Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die guten Frauen von Safe Harbour

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am01.08.2022
»Eindringlich, lebendig, überraschend, warm und klug.« Carrie Snyder
Frances Delaney kehrt nach vielen Jahren an den Ort ihrer Kindheit zurück. Doch das idyllische neufundländische Fischerdorf Safe Harbour ist nicht nur ein Ort guter Erinnerungen.
Vor allem der Verlust der Freundschaft zu ihrer engsten Freundin Annie, erschütterte Frances zutiefst.
Zusammen mit ihrer Freundin Edie stellt sich Frances den Schatten der Vergangenheit und kann sich nun endlich mit ihrem Leben aussöhnen und bei sich ankommen.
Sie hat nicht mehr viel Zeit.
Atmosphärisch eingebunden in die Kulisse der kargen Landschaft Neufundlands handelt diese kraftvolle Geschichte über Freundschaft und Vergebung. Das Debüt der Psychiaterin Bobbi French erzählt von einer Frau, die sich selbst die Chance gibt zu lieben und geliebt zu werden.

Bobbi French ist in Neufundland und Labrador geboren und aufgewachsen. Die ehemalige Psychiaterin hat ihren Beruf aufgegeben, um sich dem Schreiben zu widmen.
Die guten Frauen von Safe Harbour ist ihr erster Roman. Bobbi French lebt in Halifax, Nova Scotia.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

Klappentext»Eindringlich, lebendig, überraschend, warm und klug.« Carrie Snyder
Frances Delaney kehrt nach vielen Jahren an den Ort ihrer Kindheit zurück. Doch das idyllische neufundländische Fischerdorf Safe Harbour ist nicht nur ein Ort guter Erinnerungen.
Vor allem der Verlust der Freundschaft zu ihrer engsten Freundin Annie, erschütterte Frances zutiefst.
Zusammen mit ihrer Freundin Edie stellt sich Frances den Schatten der Vergangenheit und kann sich nun endlich mit ihrem Leben aussöhnen und bei sich ankommen.
Sie hat nicht mehr viel Zeit.
Atmosphärisch eingebunden in die Kulisse der kargen Landschaft Neufundlands handelt diese kraftvolle Geschichte über Freundschaft und Vergebung. Das Debüt der Psychiaterin Bobbi French erzählt von einer Frau, die sich selbst die Chance gibt zu lieben und geliebt zu werden.

Bobbi French ist in Neufundland und Labrador geboren und aufgewachsen. Die ehemalige Psychiaterin hat ihren Beruf aufgegeben, um sich dem Schreiben zu widmen.
Die guten Frauen von Safe Harbour ist ihr erster Roman. Bobbi French lebt in Halifax, Nova Scotia.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641297497
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.08.2022
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1792 Kbytes
Artikel-Nr.9099257
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1

Drei Monate zuvor

Ich schreckte aus dem Schlaf hoch, orientierungslos und schweißgebadet. Der Wecker auf meinem Nachttisch zeigte Viertel vor sechs an. Ich lag in meine feuchten Laken verknotet, mein Herz trommelte, und ich wusste, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war. Ich wartete, bis sich das benommene Gefühl in meinem Kopf etwas klärte, dann stand ich auf, um die Aufgabe anzupacken, die vor mir lag. Ich nahm ein heißes Bad und trank einen Becher starken, süßen Tee in der Hoffnung, meine Nerven damit etwas zu beruhigen, doch es half nichts. Ich ging zum Schrank und zog den Reißverschluss eines Plastikkleidersacks auf, in dem ein neuer grauer Blazer, eine dazu passende Hose und eine zarte, lavendelfarbene Bluse hingen, alles eine Woche zuvor im Sonderangebot gekauft. Die erste schicke Garderobe meines Lebens - mit achtundfünfzig Jahren. Während ich die Bluse zuknöpfte und den Reißverschluss der Hose zuzog, war es, als würde ich in ein besseres Leben schlüpfen. Ich stellte mir vor, ich wäre wiedergeboren, endlich von aller Unscheinbarkeit befreit. Der Spiegel jedoch belehrte mich eines Besseren. Ein mageres Hühnchen, das sich mit ein paar hübschen Federn geschmückt hatte. Und wenn schon. Schönheit würde mir heute nichts nützen. Was ich brauchte, waren Rückgrat und ein klarer Verstand. Jetzt beeil dich, alter Kauz. Ich wandte mich vom Spiegel ab und sah auf meine Hände hinunter, die aus den Ärmeln des Blazers herausschauten. Hände wie eine Bäuerin, dachte ich immer. Spröde Knöchel, raue Haut, durchsetzt von dünnen, blutigen Rissen. Permanent gerötet von den Fingerkuppen bis zu den Handgelenken, als hätte man sie in Farbe getaucht. Ich betrachtete sie als das, was sie waren: meine Existenzgrundlage, das unschätzbare Handwerkszeug einer Putzfrau. Heute jedoch würden sie eine wohlverdiente Pause unter einer dicken Schicht Handcreme machen dürfen.

Ich ließ den Bus sausen und gönnte mir stattdessen ein Taxi - ein weiterer seltener Luxus. Der Fahrer redete zum Glück nicht viel, während er den Wagen ins Zentrum von St. John´s steuerte, durch die engen, von bunten Reihenhäusern gesäumten Straßen, den dichten Verkehr in der Duckworth Street, vorbei an den Geschäften und Cafés und dem Kriegerdenkmal, hinter dem sich flüchtig das kalte, in der Sonne funkelnde Meer auftat, bevor er vor einem Hochhaus aus Metall und Glas zum Stehen kam.

Drinnen drängten sich Menschen in modischen Mänteln und mit Aktentaschen in den Händen vor den Aufzügen. Bei der Vorstellung, mich mit lauter Fremden in einen Stahlkasten zu quetschen, zog sich mir der Magen zusammen, und ich entschied, die Treppe zu nehmen.

In der Praxis roch es nach frisch gebrühtem Kaffee. Ein schlichter, moderner Raum mit weißen Wänden und gedämpfter Beleuchtung, in dem eine junge Frau hinter einem geschwungenen Schreibtisch saß und laut auf einer Computertastatur tippte. Sie hielt inne und fragte mich nach meinem Termin.

»Frances Delaney. Neun Uhr.«

»Auf die Sekunde genau«, sagte sie. »Nehmen Sie Platz, ich sage Bescheid, dass Sie da sind.«

Ich ließ meinen Blick über die Zeitschriften schweifen, die vor mir auf dem niedrigen Glastisch auslagen, die üblichen veralteten Blätter, bis auf ein Exemplar, dessen Titelseite eine bunte Zeichnung von einem Gehirn zierte. Ich nahm es in die Hand, nachdem ich ein Wort darauf entdeckt hatte, das ich vorher noch nie gelesen hatte: Neurotransmitter. Ich griff in meine Tasche und schrieb es in mein kleines Spiralnotizbuch, notierte es für später, wenn ich mein abgegriffenes, über und über mit Eselsohren versehenes Lexikon durchblättern würde, so wie ich es immer tat, wenn ich auf ein Wort stieß, das ich nicht kannte. Ich hatte diese Marotte seit meiner Kindheit. Ich schlug das unbekannte Wort nach und unterstrich es, übte es laut ein, bis es sich wie ein Wort anfühlte, das zu mir gehörte. Wörter, die mir besonders gut gefielen, markierte ich mit Sternchen. Wie Firlefanz oder szintillieren. Unzählige hatte ich inzwischen gesammelt. Mein Kopf war voller Wörter, von denen ich die meisten noch nie zu einer Menschenseele gesagt hatte und es vermutlich auch nie tun würde. Und doch waren sie wie treue Begleiter, die mir nicht von der Seite wichen.

Dieses Mal jedoch genügten Neurotransmitter und seine Geheimnisse nicht, um mich davon abzulenken, warum ich inmitten der weißen Mauern dieser Festung saß. Die Luft in dem Raum schien plötzlich dünner zu werden, und ich spürte ein beklemmendes Gefühl in der Brust. Ich starrte zur Tür und begann, das Für und Wider einer Flucht abzuwägen.

»Frances Delaney? Ich bin Dr. Shirley Bell.«

Ihre Stimme ließ mich hochschrecken. Sie war jünger, als ich erwartet hatte, vermutlich nicht einmal vierzig. Sie hatte glatte, dunkle Haut, hohe Wangenknochen und schwarze Haare, die in dünnen Zöpfen ihre Schultern streiften. Sie streckte mir eine Hand mit kurzen, lackierten Nägeln entgegen.

»Ich freue mich, Sie kennenzulernen«, sagte sie. »Wollen wir anfangen?«

Sie drehte sich um und lief den mit Teppichboden ausgelegten Flur hinunter in ihr Sprechzimmer, wo sie zwei Gläser Wasser aus einer Karaffe auf ihrem Schreibtisch einschenkte und mich bat, Platz zu nehmen. Sie griff nach einem Stift, einem Block und einer blauen Mappe, dann setzte sie sich mir gegenüber auf einen Stuhl.

»Frances, Ihre Ärztin hat Ihnen ja erklärt, warum sie Sie zu einem Psychiater überwiesen hat, richtig?«

Ich nickte.

»Sie wirken nervös.«

»Vielleicht ein bisschen.«

»Gibt es dafür einen bestimmten Grund?«

»Vermutlich, weil ich die einzige Neufundländerin bin, die nicht gerne redet.«

Sie lächelte. »Ich werde versuchen, unser Gespräch so kurz und schmerzlos wie möglich zu machen. Ich habe bereits viele Informationen über Sie erhalten.«

Dr. Bell klappte die Mappe auf und überflog die darin befindlichen Unterlagen. Ich befürchtete, sie würde nur allzu schnell zu einem Urteil über mich kommen: ein bedauernswertes altes Dummerchen, verwirrt und professioneller Überzeugung bedürfend. Sie würde damit völlig falschliegen.

Sie klappte die Mappe wieder zu. »Nun, Frances, erzählen Sie mir doch bitte, was Sie über Ihre Diagnose wissen.«

Es war genau einen Monat her, seit eine andere junge Ärztin an meinem Krankenhausbett gesessen und mir zwei neue Wörter für mein Notizbuch mitgeteilt hatte. Ich hatte sie gebeten, mir die Wörter auf ein Stück Papier zu schreiben, nachdem sie mir ihr Bedauern ausgedrückt hatte. Der Name der Ärztin war mir abhandengekommen, aber ihr Gesicht und ihre Stimme hatten sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt. Die arme Frau wirkte vollkommen verstört, und ich nahm an, dass sie noch recht unerfahren darin war, Hiobsbotschaften zu überbringen. In den darauffolgenden Tagen hörte ich die Wörter noch viele Male, aber ich hatte sie bisher noch nie laut gesagt. Ich trank einen Schluck Wasser.

»Glioblastoma multiforme.« Ich wusste, dass ich es richtig ausgesprochen hatte, und war zufrieden.

»Und was verstehen Sie unter Ihrer Diagnose?«

»Ein aggressiver Hirntumor. Zehn bis zwölf Monate, bestenfalls.«

Sie sah mich mitfühlend an. »Das tut mir sehr leid.« Sie machte eine kurze Pause. »Nun, hier und heute geht es um Ihre Weigerung, sich der empfohlenen Behandlung zu unterziehen. Erzählen Sie mir davon.«

Ich hätte ihr von allem berichten können: von dem stämmigen Chirurgen, bei dem ich in der Woche zuvor gewesen war und der mir den Kopf aufsägen und so viel herausschnippeln wollte, wie er nur konnte, und von dem anderen Arzt, der mir Gift in die Venen pumpen wollte, um mir ein paar Monate zu schenken. Monate, die ich krank, verängstigt, allein und, was vielleicht am wichtigsten war, ohne Einkommen verbringen würde. Ich stellte es mir nicht gerade einfach vor, einen Staubsauger vor mir herzuschieben, während ich mit einem Fuß im Grab stand, was bedeutete, dass Sterben in meinem Budget lag, Dahinsiechen nicht. Doch je weniger Worte ich darüber verlor, desto besser. Prägnanz.

»Es würde das Unabwendbare lediglich hinauszögern«, sagte ich. »Ich möchte die Zeit, die mir bleibt, in einem Zustand verbringen, in dem ich sie genießen kann.« Ich war zufrieden, wie ruhig und gefasst ich klang. Sogar noch besser als am Abend zuvor, als ich die Worte vor dem Spiegel geübt hatte.

»Ihnen ist bewusst, dass sich Ihre Lebenserwartung ohne Behandlung aller Voraussicht nach verkürzen wird?«

»Ja.«

Sie notierte etwas auf ihre gelben Blätter. »Frances, ich habe die Ergebnisse Ihrer kognitiven Tests vorliegen, und ich habe den Befund des Psychologen, mit dem Sie im Krankenhaus gesprochen haben - das alles sieht für mich sehr gründlich aus. Wie ich sehe, wurden alle gängigen psychischen Erkrankungen ausgeschlossen. Laut Ihrer Unterlagen haben Sie keine psychiatrische Vorgeschichte, allerdings finde ich hier kaum etwas über Ihre Familie. Gibt es Verwandte, die schon einmal Probleme mit ihrer seelischen Gesundheit hatten?«

Mir wurde schlagartig heiß. Ich spürte, wie sich meine neue Bluse an meinen Rücken zu kleben begann, und fragte mich, was wohl die Reinigung kosten würde. »Nicht, dass ich wüsste.«

»Würden Sie mir etwas über Ihre Vergangenheit erzählen? Über Ihre Kindheit vielleicht?«

Mit einem Mal fand ich die Vorstellung, jemandem von meinem einfachen Leben zu erzählen, aufregend. Gleichzeitig machte mir der Gedanke, mich einer fremden Person zu offenbaren, Angst, vor allem einer Person, die in der...

mehr

Autor

Bobbi French ist in Neufundland und Labrador geboren und aufgewachsen. Die ehemalige Psychiaterin hat ihren Beruf aufgegeben, um sich dem Schreiben zu widmen.
Die guten Frauen von Safe Harbour ist ihr erster Roman. Bobbi French lebt in Halifax, Nova Scotia.