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Janes Roman

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Eisele eBookserschienen am27.06.2024Auflage
Jane Cook ist Professorin für französische Literatur an einer renommierten Universität an der amerikanischen Ostküste. Eines Tages wird ihr ein Päckchen ohne Absender zugestellt. Darin findet sie ein Manuskript vor, das - detailreich und mit größtem Wissen um ihr Innerstes - Janes gesamtes bisheriges Leben beschreibt. Vor allem scheint der unbekannte Biograf auch genau über ihre Liebesbeziehungen Bescheid zu wissen. Je weiter Jane liest, desto beunruhigter ist sie: Wer um Himmels willen hat einen solchen Zugriff auf ihr Leben? Mit jedem neuen Kapitel verdächtigt Jane eine andere Person aus ihrem Umfeld, der Verfasser zu sein. Doch dieser kommt ihr nicht nur im Manuskript, sondern auch im wahren Leben immer näher...

CATHERINE CUSSET, 1963 in Paris geboren, studierte an der École Normale Supérieure. Von 1990 bis 2002 war sie Dozentin für Französische Literatur in Yale. Ihre Romane wurden in 18 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Mit ihrem Mann und ihrer Tochter lebte sie in New York, bis sie vor Kurzem wieder in ihre Heimatstadt Paris zurückzog. Nach Die Definition von Glück ist Janes Roman das zweite Buch der Autorin im Eisele Verlag.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextJane Cook ist Professorin für französische Literatur an einer renommierten Universität an der amerikanischen Ostküste. Eines Tages wird ihr ein Päckchen ohne Absender zugestellt. Darin findet sie ein Manuskript vor, das - detailreich und mit größtem Wissen um ihr Innerstes - Janes gesamtes bisheriges Leben beschreibt. Vor allem scheint der unbekannte Biograf auch genau über ihre Liebesbeziehungen Bescheid zu wissen. Je weiter Jane liest, desto beunruhigter ist sie: Wer um Himmels willen hat einen solchen Zugriff auf ihr Leben? Mit jedem neuen Kapitel verdächtigt Jane eine andere Person aus ihrem Umfeld, der Verfasser zu sein. Doch dieser kommt ihr nicht nur im Manuskript, sondern auch im wahren Leben immer näher...

CATHERINE CUSSET, 1963 in Paris geboren, studierte an der École Normale Supérieure. Von 1990 bis 2002 war sie Dozentin für Französische Literatur in Yale. Ihre Romane wurden in 18 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Mit ihrem Mann und ihrer Tochter lebte sie in New York, bis sie vor Kurzem wieder in ihre Heimatstadt Paris zurückzog. Nach Die Definition von Glück ist Janes Roman das zweite Buch der Autorin im Eisele Verlag.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783961611959
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum27.06.2024
AuflageAuflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse4343 Kbytes
Artikel-Nr.12753959
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2. Wie es Erics Art war

1»Manchmal ändert das Leben unsere Pläne.«

Elaine Brooks nahm ein Tempotaschentuch von ihrem Schreibtisch und hielt es Jane mit warmem Lächeln hin.

»Ich will Sie nicht beeinflussen. Lassen Sie sich eine Woche Zeit zum Nachdenken und um in Gedanken alle Möglichkeiten durchzuspielen. Sie sind dreißig Jahre alt. Es besteht immer ein gewisses Risiko, danach unfruchtbar zu werden. Soweit abzusehen ist, dürfte es keine Probleme geben, aber garantieren können wir Ihnen nichts. Es ist das erste Mal, nicht wahr?«

Jane nickte.

»Wissen Sie, was ich ganz persönlich darüber denke? Es ist eine ganz individuelle Entscheidung. Aber es gibt einen großen gesellschaftlichen Druck. Es gäbe auch die Möglichkeit der Adoption ...«

Jane schüttelte verneinend den Kopf. Die Gynäkologin nahm ihre Hand.

»Ein Baby ist etwas sehr Abstraktes für einen Mann, bevor er es nicht in den Armen gehalten hat. Aber ich kann Ihnen versichern, dass Sie seine Liebe nicht deshalb verlieren werden, weil Sie Ihr Baby behalten. Es ist gut möglich, dass er Ihnen eines Tages dankbar dafür sein wird.«

Wenn sie doch nur aufhören würde. Es war die reinste Folter.

»Noch einmal, es ist Ihre Entscheidung. Ich versuche nur, Ihnen zu helfen.«

Jane streckte sich aus, stellte die Füße auf die metallenen Stützen und spreizte die Schenkel. Die junge Frau führte das Spekulum ein.«

»Sie sind sehr verkrampft. Atmen Sie tief ein.«

Jane versuchte ruhig zu atmen. Ihr Körper verspannte sich.

»Atmen Sie.«

Jane öffnete den Mund. Sie erstickte halb vor Panik. Die Ärztin gab ihr die Hand, und sie klammerte sich daran fest. Sie war puterrot. Ihr Körper zuckte krampfhaft. Sie schrie. Schließlich kam sie wieder zu Atem.

»Möchten Sie ein Beruhigungsmittel? »

»Nein. Es tut mir leid, ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Bei mir ist mindestens schon zwanzigmal ein Abstrich gemacht worden, es ist lächerlich!«

»Sie haben einfach hyperventiliert. Bleiben Sie liegen, bis Sie sich besser fühlen.«

Zehn Minuten später trat Jane aus dem Betonbau, dem einzigen modernen Gebäude an der ganzen Green Street, die mit ihren sorgfältig gesprengten Rasenflächen zu beiden Seiten der Straße und dem üppigen, noch kaum verfärbten Laub der Bäume vor den großen säulengeschmückten Anwesen ihren Namen an diesem sonnigen Morgen Anfang Oktober wohlverdient hatte. Studenten in T-Shirt oder Hemd strebten ihren Seminarräumen zu. Die Vögel gaben ein Konzert. Jane bemerkte das Eichhörnchen nicht, das sich auf die Hinterpfoten aufrichtete, als sie näher kam, und unruhig die winzigen Augen hin und her huschen ließ, bevor es mit drei Sprüngen wieder in seinem Baum verschwand.

Gestern, als die Sprechstundenhilfe sie angerufen hatte, um ihr mitzuteilen, dass das Testergebnis positiv war, hatte sie einen Freudenschrei ausgestoßen. Unmöglich, sie nahm doch die Pille. Aber in jener Nacht vor drei Wochen hatte sie etwas so Seltsames und so Starkes gefühlt, eine solche Öffnung ihres tiefsten Inneren, dass sie anfing zu weinen. Er hatte sofort in der Bewegung innegehalten. »Tue ich dir weh?« - »O nein!« In dem Moment hatte sie empfangen. Sie war ganz sicher. In der ersten Nacht.

Gestern, nach fünf Minuten ekstatischen Glücks, war sie auf den Boden der Tatsachen zurückgefallen. Fast noch im selben Moment schenkte und entzog ihr das Leben wieder, was Jane sich, wie ihr in diesen fünf Minuten klar geworden war, mehr wünschte als alles andere auf der Welt.

Sie hatte die elfstellige Nummer gewählt. Er hatte sie seit seiner Abreise zweimal angerufen. Dies war das erste Mal, dass sie ihn anrief. In Deutschland war es zehn Uhr abends. Er hatte abgenommen.

»Hallo?«

»Ich bin´s, Jane.«

»Jane! Wie schön! Da liege ich auf meinem Bett, und schon ... es ist wie im Traum!«

Wie konnte er so überrascht sein? Jane dachte vierundzwanzig Stunden am Tag an ihn. Sobald das Telefon klingelte, rechnete sie mit seiner Stimme.

»Ich muss dir etwas sagen.«

»Was ist?«

»Ich bin schwanger.«

Stille.

»Bist du sicher?«

»Ich habe einen Bluttest machen lassen.«

»Aber sagtest du nicht, du nähmest die Pille?«

»So was kommt vor.«

Die Stille dauerte einige Sekunden lang an.

»Es tut mir leid. Ich wäre jetzt gern bei dir.« Und mit weniger zögerlicher Stimme hatte er hinzugefügt: »Natürlich werde ich alles bezahlen, was nicht übernommen wird. Können sie das im Medical Center in Devayne machen?«

»Das.« Gerade noch genug Zartgefühl, um das Wort nicht auszusprechen.

»Ich weiß nicht.«

»Wie spät ist es? Fünf nach vier? Hör mal, du sprichst mit deinem Arzt, und dann rufe ich dich wieder an. Nicht sofort, weil ich noch mit jemandem etwas trinken gehen muss, aber so in einer Stunde.«

Sie war aus ihrer Wohnung und bis zum Kino von Old Newport gelaufen, wo sie dem Kassierer zehn Dollar hingehalten hatte.

»Welcher Film? Sie haben alle schon angefangen.

»Egal.«

Als sie nach Hause gekommen war, hatte sie keine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Vielleicht hatte er versucht anzurufen und wusste dann nicht, was er ihr sagen sollte.

Das war letzte Nacht.

Sie war vor ihrem Haus angekommen. Langsam stieg sie die Stufen zur Eingangstür hinauf und öffnete. Zehn nach zehn. Sie hatte noch eine Stunde, um ihren Kurs vorzubereiten. Als sie am Schreibtisch in ihrem Zimmer saß, schlug sie Adolphe auf. Ihr schossen die Tränen in die Augen.

Sie begann den Unterricht mit der Aufforderung an die Studenten, die Diskussion der letzten Stunde zusammenzufassen. Ihr eifrigster Student, ein dicklicher, linkischer junger Mann mit Brillengläsern wie Lupen, der sich zum Lesen fast auf den Tisch legte, hob die Hand.

»Der Gedanke an den Tod«, sagte er in stark amerikanisch eingefärbtem Französisch, »ist in Adolphe ein Ursprung beständiger Qual.«

Jane schaute in den blauen Himmel und hörte dem Jungen, der inzwischen in seine Muttersprache zurückgefallen war, nur mit halbem Ohr zu.

»Der Held weiß nicht, wie er Elléonore sagen ...«

Jane korrigierte ihn rein mechanisch:

»Ellénore.«

Immer fügten die Studenten dieses »o« ein. Steve nickte als Entschuldigung.

»... wie er Ellénore sagen soll ...«

»Auf Französisch, bitte.«

»Äh, also ... il ne sait pas comment dire à Ellénore que la mort qu´il a pour elle est morte. Mais il ...«

Sie runzelte die Stirn.

»L´amour«, sagte sie dann mit Betonung auf der zweiten Silbe. »Nicht l´amor. Wenn du l´amor sagst, hört sich das an wie la mort, der Tod. Es besteht ein Unterschied zwischen der Liebe und dem Tod.«

Die Studenten lachten los.

»Ou«, sagte Jane. »Sprich mir nach: ou.«

»Ou.«

»O.«

»O.«

»L´amour. »

»L´amor. »

»L´amour! Hörst du das denn nicht? L´a-mour!«

»L´amor. »

»Du sagst immer noch la mort. Steve, du musst ins Sprachlabor gehen, wir verlieren hier mit dir nur unsere Zeit.«

Der Junge senkte die Augen. Die zwölf Studenten sahen Jane feindselig an. Nur weil sich l´amour und la mort für sie im Französischen genau gleich anhörte, musste man doch nicht ihren lerneifrigen Kommilitonen anfahren. Er war knallrot und sah aus, als würde er gleich losweinen. Doch es war Jane, die in Tränen ausbrach.

Jetzt waren die Studenten noch überraschter. Eine Dozentin, die vor dem versammelten Seminar weint, hatte es in Devayne noch nicht gegeben. Ein Mädchen fragte.

»Ist alles in Ordnung, Professor Cook?«

Jane drehte sich zur Wand. Niemand sagte ein Wort. Der dicke Student wagte nicht den Blick zu heben. Jane nahm ein Kleenex aus der Tasche und putzte sich die Nase, bevor sie sich wieder umdrehte.

»Entschuldigt bitte. Ich fühle mich nicht wohl. Wir machen für heute Schluss.«

Sie packten ihre Bücher und Hefte zusammen und erhoben sich mit mitfühlenden Mienen.

»Pflegen Sie sich, Professor Cook.«

Sie ging wie ein Automat vom neogotischen Kenneth-Whitman-Bau bis zu dem modernen Backsteingebäude des Fachbereichs hundert Meter weiter. Im dritten Stock hielt sie inne und fragte Dawn mit einem Daumenwinken in Richtung Tür zum Direktor:

»Ist er da?«

»Ja. Im Moment ist niemand bei ihm.«

Jane klopfte an.

»Herein!«

Sie öffnete. Norman Bronzino saß hinter seinem großen, mit Büchern und Papieren übersäten Schreibtisch und lächelte sie fröhlich an.

»Jane! Wie geht es dir?«

Sie hatten nur ein paar knappe Hallos ausgetauscht, seit sie ihm vor drei Wochen gesagt hatte, dass sie Zeit für sich allein brauche. Der Altersunterschied war zu groß, sie musste nachdenken. Norman war überzeugt, dass die Liebe nichts mit dem Alter zu tun hatte, war aber dennoch voller Verständnis gewesen. Auch ihm kam es zupass, wenn sie sich vorübergehend nicht sahen, wegen der bevorstehenden Scheidung und weil Beth womöglich einen Privatdetektiv engagiert hatte, um Beweise gegen ihn zu sammeln. Während der drei Wochen, die ihre Liaison gedauert hatte, war er sehr vorsichtig gewesen. Jane durfte ihn nicht anrufen, auch nicht im Büro; er hinterließ nie eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter und schlich sich abends nach dem Büro zu ihr wie ein...

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Autor

CATHERINE CUSSET, 1963 in Paris geboren, studierte an der École Normale Supérieure. Von 1990 bis 2002 war sie Dozentin für Französische Literatur in Yale. Ihre Romane wurden in 18 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Mit ihrem Mann und ihrer Tochter lebte sie in New York, bis sie vor Kurzem wieder in ihre Heimatstadt Paris zurückzog. Nach Die Definition von Glück ist Janes Roman das zweite Buch der Autorin im Eisele Verlag.
Weitere Artikel von
Meyer-Prien, Annette
Übersetzung