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Zwei Leben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
180 Seiten
Deutsch
Verlag Freies Geisteslebenerschienen am13.03.20241. Auflage
Freundschaft überlebt selbst den Tod Das Leben zweier Literaten erzählt von einem dritten, der ihr Freund war. Um die Lücke zu füllen, die Pia Pera und Rocco Carbone durch ihren frühen Tod in seinem Leben hinterlassen haben, erzählt Emanuele Trevi von ihnen. Von Rocco, dem ewig Unzufriedenen, und von Pia, der bezauberndGartenverliebten. Im Erzählen nehmen sie wieder Gestalt an, diese vielschichtigen und liebenswerten, zerbrechlichen und brillanten Menschen, die von den Stürmen und Freuden des Schaffens, von Erfolgen und Misserfolgen mitgerissen werden und mit ihren persönlichen Dämonen kämpfen. Emanuele Trevi schreibt mit großer Zuneigung und bedingungsloser Ehrlichkeit gegen das Vergessen an und schenkt uns damit eine Reflexion über das Erwachsenwerden, das Verstehen und Missverstehen, das Trauern - und eine einzigartige Ode an die Freundschaft.

Emanuele Trevi wurde 1964 in Rom geboren, wo er auch heute noch lebt und in den 1980er-Jahren die Freundschaft zu Pia Pera und Rocco Carbone begann. Er ist Schriftsteller - Autor von siebzehn Büchern - und Literaturkritiker, Mitarbeiter des Corriere della Sera und des Manifesto und hat zahlreiche Preise gewonnen, darunter den Premio Strega 2021 für ?Due Vite?. Er vermischt erfolgreich Roman und Essay, Biografie und Memoiren zu einem äußerst persönlichen Genre.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextFreundschaft überlebt selbst den Tod Das Leben zweier Literaten erzählt von einem dritten, der ihr Freund war. Um die Lücke zu füllen, die Pia Pera und Rocco Carbone durch ihren frühen Tod in seinem Leben hinterlassen haben, erzählt Emanuele Trevi von ihnen. Von Rocco, dem ewig Unzufriedenen, und von Pia, der bezauberndGartenverliebten. Im Erzählen nehmen sie wieder Gestalt an, diese vielschichtigen und liebenswerten, zerbrechlichen und brillanten Menschen, die von den Stürmen und Freuden des Schaffens, von Erfolgen und Misserfolgen mitgerissen werden und mit ihren persönlichen Dämonen kämpfen. Emanuele Trevi schreibt mit großer Zuneigung und bedingungsloser Ehrlichkeit gegen das Vergessen an und schenkt uns damit eine Reflexion über das Erwachsenwerden, das Verstehen und Missverstehen, das Trauern - und eine einzigartige Ode an die Freundschaft.

Emanuele Trevi wurde 1964 in Rom geboren, wo er auch heute noch lebt und in den 1980er-Jahren die Freundschaft zu Pia Pera und Rocco Carbone begann. Er ist Schriftsteller - Autor von siebzehn Büchern - und Literaturkritiker, Mitarbeiter des Corriere della Sera und des Manifesto und hat zahlreiche Preise gewonnen, darunter den Premio Strega 2021 für ?Due Vite?. Er vermischt erfolgreich Roman und Essay, Biografie und Memoiren zu einem äußerst persönlichen Genre.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783772545795
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum13.03.2024
Auflage1. Auflage
Seiten180 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3569 Kbytes
Artikel-Nr.14357697
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Geboren wurde er im Februar 1962 in Reggio Calabria, ausgerechnet in der schwierigen astrologischen Übergangsphase Wassermann und Fische. Den Großteil seiner Kindheit verbrachte er jedoch in Cosoleto, einem kleinen Dorf im Aspromonte mit einem harten, stolzen, verschlossenen Menschenschlag, der dazu neigt, Leben wie Tod mit heftiger Verbitterung zu begegnen. Die dortige Grundschullehrerin war seine Mutter, die ihn im Unterricht stets genauso behandelte wie die anderen Kinder, wenn nicht gar strenger - worunter er verständlicherweise litt. Sein Vater war lange Bürgermeister dieses kleinen Dorfes im Schatten der Berge, umgeben von uralten Wäldern und reißenden Bächen, die seit Jahrtausenden den Fels zerklüften. Über seinen Vater erzählte Rocco oft eine lang zurückliegende, befremdliche Anekdote. Im Sommer 1970 schaute dieser mit Rocco und dessen jüngerem Bruder Sandro (zusammen mit der Schwester waren es drei Kinder) das berühmte (und überschätzte) Halbfinale Italien gegen Deutschland bei der Fußball-WM in Mexiko. Ja genau, das, was mit 4:3 für uns ausging, mit fünf Toren in der Verlängerung und dem alles entscheidenden, beherzten Schuss von Gianni Rivera. Doch als die reguläre Spielzeit vorbei war und das Beste erst noch kommen sollte, ertrug der Vater die Anspannung nicht länger, so Rocco. Er machte den Fernseher aus und zwang sich sowie beide Söhne ins Bett zu gehen. Roccos Anekdoten waren alle so, Fragmente eines absurden Theaters, die er ausgrub, ohne es sich nehmen zu lassen, sie x-mal zu wiederholen - ganz so, als würden sie dadurch veredelt, bekämen eine prophetische Bedeutung oder groteske Schönheit. Und zwar solange, bis sich diese Erzählungen bei denjenigen, die sie zu hören bekamen, unauslöschlich ins Gedächtnis eingebrannt hatten.

Als ich Rocco im Winter 1983 kennenlernte, war er erst seit Kurzem in Rom. Er hatte sich für Literaturwissenschaften eingeschrieben und eine Art Stipendium für die Teilnahme an einem Dramaturgie-Seminar bei Eduardo De Filippo bekommen. Zwischen dem großen Schauspieler, der inzwischen am Ende seines Lebens angelangt war, und dem blutigen Anfänger herrschte eine spontane, unwiderrufliche Abneigung. Entgegen jeder Logik und ganz so, als hätten sie die Rollen und das damit einhergehende Urteilsvermögen getauscht, fand Rocco den altehrwürdigen Eduardo «arrogant». Damals wohnte er in einem Priesterkolleg bei den warmherzigen und toleranten Silvestrinern, die viele «von außerhalb» aufnahmen (und sie im Grunde machen ließen, was sie wollten), und zwar in einem uralten, baufälligen und labyrinthischen Gebäude in der Via Santo Stefano del Cacco, ungefähr auf halbem Weg zwischen Piazza della Pigna und Piazza della Minerva. Das war und ist bis heute einer dieser Orte in Rom, die von der Zeit überwuchert werden wie von einem Schimmelpilz: von etwas, das man mit Händen greifen kann und das einen ganz besonderen Geruch verströmt. Um Patrick Leigh Fermor zu zitieren, einen Schriftsteller, den Rocco sehr verehrt hat: «wunderbar verwirrend und labyrinthisch, wie mit Spinnweben überzogen». Links vom Eingang des Priesterkollegs befindet sich die Fassade der kleinen Kirche Santo Stefano Protomartire, eine der ältesten der Stadt, erbaut auf den Überresten eines Isis-Tempels. Hier sind seit jeher ägyptische Kulte und Bildnisse beheimatet: Auch der seltsame «Cacco», dem die Straße ihren Namen verdankt, ist von macaco oder macacco abgeleitet, wie eine zu Ehren des Gottes Thot errichtete Statue im Volksmund hieß. Dieser gilt als Erfinder der Schrift sowie als Schutzheiliger der Schreiber und wird mal mit einem Pavian-, mal mit einem Ibis-Kopf dargestellt. Auch wenn man sich in dieser Gegend nicht besonders gut auskennt, gibt es zu Anfang der kleinen Straße einen unverwechselbaren Anhaltspunkt: einen großen, in einer Sandale steckenden Marmorfuß, das Relikt einer gigantischen Statue von irgendeinem Kaiser, das eins zu eins einem Gemälde von De Chirico entsprungen sein könnte. Um zu Roccos Zimmer zu gelangen, musste man zuerst eine Art dunkle Wendeltreppe überwinden. Niemand kontrollierte, wer hier ein und aus ging. Neben den Silvestrinern und ihren jungen Gästen sollen in diesem in die Jahre gekommenen Gebäude unzählige Gespenster gehaust haben - keine, die Böses im Schilde führten, sondern höchstens die üblichen Streiche römischer Geister spielten. Roccos Zimmer, penibel aufgeräumt und im Ansatz schon so wie all seine späteren Wohnungen, bot einen spektakulären Blick auf das Häusermeer im Bauch von Rom. Die Kuppel des Pantheon und der Glockenturm von Sant´Ivo alla Sapienza standen sich gegenüber wie Raumschiffe zweier miteinander verfeindeter Planeten, bereit zum ultimativen Angriff. In diesem Teil des Zentrums, der vom riesigen Koloss des Collegio Romano dominiert wird, herrscht selbst an Sommerabenden, wenn Horden von Rumtreibern die Straßen erobern, eine uralte Stille, auch die Schatten wirken beständiger als anderswo - ganz so, als wären sie von der Feuchtigkeit unterirdischer Flüsse und Seen gesättigt. Ciccio Ingravallo, genannt Don Ciccio, der Held aus Carlo Emilio Gaddas Die grässliche Bescherung in der Via Merulana, hat genau da gearbeitet, auf dem Polizeikommissariat, das sich noch heute dort befindet und von der Rückseite des Palazzo Altieri überragt wird wie von einer hohen steilen Klippe. Romanfantasien und Realitätsaspekte können in gewissen Vierteln alter Städte miteinander verschwimmen und einander bedingen. Immer wenn ich Gaddas Meisterwerk lese, stelle ich mir Rocco als Ciccio Ingravallo vor - eine keineswegs willkürliche Assoziation. Er selbst hat sich in seinen frühen Romjahren, in denen er sich erst noch einleben musste, ganz unter dem Eindruck der Stadt vollkommen mit diesem literarischen Vorbild identifiziert. Schon ab der ersten Seite erkannte er sich in diesem «ärmlichen und hartnäckigen» (so Gadda) Kommissar wieder, aus einem glanzlosen Süditalien stammend, das so gar nichts Sonniges, geschweige denn Dionysisches hatte: ein trister sozialer und kultureller Hintergrund, von dem man nicht viel mehr mitnehmen konnte als Anstand und Würde sowie ein pessimistisches, desillusioniertes Menschenbild. Und da es ihn ausgerechnet dorthin verschlagen hatte, in die Via Santo Stefano del Cacco, wurde Gaddas Roman für Rocco zu mehr als nur einem bewunderten und gründlich erforschten Kunstwerk, sondern zu einer Art Trostschrift, zu einer Anleitung zum Widerstand gegen den hinterhältigen Druck, den Rom mit seiner offen zur Schau gestellten, angeblichen Unbeschwertheit auf Fremde ausübt. Ständig zitierte er ihn, entdeckte immer neue Details am mimetischen Genie Gadda: Die Verballhornung des Namens Ingravallo durch eine Nebenfigur zu «Ingarballo»* entzückte ihn. Von mittlerer Statur, die Haare dicht und gekraust, gekleidet, «wie eben das magere Beamtengehalt sich zu kleiden verstattete», war Ciccio Ingravallo die bescheidene, überzeugende Verkörperung einer durchaus glaubhaften Philosophie, die bekanntlich auf einer radikalen Reform des Ursachenbegriffs beruht. Denn auch wenn jedes Ereignis eine vordergründige oder «scheinbare» Ursache hat, muss man - vorausgesetzt man will ein wenig Licht in die finsteren Abgründe der Welt bringen - lernen, auch alle anderen miteinzubeziehen, die zum jeweiligen Ereignis hinführen («genau wie die sechzehn Winde der Windrose sich zur zyklonischen Depression einer Windhose verdichten»). Eine unter Umständen recht nützliche Schlussfolgerungsmethode für einen Polizisten und Krimihelden. Ich hingegen brauche nur den Begriff «Verbrechen» durch den Begriff «Schwermut» zu ersetzen, damit sich die Silhouette meines Freundes, das Trenchcoat-Revers gegen den Nachtwind hochgeschlagen und eine rasch verglühende Zigarette zwischen den Lippen, perfekt mit der von Gaddas Helden deckt und mit ihr verschwimmt.

Die Schwermut. Und ihre schrecklichen, miteinander verknäuelten gaddianischen Mitursachen. Von Roccos Leben zu erzählen, heißt unweigerlich auch von seiner Schwermut zu erzählen und zuzugeben, dass sie zu dem Päckchen gehört, das zu tragen den im Zeichen des Saturn Geborenen vorherbestimmt ist. Aber wie soll man das, worunter Rocco litt, beschreiben? Wollte man es genau benennen, müsste man letztlich einen neuen Begriff erfinden, so etwas wie «Rocchitis» oder «Rocchiasis». Aber wozu? Je näher man einem Menschen kommt, desto mehr erinnert er an ein impressionistisches Gemälde oder an eine Mauer, bei der im Lauf der Zeit und aufgrund der Witterung der Putz abgeplatzt ist: Irgendwann ist da nur noch ein Wirrwarr aus bedeutungslosen Flecken, Klumpen, unergründlichen Spuren. Entfernt man sich hingegen, ähnelt derselbe Mensch nach und nach unzähligen anderen. Das Einzige, worauf es bei solchen literarischen Porträts ankommt, ist, die richtige Distanz zu finden, sprich einen unverwechselbaren Stil....
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Autor

Emanuele Trevi wurde 1964 in Rom geboren, wo er auch heute noch lebt und in den 1980er-Jahren die Freundschaft zu Pia Pera und Rocco Carbone begann. Er ist Schriftsteller - Autor von siebzehn Büchern - und Literaturkritiker, Mitarbeiter des Corriere della Sera und des Manifesto und hat zahlreiche Preise gewonnen, darunter den Premio Strega 2021 für >Due Vite