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Hüter der Erinnerung

von
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am01.12.20101. Auflage
»Stark und provokativ!« New York Times Jonas lebt in einer Welt ohne Not, Schmerz und Risiko. Alles ist perfekt organisiert, niemand muss sich über irgendetwas Sorgen machen, sogar die Berufe werden zugeteilt. Als Jonas Nachfolger des »Hüters der Erinnerung« werden soll, beginnt er eine Ausbildung beim alten Hüter. Und hier erfährt er, welch hohen Preis sie alle für dieses scheinbar problemlose Leben zu zahlen haben. Jonas' Bild von der Gesellschaft, in der er lebt, bekommt immer mehr Risse, bis ihm klar wird, dass er seinen kleinen Pflegebruder Gabriel diesem unmenschlichen System keinesfalls ausliefern möchte. Es bleibt ihm nur die Flucht - ein lebensgefährliches Unterfangen ...

Lois Lowry wurde 1937 in Honolulu, Hawaii, geboren. Sie hat u.a. in Pennsylvania und Japan gelebt und wohnt heute in Cambridge, Massachusetts. Lois Lowry ist verheiratet und hat mittlerweile vier erwachsene Kinder. Ihre Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit der Newbery Medal. Bekannt gemacht haben sie vor allem ihre spritzigen Alltagsgeschichten um das Mädchen Anastasia Krupnik, aber auch ihre psychologisch durchdachten und meisterhaft geschriebenen Jugendbücher, wie z.B. >Hüter der Erinnerung<.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

Klappentext»Stark und provokativ!« New York Times Jonas lebt in einer Welt ohne Not, Schmerz und Risiko. Alles ist perfekt organisiert, niemand muss sich über irgendetwas Sorgen machen, sogar die Berufe werden zugeteilt. Als Jonas Nachfolger des »Hüters der Erinnerung« werden soll, beginnt er eine Ausbildung beim alten Hüter. Und hier erfährt er, welch hohen Preis sie alle für dieses scheinbar problemlose Leben zu zahlen haben. Jonas' Bild von der Gesellschaft, in der er lebt, bekommt immer mehr Risse, bis ihm klar wird, dass er seinen kleinen Pflegebruder Gabriel diesem unmenschlichen System keinesfalls ausliefern möchte. Es bleibt ihm nur die Flucht - ein lebensgefährliches Unterfangen ...

Lois Lowry wurde 1937 in Honolulu, Hawaii, geboren. Sie hat u.a. in Pennsylvania und Japan gelebt und wohnt heute in Cambridge, Massachusetts. Lois Lowry ist verheiratet und hat mittlerweile vier erwachsene Kinder. Ihre Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit der Newbery Medal. Bekannt gemacht haben sie vor allem ihre spritzigen Alltagsgeschichten um das Mädchen Anastasia Krupnik, aber auch ihre psychologisch durchdachten und meisterhaft geschriebenen Jugendbücher, wie z.B. >Hüter der Erinnerung<.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423408486
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2010
Erscheinungsdatum01.12.2010
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1619 Kbytes
Artikel-Nr.1005771
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1


Der Dezember stand vor der Tür und Jonas bekam es allmählich mit der Angst zu tun. Nein, Angst war das falsche Wort, dachte Jonas. Angst war dieses tiefe, grässliche Gefühl, das einen überfiel, wenn man wusste, dass gleich etwas Schreckliches passieren würde. Angst hatte er damals verspürt, vor einem Jahr, als ein nicht identifiziertes Flugzeug zweimal über die Gemeinschaft geflogen war. Er hatte ihn beide Male gesehen, den schimmernden Düsenjet, fast nur ein Strich am Himmel, der unglaublich schnell vorwärtsschoss, und eine Sekunde später war das laute Dröhnen zu hören gewesen. Kurze Zeit danach dasselbe Flugzeug, dieses Mal aus der anderen Richtung.

Zuerst hatte er nur fasziniert nach oben geblickt. Noch nie hatte er ein Flugzeug aus dieser Nähe gesehen, denn es verstieß gegen die Regeln, dass Piloten so dicht über das Gebiet der Gemeinschaft flogen. Gelegentlich, wenn Transportflugzeuge Lebensmittel anlieferten und auf der Landepiste jenseits des Flusses landeten, fuhren die Kinder mit ihren Fahrrädern zum Ufer und verfolgten neugierig das Entladen und später den Start in Richtung Westen, stets von der Gemeinschaft weg.

Doch das Flugzeug letztes Jahr hatte anders ausgesehen. Es war kein untersetztes, dickbäuchiges Transportflugzeug, sondern ein vorne spitz zulaufender, einsitziger Düsenjet gewesen. Als Jonas sich verwundert umblickte, sah er die anderen - Erwachsene ebenso wie Kinder - reglos und verwirrt dastehen und auf eine Erklärung für das seltsame, ungewohnte Geschehen warten.

Wenig später wurden alle Bürger aufgefordert, sich sofort in das nächste erreichbare Gebäude zu begeben und sich nicht zu rühren. SOFORT, hatte die schnarrende Stimme aus den Lautsprechern gedröhnt. FAHRRÄDER STEHEN UND LIEGEN LASSEN.

Wie angeordnet hatte Jonas sein Rad auf dem Weg hinter dem Reihenhaus seiner Familie fallen lassen. Er war ins Haus gerannt und hatte gewartet, allein. Seine Eltern waren beide bei der Arbeit und Lily, seine kleine Schwester, war im Kinderzentrum, wo sie die Stunden nach dem Schulunterricht zubrachte.

Als er durch ein Fenster auf die Straße spähte, hatte er niemanden gesehen: keinen aus der fleißigen Nachmittagsschicht der Straßenreiniger, Landschaftspfleger oder Essensverteiler, die um diese Tageszeit normalerweise die Straßen bevölkerten. Er sah nur hie und da ein achtlos im Stich gelassenes und auf der Seite liegendes Fahrrad; eines der Räder drehte sich noch immer ganz langsam.

Damals hatte er Angst gehabt. Seine Gemeinschaft so unnatürlich ruhig und ohnmächtig warten zu sehen drehte ihm schier den Magen um. Er zitterte am ganzen Körper.

Doch es war blinder Alarm gewesen. Nach einigen Minuten hatten die Lautsprecher erneut geknistert und die Stimme erklärte ruhig und gelassen, dass ein auszubildender Pilot seine Fluganweisungen missverstanden und sich verflogen hatte. In seiner Verzweiflung hatte der Pilot versucht, schnell wieder die richtige Route einzuschlagen, ehe sein Irrtum bemerkt wurde.

NATÜRLICH WIRD ER FREIGEGEBEN WERDEN MÜSSEN, hatte die Stimme verkündet. Dann folgte eine kurze Pause. In dieser letzten Bemerkung hatte ein ironischer Unterton mitgeschwungen, so als würde der Sprecher es komisch finden. Auch Jonas hatte geschmunzelt, obwohl er wusste, dass es ein hartes Urteil war. Freigegeben zu werden war für einen aktiven Bürger eine endgültige Sache, eine schreckliche Strafe, ein niederschmetternder Beweis menschlichen Versagens.

Kinder wurden ausgeschimpft, wenn sie den Begriff »freigeben« leichtfertig beim Spielen verwendeten. Jonas war es einmal passiert. »Das reicht, Asher, du wirst freigegeben!«, hatte er seinem besten Freund zugerufen, weil seine Mannschaft wegen Ashers Ungeschicklichkeit einen Punkt verloren hatte. Der Trainer hatte ihn daraufhin zur Seite genommen und ihm die Leviten gelesen, und Jonas hatte verlegen und schuldbewusst den Kopf hängen lassen und sich nach dem Spiel bei Asher entschuldigt.

Als er nun über das Gefühl der Furcht nachdachte, während er am Fluss entlang nach Hause radelte, erinnerte er sich an diesen Augenblick der fast greifbaren, ihm den Magen umdrehenden Angst, als das Flugzeug blitzschnell am Himmel entlanggerast war. Das mit Dezember war eine andere Sache. Jonas suchte nach dem passenden Wort, um seine Gefühle zu beschreiben.

Er selbst ging immer sehr sorgfältig mit der Sprache um. Ganz im Gegensatz zu seinem Freund Asher, der sich oft verhaspelte und Wörter verwechselte, sodass seine Sätze sich manchmal unverständlich und komisch anhörten.

Jonas grinste, als er an jenen Morgen zurückdachte, an dem Asher wie üblich zu spät und keuchend in die Klasse gerannt kam, als die anderen bereits die Morgenregel sprachen. Als sich die Schüler wieder auf ihre Plätze setzten, blieb Asher stehen, um seine in solchen Fällen vorgeschriebene öffentliche Entschuldigung vorzubringen.

»Ich entschuldige mich dafür, dass ich meine Lerngruppe gestört habe.« Nach seiner Standard-Entschuldigungsfloskel musste Asher erst noch einmal tief Luft holen, während der Lehrer und die Klasse geduldig auf seine Erklärung warteten. Die Schüler grinsten bereits, denn sie hatten sich Ashers Erklärungen schon oft genug angehört.

»Ich bin rechtzeitig von zu Hause fortgegangen, aber als ich an der Fischbrutanstalt vorbeikam, haben sie dort gerade Lachse zerlegt. Wie gespannt blieb ich stehen und schaute ihnen zu.« Mit den Worten: »Ich bitte meine Klassenkameraden um Entschuldigung«, schloss Asher seine Schilderung. Er strich seine zerknitterte Tunika glatt und setzte sich.

»Wir nehmen deine Entschuldigung an, Asher.« Einstimmig leierte die Klasse die Standardantwort herunter. Viele mussten sich auf die Lippen beißen, um nicht laut loszukichern.

»Ich nehme deine Entschuldigung an, Asher«, sagte auch der Lehrer. Er lächelte. »Und ich danke dir, weil du uns wieder einmal den Anstoß zu einer Sprachübung gegeben hast. Du kannst nicht >wie gespanntwie gebannt &hellip; er war ungeduldig und gespannt, entschied er. Er konnte es kaum noch erwarten. Und er war zweifellos auch aufgeregt. Alle Elfer waren aufgeregt wegen des Ereignisses, das schon so nah war.

Aber er spürte einen kleinen, nervösen Schauder, als er daran dachte, was passieren konnte.

Besorgt, entschied Jonas, das bin ich.

 

»Wer möchte heute Abend mit seinen Gefühlen anfangen?«, fragte Jonas' Vater nach dem Abendessen.

Die allabendliche Gefühlsaussprache gehörte zu den üblichen Ritualen. Manchmal stritten sich Jonas und seine Schwester Lily, wer als Erster an die Reihe kam. Auch die Eltern nahmen selbstverständlich an diesem Ritual teil. Auch sie schilderten jedes Mal ihre Gefühle. Aber wie alle Eltern - alle Erwachsenen - zankten sie sich nicht wegen der Reihenfolge oder versuchten, sich vorzudrängeln.

Das tat auch Jonas heute Abend nicht. Seine Gefühle waren an diesem Abend einfach zu verworren. Er wollte sie den anderen zwar mitteilen, aber er war nicht darauf erpicht, als Erster seine komplizierte Gefühlswelt zu erforschen, obwohl er wusste, dass seine Eltern ihm dabei helfen würden.

»Fang du an, Lily«, sagte er großzügig, als er sah, wie Lily, die sehr viel jünger war als er - sie war erst ein Siebener -, ungeduldig auf ihrem Stuhl hin und her rutschte.

»Ich war sehr wütend heute Nachmittag«, begann Lily. »Meine Kindergruppe hatte Besuch von Siebenern einer anderen Gemeinschaft. Wir waren auf dem Spielplatz und diese anderen haben sich einfach nicht an die Regeln gehalten. Einer von ihnen - ein Junge, ich weiß nicht mehr, wie er hieß - drängelte sich an der Rutsche ständig vor, obwohl wir anderen dort warteten. Ich war sehr wütend auf ihn und habe eine Faust geballt - so!« Sie hielt ihre kleine, geballte Hand hoch und die anderen schmunzelten über diese kindlich-trotzige Geste.

»Warum, glaubst du, hielten sich die Besucher nicht an die Regeln?«, fragte Mutter.

Lily überlegte, schüttelte dann aber den Kopf. »Ich weiß nicht. Sie benahmen sich wie &hellip; wie &hellip;«

»Tiere?«, schlug Jonas lachend vor.

»Richtig«, sagte Lily und musste ebenfalls lachen. »Wie Tiere.« Keines der Kinder hatte eine Ahnung, was dieser Begriff genau bedeutete, aber er wurde oft verwendet, um jemanden zu beschreiben, der unhöflich oder taktlos war, jemanden, der sich nicht in die Gemeinschaft einfügte.

»Woher kamen diese Besucher?«, erkundigte sich Vater.

Lily runzelte die Stirn und überlegte. »Unser Lehrer hat es in seiner Begrüßungsansprache gesagt, aber ich weiß es nicht mehr. Ich habe wahrscheinlich nicht aufgepasst. Es war eine andere Gemeinschaft. Sie mussten sehr früh wieder wegfahren und im Bus zu Mittag essen.«

Mutter nickte. »Ist es vielleicht möglich, dass sie in ihrer Gemeinschaft andere Regeln haben und...

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Autor

Lois Lowry wurde 1937 in Honolulu, Hawaii, geboren. Sie hat u.a. in Pennsylvania und Japan gelebt und wohnt heute in Cambridge, Massachusetts. Lois Lowry ist verheiratet und hat mittlerweile vier erwachsene Kinder. Ihre Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit der Newbery Medal. Bekannt gemacht haben sie vor allem ihre spritzigen Alltagsgeschichten um das Mädchen Anastasia Krupnik, aber auch ihre psychologisch durchdachten und meisterhaft geschriebenen Jugendbücher, wie z.B. >Hüter der Erinnerung