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Die Frau mit dem roten Herzen

Oberinspektor Chens zweiter Fall
BuchGebunden
384 Seiten
Deutsch
Zsolnay-Verlagerschienen am09.08.2004
Kommissar Chens zweiter Fall: Zusammen mit einer attraktiven amerikanischen Kollegin ist der dichtende chinesische Kommissar einem Triadenmord und einer verschwundenen schwangeren Frau auf der Spur. Welches Schicksal hatte diese junge Frau, die während der Kulturrevolution zur Umerziehung aufs Land geschickt wurde?Das Rätsel um die männliche Leiche im weißen Seidenpyjama und die verschollene frühere Rotgardistin, deren Mann in New York als Kronzeuge vor Gericht steht, entführt den Leser von Qius Roman in die spannungsgeladene Welt des neuen China. Ein Muss für alle Krimi-Fans, denn "mit Qiu Xiaolong beginnt die moderne chinesische Kriminalliteratur".mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextKommissar Chens zweiter Fall: Zusammen mit einer attraktiven amerikanischen Kollegin ist der dichtende chinesische Kommissar einem Triadenmord und einer verschwundenen schwangeren Frau auf der Spur. Welches Schicksal hatte diese junge Frau, die während der Kulturrevolution zur Umerziehung aufs Land geschickt wurde?Das Rätsel um die männliche Leiche im weißen Seidenpyjama und die verschollene frühere Rotgardistin, deren Mann in New York als Kronzeuge vor Gericht steht, entführt den Leser von Qius Roman in die spannungsgeladene Welt des neuen China. Ein Muss für alle Krimi-Fans, denn "mit Qiu Xiaolong beginnt die moderne chinesische Kriminalliteratur".
Zusatztext"Die Stärke des Autors Qiu Xiaolong liegt in seiner Kunst, westlichen Lesern beiläufig und mit hartem Realismus Einblicke in eine fremde Kultur zu geben." Der Spiegel, 16.08.04

"Eine hochspannende, fein verwobene Krimigeschichte." Stern, 30.09.04

"East meets West: Der raffinierte Plot lässt uns das moderne China mit den kritischen Augen einer Amerikanerin sehen." Stuttgarter Nachrichten, 09.10.04

"Chen, der gebildete, zum Grübeln neigende Edelpolizist, hat sich als Sympathieträger und vertrauenerweckender Führer durch das Chaos der chinesischen Auf- und Umbruchsgesellschaft etabliert. ... Mitten in der Betriebsamkeit, die von den Gesetzen des Genres diktiert wird, erzwingt Qiu, Kriminalschriftsteller zwischen zwei Welten, immer wieder die Ruhe eines poetischen Moments. Schon das macht seine Romane lesenswert." Kristina Maidt-Zinke, Süddeutsche Zeitung, 12.10.04

"Qiu Xiaolong hat das Genre eindeutig bereichert mit seinem Shanghaier Kommissar Chen, der zwischen allen Fronten steht, und den Leser in eine Gesellschaft einführt, die dem Westen ziemlich fremd ist. ... Xiaolongs Romane wollen ein Sittengemälde des heutigen Chinas zeichnen." Johannes Kaiser, Deutschlandfunk, 31.01.05
Details
ISBN/GTIN978-3-552-05319-9
ProduktartBuch
EinbandartGebunden
FormatPappband
Erscheinungsjahr2004
Erscheinungsdatum09.08.2004
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
MasseBreite 139 mm, Höhe 218 mm, Dicke 34 mm
Gewicht568 g
Artikel-Nr.10578198
Rubriken

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Oberinspektor Chen Cao von der Shanghaier Polizei ging wieder einmal durch den Morgennebel Richtung Bund-Park. Obwohl die Anlage mit ihren sieben Hektar eher klein war, machte ihre Lage am Nordende des Bund sie zu einem der beliebtesten Orte Shanghais. Der Vordereingang lag unmittelbar gegenüber dem Hotel Peace, der Hintereingang ging auf die Waibaidu-Brücke hinaus, deren Name sich seit ihrem Bau zu Kolonialzeiten nicht geändert hatte und so viel bedeutete wie: Übergang für weiße Ausländer. Der Park war außerdem berühmt für seine vielfarbig gepflasterte Promenade, die sich in elegantem Bogen entlang der schimmernden Wasserfläche am Zusammenfluß des Huangpu mit dem Suzhou Creek spannte. Vor dem Hintergrund des fernen Wusongkou konnte man von dort aus den Schiffsverkehr vom und zum Ostchinesischen Meer beobachten. Die Wächterin am Haupteingang, die grauhaarige Frau Zhu mit der roten Armbinde, nickte Chen an diesem Aprilmorgen gähnend zu, während er eine grüne Plastikmarke in das dafür vorgesehene Kästchen warf. Viele der Parkaufseher kannten ihn gut. An diesem Morgen war er unter den ersten Frühaufstehern, die den Park besuchten. Er ging zu dem von Pappeln und Weiden gesäumten Rondell in der Mitte des Parks. Der weiße, europäische Pavillon mit seiner ausladenden Veranda hob sich vorteilhaft von den frisch gestrichenen grünen Bänken ab. Die Tautropfen, die noch an den Blättern hingen, glitzerten im ersten Morgenlicht wie Myriaden blanker Augen. Chens Vorliebe für den Park hatte unter anderem mit Erinnerungen an seine Kindheit zu tun. Bereits in der Grundschule hatte man ihm die Geschichte dieses Parks beigebracht. In seinem damaligen Lehrbuch stand, daß der Park um die Jahrhundertwende nur für Westler geöffnet gewesen sei. Damals gab es ein Schild mit der Aufschrift: Für Chinesen und Hunde verboten, und ein Sikh mit rotem Turban versperrte den Zutritt. Nach 1949 galt dies der kommunistischen Regierung als Paradebeispiel für das Auftreten der westlichen Mächte im vorrevolutionären China, das regelmäßig im Rahmen der patriotischen Erziehung angeführt wurde. War es tatsächlich so gewesen? Dies zweifelsfrei festzustellen war heute kaum mehr möglich, denn die Grenze zwischen Realität und Fiktion wurde von den jeweils Mächtigen in deren Sinne konstruiert und dekonstruiert. Er stieg die Treppe zur Promenade hinauf und sog die frische Seeluft ein. Sturmvögel glitten über die Wellen; ihre Flügel schimmerten im grauen Licht, als flögen sie aus einem halbvergessenen Traum herüber. Die Trennlinie zwischen dem Fluß und dem einmündenden Suzhou Creek wurde sichtbar. Doch Oberinspektor Chen mochte diesen Park nicht nur wegen seiner Schönheit oder seiner Geschichte; auch persönliche Erinnerungen waren damit verknüpft. In den frühen siebziger Jahren, als er als Schulabgänger auf die Zuweisung eines Studien- oder Ausbildungsplatzes wartete, war er regelmäßig zum Tai-Chi hierhergekommen. An einem nebligen Morgen zwei oder drei Monate später hatte er, nach einem weiteren halbherzigen Versuch, die uralten Bewegungsabläufe einzuüben, auf einer Bank ein abgegriffenes Englischlehrbuch entdeckt. Wie es dort hingekommen war, blieb rätselhaft. Manchmal legten Leute alte Zeitungen oder Illustrierte auf die Sitze, um sich gegen Nässe zu schützen, niemals jedoch ein Lehrbuch. Mehrere Wochen lang brachte er das Buch immer wieder in den Park mit, in der Hoffnung, jemand vermisse es. Doch nichts geschah. Dann, als eine besonders komplizierte Bewegungsfolge ihn schier zur Verzweiflung brachte, öffnete er das Buch willkürlich und begann zu lesen. Von da an kam er nicht mehr zum Tai-Chi, sondern zum Englischlernen in den Park. Seine Mutter war über diese Veränderung besorgt gewesen. Es zeugte nicht von guter politischer Gesinnung, Bücher zu lesen, die nicht Worte des Vorsitzenden Mao oder so ähnlich hießen. Sein Vater, ein neokonfuzianischer Gelehrter, war dagegen der Ansicht gewesen, daß das Lernen im Park ihm förderlich sein könnte. Er berief sich dabei auf die ehrwürdige Theorie von den Fünf Elementen ? wuxing. Chen, so hatte er diagnostiziert, mangle es am Element Wasser, und so könne der Aufenthalt am Wasser ihm nur guttun. Als Chen sich Jahre später über diesen Aspekt der Theorie informieren wollte, konnte er nirgends etwas darüber finden. Vielleicht war sie ausschließlich zu seinem Nutzen entwickelt worden. Diese Morgenstunden im Park brachten ihn durch die Jahre der Kulturrevolution. 1977 ging er ans Pekinger Fremdspracheninstitut, nachdem er in der neu eingeführten, zentralen Aufnahmeprüfung Bestnoten in Englisch erzielt hatte. Vier Jahre später landete er dann durch eine weitere Folge von Zufällen bei der Shanghaier Polizei. Im Rückblick erschien Chens Leben wie ein ironisches Durcheinander aus fehlgeleitetem yin und yang, fehlgeleitet wie jenes Buch im Park oder wie die verlorenen Jahre seiner Jugend. Eines führte zum anderen und dieses zum nächsten, bis das Endergebnis kaum noch zu erkennen war. Eine solche Kette von Kausalitäten war sicherlich komplexer, als westliche Krimiautoren, von denen er in seiner Freizeit einige übersetzt hatte, das zugestehen würden. Durch die kühle Aprilbrise klang die Melodie der großen Uhr von der Shanghaier Zollverwaltung herüber. Halb sieben. Während der Kulturrevolution hatte sie ein anderes Lied gespielt: »Der Osten ist rot.« Die Zeit verrann wie Wasser. In den frühen neunziger Jahren, unter Deng Xiaopings Reformpolitik, hatte Shanghai sich dramatisch verändert. In der Zhongshan Lu, einer langen Straßenflucht mit imposanten Bauwerken, die zu Beginn des Jahrhunderts angesehene westliche Unternehmen beherbergt hatten und nach 1950 von der kommunistischen Partei und ihren Institutionen bezogen worden waren, versuchte man nun erneut, westliche Firmen anzusiedeln und den Status des Bund als Wall Street Chinas wiederzubeleben. Auch der Bund-Park hatte sich verändert, und Chen war mit einigen dieser Neuerungen gar nicht einverstanden. So ragte zum Beispiel neben ihm ein postmoderner Pavillon aus Beton auf, der wie ein Ungeheuer im grauen Morgenlicht lauerte. Und er, Chen, hatte sich von einem bettelarmen Studenten in einem prominenten Polizei-Oberinspektor verwandelt. Trotzdem war es noch immer sein Park. Auch bei starker Arbeitsbelastung kam er mindestens ein- bis zweimal die Woche hierher. Es war nicht weit vom Büro, ein Fußweg von höchstens fünfzehn Minuten. Ganz in seiner Nähe übte ein Mann in mittlerem Alter Tai-Chi. Er führte ein Folge von Figuren aus: den Schwanz des Vogels erhaschen, der weiße Kranich breitet die Schwingen, das wilde Pferd teilt die Mähne ? Oberinspektor Chen überlegte, was aus ihm wohl geworden wäre, wenn er weiter Tai-Chi geübt hätte. Vielleicht wäre er heute einer dieser Enthusiasten, die nur noch in passender weißer Seidenkleidung ihre Übungen machten: Sie trugen Hemden mit weiten Ärmeln und roten, geflochtenen Knöpfen und immer einen friedfertigen Ausdruck im Gesicht. Diesen Mann hier kannte Chen; er arbeitete als Buchhalter in einem nahezu bankrotten Staatsbetrieb, doch augenblicklich war er ein Meister, der sich in perfekter Harmonie mit dem qi des Universums bewegtmehr