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Baronica

Die Stadt der Verlorenen Seelen
Hybrid Verlagerschienen am01.07.2023
Die exotische Reisegesellschaft - allen voran Samuel, Lady Yock und der Alchimist Golepp - hat die Tore des alten Baronica erreicht. Zur großen Verwunderung liegt die alte Hauptstadt nicht in Trümmern, sondern beherbergt nun neue Bewohner und präsentiert sich als gepflegte grün-weiß-gelbe Stadt mit sehr viel Stahl und etwas Blau. Doch nicht alles ist, wie es scheint. Alte Figuren spielen falsch und neue tauchen auf. Es entbrennt der finale Kampf um die Baronica.

Jon erblickte in den 70er Jahren das Licht der bis heute nicht weniger seltsam und fremd erscheinenden Welt. Auch wenn er sich der Gegenwart wohl bewusst ist, hängt immer noch ein verträumter Teil von ihm in den mittleren 80ern fest und weigert sich standhaft, erwachsen zu werden. Für ihn ist es wichtig, dass die Geschichte erzählt wird. Von wem, und wer hinter diesem Jon steckt, spielt dafür keine Rolle.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR28,90
BuchKartoniert, Paperback
EUR21,90

Produkt

KlappentextDie exotische Reisegesellschaft - allen voran Samuel, Lady Yock und der Alchimist Golepp - hat die Tore des alten Baronica erreicht. Zur großen Verwunderung liegt die alte Hauptstadt nicht in Trümmern, sondern beherbergt nun neue Bewohner und präsentiert sich als gepflegte grün-weiß-gelbe Stadt mit sehr viel Stahl und etwas Blau. Doch nicht alles ist, wie es scheint. Alte Figuren spielen falsch und neue tauchen auf. Es entbrennt der finale Kampf um die Baronica.

Jon erblickte in den 70er Jahren das Licht der bis heute nicht weniger seltsam und fremd erscheinenden Welt. Auch wenn er sich der Gegenwart wohl bewusst ist, hängt immer noch ein verträumter Teil von ihm in den mittleren 80ern fest und weigert sich standhaft, erwachsen zu werden. Für ihn ist es wichtig, dass die Geschichte erzählt wird. Von wem, und wer hinter diesem Jon steckt, spielt dafür keine Rolle.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783967412376
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.07.2023
Seiten492 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4657
Artikel-Nr.12432895
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


81 - Erwachen

 

29ter Tag des Blütentau, 415 n.B.

 

Ich bin mir nicht sicher, ob sich meine verwirrten Gedanken nur unruhig im Schlaf wälzten oder es Teil jenes Prozesses war, den man gemeinhin als Aufwachen bezeichnet. Unaufhörlich zogen Bilder an mir vorüber, Bruchstücke von Erinnerungen, kaum greifbar, doch irgendwie gehörten sie alle zusammen.

Da war diese grünhaarige Frau aus meinem Volk. Gwenja, die Geächtete. Wenn ich der schwarze Fleck auf der weißen Weste meiner Zunft bin, war sie der kochend heiße Eimer Teer, der immer drohte das makellose Gewand in alles verschlingende Schwärze zu tauchen.

Dann wichen die Bilder langsam und machten Ein-Wort-Fragen Platz. Wie? Warum? Wie konnte es sein, dass sie hier war? Ausgerechnet hier? Warum hatte sie gerade diese Welt und diesen Ort für ihr Exil gewählt? Das konnte unmöglich sein! Wieder nur ein Trick? Eine Illusion? Entliehen aus meinen Erinnerungen, so wie der Slanderman, vor den Toren der Letzten Wacht?

Und was wäre, wenn sie wirklich echt ist, eine Sanktobin aus Fleisch und Blut? Unmöglich! Obwohl, so unmöglich war das gar nicht. Gwenja von Gaden ist eine Ausgestoßene. Sie unterwirft sich seit langer Zeit nicht mehr den Regeln des Rats und entzieht sich mindestens genauso lange schon seiner Kontrolle. Niemand wusste bisher, in welche Welt sie floh, man ist sich aber sicher, dass sie Hilfe dabeihatte. Also kann sie genauso gut hier gestrandet sein. Das eröffnete allerdings ganz neue Perspektiven. Ich war nicht der erste Beobachter in den Vergessenen Landen!

Als sie ausgestoßen wurde, studierte ich noch. Aber ihre Laufbahn als Beobachterin war ohnehin nur kurz, schon der zweite Auftrag brachte ihr sehr viel Ärger ein. Es hieß, sie wäre unfähig, sich zu fügen, Regeln zu befolgen. Doch sie wollte auch nicht das Leben einer Verwalterin führen oder gar Lektorin werden. Absolut nachvollziehbar, wenn man mich fragt.

 

***

 

Anmerkung des Obersten Lektors Juis

 

Ich weiß gar nicht, warum Sie immer auf diesem ehrenwerten Beruf herumhacken! Zu meiner Zeit haben sich die Studenten darum gerissen, in das Rats-Lektorat aufgenommen zu werden! Ich verbitte mir derart abfällige Bemerkungen! Keins Ihrer Bücher, werter Patrius, wäre auch nur annähernd in lesbarem Zustand herausgekommen, wenn ich es nicht vorher glattgebügelt hätte!

 

***

 

Langsam verschwammen meine Gedanken wieder, wurden undeutlich, kaum noch greifbar, bis sie erloschen. An ihre Stelle drängte sich ein leises, hämmerndes Geräusch. Nicht dominant, eher als würde jemand in der Ferne behutsam auf Metall schlagen. Nun kam es näher, wurde deutlicher und verstummte von einem Augenblick auf den anderen vollkommen, um zwei mechanischen Stimmen Platz zu machen.

»FAST WIEDER WIE NEU, SIEHST DU?«, sagte die eine, welche ich nicht erkannte.

»17-15 HÄTTE ES NICHT BESSER HINBEKOMMEN, WUNDERBAR!«

Das war Dreizehn. Diese Stimme würde ich aus Hunderten Mechanics heraushören.

»ACH JA, DER ALTE LOHRENS. EIN GUTER KOCH, ALS ER NOCH LEBTE, ABER WARUM MAN GERADE IHN IN DIE WERKSTATT GESTECKT HAT, WAR MIR NIE KLAR.«

Nun hörte ich, wie Schrauben festgezurrt wurden. Offenbar unterzog sich Dreizehn gerade einer Generalüberholung.

»WEIL DU PLÖTZLICH VERSCHWUNDEN WARST, GANZ EINFACH.«

»ACH RICHTIG, DA WAR JA WAS. WIE UNHÖFLICH VON MIR, MICH EINFACH ERLEUCHTEN ZU LASSEN.«

Er lachte blechern, aber es klang dennoch herzlich und freundlich. Währenddessen hatte ich bereits drei Versuche unternommen, die Augen aufzuschlagen. In beiden Welten gleichzeitig. Denn auch mein richtiger Körper, welcher sich immer noch im Occlusium befand, war durch Gwenjas überraschenden Auftritt eingeschlafen.

Natürlich griff die Kontrolleinheit nicht ein. Warum auch? Schließlich ging es mir gut. Alle Vitalwerte waren stabil, kein Anzeichen einer Gefahr, also auch kein Grund, mich aus der neunten Welt zurückzuholen. Ich schlief lediglich. Und das offenbar fast einen ganzen Tag lang. Denn als ich es endlich schaffte, die müden Lider zu heben, war es früher Vormittag.

Die Stimmen der beiden Mechanics schienen nun gar nicht mehr so deutlich zu sein wie zuvor. Sie gingen in einem Meer anderer Geräusche unter, verschmolzen zu einer Art dörflicher Klangidylle, in der aber einiges nicht ganz passte. Zum einen hörte man fast ausschließlich metallische Stimmen, bei herkömmlichen Dörfern eher ungewöhnlich. Darüber hinaus roch es nicht nach frisch gebackenem Brot, sondern nach einer Automobil-Werkstatt aus der ersten Welt.

Optisch dagegen tappte ich sprichwörtlich im Dunkeln. Erst langsam gewöhnten sich meine Augen an die spärlichen Lichtverhältnisse und offenbarten immer mehr Details. Ein größerer Raum. Über mir eine hohe, gewölbte Decke, hübsch verziert mit kindlichen Motiven. Ein Schmetterling hier, dort ein Samtwollschaf oder etwas, das diesen Tieren zumindest ähnlich sah. Weiter drüben kryptische Worte in der alten Sprache. Eindeutig, wir mussten uns noch im Inneren der Wilden Ebene befinden, denn so etwas würde man in den Vergessenen Landen ringsherum nicht mehr finden.

Unter der Decke besaß die sandig wirkende Mauer zwei halbrunde, große Löcher, durch die Licht, Geräusche und Gerüche nach innen drangen. Nicht viel, denn das meiste davon schluckte ein dicker Vorhang, ebenfalls mit kindlichen Motiven verziert.

Ich blickte nach links und sah, dass ich nicht allein in dem Raum war. Neben mir stand ein weiteres Bett, nicht weniger gemütlich als meins und ebenfalls belegt. Samuel. Er schlief, absolut geräuschlos. Wenn sich sein Brustkorb nicht hin und wieder gehoben hätte, wäre die Befürchtung in mir aufgekeimt, er sei tot. Gleich daneben ruhte die Lady und zu meiner Linken Golepp.

Auch er schlief, aber nicht geräuschlos. Jetzt wurde mir klar, dass das vermeintliche Schrauben gar nicht von draußen kam. Es war der Alchemist, der friedlich vor sich hin schnarchte. Ich schien der Erste aus unserer Gruppe zu sein, der sich aus dem Schlaf winden konnte. Sollte ich sie aufwecken? Oder warten, bis sie von selbst aus dem Land der Träume zurückkehrten?

Noch grübelnd, warum man uns schlafen gelegt und hierhergebracht hatte, drehte ich mich wieder zu Samuel um und erschrak. Zwischen seinem und meinem Bett glotzten mich plötzlich zwei große Augen an. Sie waren eingebettet in einen Kopf, überzogen mit blassblauer Haut, welche im abgedunkelten Raum fast grau erschien.

Mir wäre sicher das Herz stehen geblieben, würde mein Volk über ein solches Organ verfügen. Stattdessen wich ich wild strampelnd zurück, erreichte die Bettkante auf der anderen Seite und fiel rücklings herunter. Im letzten Augenblick bekam ich noch das über die Liegefläche gespannte Laken zu fassen und baumelte nun drei Handbreit über dem Fußboden. Grafda sah mich böse zwischen den Beinen des Betts hindurch an und legte den Finger auf seinen Mund, um mich nachdrücklich zu ermahnen, doch gefälligst leise zu sein. Moment mal, wie konnte er mich bitte schön sehen? Soweit ich weiß, war das aus der Gruppe nur Samuel und Dreizehn möglich. Wieso nun auch der Bergling?

Ich löste meinen Griff, der die Reste des Betts umklammert hielt, und ließ mich auf den Holzfußboden fallen. Er wirkte sauber, wie alles in dem Raum, etwas altbacken vielleicht, aber nicht abgeranzt. Übrigens eines meiner Lieblingswörter aus der ersten Welt, abgeranzt. Ähnlich gut wie verlebt oder verwohnt.

Grafda winkte mir, ich solle ihm folgen, aber gefälligst auf leisen Sohlen und zügig. Offenbar hatte er noch nicht vor, die anderen aufzuwecken. Ich sah ihn einen Moment lang misstrauisch an, dann übermannte mich die Neugier auf das, was sich außerhalb der Mauern dieses Zimmers befand und ich tat wie mir geheißen.

Er führte mich zu einer Tür, ganz am Ende des Raums, der einst so etwas wie ein Schulzimmer gewesen sein musste. Überall hingen Bilder von Tieren an den Wänden, manche fast originalgetreu gemalt, andere eher kindlich vereinfacht. Direkt über der Tür war das Zeichen der Baronic angebracht, der berühmte Yock-Kopf, fein säuberlich geschnitzt aus dunklem Holz und als einziges Element in diesem Raum nicht vom Staub der Jahrhunderte befreit. Wer immer hier putzte, war wohl kein großer Freund des alten Reichs.

Vorsichtig öffnete Grafda die schwere, weiß gestrichene Holztür und zog sie einen Spalt breit nach innen auf. Licht drang herein, nicht so viel, dass es ausgereicht hätte, den Raum zu erhellen, aber genug, um zu erkennen, dass alle anderen noch friedlich schlummerten. Dann wies er mich an, schnell durch den Spalt hinauszuschlüpfen, was ich sogleich tat, denn nun war die Neugier kaum noch zu ertragen.

Bin ich wirklich in der alten Stadt? Ist es uns tatsächlich gelungen, diese letzte Hürde zu überwinden, wortwörtlich im Schlaf? Was erwartet mich dort draußen? Und wohin hatte sich mein gesundes Misstrauen eigentlich verkrochen, welches mir gewöhnlich immer brav beiseitestand, um mich vor den größten Dummheiten zu bewahren? Vermutlich schlief es noch genauso fest wie meine Kameraden dort hinter mir. Wie sonst sollte diese Arglosigkeit erklärt werden? Andererseits, warum hätte ich denn misstrauisch sein sollen? Grafda hatte sich auf unserer Reise als vertrauenswürdig erwiesen, auch wenn es schwer war, mehr als zwei zusammenhängende Sätze aus ihm herauszubekommen. Er schien loyal und ließ keinen Zweifel daran, uns helfen zu wollen.

»Wo ist Gwenja?«, flüsterte ich ihm zu.

»Hat Stadt verlassen. Geheime Mission«, erklärte er auf seine übliche, ausufernde Art.

Ich sah ihn enttäuscht...
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