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Das Axion-Experiment

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
294 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am26.04.20231. Auflage
Was können wir wissen? Was gibt es wirklich und was bilden wir uns nur ein? Dr. Sebastian Rasch ist sich da sicher: Beobachten, messen, berechnen, experimentieren - denn das sind seine Werkzeuge als Physiker. Auf der Suche nach dem legendären Axion wird er mit dem mysteriösen Tod einer von ihm verehrten Kollegin konfrontiert. Sebastian macht sich auf die Suche nach dem Mörder und entdeckt die Antwort dort, wo man nichts sicher wissen kann. Die Welt des Max-Planck-Instituts gerät durch das Unberechenbare aus den Fugen.

Dr. Michael Gärtner veröffentlicht seit einigen Jahren Kriminalromane, Satiren und Historische Romane. In allen seinen Büchern geht es ihm darum, das Nachdenkliche mit dem Amüsanten und Spannenden zu verbinden.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextWas können wir wissen? Was gibt es wirklich und was bilden wir uns nur ein? Dr. Sebastian Rasch ist sich da sicher: Beobachten, messen, berechnen, experimentieren - denn das sind seine Werkzeuge als Physiker. Auf der Suche nach dem legendären Axion wird er mit dem mysteriösen Tod einer von ihm verehrten Kollegin konfrontiert. Sebastian macht sich auf die Suche nach dem Mörder und entdeckt die Antwort dort, wo man nichts sicher wissen kann. Die Welt des Max-Planck-Instituts gerät durch das Unberechenbare aus den Fugen.

Dr. Michael Gärtner veröffentlicht seit einigen Jahren Kriminalromane, Satiren und Historische Romane. In allen seinen Büchern geht es ihm darum, das Nachdenkliche mit dem Amüsanten und Spannenden zu verbinden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757898502
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum26.04.2023
Auflage1. Auflage
Seiten294 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11590449
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1
Vielleicht sollte ich mich zunächst einmal vorstellen. Mein Name ist Sebastian Rasch. Ich bin inzwischen 33 Jahre alt und - wie wir alle - nicht als Fertigprodukt auf diese Welt gekommen, quasi mit vorgeprägten, unabänderlichen Eigenschaften und Fähigkeiten, vergleichbar einem Haushaltsroboter.

Ich stamme aus einer kleinen Stadt in Niederbayern, wie es sie viele gibt, liebenswert, lebenswert mit freundlichen Menschen, die notwendigen Veränderungen und Erneuerungen gegenüber keineswegs so verschlossen sind, wie es dem Volksstamm der Bajuwaren bis heute gerne nachgesagt wird. Dies ist vermutlich deshalb so, weil nur die wenigsten der Menschen unserer Stadt in der Landwirtschaft tätig und damit durch die überlebensnotwendige Verbundenheit zur Scholle und dem, wie es schon in früheren Zeiten gewesen war, geprägt sind. Bei diesem Ort nahe dem Inn kommt hinzu, dass er ganz jung ist, nach dem Krieg gegründet, um den vielen Landsleuten aus dem Osten Europas, die flüchteten oder vertrieben wurden, eine Heimstatt zu geben. Sie waren im Westen Deutschlands keineswegs immer nur willkommen und auch nicht im Südosten des Westens. Die Verwaltung hatte damals versucht, sie so unterzubringen, dass die Berührungen mit den Alteingesessenen möglichst selten und vor allem kontrollierbar blieben. Man ließ sie eine eigene Stadt zwischen den im Wald gelegenen Bunkern einer ehemaligen Munitionsfabrik bauen.

Mein Vater war Techniker in einem Betrieb für Gummiprodukte am Ort, meine Mutter Krankenschwester im Kreiskrankenhaus einige Kilometer entfernt. Ich wuchs zusammen mit meiner zwei Jahre älteren Schwester auf, die es mir zu meinem Vorteil ersparte, mich wegen jeder Kleinigkeit mit den Eltern auseinandersetzen zu müssen, denn das hatte sie bereits erledigt. Als mir diese Vorleistung meiner Schwester - so um das zehnte Lebensjahr herum - bewusst wurde, begann ich neben der schon früh vorhandenen geschwisterlichen Liebe eine ausdrückliche Dankbarkeit ihr gegenüber zu entwickeln. Sie verschonte mich vor manchen häuslichen Konflikten, was meiner angeborenen Mentalität entgegenkam, derzufolge ich die Welt und die Menschen zunächst gerne intensiv betrachte, bevor ich mich mit ihnen auseinandersetze. Betrachten und Verstehen waren von Kindheit an meine bevorzugten Daseinsformen.

Nun möchte ich mich jedoch nicht als einen weisen Alten im Kindesalter präsentieren, wie es für die Heiligenviten der Antike typisch ist. Abgesehen von dieser ausgeprägten Grundtendenz zum Betrachten und Verstehen war ich ein ganz normales Kind, war hungrig und müde, schrie aus für meine Eltern nicht immer verständlichen Gründen, baute gerne Türme aus Bauklötzen, riss sie wieder ein und zwickte an mutigen Tagen meine Schwester am Arm.

Mit drei Jahren kam ich in den Kindergarten, betrachtete mir das Treiben dort eine Weile, verteilte meine Sympathien und machte ab dem dritten Tag mit. Ich spielte mit den anderen Kindern, mit den einen lieber als mit den anderen, zog mich zurück, wenn es laut wurde, untersuchte im Sommer die Kieselsteine der Beeteinfassung und sortierte sie nach Größe und Farbe.

In der Schule tat ich mich schwer mit der Rechtschreibung und einer leserlichen Handschrift. Ich sah es nicht ein, dass man Wörter und Sätze schreiben sollte. Wörter und Sätze könne man sprechen, erklärte ich meiner verblüfften Lehrerin im zweiten Schuljahr, aber alles wirklich Wichtige ließe sich in Zahlen und Zeichen ausdrücken. In der vierten Klasse schwärmte ich für meine neue Lehrerin und fand den Geschichtslehrer in der siebten ausgesprochen doof. Mädchen erschienen mir manchmal als wundersame Wesen von einem anderen Stern, nicht selten jedoch als dumme Gänse, die mich nicht ernst nahmen. Ich verstand im Laufe der Zeit, dass ich einigen von ihnen vertrauen konnte, anderen nicht, und entwickelte eine Vorliebe für die mit langen schwarzen Haaren. Auch lernte ich das Glück kennen, das sich einstellte, wenn ich ein interessantes Buch in einem Zug durchlas. Ich mochte fantasiereiche Erzählungen, bevorzugte mit zunehmendem Alter die Realität und begann ab dem fünfzehnten Geburtstag naturwissenschaftliche Sachbücher zu konsumieren. In der Schule interessierte ich mich für alles, was mit Mathematik und der unbelebten Natur zu tun hatte. Eine Zeit lang auch für das Fach Religion, das mir die vielen Fragen, die ich an das Leben hatte, zwar nicht beantwortete, sie jedoch zumindest ansprach. Mein Interesse an den Fragen des Religionsunterrichts geriet zunehmend in Konflikt mit der Faszination für die Naturwissenschaften. Der Gott der Religionen war mit den Mitteln der Physik nicht zu erkennen und schien sich hinter den Urknall zurückgezogen zu haben.

Insgesamt betrachte ich meine Kindheit und Jugend im Rückblick als angenehm. Ich blieb von manchen Irrwegen verschont, wohl auch deshalb, weil es in meinem Leben etwas gab, für das ich mich brennend interessierte, und ich mich mit meinen anderen Fragen aufgehoben fühlte. So kann man sagen, dass ich Glück hatte, denn lange nicht allen blieb es erspart, ihr Herz an die falschen Dinge oder Menschen zu hängen und etwas sehr Vorläufigem eine endgültige Bedeutung zu geben. Ich musste nicht wie andere wegen einer Unsicherheit bezüglich dessen, was die Welt im Innersten zusammenhält und was das Leben trägt, durch viele Sackgassen wandern oder den Hunger nach Sinn durch Konsum stillen.

Zu einer Vorstellung gehört auch das, was andere für einen als bezeichnend empfinden. Für mich scheint es folgende kleine Geschichte zu sein, die bisher bei jedem Treffen unseres Abiturjahrgangs immer irgendeiner zum Besten gab. Ich finde an meinem darin geschilderten Verhalten nichts Besonderes, aber die anderen meinen, auf so eine Idee könne nur ich kommen. Es war in der zwölften Jahrgangsstufe. Ich hatte den Führerschein gemacht und von den Ersparnissen aus den Ferienjobs einen VW Golf der zweiten Serie gekauft - in der Meinung, was zwanzig Jahre gehalten habe, halte auch zwei weitere Jahre. Eigentlich musste er nur noch zwei Wochen halten, denn ich wollte damit nach Paris fahren und sehen, wie sich die Erde dreht. Das sagte ich allen, die mich fragten, was ich denn in Paris wolle. Was ich damit meinte, schien niemand zu verstehen und ich erklärte es auch nicht. Ich fragte einen Freund aus Kindergartentagen, ob er mitkommen wolle, auf der Fahrt könnten wir im Zelt schlafen, in Paris im Auto am Stadtrand oder auf einem Campingplatz. Auch ihm wollte ich nicht verraten, was ich damit meinte, dass ich sehen wolle, wie die Erde sich dreht. Ich sagte einfach, Paris sei immer eine Reise wert. So fuhren wir zu zweit in den Herbstferien in die Hauptstadt Frankreichs. Meine Eltern hatten Bedenken, wussten aber auch, dass sich Achtzehnjährige nicht von etwas abhalten ließen, das sie sich in den Kopf gesetzt hatten.

Es war eine tolle Fahrt über Straßburg, Metz und die Champagne. Die Mitbringsel aus diesem Landstrich waren nach der Rückkehr geeignet, den Unmut der Eltern zu stillen. In Paris verliefen die Tage in einem gewissen Gleichlauf. Ich begab mich morgens ins Pantheon, mein Freund durchstreifte Parks und Museen. Am Abend setzten wir uns an die Seine, aßen Crêpes, Döner oder Pizza, tranken den billigen Wein der Pays d Oc und besprachen, was wir erlebt hatten. Am Tag vor der Abfahrt holte mein Freund mich abends von dem Ort ab, an dem ich die letzten fünf Tage verbracht hatte.

Er erzählte hinterher allen, die es hören oder auch nicht hören wollten, wie er mich dort antraf: »Sebastian ruhte, auf ein Gestell ähnlich einem Jägerstuhl gestützt, an der Absperrung des Foucaultschen Pendels und starrte auf den Mosaikboden, der sich langsam unter dem Pendel verschob. Der Boden bewegte sich mit der Erde - und mit ihm alle Besucher dieser monströsen klassizistischen Halle. Das riesige Pendel verharrte an seinem Ort im Weltall und die Skala auf den Fliesen machte die Drehung der Erde unter dem Pendel deutlich. Als Sebastian mich sah, winkte er mich zu sich und sagte total fasziniert: »Schau, wie sie sich bewegt. Kannst du es sehen? Man kann es spüren, wie wir uns mit der Erde unter dem Pendel wegdrehen.« Mein Freund erntete mit dieser Erzählung jedes Mal ein amüsiertes Lächeln.

Tatsächlich hatte ich die Tage unseres Parisaufenthaltes nahezu ununterbrochen in dieser Stellung verbracht - von der Öffnung der Ruhmeshalle am Vormittag bis zur Schließung - und mich immer wieder neu in die Drehung der Erde um sich selbst und ihre Bewegung im All hineingedacht. Es waren viele Stunden der Meditation über das Universum und den Ort der Erde darin, sowie über deren zweibeinige Bewohner, die dies alles erkunden konnten. An diesen Tagen war wohl der Entschluss vorbereitet worden, Physiker zu werden und das All zu erforschen.

Ich machte ein - bei aller Bescheidenheit - sehr gutes Abitur und zog im folgenden Wintersemester als Physikstudent an die Universität München. Nun konnte ich meine natürliche Neigung zum Betrachten und Verstehen vollends ausleben. In den Jahren des Studiums blieb ich von erschwerenden Umständen verschont, hatte genügend Geld, jedoch zum Glück nicht zu viel. Meine Eltern waren gesund und arbeiteten auf...
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