.

Du bist gerade einmal bei der Hälfte der Notizen angekommen, du hast gelesen, was sich die beiden Künstlerinnen auf der Insel geleistet haben, weißt von den »Mitternachtsspitzen«, obwohl Rita das erst einmal erwähnt hat. Aber du kannst dir die Leiche noch nicht denken.

Kälte war ihr in die Glieder gekrochen. Sie fürchtete sich vor den Worten. Weil es dunkel wurde vor den Fenstern.

Manchmal hat die Frau...
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Autor

Ina May wurde im Allgäu geboren und verbrachte einen Teil ihrer Jugend in San Antonio/Texas. Die studierte Fremdsprachenkorrespondentin schreibt Kriminalromane, Kurzgeschichten, Kinder- und Jugendbücher und entwirft Spiele. Die besondere Verbindung zur Fraueninsel besteht schon seit Generationen und findet eine namentliche Erwähnung auf einer Messingplakette in der Klosterkirche auf Frauenwörth.inamay.de