Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Einatmen, ausrasten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am24.02.2022Auflage
Und das nennt ihr die besten Jahre? Eliza Finch ist fünfzig, kämpft mit Schweißausbrüchen, Wutanfällen, den Härten des Lebens mit drei Kindern und dem Gefühl, dass da doch noch mal was kommen muss - wenn sie nachts wach liegt, hat sie dummerweise Zeit, darüber nachzudenken. Ihre Karriere als Schauspielerin kann man nicht mal als gescheitert bezeichnen, sie hat einfach nie begonnen. Jetzt liest sie erotische Hörbücher ein und ist bei jeder Familienfeier der Running Joke. Ihr Mann Paddy ist die Liebe ihres Lebens, aber nach zwanzig Jahren ist eben auch hier der Lack ab. Als sich Eliza einmal mehr in eine peinliche Situation verstrickt, bricht sie einfach aus. Allerdings halten Freiheit und Abenteuer einige Stolpersteine bereit ... »Georgie Hall hat eine brandneue, lustige und umwerfend ehrliche Stimme geschaffen, mit der man sich sofort identifizieren kann. Eine tolle Mischung aus Humor, Wärme und Offenheit!« Sophie Kinsella

Georgie Hall ist das Pseudonym der britischen Autorin Fiona Walker. Sie ist Mitte fünfzig, liebt Theater, Hundespaziergänge und singt immer zu den Songs der Eurythmics mit. Mit ihrem Mann und drei Teenagertöchtern lebt sie in Warwickshire.
mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextUnd das nennt ihr die besten Jahre? Eliza Finch ist fünfzig, kämpft mit Schweißausbrüchen, Wutanfällen, den Härten des Lebens mit drei Kindern und dem Gefühl, dass da doch noch mal was kommen muss - wenn sie nachts wach liegt, hat sie dummerweise Zeit, darüber nachzudenken. Ihre Karriere als Schauspielerin kann man nicht mal als gescheitert bezeichnen, sie hat einfach nie begonnen. Jetzt liest sie erotische Hörbücher ein und ist bei jeder Familienfeier der Running Joke. Ihr Mann Paddy ist die Liebe ihres Lebens, aber nach zwanzig Jahren ist eben auch hier der Lack ab. Als sich Eliza einmal mehr in eine peinliche Situation verstrickt, bricht sie einfach aus. Allerdings halten Freiheit und Abenteuer einige Stolpersteine bereit ... »Georgie Hall hat eine brandneue, lustige und umwerfend ehrliche Stimme geschaffen, mit der man sich sofort identifizieren kann. Eine tolle Mischung aus Humor, Wärme und Offenheit!« Sophie Kinsella

Georgie Hall ist das Pseudonym der britischen Autorin Fiona Walker. Sie ist Mitte fünfzig, liebt Theater, Hundespaziergänge und singt immer zu den Songs der Eurythmics mit. Mit ihrem Mann und drei Teenagertöchtern lebt sie in Warwickshire.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843727259
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum24.02.2022
AuflageAuflage
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3342 Kbytes
Artikel-Nr.8451841
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1 - Fahrzeit

Entschuldige!, hauche ich Paddy von unserem einen Auto aus zu und mache rückwärts die Einfahrt frei, damit er mit unserem anderen Auto an mir vorbeikommt und Edward zur Schule bringen kann.

Unser jüngerer Sohn hat etwas gegen den von der Gemeinde gestellten Fahrdienst zu seiner Förderschule, die eine Stunde Hauptverkehrszeit-Stau von uns entfernt liegt. Sein heutiger Aufstand vor dem Haus war der bisher heftigste, beobachtet von unseren neuen Nachbarn, die von einem Fenster im ersten Stock herunterspähten. Zum dritten Mal in Folge ist Paddy gezwungen, ihn morgens zur Schule zu fahren. Als Edward neben seinem Vater sitzt und winkt, die Kopfhörer auf den Ohren, sieht er aus, als hätte es die letzte halbe Stunde mit Kreischen, Beißen und Treten nie gegeben.

Paddy hebt mit versteinerter Miene die Hand zum Abschied, nicht weniger mitgenommen als ich. Wir lecken noch beide unsere Wunden nach dem Krach um den Hund und jetzt auch das noch. Er ist der Meinung, ich wäre zu nachsichtig mit Edward. Ich finde, er schreit ihn zu oft an.

Ich wünschte, ich könnte Edward heute fahren, aber ich muss in zwanzig Minuten bei der Arbeit sein und die Fahrt dorthin dauert eine halbe Stunde.

Ich stoße zurück in die Einfahrt, lasse den Motor laufen und hechte ins Haus, um meine Tasche für die Arbeit zu holen und Summer zu instruieren, deren Bus erst in einer Stunde geht. »Denkst du daran, den Zettel im Sekretariat abzugeben, sonst müssen wir Strafe zahlen? Und bitte sieh heute nach deiner verlorenen Jacke und der Kunstmappe. Und wirf die Katze aus deinem Zimmer, bevor du gehst.« Seit der siebten Klasse gebe ich ihr mehr oder minder die gleichen Anweisungen, ohne dass sich merklich etwas gebessert hätte. Jetzt ist Edward in der Siebten und sie im Abschlussjahr. Ich umarme sie. »Bis später, mein Schatz. Ich liebe dich.«

Sie entwindet sich mir. »Du musst nachfärben, Mum. Dein Scheitel ist bei M40.« Wir stufen meinen grauen Haaransatz nach Straßentypen ein, vom schmalen Anliegersträßchen über Landstraßen der Kategorie A und B bis hin zum gefürchteten Motorway.

»Ich halte es eben wie Bob Marley: I´m going back to my Roots. «

»Das ist so was von daneben!«

»Mist, war das rassistisch?«

» Going back to my Roots ist von Odyssey.« Summer und Paddy sind absolute Musikfachwissen-Nerds. »Und geschmacklos war es außerdem.«

»Hass mich nicht allzu sehr.«

»Ich bin ein Teenager. Ich bin moralisch verpflichtet, dich zu hassen.« Ihr Lächeln signalisiert, dass es als Scherz gemeint ist, aber wir wissen beide, dass sie es schmerzlich oft in ernstem Tonfall sagt.

»Ich hasse dich!«, waren zufällig die ersten Worte, die ich an meinen Mann richtete, obwohl es definitiv als Scherz gemeint war - und ich dabei lachte. Und diesen Adonis mit Mütze anstarrte, der gerade korrekt erkannt hatte, dass »Alright« von Supergrass und nicht von Blur oder Suede oder irgendeiner anderen der damals aufstrebenden Brit-Pop-Bands war. Ich hatte einen Zehner auf Pulp gesetzt, also das gesamte Barvermögen, das mir bis zum Ende der Woche für Lebensmitteleinkäufe blieb.

Es war ein Samstag im Februar 1995, einer jener grauen Tage, an denen es nie so richtig hell wird. Ich war seit dem Frühstück mit anderen Mitgliedern der Cat´s Pyjamas Theatre Company dabei, in einer unbeheizten Kulissen-Werkstatt das Bühnenbild eines Low-Budget-Agitproptheaters zu streichen. (Es bestand aus einem Stapel gesplitterter Transportkisten, die teilweise unter dem Gewicht einer dünnen Farbschicht zerfielen.) Unser Regisseur war vor Stunden verschwunden, um Nachschub zu beschaffen, und wir hatten das Radio aufgedreht und getanzt und waren zu sehr in einen Streit über den laufenden Song vertieft, um seine Rückkehr zu bemerken. Er hatte seinen neuen WG-Partner mitgebracht, einen Mann, so groß und blond und gut aussehend, dass Fieser Herzensbrecher auf seiner Stirn hätte stehen sollen.

»Das ist Paddy. Er hat sich bereit erklärt, eine Bühne für uns zu bauen.«

»Ich liebe dich!«, war der zweite Satz, den ich an meinen Zukünftigen richtete. Ich erinnere mich noch, wie er mich ansah und eine Gänsehaut in La-Ola-Wellen über mich hinwegzog. So scharf war er.

Damals glaubte ich zu wissen, mit wem ich es zu tun hatte. Genauso wie die meisten zwanzigjährigen Single-Frauen um mich herum war ich spezialisiert auf finster dreinblickende Kerle. Den Liebeskummer, den sie verursachten, und die damit verbundene verlaufene Wimperntusche trugen wir mit dem gleichen Stolz zur Schau wie Stiefel von Red or Dead, Tops mit Flattersaum, CK One und eine Ausgabe von Prozac Nation. Wir kannten den Ablauf: eine elektrisierende Begegnung, gefolgt von einem ersten heißen Date, bei dem man sich verliebt. Danach eine Woche lang Wachehalten am Telefon und Freundinnen erzählen, dass er vielleicht die große Liebe ist. Ein noch heißeres zweites Date, zwei Wochen lang Wachehalten am Telefon und Gleichmut heucheln, während man insgeheim Selbstmordgedanken hegt. Ein sehr heißes drittes Date, seine Zahnbürste ausleihen, gleich darauf das vierte, Gefühle kaum zu zügeln, intensive Hitzeentwicklung, jede Menge Sex, ein Treffen mit den Freunden, es läuft gut, ein Wochenendausflug, es gibt kein Halten mehr, Sex bis zur Blasenentzündung. Autsch. Die meisten verabschiedeten sich an diesem Punkt, ein paar hielten länger durch: Es folgt Sex der gehobenen Klasse, weitere Treffen mit den Freunden, ein zweiter Wochenendausflug. Man sieht sich in die Augen und steht kurz davor, es auszusprechen, man befindet sich im freien Fall, in einem Taumel der Gefühle. Die Bruchlandung steht unausweichlich bevor. Entweder ist es die Angst vor einer Schwangerschaft oder das Treffen mit den Eltern. Oder die Hochzeiten, auf die man »mit Begleitung« eingeladen wird. Und schon geht es dahin. Die Anrufe werden seltener. Er hat so viel zu tun bei der Arbeit, erklärt er. Dann hören die Anrufe auf. Wachehalten am Telefon, obwohl man es weiß. Man schreit das Telefon an. Man hinterlässt heiter unbekümmerte Nachrichten auf seinem Anrufbeantworter, voll unausgesprochenem Schmerz. Doch schließlich kommt es: Es liegt nicht an dir, es liegt an mir; du bist zu gut für mich; ich bin noch nicht so weit; ich habe jemanden kennengelernt. Die Tränen fließen. Man ist am Boden zerstört.

Um nicht den falschen Eindruck zu erwecken: Auch ich habe das eine oder andere Herz gebrochen. Aber am heftigsten habe ich mich immer in die schlimmen Jungs verliebt.

Heute geht Ghosten digital und dauert nicht länger als ein Klick auf ein X auf einem Display. Damals erlebten wir den Exorzismus in Echtzeit als langsamen, schmerzhaften Prozess. Sie waren Teufel, die schönen Fieslinge der Neunziger.

Doch wie sich herausstellte, war Paddy Hollander keiner von ihnen. Er mochte aussehen wie einer dieser verwegenen Prachtkerle mit miesem Charakter, doch er war immer charmant und freundlich. Dieser superscharfe Schreiner, der die angesagtesten Anrichten in Shad Thames baute, zimmerte als Gefälligkeit für seinen WG-Partner eine Bühne zusammen, die selbst dem Nationaltheater zur Zierde gereicht hätte. Als er mitbekam, dass ich nichts zu essen hatte, ging dieser Halbgott in Levi´s 501 zum Supermarkt und kaufte mir drei Einkaufstaschen voller Lebensmittel und einen anständigen Wein dazu. Er war entspannt, er war großzügig, er war witzig. Sein Shropshire-Dialekt war hinreißend, seine Wortkargheit cool. Sein eindringlicher Blick sprach Bände. Noch nie war ich einem Mann wie ihm begegnet, nicht nur, weil er aus einem völlig anderen Umfeld kam, sondern auch, weil er ganz andere Werte hatte. Er spielte keine Spielchen. Außerdem war er himmlisch im Bett.

Paddy rief immer an, wenn er es versprochen hatte. Als ich eine Blasenentzündung bekam, brachte er mir Cranberrysaft. Er ging gern auf Hochzeiten. Nicht einmal meine Eltern konnten ihn vergraulen. Als ich diesmal den Boden unter den Füßen verlor, landete ich in seinen Armen, sicher und geborgen. Und für ihn war es nicht minder ein Wagnis, sich als praktisch veranlagter Handwerker aus Shropshire in eine überdrehte Schauspielerin zu verlieben. Unsere Beziehung war ein Balanceakt.

Es ist nun über zwei Jahrzehnte her, dass ich mich mit farbverschmiertem Gesicht nach dem Mann umdrehte, mit dem ich all die kommenden Jahre verbringen sollte. Ich habe nie wieder »Ich hasse dich« zu Paddy gesagt, ganz gleich, wie oft er mich in Musikfragen schlägt, meinen Tränen den Rücken kehrt oder mich von seinen inneren Kämpfen ausschließt.

Aber ich sage nicht mehr so oft »Ich liebe dich«.

Und ich fühle mich nicht mehr so geliebt.

Verdammt, es ist Viertel vor neun, ich komme viel zu spät zur Arbeit. Draußen steht unsere neue Nachbarin - Mitte zwanzig, Extensions, Typ Trophy-Wife - in der gemeinsamen Einfahrt, das Baby auf der Hüfte. »Hallooo! Laith kommt mit dem Jaguar nicht raus, wenn Sie Ihr Auto hier stehen lassen.«

Die hohen viktorianischen Stadthäuser, in denen wir wohnen, sind nicht designt für moderne Autobesitzer. Unsere Nachbarn haben drei (Firmenwagen,...
mehr