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Mama Day

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Unionsverlagerschienen am13.03.2023
Die Insel Willow Springs vor der amerikanischen Südstaatenküste ist ein wundersamer Ort. Geheimnisse steigen von der Veranda in den Nachthimmel auf, Hoffnungen weben sich ins Louisiana-Moos, Befürchtungen wispern durch die Bäume. Jedes Jahr kehrt Cocoa aus dem hektischen New York für einige Wochen hierher zurück, zu ihrer Tante und ihrer Großtante, der ebenso starrköpfigen wie warmherzigen Mama Day. Doch als sie in einem Sommer ihren Freund George mitbringt, gerät das Leben auf der Insel aus dem Gleichgewicht. George und Cocoa beginnen zu begreifen, dass Willow Springs einer eigenen Wahrheit folgt - einer Wahrheit, die für sie beide zur Bedrohung wird. Mit magischer Erzählkraft beschwört Gloria Naylor opulente Bilder und reißt uns mit in einen Wirbel aus Liebe, Wahn und Hoffnungen.

Gloria Naylor (1950-2016), geboren in New York, studierte Anglistik und African-American Studies. Ihr Debütroman Die Frauen von Brewster Place erschien 1982, weitere Romane und Erzählungen folgten. Ihr vielschichtiges Werk kreist um das Leben Schwarzer, um ihre Kämpfe und Hoffnungen, in einer Welt, in der Weißsein alles bedeutet. Für ihre Werke erhielt sie u. a. den American Book Award und den National Book Award. Sie unterrichtete Literatur und Kreatives Schreiben an verschiedenen amerikanischen Universitäten.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextDie Insel Willow Springs vor der amerikanischen Südstaatenküste ist ein wundersamer Ort. Geheimnisse steigen von der Veranda in den Nachthimmel auf, Hoffnungen weben sich ins Louisiana-Moos, Befürchtungen wispern durch die Bäume. Jedes Jahr kehrt Cocoa aus dem hektischen New York für einige Wochen hierher zurück, zu ihrer Tante und ihrer Großtante, der ebenso starrköpfigen wie warmherzigen Mama Day. Doch als sie in einem Sommer ihren Freund George mitbringt, gerät das Leben auf der Insel aus dem Gleichgewicht. George und Cocoa beginnen zu begreifen, dass Willow Springs einer eigenen Wahrheit folgt - einer Wahrheit, die für sie beide zur Bedrohung wird. Mit magischer Erzählkraft beschwört Gloria Naylor opulente Bilder und reißt uns mit in einen Wirbel aus Liebe, Wahn und Hoffnungen.

Gloria Naylor (1950-2016), geboren in New York, studierte Anglistik und African-American Studies. Ihr Debütroman Die Frauen von Brewster Place erschien 1982, weitere Romane und Erzählungen folgten. Ihr vielschichtiges Werk kreist um das Leben Schwarzer, um ihre Kämpfe und Hoffnungen, in einer Welt, in der Weißsein alles bedeutet. Für ihre Werke erhielt sie u. a. den American Book Award und den National Book Award. Sie unterrichtete Literatur und Kreatives Schreiben an verschiedenen amerikanischen Universitäten.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783293311336
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum13.03.2023
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2670 Kbytes
Artikel-Nr.11214626
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




Willow Springs. Jedermann kennt sie, aber niemand spricht über die Legende von Sapphira Wade. Eine wahre Hexenmeisterin: satinschwarz, sahnig braun, rot wie Georgialehm: je nachdem, wer von uns an sie denkt. Sie konnte durch ein Gewitter laufen, ohne getroffen zu werden; einen Blitzstrahl in ihrer Hand auffangen; die Hitze von Blitzen dazu benutzen, das Reisig unter ihrem Medizinkessel zu entzünden; je nachdem, wer von uns an sie denkt. Sie verwandelte den Mond in Heilsalbe, die Sterne in Mullbinden und heilte die Wunden aller Lebewesen, ob sie aufrecht auf zwei Beinen gingen oder auf allen vieren krochen. Es geht nicht um richtig oder falsch, um Wahrheit oder Lüge; es geht um eine Sklavin und Frau, die diesen beiden Worten hier diesseits der Brücke eine ganz neue Bedeutung gegeben hat. Und irgendwie, auf irgendeine Weise, war 1823 das geschehen: Sie erstickte Bascombe Wade in seinem eigenen Bett, kam ungestraft davon und lebte noch tausend Tage, um die Geschichte zu erzählen. 1823: Sie heiratete Bascombe Wade, gebar ihm sieben Söhne in nur tausend Tagen, bohrte ihm einen Dolch durch die Niere und entkam dem Henkersstrick und lachte wie eine Feuersbrunst. 1823: Sie überredete Bascombe Wade in tausend Tagen, jeden Zentimeter Land auf Willow Springs seinen Sklaven zu übertragen, vergiftete ihn zum Dank dafür und gebar daraufhin sieben Söhne - Vater oder Väter unbekannt. Wenn man das alles zusammenmixt und sich unterm Strich an das hält, was als Tatsachen durch die Maschen der Zeit gefallen ist, hat man am Ende den Tod von Bascombe Wade (sein Grabstein steht draußen am Chevy s Pass), die Übertragungsurkunden für unser Land (alle datiert auf ebenjenes Jahr) und sieben Söhne (sind nicht Miss Abigail und Mama Day die Enkelinnen dieses siebten Sohnes?). Der ungeklärte Faktor bei dem Ganzen sind die tausend Tage, und wir meinen, es würde uns dazu was einfallen, wenn wir die Köpfe zusammensteckten - was aber nicht möglich ist, weil Sapphira Wade nicht in den Regionen unserer Erinnerungen lebt, die wir zum Bilden von Wörtern benutzen können.

Aber es gibt keine Menschenseele in Willow Springs, die nicht wüsste, dass kleine dunkle Mädchen, das Haar mit bunten Schnüren zu Zöpfchen geflochten, »kurz vor ihrem 18 & 23 stehen«, wenn sie sich zu lange über die Gartenzäune lehnen und dabei über die Mätzchen kleiner dunkler Jungen lachen, die den Nerv haben, von »18 & 23« zu flüstern, wo sie doch noch Muttermilch auf der Zunge schmecken. Und wenn sie sich nur ein winziges bisschen zu lange hinüberlehnt oder ein bisschen zu breit grinst, brüllt es durch die verstaubte Tür mit dem Fliegengitter: »Schaff deinen o-beinigen Untersatz von meinem Zaun weg, Johnny Blue. Kommt mir kein verfrühtes 18 & 23er in die Wiege. Zieh sie ja erst noch auf.« Ja, der Name Sapphira Wade wird nie und von keinem einzigen Mund in Willow Springs auch nur gehaucht. Aber wer wüsste nicht, dass der alte falschzüngige Manager vom Sheraton-Hotel jenseits der Brücke, als er Winky Browne nur zwölf Dollar für seine ganze Bootsladung Langusten anbot - »versucht hat, ihn zu 18 & 23en«, was noch das Beste ist, was man ihm unterstellen kann? Wir sitzen hier alle nur einen Katzensprung und ein Weihnachten noch vom Jahr 2000 entfernt, und hat ihm denn noch niemand gesagt, dass Nigger jetzt lesen können? Als würde nicht auf den Speisekarten in seinem Restaurant stehen, dass eine Handvoll Krabben auf einem Schüsselchen mit zerstoßenem Eis beinahe zwölf Dollar kostet. Soll er es Garnelencocktail nennen oder was auch immer - wir können auch rechnen. Und der Preis von allem, was im Sund schwimmt, kriecht oder auf dem Meeresboden liegt, ist 1985 nach oben gegangen, in dem Jahr, als wir den »18-&-23-Sommer« hatten und die Brücke weggefegt wurde. Die Leute haben da draußen in dem tückischen Wasser ihr Leben nicht aus Spaß an der Freude aufs Spiel gesetzt - gibt nicht so viel 18 & 23 in der Welt.

Aber wir scheren uns nicht um diesen alten Hotelmanager. Er ist unser kleinstes Problem, mit dem wir hier in Willow Springs fertigwerden mussten. Malaria. Unionssoldaten. Sandboden. Zwei große Wirtschaftskrisen. Hurrikane. Ganz zu schweigen von diesen neuen Immobilienmaklern, die glauben, wir würden unsere Küstengrundstücke verkaufen, nur weil wir nicht so blöd sind, da zu wohnen. Fingen Anfang der Neunziger an, hier rüberzuschwärmen, schwafelten was von »Ferienparadies«, schwafelten was von »pit-to-resk«. Wie Winky sagte, wir müssten ihren Arsch aus dem Sumpf buddeln, sobald der erste Hurrikan hier durchfegte. Verstehst du, sie sind bloß drauf aus, da zu bauen, wo es keine Staatssteuern gibt - nie gegeben hat und nie geben wird, denn Willow Springs gehört zu keinem Staat. Georgia und South Carolina haben es doch versucht, haben sofort nach dem Bürgerkrieg zu beweisen versucht, dass Willow Springs entweder zum einen oder zum anderen gehört. Wirf einen Blick auf eine dieser alten Karten, die sie in Windeseile gezeichnet haben, sobald die Unionssoldaten abgezogen waren, und du kannst sehen, dass das Einzige, was uns mit dem Festland verbindet, eine Brücke ist - und selbst die muss nach jedem größeren Sturm neu gebaut werden. (Vor langer Zeit haben sie mal was von Stahl und Beton geredet, aber da Georgia und South Carolina keine Steuern einfordern konnten, wollte niemand für die Arbeit blechen. Also bauen wir sie selber wieder auf, wenn es nötig ist, und bauen sie so, wie wir sie brauchen - gerade stabil genug, um bis zum nächsten starken Wind zu halten. Brauchen eine Stahl- und Betonbrücke nur einmal alle siebzig Jahre oder so. Holz und Pech kosten bloß ein Zehntel und erfüllen volle neunundsechzig Jahre ihren Zweck - eine simple Rechenaufgabe.) Wie auch immer, die neunundvierzig Quadratmeilen sind geformt wie ein Schießbogen, der im Süden auf Georgia zugeht und im Norden auf South Carolina, und genau in der Mitte, wo die Pfeiler unserer Brücke sitzen, liegt die Grenzlinie zwischen den beiden Staaten.

Tja, wem gehört das Land also? Es gehört uns - schlicht und einfach. Und es gehörte unseren Vätern und deren Vätern vor ihnen und wieder denen davor - die einmal alle Bascombe Wade gehört hatten. Und als sie nachforschten, wie er selber dran gekommen war, fanden sie heraus, dass er nicht mal Amerikaner gewesen war. Sondern gebürtiger Norweger oder so was, und das Land war im Besitz seiner Familie da drüben in Europa gewesen, seit es von den Wikingern entdeckt und beansprucht worden war - man stelle sich das mal vor. Also dank der Hexerei von Sapphira Wade haben wir es von Norwegen oder irgendwo daher gekriegt, und wenn wir jemand Steuern schulden, dann denen. Gibt aber keine Wikinger oder irgendwelche anderen von da drüben in Europa, die mit so einem Dummkram zu uns gekommen wären wie diese Leute aus Columbia und Atlanta - wir seien unamerikanisch. Und so, wie wir es sahen, hatte Amerika gar nichts damit zu tun, wenn es um unser Land ging: Sapphira war in Afrika geboren, Bascombe Wade war aus Norwegen, und es war das 18 & 23ern zwischen den beiden, das uns das Land verschafft hatte. Und wir waren auch keine Amerikaner, als wir es kriegten - wir waren Sklaven. Und die Gesetze von wegen, dass Sklaven in Georgia und South Carolina nichts besitzen durften, galten hier nicht, weil das Land zu keinem von beiden gehört - damals nicht und heute nicht. Als es hier eine Menge Baumwolle gegeben hat und wir sie zu Ballen pressten und jenseits der Brücke verkauften, haben wir unsre Steuern an die Vereinigten Staaten von Amerika bezahlt. Und wir führen Buch über alle Fische, die gefangen und jenseits der Brücke verkauft werden, über unser ganzes bisschen Gemüseanbau. Und als wir später rübermussten, um zu arbeiten, oder als unsere Kinder rübergingen, haben wir Steuern von ihren Löhnen gezahlt. Wir zahlen Steuern für die Telefon- und Stromleitungen, die über den Sund laufen. Gibt hier niemand, der gegen das Gesetz verstößt. Aber Georgia und South Carolina kriegen nicht mal den Schimmer eines Pennys für unser Land, unsere Häuser, unsere Straßen oder unsere Brücke zu sehen. Na, sie haben sich in der Angelegenheit gegeneinander bis zum Obersten Gerichtshof hochprozessiert, und es endete mit einem Unentschieden. Wir nehmen an, sie hatten die Nase davon so voll, dass sie beschlossen, uns in Ruhe zu lassen - bis diese Bauspekulanten anfingen, hierherzuschwärmen wie Sandfliegen bei einem Sonntagspicknick.

Sicher, wir hätten das Geld brauchen können, und wir nutzten das Land nicht. Aber wie Mama Day ihnen sagte (uns war klar, dass wir sie direkt zu ihr und Miss Abigail schicken mussten), sie würden nicht in ihren dunklen Gabardineanzügen schwitzend den ganzen Weg hierhergeschnauft kommen, wenn sie sich von unserem Land nicht einen Batzen Geld versprächen, und so, wie wir es sahen, gab es genug Land - Küstenland, heißt das -, um uns ein ziemlich angenehmes Leben zu verschaffen. Und kalkuliert auf der Grundlage der tollen Pläne, die ihnen im Kopf rumschwirrten, war eine halbe Million pro Hektar nicht zu viel verlangt. Flapp, flapp, flapp - lieber Gott, da gerieten ihre Unterkiefer und Seidenschlipse im Wind ganz schön in Bewegung. Das Land sei so viel nicht wert, wenn sie darauf nicht bauen könnten. Jassör, sagte sie ihnen. Und Sie können nicht darauf bauen, wenn wir es nicht verkaufen â¦ Wir kriegen also unseren Teil jetzt, und Sie Ihren später. Du hättest mal diese Rockschöße über den Sund zurückflattern sehen sollen, mit ihren ganzen Lügen von wegen »Aufschwung der Gemeinde« und »bessere Jobs«. Denn es ging überhaupt nicht um »wir jetzt und sie später« - sondern um »sie jetzt und wir nie«. Hatten wir nicht gesehen, was in den...


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Autor

Gloria Naylor (1950-2016), geboren in New York, studierte Anglistik und African-American Studies. Ihr Debütroman Die Frauen von Brewster Place erschien 1982, weitere Romane und Erzählungen folgten. Ihr vielschichtiges Werk kreist um das Leben Schwarzer, um ihre Kämpfe und Hoffnungen, in einer Welt, in der Weißsein alles bedeutet. Für ihre Werke erhielt sie u. a. den American Book Award und den National Book Award. Sie unterrichtete Literatur und Kreatives Schreiben an verschiedenen amerikanischen Universitäten.

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