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Einfach nur Paul

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Arena Verlag GmbHerschienen am14.10.2022
Ein bewegender Coming-of-Age-Roman über Sehnsüchte, Identität und Toleranz. Und die großen Fragen des Heranwachsens: wer bin ich und was sehen die andern in mir? In Pauls Leben läuft alles schief: Er liebt ein Mädchen, das er nicht bekommen kann, ist Frontmann einer Band, in der alle besser singen als er selbst und jedes Gespräch mit seinem Vater endet in einer Brüllorgie. Als er dann auch noch erfährt, dass er nicht der biologische Sohn seiner Eltern ist, scheint das Leben am Höhepunkt von 'kompliziert' angekommen. Allerdings ahnt er da noch nicht, was die Suche nach seiner Mutter aufdecken wird ... und dass die Erfüllung seiner Sehnsucht nicht der einzige Weg zum Glück ist. Die preisgekrönte Autorin Tania Witte schreibt authentisch und ehrlich mit viel Einfühlungsvermögen und Humor über die wichtigste Frage im Leben: wer bin ich? Weitere Titel von Tania Witte im Arena Verlag: • Marilu • Die Stille zwischen den Sekunden

Tania Witte ist Schriftstellerin, Journalistin und Spoken-Word-Performerin. Sie lebt und schreibt hauptsächlich in Berlin und am liebsten in Den Haag (NL). Neben diversen (inter)nationalen Stipendien erhielt sie 2016 den Felix-Rexhausen-Sonderpreis für ihre journalistische Arbeit, 2017 den Martha-Saalfeld-Förderpreis für Literatur sowie 2019 den Mannheimer Feuergriffel für 'Marilu'. Im selben Jahr wurde ihre Arbeit mit einem Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds gefördert. 'Die Stille zwischen den Sekunden' erhielt das KIMI-Siegel für Vielfalt im Jugendbuch. www.taniawitte.de
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR15,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextEin bewegender Coming-of-Age-Roman über Sehnsüchte, Identität und Toleranz. Und die großen Fragen des Heranwachsens: wer bin ich und was sehen die andern in mir? In Pauls Leben läuft alles schief: Er liebt ein Mädchen, das er nicht bekommen kann, ist Frontmann einer Band, in der alle besser singen als er selbst und jedes Gespräch mit seinem Vater endet in einer Brüllorgie. Als er dann auch noch erfährt, dass er nicht der biologische Sohn seiner Eltern ist, scheint das Leben am Höhepunkt von 'kompliziert' angekommen. Allerdings ahnt er da noch nicht, was die Suche nach seiner Mutter aufdecken wird ... und dass die Erfüllung seiner Sehnsucht nicht der einzige Weg zum Glück ist. Die preisgekrönte Autorin Tania Witte schreibt authentisch und ehrlich mit viel Einfühlungsvermögen und Humor über die wichtigste Frage im Leben: wer bin ich? Weitere Titel von Tania Witte im Arena Verlag: • Marilu • Die Stille zwischen den Sekunden

Tania Witte ist Schriftstellerin, Journalistin und Spoken-Word-Performerin. Sie lebt und schreibt hauptsächlich in Berlin und am liebsten in Den Haag (NL). Neben diversen (inter)nationalen Stipendien erhielt sie 2016 den Felix-Rexhausen-Sonderpreis für ihre journalistische Arbeit, 2017 den Martha-Saalfeld-Förderpreis für Literatur sowie 2019 den Mannheimer Feuergriffel für 'Marilu'. Im selben Jahr wurde ihre Arbeit mit einem Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds gefördert. 'Die Stille zwischen den Sekunden' erhielt das KIMI-Siegel für Vielfalt im Jugendbuch. www.taniawitte.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783401810287
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum14.10.2022
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3329 Kbytes
Artikel-Nr.9219577
Rubriken
Genre9200
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Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Normalerweise gönnte ich mir nach der Bandprobe einen Umweg, um runterzukommen und meine Gefühle zu sortieren. Aber ich war schon später dran als sonst, die Probe hatte länger gedauert, wie so oft in den letzten Wochen. Und diesmal hatte es nicht an Amiras Perfektionismus gelegen, sondern an Julian. Je näher der Bandcontest rückte, desto pedantischer wurde er. Würde man gar nicht vermuten, wenn man ihn sah, er wirkte eher verträumt mit seinem schulterlangen roten Haar und den großen braunen Welpenaugen, aber er war wahnsinnig gewissenhaft. Er hatte uns bei unserem allerersten Auftritt gesehen und entschieden, uns »groß rauszubringen«. Obwohl er zwei Jahre älter war als wir und schon vorletztes Jahr Abi gemacht hatte, richtete er seine gesamte Energie auf unseren Erfolg.

Beziehungsweise: Amiras Erfolg.

Weil er, davon war ich absolut überzeugt, rettungslos in sie verknallt war. Weshalb ich ihn genauso scheiße fand wie er mich.

Am Anfang hatte er sogar versucht, mich rauzuschmeißen, aber zu seinem Pech waren Amira, Skyler und Marie zu hundert Prozent Team Paul. Wir waren nicht nur eine Band, wir waren Freunde.

Was es noch komplizierter machte, dass ich die Musik, die wir spielten, eher langweilig fand. Weshalb ich es ihnen nie erzählt hatte ⦠Sie waren meine Leute und für seine Leute tat man eben auch Dinge, die man selbst nicht so prickelnd fand. Vielleicht nicht drei Jahre lang, aber â¦

Verdammt.

Wie sollte ich diesen Knoten in meinem Kopf auflösen?

Gleich würde ich vor der Haustür stehen, und sobald ich die aufschloss, würde es vorbei sein mit ruhigem Denken. Es war schon fast vier, und ich musste noch Schulkram machen, bevor ich mich mit Skyler treffen würde. Die Zeit und ich, wir hatten eine komplizierte Beziehung. Wie irgendwie alle und ich. Oder ich und alle.

Wider besseres Wissen bog ich nach links ab und erlaubte mir eine Extrarunde um die Kirche. Als würden die zusätzlichen Minuten etwas daran ändern, dass Julian nervte.

Und zwar seit dem Tag, an dem Amira ihn angeschleppt und vorgeschlagen hatte, dass er uns managen würde. Julian hatte sie auf eine dermaßen verstrahlte Art angesehen; meine Alarmsysteme hatten sofort zu schrillen begonnen. Bevor ich fragen konnte, wozu eine Schulband einen Manager brauchte, und wenn, warum ausgerechnet diesen, hatte Skyler bereits genickt und Marie bejahend den Kopf schief gelegt. Und ich war überstimmt gewesen, ehe ich überhaupt den Mund aufgemacht hatte.

Seitdem war er Teil der Band.

Ich wich einem Hundehaufen aus, exakt als ich zum x-ten Mal »Scheiße« dachte - als wollte das Universum mir recht geben.

Julian war schrecklich, aber eben nicht nur. Ja, er war pedantisch und piesackte mich seit der Sache mit den Gesangsstunden bei jeder Gelegenheit. Aber diese Management-Nummer machte er, leider, richtig gut. Zu seiner Schulzeit musste er der absolute Liebling des gesamten Lehrpersonals gewesen sein - er hatte immer noch so gute Kontakte, dass wir im Theaterraum der Schule proben durften. Außerdem hatte er es geschafft, uns schon drei Monate nach unserer Gründung regelmäßige Gigs zu verschaffen, auf Festen oder in kleinen Pubs, die es in Berlin an jeder Ecke gab. Geld sahen wir dafür nie.

»So läuft das am Anfang«, behauptete er und Amira nickte bestätigend.

Also spielten wir jeden Gig, der uns angeboten wurde, und wurden besser und besser. Ja, selbst ich.

Letztes Jahr hatte Julian sogar eine Journalistin vom Tagesspiegel dazu gebracht, Amira zu interviewen und eines unserer Konzerte zu besuchen, das erste größere, auf einem Stadtfest in Friedrichshain. Auftritte, Presse, die ersten Fans - in Riesenschritten kamen wir Amiras großem Traum näher: Going Under sollte die nächste Schülerband sein, die es schaffte. Wie Tokio Hotel, wie AnnenMayKantereit, wie Måneskin.

Mittlerweile konnte selbst ich mir das vorstellen. Nur eben ⦠ohne mich. Seufzend bog ich nun doch in unsere Straße ein, schüttelte die Gedanken an Julian und meine Zweifel ab und stapfte in den vierten Stock.

Zu Hause duftete es intensiv nach Frühlingsblumen und aus der Küche drang Gelächter. Zweistimmig, meine Mutter und meine Schwester Linn. Ich kickte die Schuhe von den Füßen und lauschte, aber mein Vater schien unterwegs zu sein. Die Freude, die mich überkam, erschreckte mich, aber ich hatte keine Lust auf die nächste Denkspirale, also erlaubte ich mir, bei der Aussicht auf ein paar dramafreie Stunden erleichtert zu sein. Duschen, beschloss ich, essen, Hausaufgaben und gegen Abend mit Skyler in Neukölln zwei potenzielle Locations checken, an denen, laut Julian, alle wichtigen Influencer abhingen. Ich stellte meinen Rucksack auf den Stuhl neben der Tür und lief durch den Flur zur Küche. Linn lungerte auf der Sitzbank, unsere Mutter auf einem Stuhl. Beide hatten die Ellbogen auf den Küchentisch gestützt und beugten sich einträchtig über ein bunt bedrucktes Blatt Papier.

Erst als ich mich räusperte, bemerkte mich Linn.

»Da bist du ja!«, freute sie sich. »Mama muss weg, aber ich brauch Hilfe.«

»Wer braucht die nicht?«, erwiderte ich, woraufhin sie die Augen verdrehte, so übertrieben dramatisch, wie es, meiner Erfahrung nach, nur vierzehnjährige Mädchen können.

»Boah, du mit deinem Weltschmerzgetue. Komm, setz dich, voll spannend, das hier.«

Meine Mutter grinste. »Da hat sie recht. So spannend, das könnte dir den Tag retten.« Sie schob ihren Stuhl zurück und drückte mir einen Kuss auf die Wange, was sie durfte, weil sie halt ⦠meine Mutter war. »Also ideales Timing, mein Großer. Wie war die Probe?« Ein prüfender Blick in meine Augen, dann einer auf die Uhr, ein Kieksen und schon schlüpfte sie an mir vorbei in den Flur. »Erzähl s mir später, ja? Ich muss los. Hab ein Meeting mit unserer Arbeitsgruppe und wir -«

Der Rest war dumpfes Nuscheln, als sie sich einen Pulli über den Kopf streifte. Dann, wieder deutlich: »Bis nachher!«, und die zufallende Tür.

Ich drehte den Wasserhahn auf, damit das Wasser sich kaltlaufen konnte, und nahm ein Glas aus dem Schrank. Erst als Linn empört »Hallo! Schon mal was von Wassersparen gehört?« rief, schob ich das Glas unter den Strahl, ließ es volllaufen und stellte den Kran ab.

»Jede Fridays for Future-Demo mitnehmen, aber beim Zähneputzen das Wasser laufen lassen«, grummelte sie.

»Ich putz keine Zähne, ich trinke.«

»Schon klar.« Ohne aufzusehen, griff Linn mit Zeigefinger und Daumen den linken Bügel ihrer Brille und schob sie zurecht. Eine ungewohnte Geste, die mich auf seltsame Art berührte.

Dass ich nach diesem verkorksten Tag noch lächeln konnte, war ein Geschenk.

»Sorry, Keks, hast recht. Rutsch mal.«

Gehorsam glitt sie zur Seite, und ich ließ mich neben sie auf die Bank fallen. Der Frühlingsblumengeruch intensivierte sich. Meine Nase kribbelte. »Sag mal, benutzt du Parfüm?«

»Manchmal.«

Manchmal. Erst die Brille, jetzt das. Sie wirkte plötzlich so erwachsen, so selbstbewusst, dabei war sie zweieinhalb Jahre jünger als ich. Und während ich mit Nagellack und der Welt und mir haderte, schien sie sich nie infrage zu stellen. Ich wäre gern mehr wie Linn. Leicht frustriert studierte ich das aufgefaltete Papier, das sie vor sich auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Ein Beipackzettel.

»Okay, worum geht s?«

»Bio.« Sie strich eine Haarsträhne hinter die Ohren, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. Es war auf die gleiche Art widerspenstig wie das unserer Mutter. Glatt, aber widerspenstig. Die Strähne rutschte sofort wieder hervor, weshalb Linn sie routiniert um den Bügel ihrer Brille wickelte. »Ich muss ein Referat halten. Vererbungslehre. Mendel.«

Mendel? Tief, sehr tief hinten in meinem Gedächtnis, klingelte etwas. »Der mit den Blumen, oder?«

Linn hob anerkennend den Daumen. »Rot, weiß, rot gefleckt, falls du dich noch erinnerst.«

Vage.

»Jedenfalls dacht ich, ich mach ein Experiment, statt bloß dieses Blumenzeug zu erklären. Und hab Mama gefragt, ob sie mir Blutgruppentests kauft.«

Ich lachte leise. Nie im Leben würde sich unsere Mutter die Chance entgehen lassen, ihre Tochter zu unterstützen, wenn sie außerhalb der schulischen Schablonen denken wollte. Schließlich war das ihr Beruf. Dr. Charlotte Kranz arbeitete als Ingenieurin in ständig wechselnden hyper-innovativen Thinktanks - einer der zahlreichen Gründe, warum ich keinen Schimmer hatte, wie sie es als Zukunftsforscherin mit einem Mann wie meinem Vater aushielt, der sich - Historiker durch und durch - am liebsten in den Kellerarchiven aller möglichen Museen herumtrieb. Das wahre...
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Tania Witte ist Schriftstellerin, Journalistin und Spoken-Word-Performerin. Sie lebt und schreibt hauptsächlich in Berlin und am liebsten in Den Haag (NL). Neben diversen (inter)nationalen Stipendien erhielt sie 2016 den Felix-Rexhausen-Sonderpreis für ihre journalistische Arbeit, 2017 den Martha-Saalfeld-Förderpreis für Literatur sowie 2019 den Mannheimer Feuergriffel für "Marilu". Im selben Jahr wurde ihre Arbeit mit einem Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds gefördert. "Die Stille zwischen den Sekunden" erhielt das KIMI-Siegel für Vielfalt im Jugendbuch.taniawitte.de