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Altmühlstille

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
240 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am19.10.2023
Lässig-leichtes Lesevergnügen mit augenzwinkerndem Blick auf die oberbayerische Provinz. Kommissar Morgensterns 10. Fall! Das Eichstätter Altstadtfest steht kurz bevor, doch ein notorischer Querulant verdirbt den Spaß: Er hält den Lärm für eine Zumutung und besteht als Anwohner auf seinem Recht auf Ruhe. Kurz darauf liegt er tot in seiner Wohnung, die Ohren mit Zinn ausgegossen. Kein leichter Fall für Oberkommissar Mike Morgenstern, denn er muss den Mord an einem Menschen aufklären, um den anscheinend niemand trauert - und der mit der halben Stadt auf Kriegsfuß stand.

Richard Auer, Jahrgang 1965, studierte Diplom-Journalistik an der Katholischen Universität Eichstätt und hielt der Stadt auch danach die Treue. Mit seiner Frau und drei Söhnen sowie Kater Lorenzo wohnt er mitten in der barocken Altstadt und arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Lokalredakteur im Altmühltal und seiner näheren Umgebung. www.richardauer.com
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextLässig-leichtes Lesevergnügen mit augenzwinkerndem Blick auf die oberbayerische Provinz. Kommissar Morgensterns 10. Fall! Das Eichstätter Altstadtfest steht kurz bevor, doch ein notorischer Querulant verdirbt den Spaß: Er hält den Lärm für eine Zumutung und besteht als Anwohner auf seinem Recht auf Ruhe. Kurz darauf liegt er tot in seiner Wohnung, die Ohren mit Zinn ausgegossen. Kein leichter Fall für Oberkommissar Mike Morgenstern, denn er muss den Mord an einem Menschen aufklären, um den anscheinend niemand trauert - und der mit der halben Stadt auf Kriegsfuß stand.

Richard Auer, Jahrgang 1965, studierte Diplom-Journalistik an der Katholischen Universität Eichstätt und hielt der Stadt auch danach die Treue. Mit seiner Frau und drei Söhnen sowie Kater Lorenzo wohnt er mitten in der barocken Altstadt und arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Lokalredakteur im Altmühltal und seiner näheren Umgebung. www.richardauer.com
Details
Weitere ISBN/GTIN9783987071140
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum19.10.2023
Reihen-Nr.10
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3444 Kbytes
Artikel-Nr.12577998
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Mittwoch

Mike Morgenstern war in einer Alterskohorte, die für Betreiber von Hörakustik-Fachgeschäften allmählich interessant wurde. Die zukünftige Stammkundschaft, das waren all die Frauen und Männer, die es ehedem für eine gute Idee gehalten hatten, in Diskotheken vorzugsweise direkt neben riesigen Lautsprecherboxen zu stehen. Oder Menschen, die bei der Schießausbildung der Polizei den vorgeschriebenen Gehörschutz als unverbindliches Angebot für Warmduscher eingeschätzt hatten.

Morgenstern, Oberkommissar bei der Kriminalpolizei Ingolstadt, hätte natürlich nie zugegeben, schon gar nicht gegenüber seiner Frau Fiona, dass sich seine Hörleistungen im Laufe der vergangenen Jahre in irgendeiner Weise reduziert haben könnten. Wenn er in Gesprächen aller Art verdächtig oft nachfragen musste, dann führte er das grundsätzlich darauf zurück, dass sein Gegenüber zum Nuscheln neige. Seinen Söhnen Marius und Bastian, fünfzehn und dreizehn Jahre alt, bimste er allerdings bei jeder Gelegenheit ein, sie sollten unbedingt auf den sensiblen Hörsinn achten - ein Rat, den die Jungs in jugendlichem Leichtsinn ebenso regelmäßig in den Wind schlugen.

Insbesondere galt das für Marius. Der Neuntklässler am Eichstätter Willibald-Gymnasium hatte vor einiger Zeit damit begonnen, sich im Selbststudium das Spielen auf der E-Gitarre beizubringen. Kaum hatte er die wichtigsten fünf Akkorde verinnerlicht, hatte er sich reif für die Mitgründung einer Schülerband gefühlt. Die Besetzung: drei Jungs an Gitarre, Bass, Schlagzeug - und eine charismatische Sängerin namens Lisa. Die war anscheinend das Wichtigste an dem ganzen Projekt gewesen.

Das Zweitwichtigste war dann schon der Bandname. Nach endlosem Nachdenken hatten die Jungmusiker den aufschneiderischen Namen »Oaktown Cobras« verworfen und sich auf den sperrigen Titel »Brawngrinders« verständigt. Das war die englische Übersetzung des deutschen Worts »Sausackschleifer« - welches wiederum der althergebrachte Neckname für die Eichstätter Bürgerschaft war. Wo es schon eine vogelwilde Trommlergruppe namens »Sausack-Sambas« gab, da konnte sich auch eine Rockband den rustikalen Namen unter den Nagel reißen. Ein bisschen Selbstironie schadete nie. Der Musikstil? Heavy Metal oder eine seiner vielen Ausformungen, die nur Experten auseinanderhalten konnten. Trash Metal etwa oder Death Metal. Letzterer galt, weil er den Tod schon im Namen trug, als besonders abgründig. Da lauerte Satan hinter jeder zweiten Liedzeile.

Es war ein Mittwochabend, als Mike Morgenstern und seine Frau Fiona sich in ihrem alten roten Land Rover auf den Weg nach Norden machten, knapp dreißig Kilometer ins Fränkische, nach Thalmässing. Wirklich willkommen waren sie nicht, das war ihnen klar. Denn die »Brawngrinders« gaben da ihr allererstes öffentliches Konzert. Eingefädelt hatte das die besagte Lisa, die aus dem kleinen Thalmässinger Ortsteil Waizenhofen stammte. Ihretwegen konnte die Band jetzt - Death Metal hin oder her - in einem katholischen Regionaljugendheim direkt gegenüber der Pfarrkirche St. Peter und Paul auftreten.

Der Volksmund hatte den schlichten Betonbau von jeher »Bunker« genannt, was der Sache aber nicht wirklich gerecht wurde, drinnen war es nämlich dank viel Holz und Glas ausgesprochen gemütlich, wie die Morgensterns fanden, als sie nach endlosem Autogekurbel über gewundene, immer schmaler werdende Landstraßen endlich angekommen waren. Wieder einmal hatte Mike Morgenstern, der gebürtige Nürnberger, feststellen müssen, dass die Verkehrsinfrastruktur im mittelfränkisch-oberbayerischen Grenzgebiet wohl darauf ausgerichtet war, einen kleinen Grenzverkehr zwischen den konkurrierenden Volksstämmen in Bayern möglichst zu hintertreiben.

Marius hatte seinen Eltern schon im Vorfeld klargemacht, dass dieses Konzert für Menschen der Gattung »Ü25« nicht empfehlenswert sei und dass er deswegen die Premiere gern ohne Aufsicht seiner Erziehungsberechtigten abwickeln wolle. Er werde mit den Eltern der anderen Bandmitglieder mitfahren können - da durften die Eltern also kommen! - oder, noch viel besser, »irgendwie« bei Lisa übernachten und tags darauf mit ihr per Schulbus wieder nach Eichstätt zurückkommen.

Die Morgensterns hatten die Ausladung nun jedenfalls ignoriert und mischten sich unter das angekündigte »U25«-Publikum. Das war reichlich gekommen, offenbar aus der ganzen Umgebung, sei es auf fränkischer oder oberbayerischer Seite. Bei den Teenagern spielten die alten Grenzen anscheinend kaum noch eine Rolle, von uralten Konfessionsschranken zwischen Katholiken und Protestanten ganz zu schweigen. Aber es waren auch allerhand ältere Heavy-Metal-Fans gekommen, das Resthaar tapfer zum Pferdeschwanz gebündelt, Nietenarmbänder an den Handgelenken.

Die Band hatte einen einstündigen Auftritt zu absolvieren - mehr gab ihr Repertoire noch nicht her. Das bestand zu beträchtlichen Teilen aus etablierten Songs, die nun wacker nachgespielt wurden, »Highway to Hell« von AC/DC etwa. Aber man hatte auch einige eigene Lieder produziert. Lisa Hornbeck als Komponistin, Marius Morgenstern als Texter. Melodiös war das nicht wirklich, aber laut, sehr, sehr laut. Die Morgensterns wahrten im Hintergrund ihren Beobachterstatus, während im Saal die Metal-Fans aus Weißenburg, Hilpoltstein, Eichstätt und Roth das Langhaar schüttelten oder sich gegenseitig freudig umrempelten.

Mike Morgenstern wusste selbst nicht, wie es geschehen war. Den Autoschlüssel hatte er jedenfalls an Fiona abgegeben, hatte sich ein Bier geholt, dann noch eins, und irgendwann fand er sich mitten in dem Pulk der ländlichen Hardrock-Szene wieder. Schwitzend, stampfend: Morgenstern im Rumpelstilzchen-Modus. Zur Feier des Tages war er in das schwarze »Guinness«-Werbe-T-Shirt gewandet, das er vor Jahren als Stammgast des Eichstätter Irish Pubs erhalten hatte. Seine geliebte Jeansjacke allerdings hatte er seit ein paar Tagen vergeblich gesucht. War wohl in der Wäsche.

Inzwischen hatte Marius an der Gitarre den Vater in der Menge entdeckt, und ein einmaliges Augenverdrehen hatte signalisiert, dass ihm das alles »megapeinlich« war. Wenigstens kannte kaum einer im Publikum den Mann mit Cowboystiefeln und Guinness-T-Shirt, der mit den Vertretern seiner Generation gerade, Arm in Arm, einen wüsten Kreistanz aufführte.

Als die letzten Akkorde von Iron Maidens »Powerslave« verklungen waren, kündigte Lisa ein Stück aus eigener Feder an. Das habe die Band »aus gegebenem Anlass« komponiert. »Da geht es drum, dass die Menschen immer egoistischer werden und allen anderen den Spaß nehmen und dass sie dafür eines Tages zahlen müssen.«

Das Publikum jubelte, Morgenstern, immer noch Arm in Arm mit zwei Pferdeschwanzmännern, jubelte mit, und dann setzte ein Klanggewitter ein, das zu beträchtlichen Teilen von Marius Morgenstern an seiner billig bei eBay erstandenen Fender-E-Gitarre produziert wurde. Lisa schrie den Text ins Mikrofon und ließ dabei ihr langes schwarzes Haar wirbeln, Marius nahm seinen Mut zusammen und sang mit: Ständig fiel das Schlüsselwort »noise«, also ging es um Lärm, und »kill« kam auch dauernd vor. Irgendwann grölte das gesammelte Bunker-Publikum den Refrain mit: »Too much noise, not your choice.« Auf Deutsch in etwa: Zu viel Lärm - das kannst du dir nicht aussuchen ...

Na ja, dachte Morgenstern. Und für so ein Englisch schickte man die Kinder aufs Gymnasium?

Allmählich hatten sich die älteren Herrschaften mit ihrem Kreistanz bis direkt zur Bühne vorgearbeitet. Morgenstern sah fasziniert, was sein Erstgeborener an diesem Billiginstrument nach so kurzer Zeit zuwege brachte. Aber vor allem sah er eines: Lisa Hornbeck trug eine Jeansjacke. Eine Jacke, die ihm verdächtig bekannt vorkam. War das etwa Mike Morgensterns gute alte, treue Levis-Jacke von anno dazumal? Sein Augapfel, sein Markenzeichen, sein schützender Panzer, wenn er als Oberkommissar wieder mal in eine Ermittlungsschlacht ausrücken musste? Aber falls ja, was war mit ihr geschehen? Was hatte man ihr angetan?

Lisa hatte offenkundig die beiden Ärmel rigoros abgesäbelt, die Vorderseite der zur Weste mutierten Jacke mit jeder Menge silbern glänzender Nieten dekoriert und zu allem Überfluss auch noch mit schwarzem Edding-Stift in Versalien einschlägige Slogans hinterlassen. Allen voran: »PUNKS NOT DEAD«.

Ganz sicher konnte er sich freilich nicht sein, dass es wirklich seine Jacke war oder gewesen war, die hier unter die Räuber gefallen war. Solche Jacken gibt´s wie Sand am Meer, tröstete sich Morgenstern und taumelte mit seinen neu gewonnenen Freunden weiter vor der Bühne herum.

Einer der Pferdeschwanzträger stellte sich in allem Singen und Tanzen und Schwitzen dann doch irgendwie vor: Lisas hünenhafter Vater, Markus Hornbeck. Ein Typ vom Stamm der Nordmänner, dessen Urahn einst auf irgendeinem Wikinger-Raubzug auf der rauen Jurahöhe nördlich des Altmühltals hängen geblieben sein musste. Er arbeite bei einem Landmaschinenhändler, erfuhr Morgenstern zwischen etlichen üblen Remplern, die von allen Seiten auf ihn einprasselten. Das Publikum war zum Pogo übergegangen - das musste der Oberkommissar nun wirklich nicht haben, ein paar blaue Flecken hatte er sich ohnehin schon eingesammelt.

Er wollte sich gerade in Richtung Fiona aufmachen, die weit im Hintergrund oder gar draußen im Freien Abstand vom Radau und insbesondere von ihrem verhaltensauffälligen Ehemann genommen hatte. Aber irgendjemand aus der Menge gab Morgenstern, als der sich gerade ein wenig orientieren wollte, einen mächtigen Schubs mit beiden Händen. Dann ging alles ganz schnell: Er kam ins Straucheln,...
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Autor

Richard Auer, Jahrgang 1965, studierte Diplom-Journalistik an der Katholischen Universität Eichstätt und hielt der Stadt auch danach die Treue. Mit seiner Frau und drei Söhnen sowie Kater Lorenzo wohnt er mitten in der barocken Altstadt und arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Lokalredakteur im Altmühltal und seiner näheren Umgebung.
richardauer.com