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Tod im Museum

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
Klett-Cotta Verlagerschienen am19.08.2023Die Auflage entspricht der aktuellen Auflage der Print-Ausgabe zum Zeitpunkt des E-Book-Kaufes
»Zwei tote Archäologen in so kurzer Zeit - das riecht fischig!« Überraschend stirbt der Vater von Skarabäus Lampe, ein bekannter Archäologe. Als es bei der Trauerfeier im Museum einen zweiten Toten gibt, ist das Misstrauen des Detektivs geweckt. Einmal mehr muss er ermitteln. Unterdessen wird die Stadt von einer Welle sozialer Aufwallung und Wut erfasst... Es gibt Unruhen! Nach einem Ausbruch der gefürchteten Arbeiterkrankheit und ausbleibender Hilfe vom Magistrat, gehen die Armen auf die Straße. Eine Welle der Wut, die Straßenbarrikaden, brennende Dreischnecks und fliegendes Gemüse mit sich führt, rollt durch Überstadt. Als der Vater von Skarabäus Lampe, berühmter Archäologe und Ehrenbürger der Stadt, plötzlich stirbt, ist der Detektiv nach Jahren der Entfremdung völlig überfordert. Er wird jäh aus seiner Gefühlsverwirrung gerissen, als auf der Trauerfeier zu Ehren seines Vaters der Vorsitzende der Archäologischen Gesellschaft während seiner Rede ebenfalls vor aller Augen stirbt. Der Detektiv lässt das Museum abriegeln und beginnt mit der Spurensuche.

Meike Stoverock studierte Biologie mit Schwerpunkt Evolutionsökologie und promovierte im Bereich Epidemiologie. Die komplexen Wechselwirkungen zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt sind ihr besonderes Steckenpferd. Seit der #Aufschrei-Aktion 2013 beteiligt sie sich immer wieder an Geschlechter- und Gesellschaftsdebatten.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

Klappentext»Zwei tote Archäologen in so kurzer Zeit - das riecht fischig!« Überraschend stirbt der Vater von Skarabäus Lampe, ein bekannter Archäologe. Als es bei der Trauerfeier im Museum einen zweiten Toten gibt, ist das Misstrauen des Detektivs geweckt. Einmal mehr muss er ermitteln. Unterdessen wird die Stadt von einer Welle sozialer Aufwallung und Wut erfasst... Es gibt Unruhen! Nach einem Ausbruch der gefürchteten Arbeiterkrankheit und ausbleibender Hilfe vom Magistrat, gehen die Armen auf die Straße. Eine Welle der Wut, die Straßenbarrikaden, brennende Dreischnecks und fliegendes Gemüse mit sich führt, rollt durch Überstadt. Als der Vater von Skarabäus Lampe, berühmter Archäologe und Ehrenbürger der Stadt, plötzlich stirbt, ist der Detektiv nach Jahren der Entfremdung völlig überfordert. Er wird jäh aus seiner Gefühlsverwirrung gerissen, als auf der Trauerfeier zu Ehren seines Vaters der Vorsitzende der Archäologischen Gesellschaft während seiner Rede ebenfalls vor aller Augen stirbt. Der Detektiv lässt das Museum abriegeln und beginnt mit der Spurensuche.

Meike Stoverock studierte Biologie mit Schwerpunkt Evolutionsökologie und promovierte im Bereich Epidemiologie. Die komplexen Wechselwirkungen zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt sind ihr besonderes Steckenpferd. Seit der #Aufschrei-Aktion 2013 beteiligt sie sich immer wieder an Geschlechter- und Gesellschaftsdebatten.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783608122107
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum19.08.2023
AuflageDie Auflage entspricht der aktuellen Auflage der Print-Ausgabe zum Zeitpunkt des E-Book-Kaufes
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11546616
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Unsichere Zeiten und Besuch vom Mond


Sorgfältig legte Skarabäus Lampe den schweren silbernen Schlagring neben den sechsschüssigen Revolver auf den Schreibtisch. Der Detektiv konnte zwar in fast allen Situationen improvisieren, aber es war ihm lieber, wenn er es nicht tun musste. Improvisation verschlang Zeit, selbst wenn es wie in seinem Fall meist nur Sekundenbruchteile waren, und diese Zeit konnte über Leben und Tod entscheiden. Deshalb kontrollierte er einmal wöchentlich die Dinge, die fest in seiner Manteltasche installiert sein sollten, um unangenehme Überraschungen in Gefahrensituationen zu vermeiden.

Lampe griff wieder in die Tasche und zog das ebenfalls silberne Zigarettenetui heraus. Nachdenklich betrachtete er es. Es war einer der wenigen Gegenstände, die er nicht dauerhaft in seinem Mantel aufbewahrte, weshalb es ihm immer wieder abhandenkam. Helene, sein ehemaliges Kindermädchen, hatte bereits ein Zweitetui für unterwegs vorgeschlagen, aber Lampe kannte sich selbst zu gut und wusste, dass er deshalb nicht seltener ohne Zigaretten und dafür öfter mit zwei Etuis in seinem Mantel dastehen würde.

Als Nächstes legte er das kleine Blechdöschen mit Gürteltier auf den Tisch. Für gewöhnlich hatte er auch immer einige fertig gerollte, mit der Droge versetzte Spezialzigaretten in seinem Etui.

Gürteltier war ein uraltes Heilkraut, das eine sowohl entspannende wie auch die Sinne schärfende Wirkung hatte. Wann immer Skarabäus Lampe es nahm - Helene fand: zu oft -, beruhigte und erregte es jeweils genau die richtigen Teile seines Gehirns, um ihm zu Höchstleistungen zu verhelfen. Ihren Namen hatte die Droge dem Umstand zu verdanken, dass exzessiver Konsum zu einer Verhärtung der Haut führte, was ihr Ähnlichkeit mit den Rückenpanzern von Gürteltieren verlieh. Lampe kontrollierte daher regelmäßig sowohl seinen Fellbestand als auch die Geschmeidigkeit seiner Haut.

Schließlich zog er noch Professor Redlichs Kompendium der rezenten Gliederfüßer und einen zerfledderten Notizblock nebst Bleistift aus seinem Mantel und legte beides vor sich auf den Tisch.

Das Kompendium war ebenso ein Sorgenkind wie das Zigarettenetui. Es existierte in der vollständigen Bibliotheksausgabe mit siebenhundertdreiundachtzig beschriebenen Arten und der schlanken Taschenedition mit nur einhundertsiebenundvierzig Arten. Lampe fand die Taschenausgabe vollkommen ungenügend für seine Arbeit, bei der er es oft mit exotischeren Insekten zu tun bekam oder mit Larvalstadien, die in ihr nicht gelistet waren. Aber die Bibliotheksedition wog beinahe drei Kilo und der Detektiv konnte sie schlecht in einem Handkarren hinter sich herziehen, wenn er Verbrecher verfolgte.

Zufrieden betrachtete er seine Grundausstattung, nahm dann den Schlagring und begann, ihn zu polieren. Er mochte das Gewicht in seiner Hand. Es war wie ein eigener Gravitationspunkt. Dann prüfte er, ob die Trommel des Revolvers voll mit Patronen bestückt war, und steckte bis auf das Zigarettenetui und das Döschen Gürteltier alles wieder in seinen Mantel.

Auf die Schnelle fand er sein Zigarettenpapier nicht und riss vorsichtig einen Streifen von der Tageszeitung des Vortags ab. Die Druckerschwärze gab den Spezialzigaretten immer einen unangenehmen Geschmack, aber er hatte jetzt keine Lust, nach dem Zigarettenpapier zu suchen. Er legte Tabak auf dem Zeitungsschnipsel aus und wollte gerade die roten Gürteltierkrümel darüberstreuen, als Helene in sein Arbeitszimmer trat.

Sie klopfte nie an, weil es keinen Zustand gab, in dem sie Skarabäus Lampe noch nicht gesehen hatte. Dass er in einigen dieser Zustände lieber keine Zeugen gehabt hätte, überging sie. Lediglich wenn Klienten zu Besuch waren, wurde sie schlagartig zu einer zurückhaltenden, diskreten Haushälterin.

Er saß mit dem Rücken zu ihr und schaffte es gerade noch, die Zeitung über seine Drogen zu ziehen, bevor sie ein Tablett mit Tee, Keksen und der neuesten Morgenzeitung vor ihn hinstellte.

»Hier, dein Vormittagstee. Und gib mir die Zeitung von gestern, ich brauche sie zum Anheizen.«

»Die â¦ die habe ich noch nicht durch«, sagte der Detektiv und legte eine Hand auf die Zeitung.

Helene verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn misstrauisch an.

»Solange ich hier lebe, hast du noch nie länger als zwei Stunden gebraucht, um jeden Buchstaben und jedes Satzzeichen der Zeitung zu lesen. Gib sie mir.«

Und noch bevor Skarabäus Lampe es verhindern konnte, zog sie die Zeitung einfach vom Tisch und seine im Bau befindliche Drogendosis lag offen vor ihr. Helene schnaufte.

»Näh! Wusste ich es doch! Eins sage ich dir: Bevor ich dabei zuschaue, wie du dich in meinem Haus mit diesem Teufelszeug zugrunde richtest, kündige ich, deine Entscheidung.«

»Das ist mir bewusst, aber da es sich nicht um dein, sondern um Archibalds Haus handelt, bleibst du mir sicher noch eine Weile erhalten. Was gibt es Neues in Überstadt?«

Das weiße Huhn schnaufte empört und hielt ihm die aktuelle Zeitung hin. Statt sie zu nehmen, fuhr er fort, sich seine Spezialzigarette zu rollen. Also fasste sie kurz die Titelseite für ihn zusammen.

»Das meiste ist über die Aufstände. Vor dem Magistraturpalast gab es einen Verletzten, der im Gedränge des Protestes von einer Mauer gefallen ist. Polizei rund um die Uhr im Einsatz. Im Villenviertel wurden Häuserfassaden mit Farbe beschmiert. Das Hospital der Kundigen Frauen hat eine Sanitätssondereinheit ins Arbeiterviertel geschickt. Und der Stadtrat will nicht von seinen Museumsplänen abweichen.«

»Lies vor, das über den Stadtrat«, unterbrach Lampe sie.

»Das ist nicht gut, Helene, gar nicht gut«, sagte Skarabäus Lampe, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und zündete sich die Spezialzigarette an.

Der Ausbruch der Arbeiterkrankheit war vor allem der mangelnden Hygiene in den Arbeiterquartieren geschuldet. Die Kanalisation in diesem Teil der Stadt war uralt, und in den engen Wohnungen drängten sich oft ganze Großfamilien auf engstem Raum zusammen. Die Krankheit brach dort immer mal wieder aus, vor allem in der kalten Jahreszeit, aber weil sie in der Regel nicht sehr schwer verlief und daher nur wenige Tote forderte, konnten die Stadtoberen das Problem bisher immer aussitzen. Sie wussten ganz genau, dass die Instandsetzung des Viertels ein Unterfangen von Jahren, vielleicht sogar Jahrzehnten war.

Die Gegend im Nordwesten war einst der alte Kern von Überstadt gewesen; die Enge, die Kanalisation, die schlechten Lebensbedingungen waren gewissermaßen im Lauf der Zeit organisch gewachsen. Im Grunde hätte das ganze Viertel geräumt, abgerissen und neu wieder aufgebaut werden müssen.

Aber weil Überstadt nur nach Südosten - hin zum Fluss ohne Namen und weg vom Elend der Arbeiterquartiere - gewachsen war, wurde das Viertel vom Herzen der Stadt immer mehr zu ihrem ungeliebten Stiefkind, vom Zentrum zum Rand der Gesellschaft. Auch wegen dieser geografischen Marginalisierung fiel es dem Magistrat nicht schwer, immer wieder anderen Bauprojekten den Vorzug zu geben.

Doch der aktuelle Krankheitsausbruch war wegen der fortschreitenden Verelendung des Viertels schlimm verlaufen, schlimmer als die bisherigen. Im Hospital der Kundigen Frauen arbeitete man an der Kapazitätsgrenze, und es hatte weit mehr Todesfälle als sonst gegeben. Das Viertel erhielt daher in allen Gesellschaftsschichten mehr Aufmerksamkeit als gewöhnlich. Für einen kurzen Moment richtete sich die Aufmerksamkeit aller auf die unhaltbaren Lebensbedingungen dort, denn auch viele besser gestellte Einwohner Überstadts zeigten zunächst Solidarität mit den Anliegen der ärmeren Bevölkerung.

Für einen kurzen Moment sah es so aus, als würde sich nun tatsächlich etwas ändern.

Doch der Moment verstrich, als die Magistratur ankündigte, das Hauptportal des Nationalmuseums neu gestalten zu lassen. Das Mitgefühl der Privilegierten kippte in Lokalpatriotismus und Kultureuphorie, und die von Tod und Elend bedrohten Arbeiter waren wieder allein. Ohnehin immer nur einen Arbeitsunfall vom Reißen des Geduldsfadens entfernt, zog das versammlungsfreudige Proletariat seitdem in wütenden Gruppen durch die Stadt. Kein Tag verging ohne Kundgebungen, Straßenblockaden und Fackelumzüge, die zumeist vor dem Regierungspalast oder dem Museum mit wütenden Sprechchören endeten. Weder Verhandlungen noch massiver Polizeieinsatz konnte den Aufruhr besänftigen, der wie eine Petroleumlache durch die Stadt floss. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein brennendes Streichholz hineinfiel und die zivilen Proteste in Gewalt umschlugen.

»Stadtrat Arson ist ein Dummkopf«,...
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