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Die Tochter eines Arztes

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Dryas Verlagerschienen am20.09.20131. Auflage
Man schreibt das Jahr der badischen Revolution, 1848, als sich die wohlbehütete Arzttochter Eugenia in den Bauernsohn Matthias verliebt. Doch die gesellschaftlichen Unterschiede lassen ihre Liebe unmöglich erscheinen. Matthias verzweifelter Versuch, seine Familie durch Wilderei vor dem Verhungern zu bewahren, führt zur Katastrophe. Als kurz darauf die Revolution losbricht, wird Eugenias Leben von Grund auf erschüttert und neu bestimmt - kann sie ihr Glück doch noch finden?

Martina Frey, geboren 1971 in Wiesbaden, begann bereits in der Schule, Geschichten zu verfassen. Inzwischen schreibt sie seit vielen Jahren historische Romane, zuletzt ist im Dryas Verlag ihr Buch 'Die Schwestern von Sunneck' erschienen. Mehr unter www.martina-frey.de
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Produkt

KlappentextMan schreibt das Jahr der badischen Revolution, 1848, als sich die wohlbehütete Arzttochter Eugenia in den Bauernsohn Matthias verliebt. Doch die gesellschaftlichen Unterschiede lassen ihre Liebe unmöglich erscheinen. Matthias verzweifelter Versuch, seine Familie durch Wilderei vor dem Verhungern zu bewahren, führt zur Katastrophe. Als kurz darauf die Revolution losbricht, wird Eugenias Leben von Grund auf erschüttert und neu bestimmt - kann sie ihr Glück doch noch finden?

Martina Frey, geboren 1971 in Wiesbaden, begann bereits in der Schule, Geschichten zu verfassen. Inzwischen schreibt sie seit vielen Jahren historische Romane, zuletzt ist im Dryas Verlag ihr Buch 'Die Schwestern von Sunneck' erschienen. Mehr unter www.martina-frey.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783941408401
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum20.09.2013
Auflage1. Auflage
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2306 Kbytes
Artikel-Nr.2912927
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe





Kapitel 1

Holzhausen auf der Heide, Anfang April 1847

 

Während Moritz Hentschel mit gleichmäßigen Schritten den Weg weiterging, atmete er tief die frische Luft ein. Er fühlte sich wohl, als er über die Wiesen hinweg den großen Wald be­trachtete. Dieser Blick brachte ihn ins Schwärmen. Tannenwald und Hügel wechselten sich ab. Sonne und Wolken tauchten die Landschaft in ein reges Spiel von Licht und Schatten. Hier, inmitten des Taunus, lag in einer ­quellenreichen Senke ein Dorf, gut geschützt von Stürmen, die oft vom Rhein herauf­kamen und nicht selten Unwetter mitbrachten. Das hatte Moritz bereits einmal erlebt. Er blieb stehen und sah die Straße entlang. Wie hieß dieser Ort noch gleich? Holzhausen auf der Heide. Im Herzogtum Nassau gehörte es eindeutig zu den beschaulichsten Dörfern des Taunus, fand Moritz und ging weiter.

In den ersten Tagen des Aprils hatte sich der Wind gedreht und kam mit eisiger Kälte vom Osten her. Er fegte über die Dächer der Fachwerkhäuser und Holzhütten, strich über die Lehmgassen, an Zäunen und Ställen entlang, einen kleinen Hang hinauf zur Kirche. Am ­höchsten Punkt kreuzten sich zwei wichtige Fernstraßen. Diese waren, das wusste Moritz, schon von Römern genutzt ­worden. Vor knapp vierzig Jahren waren Napoleons Armeen darüber marschiert.

Moritz schlenderte die Straße entlang, bis er bei einem zweigeschossigen Haus mit weißem Putz stehen blieb. Vor Kurzem hatte sein Vater, ein freipraktizierender Arzt aus Wiesbaden, mit herzoglicher Erlaubnis, dieses Gebäude in Holzhausen erbauen lassen. Das Walmdach war mit ­Schiefer gedeckt. Ein hohes Eingangsportal mit einem kleinen ­Giebel und hellen Steinpfeilern an den Seiten zierte die Vorderseite des Hauses. Die Fenster hatten blaue Holzläden, die am Abend geschlossen wurden. Das Haus wirkte einfach in seiner Gestaltung und passte doch nicht in das Bild dieses ländlichen Ortes, fand Moritz und vernahm durch die offen stehenden Fenster das Spiel eines Pianofortes.

Das musste seine Schwester Eugenia sein, die täglich an diesem Instrument saß, um ihre Fingerfertigkeit zu ver­bessern. Moritz betrat das Haus und ging in die Wohnstube, in der er, wie vermutet, seine Schwester vorfand.

Eugenia Hentschel saß aufrecht vor dem Instrument und spielte einige kurze Stücke, ohne Leidenschaft und ­besondere Freude zu zeigen. Sie trug ein dunkelrotes Tageskleid, das an den engen Ärmelenden mit weißer Spitze versehen war, genau wie am hochgeschnittenen Halsausschnitt. Das ­übliche Korsett betonte die schmale Taille. Es musste ziemlich unbequem sein, so eingeschnürt auf dem Bänkchen zu sitzen, vermutete Moritz. Eugenias Haar war zu einem Nackenknoten zusammengebunden. Während die Finger über die Tasten flogen, wippten ­Korkenzieherlocken an ihren Schläfen und umrahmten ein volles, makel­loses Gesicht. Die gesenkten Augen waren unter dichten ­Wimpern verborgen, da sich Eugenia auf das Musikstück konzentrierte.

Plötzlich verstummte das intensive Spiel.

Ich hasse es! , sagte sie ruhig mit einem unterdrückten Ton von Überdruss.

Moritz trat näher. Mir hat das Stück gut gefallen.

Das meine ich nicht! Eugenia starrte unzufrieden auf die Tasten.

Um zu überprüfen, ob sein Spaziergang Spuren hinter­lassen hatte, sah er an seinen hellen Pantalons hinab, die an der Taille in Falten lagen, bis zum Boden reichten und sogar die schwarzen Schuhe bedeckten. Doch es war alles in ­Ordnung. Mit sich zufrieden setzte er sich neben seine Schwester auf die Bank und betrachtete von der Seite ihren mürrischen Gesichtsausdruck. Du übertreibst , sagte er.

Die Korkenzieherlocken wirbelten herum, als Eugenia den Kopf schüttelte. Tu ich nicht. Hast du dir dieses Dorf angesehen? Halb zerfallene Hütten, Menschen in Fetzen, die noch dünner sind als streunende Hunde bei uns in ­Wiesbaden. Sie drehte sich zu ihrem Bruder. Die blassen Strahlen der Frühlingssonne fielen durch die hohen Fenster und ver­fingen sich in ihrem Haar, das in diesem Augenblick golden schimmerte.

Moritz lachte, nachsichtig mit der schlechten Laune ­seiner Schwester. Selbst Goethe schwärmte vom Taunus. Es ist malerisch. Du überblickst Wiesen und Wälder und kannst dir romantische Geschichten auf dem Lande ausdenken.

Pah. Geschichten über Mädchen, die auf dem Land versauern.

Er stieß sie sanft in die Seite. Du bist ungerecht. Du weißt, warum wir auf das Land gezogen sind. Mutter geht es bereits besser.

Eugenia blickte reumütig zur Seite. Die Worte ihres ­Bruders flößten ihr sichtlich Schuldgefühle ein. Die Ver­änderung ihrer Mutter war augenfällig. Ihr Zustand hatte sich in den vergangenen Wochen wesentlich gebessert, fand Moritz. Farbe war in das sonst blasse Gesicht zurückgekehrt und die Mutter wirkte lebhafter, so als täte ihr die Ruhe gut, die Eugenia so einschläfernd fand.

Ja, das ist wahr. Sie seufzte. Ich bin ungerecht. Selbst die wenigen Wochen hier haben Mutter gutgetan. Sie lacht wieder und das sollte mich froh machen. Ach, es ist nur ⦠hier ist es eben ⦠öde.

Moritz legte einen Arm um ihre Schultern und drückte sie tröstend an sich. Er kannte den Unternehmungsdrang seiner Schwester sehr gut und versuchte ihre Unzufriedenheit zu verstehen. Vater wird dich bestimmt bald für einige Tage nach Wiesbaden schicken.

Ich werde grau sein und Falten haben, ehe das passiert.

Moritz lachte auf. Du bist gerade siebzehn Jahre alt geworden, Schwesterlein, und es dauert noch sehr lange, bis du grau wirst. Er musterte sie. Aber du solltest aufhören, ein solches Gesicht zu ziehen, davon könntest du durchaus Falten bekommen.

Eugenia zog einen Schmollmund und begann gedanken­verloren auf den Tasten zu spielen. Ich sitze jeden Tag in ­diesem Haus und weiß nichts mit mir anzufangen. Das ist geistlos. Ich ertrage das nicht länger. Mir fehlt meine ­Freundin Dorothea und all das Vergnügen.

Hab etwas Geduld , tröstete Moritz seine ­Schwester. Vater wird bald einen angemessenen Gatten für dich ­finden und du wirst das gesellige Leben wieder aufnehmen ­können.

Eugenia legte nachdenklich den Zeigefinger an ihr Kinn. Bist du nicht erstaunt darüber, dass wir so plötzlich auf das Land gezogen sind? Wieder wippten die Schläfenlocken.

Nein, er hatte bisher nicht darüber nachgedacht, gestand er sich ein. Natürlich war er etwas überrascht gewesen, doch sein Vater hatte keine Erklärung über seine Pläne abgegeben. Aber der Vater pflegte seine Entscheidungen ohnehin nicht zu rechtfertigen. Mutters Gesundheit geht vor.

Eugenia ließ den Zeigefinger wieder sinken. Ihr flehentlicher Blick traf Moritz und er versuchte ihm auszu­weichen, doch da hörte er ihre bittende Stimme, der er selten zu widerstehen vermochte: Könntest du Papa bitten, mich nach ­Wiesbaden zurückzubringen?

Wir sollten ihm lieber nicht vorschreiben, was er zu tun hat, das gehört sich nicht , warnte Moritz sie, erhob sich von dem Bänkchen am Pianoforte und ging zu einem der ­Fenster, um nachdenklich hinauszublicken. Mochte es hier keine gesellschaftlichen Verpflichtungen geben, denen Eugenia so gern nachging, ihm gefiel die Abgeschiedenheit. Es war so gänzlich anders als an der Universität, an der er studierte. Ich würde mich hier sehr wohlfühlen. Es ist behaglich , sagte er schließlich.

Du musst nicht versuchen, mich aufzuheitern. Es ist nicht behaglich, sondern öde. Ach, ich wiederhole mich. Du hast gut reden. Du kannst tun, was dir beliebt.

Ein unguter Gedanke zog durch seinen Kopf. So ist es nicht. Vater schickt mich nach Gießen, obwohl ich nicht ­studieren will. Er sprach selten darüber, nun packte ihn Verdrossenheit. Doch wann hat er mich gefragt, was ich möchte? Meine Meinung zählt nicht. Ich will nicht Arzt ­werden!

Sie sah ihn mitleidig an. Hast du mit Vater darüber gesprochen?

Moritz schnaubte unwillig. Pah, wenn ich das täte, ich wüsste, was er mir antworten würde ⦠Er neigte ­seinen Kopf, setzte eine tadelnde Miene auf, um den Vater zu ­imitieren, und sprach mit tieferer Stimme: Sohn, du hast deine Familie zu ehren und musst an deine Zukunft denken. Mach uns keine Schande. Du tust, was ich für richtig halte!

Aber an deiner Universität in Gießen bist du nicht unter seiner Aufsicht , gab Eugenia zu bedenken, als müsste sie einen Grund nennen, ihn aufzuheitern. Du hast dort Freunde gefunden.

Moritz blickte wieder versonnen aus dem Fenster. Glaube mir, ich wäre lieber in Holzhausen, als Frösche aufzu­schneiden und mir ihre Innereien anzusehen. Ich will mein Leben und meine Zukunft selbst bestimmen, aber Vater lässt das nicht zu. Ich kann nicht einmal Blut sehen, wie soll ich jemals Menschen verarzten?

Das hat mich auch gewundert. Das letzte Mal, als ich mir in den Finger geschnitten habe, bist du schreiend davongelaufen.

Moritz erinnerte sich und lachte. Da waren wir Kinder.

Eugenia erhob sich von dem Bänkchen und räumte die Noten zusammen. Ich mache dir einen Vorschlag. Du bleibst in dieser Einöde und ich studiere.

Moritz drehte sich lachend zu ihr um. Du und studieren?

Ich würde gern Medizin studieren.

Moritz nahm den sehnsüchtigen Ton in ihrer Stimme wahr. Er schmunzelte belustigt. Eine Frau als Ärztin? Sei nicht albern.

Ich möchte anderen Menschen helfen, so wie Vater. Ich könnte...

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